Protocol of the Session on December 12, 2007

Das ist die Situation, liebe Kolleginnen und Kollegen, die uns zu dem heute vorliegenden Gesetzentwurf zum Nichtraucherschutz führt. Entsprechend dieser Differenzierung muss ein gesetzlicher Nichtraucherschutz ausgestaltet werden. Da geben Sie mir, Kollege Wahnschaffe, wie ich weiß, sicherlich recht. Rauchen muss erlaubt bleiben, soweit es sich um eine bloße Selbstgefährdung handelt, also im privaten Bereich. Auch soweit Interessen von Rauchern und Nichtrauchern in der Familie oder unter Freunden miteinander kollidieren, sind diese aufgerufen, einvernehmliche Lösungen zu finden. Hier hat sich der Staat grundsätzlich nicht einzumischen. Einen vergleichbaren Schutz der Privatsphäre müssen auch die Menschen genießen, die aufgrund bestimmter Umstände außerhalb ihrer Privatsphäre leben müssen wie beispielsweise im Wohnbereich von Altenheimen oder Krankenhäusern.

Frau Kollegin Sonnenholzner, Sie haben die Situation der Krankenhäuser angesprochen. Sie wissen, dass wir bei unseren Diskussionen im Ausschuss auf dieses Thema dahin gehend eingegangen sind, dass es leider Gottes Erkrankungsformen gibt, die nicht in einem Akutkrankenhaus behandelt werden können, sondern die einen oft langwierigen stationären Aufenthalt in einer Reha-Klinik oder in einer psychiatrischen Einrichtung erfordern. Wir sind der Meinung, dass es dort – selbstverständlich nicht in einem Akutkrankenhaus, wo es bereits ein generelles Rauchverbot gibt –, also in länger zu besuchenden therapeutischen Einrichtungen, wo den Patienten wohnungsähnliche Situationen angeboten werden, gestattet sein muss, zu rauchen.

Kolleginnen und Kollegen, ich weiß uns einig, dass aus gesundheitspolitischen, aber auch aus wissenschaftlichen Gründen ein gesetzliches Rauchverbot erforderlich ist. Deshalb darf man keine halben Sachen machen. Wir dürfen keine Ausnahmen dort machen, wo die Belastung für den Nichtraucher durch Passivrauchen am größten ist. Das ist bekanntermaßen nicht in einer Telefonzelle der Fall, wo sich der Raucher allein aufhält, sondern das ist in großen Einrichtungen der Fall. Denken Sie nur an Bierhallen, Festzelte und dergleichen. Jeder, der einmal auf dem Oktoberfest war oder anderswo auf einem solchen Fest, weiß, welche Belastungen durch das Rauchen dort ausgelöst werden. Ich meine, dass gerade dort unter gesundheitlichen Aspekten der Nichtraucher denselben Schutz erfahren muss wie in einer anderen öffentlichen Einrichtung.

(Beifall bei der CSU und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Wir stehen nun vor der Situation, heute einen großen interfraktionellen Meinungsprozess abschließen zu können. Frau Kollegin Sonnenholzner, das Urheberrecht möge sich der ans Revers heften, der mag.

Für mich persönlich ist der Inhalt des zu verabschiedenden Gesetzes entscheidend. Ich glaube auch, dass wir draußen in der Bevölkerung eine große Zustimmung für unseren Gesetzentwurf erhalten werden. Denn ich bin davon überzeugt, dass wir mit dieser Entscheidung, die naturgemäß, wie ich schon erwähnt habe, teilweise auf Kritik stößt, unserer Verantwortung gerecht werden, und hoffe auch auf Ihrer aller Mithilfe, Kolleginnen und Kollegen, auch der Gastronomie im Lande, auch der Betreiber von Festzelten und Bierzelten, diese Situation, die uns umtreibt und uns veranlasst, diesen Gesetzentwurf heute zu verabschieden, nachzuvollziehen und dafür zu werben, dass dieses Gesetz auch umgesetzt wird. Es geht uns um den Schutz der Menschen, die nicht rauchen wollen und die nicht mitrauchen wollen. Deswegen bitte ich um Zustimmung zum geänderten Entwurf der Staatsregierung und um eine breite Meinungsbildung zu diesem, wie ich meine, starken Gesetzentwurf.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Paulig.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich ganz kurz noch einmal zu unserem Antrag auf Drucksache 15/7260, für den wir namentliche Abstimmung beantragt haben, ein paar Ausführungen machen.

