Protocol of the Session on November 27, 2007

Meine Damen und Herren, ich glaube aber, dass sich für dieses Problem eine Lösung finden lassen kann. Das Gesetz ist noch nicht verabschiedet und wir fangen schon zu interpretieren an.

Ich darf Artikel 23 Absatz 8 des Gesetzentwurfs zitieren, da heißt es:

Bei der Festlegung der Höhe der Förderung berücksichtigt die Landeszentrale insbesondere die Größe des jeweiligen Versorgungsgebietes.

Größe heißt nach meiner Interpretation nicht nur die Anzahl der angeschlossenen Haushalte, sondern eben auch die tatsächliche Größe des gesamten Regierungsbezirks. Da sollten Wege gefunden werden, wie man das berücksichtigt. Das bedeutet wahrscheinlich für die Oberfranken auch einen höheren Aufwand zur technischen Verbreitung des Programms. Auch das steht ausdrücklich als Förderkriterium im Gesetzentwurf. Es wird auch abgestellt auf die Möglichkeiten des Anbieters, das Programm selbst zu finanzieren. Da tut sich vielleicht in der Metropolregion München oder Nürnberg ein Fernsehsender, obwohl es in der Vergangenheit nicht immer so war, etwas leichter als im wirtschaftlich benachteiligten Oberfranken. Es sollte in aller Ruhe überlegt werden, wie man aus diesem Dilemma herauskommt.

Ich habe erwähnt, dass eines der wichtigsten Dinge sein wird, in der Zeit bis zum Ende des Jahres 2009 – ich bezeichne das ausdrücklich noch einmal als Galgenfrist, die noch nicht Sicherheit geschaffen hat – irgendwann zu einer tragfähigen und endgültigen Lösung zu kommen.

Da kann ich mir persönlich eine Gebührenfinanzierung durchaus gut vorstellen. Ich weiß, dass das eine Menge technischer Probleme aufwirft. Ich weiß, dass eigentlich Einstimmigkeit unter den Bundesländern herzustellen ist. Ich habe im Moment noch keine rechte Vorstellung, wie das zu bewerkstelligen sein wird. Es gibt noch technische Probleme mit den Datensätzen. Am einfachsten wäre es wahrscheinlich, wenn man das zusammen mit der Rundfunkgebühr machen könnte. Aber auch da gibt es große Probleme. Die Zeit, die wir zur Verfügung haben, um zu einer endgültigen Lösung zu kommen, diese zwei Jahre, ist nicht allzu lange. Dies ist aber notwendig und auch berechtigt, weil für mich zweifelsfrei feststeht, dass das, was diese lokalen Fernsehsender in Bayern machen, ein ganz wesentlicher Beitrag zur Grundversorgung mit Information ist. Wenn man etwas nach diesen 20 Jahren Erfahrung sagen kann, dann ist es das. Wir hätten keine Chance, neben den Zeitungen so breit über lokale Ereignisse im Fernsehen informiert zu werden, wenn es diese Struktur in Bayern nicht gebe.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Ich habe heute gehört, dass Professor Stockinger ausdrücklich gesagt hat: Das darf aber nicht zulasten des Bayerischen Rundfunks gehen. Da haben Sie Recht. Ich habe das bei der Ersten Lesung zum Gesetzentwurf im

Frühjahr dieses Jahres auch gesagt. Da ist auf Ihrer Seite noch gefeixt worden. Inzwischen höre ich, es soll eine Entschließung des Landtags geben, in der genau steht, dass das eben nicht zulasten des Bayerischen Rundfunks gehen darf.

