Ein wütender Mann droht mit Wahlboykott und Parteiaustritt für den Fall, dass das Rauchverbot in Kraft tritt. Er meint, ich hätte keine Ahnung, was Lebensqualität sei, nämlich in der Wirtschaft Karten spielen, Trinken, Rauchen und Fußball.
(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Das ist alles? – Franz Maget (SPD): Gibt doch nicht Schöneres! – Heiterkeit bei der SPD)
Das Wort hat wieder Frau Kollegin Rütting, und ich bitte, auch die Verhandlungen an der Regierungsbank wieder einzustellen.
Ich meine, wir sollten uns durch solche Drohungen nicht einschüchtern lassen. In anderen Ländern funktioniert es auch, und zwar bestens,
Aber auch bei uns gibt es mutige Wirte, die ihre Gaststätten freiwillig auf rauchfrei umgestellt haben. Sie berichten über Erfolge. Ich erinnere nur an das Ehepaar von Bahrs & more, die schon zu einem Fachgespräch hier bei uns waren. Sie haben bereits Ende 2006 ihr Lokal umgestellt. Es gab eine Durststrecke, erst blieben Gäste weg. Dann kamen neue: Familien, schwangere Frauen mit Kindern. Sie begrüßen das totale Rauchverbot.
Dann zählt nur noch die Qualität des Lokals und nicht, ob man darin rauchen darf oder nicht. Die Wirtin von Bahrs & more war selbst ein Opfer. Sie musste jeden Abend passiv den Rauch von 200 Zigaretten einatmen – mit dem Ergebnis, dass sie Krebs bekam, Asthma und Hautprobleme. Nachdem sie das Lokal auf rauchfrei umgestellt hatte, waren diese Probleme behoben, und sie hat eine neue Klientel, die es genießt, in rauchfreien Räumen zu essen. Sogar die Raucher freuen sich über die gute Luft.
40 Jahre wurde im Turmstüberl des ValentinMusäums gequalmt. Vor vier Jahren stellte die Wirtin auf rauchfrei um. Es gibt keine Beschwerden. Das Rauchverbot ist Normalität geworden. Sogar die Raucher sind froh über die gute Luft.
Ausgerechnet der Bayerische Jugendring fordert nun eine Ausnahmegenehmigung, nämlich das Rauchen in Jugendeinrichtungen zuzulassen.
Die Jugendarbeit würde sonst leiden, weil die Jugendlichen, die rauchen wollen, dann woanders mit ihren Kumpeln rumhängen, wenn sie im Jugendzentrum nicht rauchen dürfen. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen – ich habe auch einmal geraucht –: Schafft für die Jugendlichen Anreize, die verlockender sind als Glimmstängel,
Ziel muss sein – ich wiederhole es – eine möglichst suchtfreie Gesellschaft, und diese braucht Vorbilder. Wir bitten Sie also noch einmal, unserem strengen Antrag zuzu
stimmen. Bei dem SPD-Antrag werden wir uns enthalten, weil er uns nicht weit genug geht. Dem CSU-Antrag
Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Wie inzwischen allgemein bekannt, hat meine Fraktion bei der Beratung zum Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung zum Nichtraucherschutz in einem sehr erstaunlichen, merklichen gruppendynamischen Prozess
Frau Kollegin Sonnenholzner, wir sind nach ausführlichen Erörterungen, in denen wir das Für und Wider diskutiert und abgewogen haben, zu diesem – wie ich feststellen darf – guten Ergebnis gekommen. Dass dies Zeit braucht, müssten Sie nachvollziehen können. Denn gruppendynamische Prozesse sind nicht innerhalb von fünf Minuten zu machen, sondern bedürfen einer gewissen mentalen Vorbereitung, die dann letztendlich auch ein hervorragendes Ergebnis nach sich zieht.