Zunächst einmal ein Lob an die CSU. Sie waren wirklich mutig, besonders Sie, Herr Georg Schmid, dass Sie es geschafft haben, Ihre Fraktion auf einen vernünftigen Weg zum Gesundheitsschutz zu bringen. Unsere Anerkennung!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Darum stimmen wir auch zu.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Nicht zu viel Lob!)

Ab und zu ein Lob schadet nicht, von meiner Seite schon gar nicht.

(Zuruf der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE))

Unser Antrag, für den wir namentliche Abstimmung beantragen, spricht einen Punkt an, den wir für wichtig halten. Denn in Ihrem Gesetz gibt es die Ausnahme für geschlossene Gesellschaften in Gaststätten. Wir GRÜNEN sind der Meinung – wir haben da sehr viele Zuschriften bekommen –, dass genau dieses ein Einfallstor wird, um weiter in Gaststätten zu rauchen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was ist denn eine geschlossene Gesellschaft? Wer erklärt die geschlossene Gesellschaft? Und was ist mit der Gaststätte, wenn den ganzen Abend lang geraucht wird und am nächsten Tag soll sie Nichtraucherschutz praktizieren? – Da sind die Räume dann verqualmt. Das Rauchen in geschlossenen Gesellschaften wird zu vielen juristischen Auseinandersetzungen führen. Das wird zu einer immensen Durchlöcherung des Gesundheitsschutzes vor Passivrauch führen. Deswegen haben wir unseren Antrag eingebracht.

In Punkt 2 unseres Antrags, auf den ich jetzt kurz eingehe, fordern wir die Staatsregierung auf, im Bundesrat eine Initiative zu ergreifen, dass das Arbeitsschutzgesetz ergänzt wird,

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

dass das Rauchen in allen Arbeitsstätten verboten wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es geht hier in der Tat um den Schutz der Beschäftigten, zum Beispiel in Hotellobbys, bei Bedienungen. Wenn eine „Geschlossene Gesellschaft“ erklärt würde, dann hätten die Beschäftigten den Rauch hinzunehmen. Wir sollten aber konsequent sein und wirklich für alle Beschäftigten in Gaststätten, in Hotellobbys, bei geschlossenen Gesell

schaften, bei allen nichtöffentlichen Veranstaltungen den Schutz vor Passivrauch umsetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Darum unser Antrag, im Bundesrat initiativ zu werden und die Beschäftigten durch das Arbeitsschutzgesetz und ein entsprechendes Rauchverbot zu schützen.

Ich glaube, das ist das Mindeste, was Sie tun sollten, um heute Ihrem Gesetzesvorhaben Nachdruck und mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen. Denn von außen wird schon gesagt: Na ja, der CSU-Gesetzentwurf ist im Grunde doch nur eine halbe Mogelpackung, weil die geschlossenen Gesellschaften Ausnahmen ermöglichen.

Meine Kollegin Renate Ackermann hat gefordert, dieses Gesetz, so wie wir es heute verabschieden – wie gesagt, wir stimmen ja zu, weil es ein guter Schritt in die richtige Richtung ist –, nach einem Jahr wieder auf den Tisch zu bringen und noch einmal zu schauen, wie es mit den Ausnahmen aussieht, die mit dem Gesetz ermöglicht werden.

Zum SPD-Antrag hat meine Kollegin schon gesagt, wir lehnen Jugendschonräume vor Rauchern ganz klar ab. Auch da stimmen wir – was sicher eine Ausnahme in diesem Parlament ist – mit der CSU.

Kolleginnen und Kollegen von der CSU, seien Sie so mutig, nachdem Sie den ersten Schritt gemacht haben, machen Sie heute einen zweiten Schritt und schützen die Beschäftigten, und machen Sie darüber hinaus viele weitere mutige Schritte. Lieber Georg Schmid, dir trauen wir inzwischen doch etwas zu und wollen dich hier wirklich unterstützen. Aber wir brauchen auch mutige Schritte beim Klimaschutz, bei der Gewährleistung gerechter Bildung. Da gibt es also noch ein breites Arbeitsfeld im Jahr 2008 für den Fraktionsvorsitzenden. Wir wünschen viel Erfolg und Ihnen allen viel Mut, dass Sie Ihrem Fraktionsvorsitzenden, wenn er vorangeht, folgen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächster Redner: Herr Staatssekretär Dr. Huber. Nach gegenwärtigem Stand kommen wir anschließend zur Abstimmung.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bayern kann heute wahrlich aufatmen.