Ich glaube, diese Sache ist sowieso erledigt mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass die Entscheidung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs – KEF –, die den Finanzbedarf der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten festlegt, nicht übergangen werden darf. Deswegen können wir gar nicht sagen, wir knapsen davon etwas für das lokale Fernsehen ab. Nein, das muss sicher in Form einer zusätzlichen Gebührenlösung geschehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das lokale Fernsehen genießt eine hohe Akzeptanz in Bayern, auch beim Nutzer. Deswegen sollte es unser aller gemeinsame Aufgabe sein, nach einer Lösung zu suchen, wie wir dauerhaft und nachhaltig auch in Zukunft lokales Fernsehen in Bayern empfangen können.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Werner. Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Gote. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich ist dieser Gesetzentwurf ganz einfach. Es ist eigentlich ganz einfach, den Sachverhalt zu verstehen. Mich wundert, welche Klimmzüge und Verrenkungen hier gemacht werden, um eine doch so klar falsche Wegweisung, die hier getroffen wird, zu verbrämen und zu interpretieren, dass man am Ende nicht mehr weiß, worüber Sie eigentlich reden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Rundfunkgesetzes und des Bayerischen Mediengesetzes hat im Wesentlichen drei Teile oder drei wichtige Punkte, die geändert werden. Das ist erstens die Einführung des Begriffs Telemedien, der als Folge des Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrages auch ins Bayerische Rundfunkgesetz und ins Bayerische Mediengesetz kommt. Hiergegen ist nichts zu sagen.

Das Zweite ist die Nachvollziehung der Änderung des Pressegesetzes durch die Klarstellung, dass die kurze presserechtliche Verjährung beim Kapitalanlagebetrug und bei Straftaten nach dem Wertpapierhandelsgesetz und dem Aktiengesetz nicht gilt. Das wird jetzt auch in das Rundfunkgesetz übernommen. Dazu haben Sie lange genug gebraucht. Es hat lange genug gedauert, bis Sie zu dieser Einsicht kamen. Auch da können wir natürlich zustimmen.

Aber das Dritte – darüber streiten wir uns hier trefflich – ist ein echter Knackpunkt. Ich verstehe wirklich nicht, wie man das, was Sie hier vorhaben, für richtig halten kann.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es geht um die Finanzierung des privaten lokalen Rundfunks, insbesondere von Fernsehangeboten, aus dem Staatshaushalt mit öffentlichen Geldern, mit Steuermitteln für zwei Jahre. Und das, was danach kommt, ist noch viel schlimmer, nämlich die Finanzierung aus Gebühren.

Ich bin schockiert über die Ausführungen meines Vorredners, der hier ganz klar ankündigt, dass er für eine Rundfunkgebührenerhöhung steht. Das ist die Botschaft, die von der SPD hier heute ausgesandt wird. Ich finde das bodenlos, dass Sie sagen: Wir erhöhen in zwei Jahren die Rundfunkgebühr, damit die Privaten ihr Geschäft machen können. Nichts anderes wird hier heute beschlossen.

Nachdem Sie bereits mit dem Kabelgroschen bzw. dem Teilnehmerentgelt jahrelang gegen die Verfassung gehandelt haben – mein Kollege Runge hat es im vorherigen Beitrag auch schon mehrfach angesprochen –, haben Sie in dem Wissen, dass Sie verfassungswidrig handeln, diese Regelung bestehen lassen. Spätestens seit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil 2005 war diese Verfassungswidrigkeit von höchster Stelle festgestellt. Und jetzt ersetzen Sie diese verfassungswidrige Regelung und falsche Form der Finanzierung durch eine andere falsche Form der Finanzierung, die keinen Deut besser ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie begehen einen Tabubruch an unserem System des dualen Rundfunks und beschädigen dieses duale System aus privatem und öffentlich-rechtlichem Rundfunk. Und das – das wissen Sie alle, die Sie hier sitzen – nachdem wir es gerade geschafft haben, das duale System vor europäischem Recht zu bewahren und als Besonderheit des deutschen Rundfunksystems zu erhalten.

