Protocol of the Session on December 12, 2007

Einige Sätze zum Thema „Raucherclubs“, weil wir auch dazu Dutzende von Mails bekommen haben: Natürlich wollen wir die Raucherinnen und Raucher nicht gängeln, sondern die dort Beschäftigten vor den Gefahren des Passivrauchens schützen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Im Übrigen wäre es wichtiger gewesen, diese Frage vernünftig und ohne Ausnahme zu klären, als sich mit dem in unseren Augen nachrangigen Ja oder Nein zum Rauchen in Bierzelten zu befassen. Wir werden diesem Thema ebenso wie im Ausschuss zustimmen. Aber das war für uns nicht das Thema, das im Vordergrund stand.

Ich bedauere auch, dass Sie sich den Bedenken der Münchner Verkehrsgesellschaft nicht anschließen konnten, eine Regelung zu finden, die tatsächlich die Personenbahnhöfe, die U-Bahnhöfe, und die Verkehrsflughäfen gleichstellt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich habe diese Befürchtung schon in der Beratung im Ausschuss geäußert. Auch das Ministerium hat dieses Thema als unwichtig abgetan. Herr König als Vorsitzender der MVG hat am 20.11. alle angeschrieben und noch einmal darum gebeten, das Thema nochmals aufzunehmen. Gegebenenfalls muss man dieses Thema im Sinne einer Gesetzesänderung nochmals auf die Tagesordnung setzen. Wir hätten uns allerdings gewünscht, dass wir das Problem hier gleich sauber lösen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich habe eingangs schon gesagt, die Eingriffsmöglichkeiten, die wir haben, können sich selbstverständlich nur auf den öffentlichen Bereich beziehen. Allerdings sehen wir auch, dass die Belastungen durch Passivrauchen, denen gerade kleine Kinder in unserer Gesellschaft ausgesetzt sind, unter anderem dadurch steigen, dass Mütter mehr als bisher rauchen. Auch da ist eine wirksame Aufklärung und eine allgemeine Sensibilisierung der Bevölkerung in Bayern durch eine begleitende Aufklärungskampagne nötig, mit der man hoffentlich auch erreichen kann,

dass Frauen während der Schwangerschaft nicht mehr und danach wenigsten nicht mehr im Innenbereich ihrer Wohnungen rauchen, weil auch das mit einer gesamtgesellschaftlichen Einstellung zum Rauchen zu tun hat.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Problematisch ist, dass Sie auch an dieser Stelle den Schwarzen Peter Trägern von Einrichtungen zuschieben, indem Sie zum Beispiel für die Krankenhäuser immer noch die Möglichkeit zulassen, Raucherräume einzurichten. Da habe ich von Geschäftsführungen vieler Krankenhäuser Bedenken gehört, die sagen: „Wir müssen das jetzt ausbaden. Uns wäre es lieber gewesen, wir hätten diese Ausnahmemöglichkeit nicht gehabt, sondern den Leuten gleich sagen können, so steht es im Gesetz. Jetzt müssen wir schauen, wie wir das hinbringen.“ Das ist gerade in diesem Bereich nicht einfach, in dem die Vorbildfunktion auch des Nichtrauchens wünschenswert gewesen wäre.

Wir hätten uns auch gewünscht, dass Sie dem pragmatischen Ansatz der Caritas folgen, der den Außenbereich der Jugendbildungs- und Begegnungsstätten betrifft, weil das wichtig gewesen wäre, um Probleme und voraussehbare Konflikte zu entschärfen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Wir begrüßen es ausdrücklich, dass es gelungen ist, den Antrag über die Fraktionsgrenzen hinweg zu beschließen, der die Regelung für dieses Haus betrifft. Es wäre ein schlechtes Signal nach draußen gewesen, wenn wir das Anliegen im eigenen Zuständigkeitsbereich nicht in dieser stringenten Form geregelt hätten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wie gesagt, ich habe das für die SPD-Fraktion hier schon vor einigen Jahren getan.