Kolleginnen und Kollegen, wir haben uns entschieden, Ihnen heute ein möglichst umfassendes Nichtraucherschutzgesetz vorzulegen, weil wir der Meinung sind, dass aufgrund von neueren Erkenntnissen der modernen medizinischen Wissenschaft und unter gesundheitlichen Aspekten klar wird, dass auch das Passivrauchen zu Gesundheitsschäden in großem Ausmaß führt. Deshalb sind wir der Meinung, dass in allen wesentlichen öffentlich zugänglichen Bereichen, insbesondere in den Behörden des Freistaates Bayern, den Gemeinden, den Gemeindeverbänden sowie den Gerichten, den Schulen, den Kindertageseinrichtungen, den Volkshochschulen, den öffentlichen Schulen, den Krankenhäusern – auf dieses Thema komme ich noch gesondert zu sprechen –, den Kultur- und Freizeiteinrichtungen, den Verkehrseinrichtungen, den Flughäfen, den Sportstätten – ich zähle das bewusst auf, Kolleginnen und Kollegen, um das umfassende Ergebnis dieses Gesetzentwurfes Ihnen noch einmal darzustellen – sowie im gesamten Bereich der Gastronomie, das Gesetz zum Tragen kommen muss.
Allerdings soll es im gastronomischen Bereich keine Ausnahmen vom Rauchverbot für Bier-, Wein- und Festzelte sowie entsprechende Hallen geben, wie auch die Möglichkeit der Einrichtung eines Nebenzimmers für Raucher.
Ich weiß, dass dieser Gesetzentwurf auch auf Kritik stößt. Ich möchte deshalb im Folgenden versuchen – auch im Namen meiner Kolleginnen und Kollegen von der CSU –, Ihnen noch einmal unsere Entscheidung näherzubringen. Vorweg möchte ich klar herausstellen, dass es uns nicht darum geht, erwachsene Menschen zu gängeln oder gar die Raucher pauschal zu diskriminieren. Nein, der entscheidende Grund für uns ist, die Notwendigkeit staatlichen Handelns dort zu verankern, wo der Staat erkennen muss, dass gesundheitliche Schädigungen durch das Passivrauchen wissenschaftlich belegt eintreten.
Ich habe mir einmal die Zahlen der Verkehrstoten in den vergangenen 30 Jahren herausgesucht, die ich Ihnen in diesem Zusammenhang gerne vortragen möchte. Sie erinnern sich sicherlich alle noch an die leidliche, aber notwendige Diskussion mit ihren unleidlichen Aufgeregtheiten über die Einführung der Anschnallpflicht in Pkws. Schauen wir uns diese Statistik mal aus heutiger Sicht an. Im Jahre 1976, dem Jahr, in dem die Anschnallpflicht eingeführt wurde, gab es in Bayern circa 3400 Verkehrsunfälle mit tödlichem Ausgang.
In den darauffolgenden Jahren nach der Einführung der Anschnallpflicht sind diese Zahlen wesentlich zurückgegangen, sodass wir heute, im Jahre 2007, der Statistik entnehmen können, dass es Gott sei Dank nur noch 1300 Verkehrstote sind. Das ist ein Minus von über 2000 Verkehrstoten.
Was will ich damit sagen? – Erst durch wissenschaftliche Untersuchungen, ja sogar Testversuche, wurde Anfang der Siebzigerjahre die Notwendigkeit des Selbstschutzes des Individuums im Pkw anerkannt, um Verkehrsunfälle in der damaligen Größenordnung in Zukunft vermeiden zu können. Das Ergebnis, das wir heute retrospektiv feststellen können, überzeugt uns nach wie vor davon, dass diese Entscheidung damals richtig war. Eine ähnliche Situation gilt für unser heutiges Nichtraucherschutzgesetz. Von meinen beiden Vorrednerinnen ist schon auf die Studien des Heidelberger Krebszentrums hingewiesen worden, in denen von 3300 Krebstoten durch Passivrauchen ausgegangen wird.
Es gibt auch Studien, die bereits höhere Zahlen anführen. Darüber hinaus gibt es auch Erkenntnisse, Herr Kollege Wahnschaffe, dass weitere Erkrankungsformen durch das Passivrauchen zu verzeichnen sind. Ich denke an die obstruktiven Lungenerkrankungen, an den Schlaganfall, an die Herzinfarkte, für die leidvollerweise das Passivrauchen verantwortlich gemacht werden muss.