Sie sollten eigentlich alle wissen, und insbesondere Sie, Herr Kollege Stockinger aus dem Rundfunkrat, was es uns Wert sein muss, dass wir dieses duale System bewahren können.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Hans Gerhard Stockinger (CSU))

Privater Rundfunk muss sich nun einmal aus Werbeeinnahmen finanzieren. Eine staatliche Förderung kann allerhöchstens eine Anschubfinanzierung sein. Die dauerhafte Subventionierung privater Rundfunkangebote, die Sie heute einführen wollen, stellt eine unzulässige Subvention dar.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich bin mir sicher, das wird sich vor der EU auch nicht halten lassen. Ganz sicher nicht.

Sie wissen selbst ganz genau, dass das, was Sie heute hier beschließen wollen, nicht verfassungsgemäß ist.

(Prof. Dr. Hans Gerhard Stockinger (CSU): Doch!)

Deshalb haben Sie hier minutenlang – es kam einem fast stundenlang vor – Klimmzüge gemacht und davon geredet, dass es Ihnen um die lokale Berichterstattung geht. Das ist doch nicht wahr. Das wissen Sie doch selbst ganz genau. Es geht gar nicht um die regionale Berichterstattung. Es geht Ihnen darum, die Privaten zu subventionieren und die Unternehmer in ihren wirtschaftlichen Interessen zu bestärken, die Ihnen nahe stehen. Diesen Vorwurf muss ich Ihnen hier machen.

(Prof. Dr. Hans Gerhard Stockinger (CSU): Bodenlos!)

Deshalb machen Sie hier diese Klimmzüge und reden von dem schönen Begriff der Betrauung der privaten Anbieter mit dem öffentlich-rechtlichen Auftrag der regionalen und lokalen Berichterstattung. Sie schieben doch nur vor, dass es Ihnen um die regionale und lokale Berichterstattung geht. Ich habe übrigens noch kein Lokalfernsehen im Bayreuther Stadtrat gesehen, das danach einen vernünftigen Bericht macht. Ich würde gerne einmal von Ihnen erfahren, woher Sie diese Berichte haben. Seien Sie doch bitte einmal ehrlich und schauen Sie sich die Qualität des Fernsehangebots an, das wir hier in Bayern haben.

(Engelbert Kupka (CSU): Das ist auch eine Frage der Finanzmittel! – Prof. Dr. Hans Gerhard Stockinger (CSU): Das soll auch ins Protokoll!)

Das soll auch ins Protokoll. Dazu stehe ich. Vielleicht haben wir unterschiedliche Qualitätsansprüche, Herr Kollege Stockinger.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Den Auftrag der flächendeckenden lokalen und regionalen Berichterstattung erfüllt bereits der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Das ist rechtmäßig und verfassungsgemäß so festgelegt.

(Prof. Dr. Hans Gerhard Stockinger (CSU): Das kann er gar nicht!)

In Teilen macht er das schlecht, das ist klar. Das gilt insbesondere auch für Franken. Dort wo es der öffentlichrechtliche Rundfunk schlecht macht, sorgen aber wir im Rundfunkrat dafür, dass er gefälligst seinen Auftrag erfüllt. Dafür bekommt der Rundfunk auch die Gebühren von den Gebührenzahlern.

(Prof. Dr. Hans Gerhard Stockinger (CSU): Das ist gar nicht sein Auftrag, Frau Kollegin!)

Dabei sollten wir es belassen. Da fordern wir Verbesserungen ein und da engagieren wir uns. Unter dem vorge

schobenen hehren Ziel von Medienvielfalt öffnen Sie Tür und Tor für Wettbewerbsverzerrung und für die Befriedigung der privatwirtschaftlichen Interessen der Medienunternehmen. Sie fördern damit letztendlich die Monopolbildung weiter. Das, was wir zurzeit in Bayern erleben, ist eine unseren Zielen von Medienvielfalt und Qualität diametral entgegengesetzte Entwicklung. Das ist eine Monopolisierung der gesamten Medienwirtschaft, die beispiellos ist. Die wird durch dieses Gesetz noch weiter angeheizt.