(Zuruf des Abgeordneten Joachim Wahnschaffe (SPD))

In seltener, erfreulicher Einmütigkeit werden wir heute interfraktionell wahrscheinlich das Nichtraucherschutzgesetz beschließen. Erlauben Sie mir – ich habe ein paar Minuten Zeit –, weil die Diskussion so emotional war, ein bisschen auf die Gründe einzugehen, die uns bewogen haben, es so zu machen, wie wir es gemacht haben.

Es ist erst ein paar Stunden her, da haben wir hier gestern Abend diskutiert, weil es eine Studie gibt, die die Vermutung äußert, dass in den 23 Jahren des Berichtszeitraums 20 Kinder mehr an Leukämie erkrankt sind, als statistisch zu erwarten war. Das hat uns alle sehr besorgt. Wir haben überlegt und diskutiert, wo das herkommen könnte. Wir haben zwar festgestellt, die Strahlung kann es nicht sein.

(Zuruf der Abgeordneten Maria Scharfenberg (GRÜNE) – Widerspruch bei den GRÜNEN – Zuruf des Abgeordneten Henning Kaul (CSU))

Die wahren Erklärungen fehlen aber in dieser Studie. Ich will das nicht aufwärmen.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Wir haben heute einen Sachverhalt, bei dem die Zusammenhänge vollkommen klar sind, wo wir uns nicht streiten müssen, wie die kausalen Zusammenhänge sind; denn heute reden wir darüber, dass das Passivrauchen die Gesundheit gefährdet.

Meine Vorredner haben schon ausgeführt, dass in verschiedenen Studien Zahlen von 3300 Toten allein durch Passivrauchen – in Europa sind es 19 000 – zu beklagen sind. Ich möchte an der Stelle erläutern, was Passivrauchen heißt: Das sind Leute, die, ohne dass sie es beeinflussen können, im Umfeld von Rauchern die schädlichen Rauchbestandteile einatmen müssen.

Wir brauchen uns an dieser Stelle nicht über die Zahlen zu streiten. Unter Medizinern ist man sich vollkommen einig darüber, dass das Rauchen, ob Passivrauchen oder Aktivrauchen, zu negativen Beeinflussungen des Herzkreislaufsystems, Lungenkrankheiten und anderen Krankheiten führt. Es ist auch schon erwähnt worden, dass Kinder, die besonders empfindlich sind für solche Schädigungen, doppelt so oft an Atemwegserkrankungen und Lungenentzündungen erkranken, wenn die Eltern zu Hause rauchen. Das ist eine für mich alarmierende Beobachtung.

Wir haben zurzeit in den Diskotheken Werte – das haben wir in diesem Jahr nachprüfen lassen – von bis zu 1000 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Das ist schon Grobstaub!)

In diesem Fall ist es Feinstaub. Wir haben in Gastwirtschaften Werte bis zu 200 Mikrogramm gemessen. Zur Erinnerung: Die EU schreibt uns vor: Wenn wir in der Außenluft Feinstaubwerte von mehr als 50 Mikrogramm an mehr als 35 Tagen pro Jahr überschreiten, dann müssen wir Maßnahmen einleiten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, angesichts dieser Fakten sehen wir uns wirklich gezwungen, Maßnahmen zu ergreifen und ein Gesundheitsschutzge

setz auf den Weg zu bringen. Ich möchte an der Stelle betonen, es geht wirklich nicht darum, Raucher zu gängeln oder Wirte zu verärgern. Es geht einzig und allein um den Schutz der Gesundheit von Nichtrauchern. Und das sind immerhin, statistisch betrachtet, zwei Drittel der Bevölkerung. Es wird in der Diskussion manchmal angeführt: Jetzt wird dann auch noch das Alkoholtrinken und das Schweinsbratenessen angegangen werden.

Ich möchte an dieser Stelle klarstellen: Wer zu viel trinkt, der schadet zunächst sich selbst.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Seiner Leber!)

Ja, seiner Leber auch, in erster Linie aber sich selbst. Wenn jemand raucht, dann schadet er auch einem anderen. Ich richte das jetzt ganz bewusst an die Adresse der zweifelnden Kollegen, auch in den eigenen Reihen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)