Äußerst bedenklich stimmt mich, dass das durchschnittliche Einstiegsalter beim Rauchen stetig sinkt.
Derzeit liegt es bei circa 13,5 Jahren. Kolleginnen und Kollegen, man bedenke bitte: Unsere Jugend beginnt im Schnitt mit 13,5 Jahren zu rauchen. Damit beginnen circa 70 % aller jugendlichen Raucherinnen und Raucher bereits vor dem 16. Lebensjahr mit dem Rauchen. 26 % der rauchenden Kinder fangen sogar schon zwischen dem 12. und 13. Lebensjahr mit dem Zigarettenkonsum an. Da ist der Staat in seiner Gesundheitsvorsorge für unsere Bevölkerung selbstverständlich aufgerufen.
Die Hoffnung – das haben wir alle diskutiert und waren eigentlich guten Mutes –, dass die freiwillige Vereinbarung, den Nichtraucherschutz in der Gastronomie zu stärken, die mit dem Bayerischen Gaststättenverband diskutiert worden ist, Platz greifen könnte, hat im Jahre 2006 leider zu keinem erkennbaren Ergebnis geführt. Im Gegenteil, die vereinbarte Zielvorstellung wurde deutlich verfehlt. Vom Gaststättenverband konnte diese Vereinbarung nicht annähernd umgesetzt werden.
Umso mehr freut es mich, wenn ich heute im „Donaukurier“ lese, dass der Wirtepräsident Gallus das Gesundheitsschutzgesetz, das wir heute verabschieden werden, begrüßt. Er sagt wörtlich im „Donaukurier“: „Das Rauchverbot ist gerecht.“ Ich kann mich dieser Einschätzung nur anschließen.
Viele Raucher und viele Gastwirte – Sie alle, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden ja mit den diesbezüglichen Überlegungen immer wieder konfrontiert – begründen ihre Kritik an unserem Gesetzentwurf dahin gehend, dass damit der Staat zu sehr regulierend in die Freiheit der Bürger eingreifen würde. Meine Fraktion ist sich durchaus bewusst, dass mit dem geplanten Rauchverbot in die Lebensgewohnheiten vieler Raucher eingegriffen wird. Deshalb sind wir dagegen, grundsätzlich alle denkbaren Konflikte mit gesetzlichen Verboten regeln zu wollen. Meine Partei, die CSU, tritt für die Freiheit und gegen jegliche staatliche Reglementierungswut ein. Aber die Freiheit des Einzelnen endet stets dort, wo der andere in seinen Rechten verletzt wird.
(Beifall bei der CSU und der Abgeordneten Bar- bara Rütting (GRÜNE) – Joachim Wahnschaffe (SPD): Echte Differenzierung! – Weitere Zurufe und Unruhe – Glocke des Präsidenten)
Das ist die Situation, liebe Kolleginnen und Kollegen, die uns zu dem heute vorliegenden Gesetzentwurf zum Nichtraucherschutz führt. Entsprechend dieser Differenzierung muss ein gesetzlicher Nichtraucherschutz ausgestaltet werden. Da geben Sie mir, Kollege Wahnschaffe, wie ich weiß, sicherlich recht. Rauchen muss erlaubt bleiben, soweit es sich um eine bloße Selbstgefährdung handelt, also im privaten Bereich. Auch soweit Interessen von Rauchern und Nichtrauchern in der Familie oder unter Freunden miteinander kollidieren, sind diese aufgerufen, einvernehmliche Lösungen zu finden. Hier hat sich der Staat grundsätzlich nicht einzumischen. Einen vergleichbaren Schutz der Privatsphäre müssen auch die Menschen genießen, die aufgrund bestimmter Umstände außerhalb ihrer Privatsphäre leben müssen wie beispielsweise im Wohnbereich von Altenheimen oder Krankenhäusern.