Übrigens sind nicht alle privaten Rundfunkanbieter der Meinung, dass dieses Gesetz, das Sie hier beschließen, eine gute Sache ist. Die Anbieter, die Hörfunk anbieten, sind überhaupt nicht begeistert davon. Daran kann man übrigens sehen, dass es sehr wohl möglich ist, als privater Rundfunkanbieter ein sehr gutes Angebot zu machen, welches wettbewerbsfähig ist und welches sich alleine trägt, ohne das es subventioniert wird.

Ich war kürzlich auf dem Festakt „20 Jahre Radio Mainwelle“ in Bayreuth. Dort wurde sehr deutlich gesagt, wie enttäuscht und entsetzt man über das Vorhaben ist, andere Unternehmen, die es auf dem Markt nicht so gut schaffen, mit öffentlichen Geldern zu subventionieren, obwohl sich andere nach der Decke gestreckt, gut gewirtschaftet, gut gearbeitet und ohne Subventionen ein qualitativ hochwertiges Programm angeboten haben. Diese Anbieter klagen jetzt über Wettbewerbsverzerrung. Das sollten Sie sich auch einmal zu Herzen nehmen.

Nun noch zu Ihrem Versuch, die Wunden, die Sie mit diesem Tabubruch gerissen haben, mit kleinen Trostpflastern zu heilen. Sie geben vor, dass Sie Vielfalt und Qualität schützen, die Privaten kontrollieren und auch auf die Erfüllung des Programmauftrags achten. Erst wollten Sie im Gesetz den Programmbeirat haben. Der ist Ihnen aber schon wieder zu groß geraten. Jetzt greifen Sie hilfsweise auf den Programmausschuss des Medienrats zurück. Das ist doch völlig unzulänglich. Wie soll das tatsächlich zu schaffen sein? Die Kollegen, die mit mir im Rundfunkrat vertreten sind, wissen doch, wie schwer es schon dem Rundfunkrat fällt, die Kontrolle, die ihm obliegt, tatsächlich wahrzunehmen. Wie soll das erst mit einem Programmausschuss in dieser Minimalausführung, wie Sie sie vorschlagen, funktionieren? Das reicht überhaupt nicht aus. Das ist ein Trostpflaster. Das ist weiße Salbe, aber auch nicht mehr.

Kehren Sie zurück zu den Prinzipien des dualen Systems. Wir wollen keinen quasi öffentlich-rechtlichen Privatrundfunk. Genau das machen Sie. Es ist doch eine Lüge, dass es in Bayern keinen Privatrundfunk gibt. Wenn das stimmen sollte, steht es auf einem verfassungsmäßig sehr dünnen Pfeiler. Das wissen Sie ganz genau.

(Prof. Dr. Hans Gerhard Stockinger (CSU): Was ist dann mit Artikel 111 a der Bayerischen Verfassung?)

Wir wollen keinen quasi öffentlich-rechtlichen Privatrundfunk. Ich kann es nur noch einmal sagen. Lassen Sie es doch zu, dass sich Qualität am Markt durchsetzt. Sie sind

doch auch sonst dafür, dass sich Wettbewerb und Markt durchsetzen. Warum sollen sie sich nicht hier durchsetzen? Andere beweisen doch, dass es geht. Kümmern Sie sich lieber darum, dass wir in Bayern auch öffentliche Bürgerkanäle bekommen. Auf diesen Kanälen ist die lokale Berichterstattung vielleicht wirklich interessanter. Dort steht sie wirklich in Konkurrenz zum öffentlich-rechtlichen Angebot, aber nicht mit dem, was Sie hier subventionieren wollen.

Wir lehnen den Gesetzentwurf ab und wir lehnen auch den Änderungsantrag ab, den Sie nur als Tischvorlage im federführenden Ausschuss eingebracht haben, der deswegen gar nicht ausführlich genug beraten werden konnte. Wir lehnen beides ab. Wir warten mit Spannung darauf, ob Sie die Ankündigung, noch einen Entschließungsantrag nachzureichen, in irgendeiner Form wahrmachen.