Zusammengefasst: Weder die Liberalitas Bavariae noch die bayerische Wirtshauskultur werden ab 01.01.2008 irgendeinen Schaden nehmen. Aber die Menschen werden vor den Gefahren des Passivrauchens besser geschützt sein.

Kolleginnen und Kollegen der CSU, geben Sie sich einen Ruck und enthalten Sie sich zumindest bei unserem Gesetzentwurf, denn er will tatsächlich dasselbe, was Sie wollen.

Herr Schmid, es wäre ein schönes weihnachtliches Zeichen, wenn Sie anerkennen, dass wir an der Meinungsbildung in Ihrer Fraktion auch bei diesem Thema einen gewissen Anteil gehabt und zu dieser Diskussion tatsächlich einen entscheidenden Beitrag geleistet haben. Trotz aller kleinen Schönheitsfehler werden wir Ihrem Gesetzentwurf nämlich zustimmen.

Zum Schluss als Ermunterung für all diejenigen, die vielleicht noch zweifeln: Die Erfahrungen aus anderen Län

dern sind ermutigend: Es steigt nicht nur die Lebensqualität; denn offensichtlich empfinden auch Raucher rauchige Räume als Zumutung. Ich höre von Leuten, die mit der Deutschen Bahn in der Zeit vor dem Rauchverbot viele Langstrecken gefahren sind, dass die Raucher nur zum Rauchen in die Raucherabteile gegangen sind und sich dann, nach Rauch stinkend, wieder in die Nichtraucherabteile gesetzt haben, um dort ihre Fahrt fortzusetzen. Das gilt auch für Kneipen, da müssen die Gäste jetzt hinausgehen. Das wird kein Problem sein. Wir haben unter anderem belastbare Studien aus dem Piemont vorliegen, wonach ein halbes Jahr nach Einführung des Rauchverbots die Anzahl der Herzinfarkte signifikant zurückgegangen ist.

Ich bitte unter diesen Gesichtspunkten um Zustimmung für den Gesetzentwurf der SPD, aber auch für den Gesetzentwurf der Staatsregierung, weil auch er uns in Sachen Nichtraucherschutz einen deutlichen Schritt weiterbringt.

(Beifall bei der SPD)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es ist ein ständiger Gesprächs- und Lärmpegel im Raum, der nicht akzeptabel ist.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Rütting.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Zur Erinnerung: SPD und GRÜNE – wir haben es schon gehört – haben bereits im Januar 2007 Gesetzentwürfe zum Nichtraucherschutz vorgelegt. Unser GRÜNEN-Antrag war der strengste, der konsequenteste, weil wir auch Nichtraucherschutz auf dem Gelände verlangt haben, also um das Krankenhaus herum, um die Schule herum, um den Kindergarten herum.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Das ist es!)

Denn wenn die Kindergartentante draußen steht und raucht, ist das ein schlechtes Vorbild für die Kinder. Wir wollen doch eine möglichst suchtfreie Gesellschaft erreichen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Möglichst.

In Baden-Württemberg und in Niedersachsen trat das Nichtraucherschutzgesetz bereits am 1. August in Kraft – mit großem Erfolg. Die Bayerische Staatsregierung jedoch, die bekanntlich kühner Vorreiter beim Nichtraucherschutz sein wollte, zögerte einen Entwurf immer wieder hinaus, kündigte ihn schließlich zur Beratung am 12. Juli im Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik an, um ihn dann gegen den Willen von GRÜNEN und SPD kurzfristig aus dem Programm zu nehmen und auf den Herbst zu verschieben. Man wollte offenbar nachbessern.

Dann kam der Paukenschlag: eine Sternstunde, wie es schien. Der neue CSU-Fraktionschef Georg Schmid stellte einen Antrag vor, der ein Rauchverbot sogar in Festzelten vorsah.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Bravo!)

Neben Glückwünschen hagelte es natürlich Proteste: Alle kleinen Kneipen würden pleitegehen. Es wurde mit dem Entzug der Wählerstimmen gedroht – und flugs soll es nun doch wieder Ausnahmen geben: Das Rauchen in geschlossenen Gesellschaften soll erlaubt sein. Das gefällt uns natürlich gar nicht.

Wir lehnen derartige Ausnahmen ab und bleiben bei einem Rauchverbot ohne Wenn und Aber, ohne Schlupflöcher.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Schließlich geht es – das muss immer wieder betont werden – auch und besonders um den Schutz der Menschen, die dort arbeiten und arbeiten müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Gefahren durch Passivrauchen sind hier schon so oft geschildert worden, dass ich nur die wichtigsten nenne. Das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg geht – Sie haben es schon gehört – von mehr als 3300 mit Tabakrauch assoziierten Todesfällen bei Nichtrauchern und Nichtraucherinnen pro Jahr in Deutschland aus. Auch die Zahlen von passivrauchbedingten HerzKreislauf-Erkrankungen, Atemwegserkrankungen und Schlaganfällen sowie passivrauchbedingtem plötzlichem Kindstod sind alarmierend. Tabakrauchbelastete Kleinkinder haben gegenüber unbelasteten Kindern ein um 50 bis 100 % erhöhtes Risiko, an Infektionen der unteren Atemwege zu erkranken, an Asthma, Bronchitis oder Lungenentzündung.

Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ermittelte eine alarmierende Schadstoffbelastung in Diskotheken und Gaststätten. Die gesundheitsschädlichen Stoffe lagern sich auch in den Tapeten, in den Vorhängen, Teppichen usw. ab

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): In der Kleidung!)

und werden, auch wenn aktuell nicht geraucht wird, wieder abgegeben. Weder ein zeitlicher Abstand beim Rauchen noch mit modernster Technik betriebene Lüftungsmaßnahmen, die uns immer wieder empfohlen werden, können die Schadstoffe in der Umgebung vollständig beseitigen. Innenräume, in denen das Rauchen erlaubt ist, sind also eine kontinuierliche Expositionsquelle, wie das Deutsche Krebsforschungsinstitut Heidelberg sagt. Es gibt wirklich fantastische Ergebnisse in Baden-Württemberg, wo seit einiger Zeit nicht mehr geraucht wird. Dort sind die Schadstoffe enorm zurückgegangen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Alle Länder mit konsequentem Rauchverbot melden unglaubliche Erfolge für die Gesundheit. In Schottland soll die Zahl der Herzinfarkte seit dem Rauchverbot um 17 % zurückgegangen sein.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Ein Kuriosum am Rande: Selbst CSU-Mitglieder bitten uns GRÜNE um Hilfe, fordern sogar noch strengere Verbote als meine Fraktion, nämlich ein Rauchverbot auf Balkonen, Terrassen etc. bei privaten Wohnungen.

(Allgemeine Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Gerade sozial schwächer gestellte Familien verfügen nicht über einen Garten oder eine Terrasse wie vermutlich die meisten von uns hier. Sie freuen sich auf eine erholsame Stunde auf dem Balkon, müssen aber dort den Qualm vom Nachbarbalkon einatmen – auch ein Problem. Ein bisheriger CSU-Wähler bittet mich sogar, „dafür zu sorgen, dass absolut rauchfreie Wohnblocks und Wohneinrichtungen geschaffen werden, gerade für Minderbemittelte“. In Hotels sind getrennte Etagen für Raucher und Nichtraucher ja gang und gäbe, vor Jahren noch undenkbar.

„Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist“, soll Ben Gurion gesagt haben – das ist heute mein einziges Zitat.

Ein wütender Mann droht mit Wahlboykott und Parteiaustritt für den Fall, dass das Rauchverbot in Kraft tritt. Er meint, ich hätte keine Ahnung, was Lebensqualität sei, nämlich in der Wirtschaft Karten spielen, Trinken, Rauchen und Fußball.