Protocol of the Session on February 12, 2004

Wir sind bereit, Herr Kollege, für die Gestaltung der Zukunft unseres Landes die notwendigen Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen. Falls unsere Vorschläge, die ich gerade dargelegt habe, zu Einsparungen und Einnahmeverbesserungen nicht ausreichen, nehmen wir aber die zusätzliche moderate Neuverschuldung in Kauf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir von der SPD-Fraktion wollen ein Bayernland, in dem die Bürger in bestmöglicher Sicherheit leben können. Wir wollen ein Bayernland, in dem allen Kindern, gleich welcher sozialer Herkunft die bestmöglichen Bildungschancen geboten werden. Wir wollen ein Bayernland, in dem jede Familie ihr Leben in eigener Entscheidungsfreiheit gestalten kann. Wir wollen ein Bayernland, das mit einer guten Infrastruktur in Forschung und Bildung, Verkehr und Telekommunikation die Voraussetzungen für Arbeit und Beschäftigung seiner Menschen schafft. Wir wollen ein Bayernland, dessen Bürger in demokratischer Freiheit, in Wohlstand und sozialem Frieden leben können. Dafür steht die SPD-Fraktion in den kommenden Beratungen des Nachtragshaushalts 2004.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Ach.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Beifall, den Herr Dr. Kaiser soeben von seiner Fraktion bekommen hat, war eigentlich für die Rede unangemessen.

(Karin Radermacher (SPD): Das entscheiden immer noch wir!)

Sie haben zwar den Ton, aber trotzdem haben wir zu wenig Lautstärke, als Hinweis an die Technik.

Lieber leise und gut geredet, als laut und geplärrt und nichts gesagt. So einfach ist die Lösung.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will mich in diesem Zusammenhang nicht wiederholen, ich stelle nur fest, was wir in der letzten halben Stunde über uns ergehen lassen mussten, war nichts als die Wiederholung altbekannter Pressemitteilungen und unrichtiger Zahlenwerke. Herr Kollege Dr. Kaiser, man merkt sehr wohl, dass Sie erst seit kurzem dem Haushaltsausschuss angehören und in der Vergangenheit bei der Wirtschaft mehr oder minder gut zu Hause waren.

Ich erspare es mir im Hinblick auf die Diskussion zum Nachtragshaushalt 2004, auf Ihre gro ß e n staatstragenden, staatspolitischen Ausführungen zur Wirtschaftspolitik und zur Konjunkturpolitik einzugehen. Aber dazu schon eine Bemerkung: Alle Prognosen Ihrer Minister der vergangenen Jahre, was die Wirtschaftsprognosen anbelangt hat, waren gänzlich falsch.

Insofern waren Sie – –

(Zurufe der Abgeordneten Johanna Werner- Muggendorfer (SPD))

Sie können sich nachher zu Wort melden. Selbst wenn Sie noch so plärren: Ich habe das Mikrofon und setze mich damit besser durch als Sie, damit das einmal klar ist.

(Anhaltende Zurufe der Abgeordneten Johanna Werner-Muggendorfer (SPD))

Liebe Frau Kollegin Werner-Muggendorfer, Sie sind ja gar nicht so schlimm. – Ich stelle nur fest: Das Zahlenwerk, das heute von Ihnen vorgetragen wurde, ist von niemandem verstanden worden. Es wurden viele Zahlen in den Raum gestellt, ohne dass gesagt wurde, wohin das Zahlenwerk eigentlich führen soll, nämlich zu einem Nachtragshaus

haltsentwurf, der auch zusammen mit Ihnen beraten w e rden könnte. Das war leider nicht der Fall. Insofern freue ich mich in gewisser Weise auf die Beratungen, weil sie vielleicht zur Aufklärung beitragen können. Ich hoffe aber nicht, dass das, was Sie heute vorgetragen haben, in Zukunft der Inhalt der Beratungen sein wird.

Zunächst möchte ich der Bayerischen Staatsregierung, die nicht gelogen hat, wie Sie, Herr Dr. Kaiser, behauptet haben, Herrn Staatsminister der Finanzen und dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Vorlage des Entwurfs des Nachtragshaushalts 2004 danken. Die Eckpunkte dieses Haushaltsentwurfs sind das Ergebnis - offensichtlich im Gegensatz zur Beratung Ihrer Arbeitsgruppe – eines intensiven Dialogs zwischen CSU-Fraktion und Staatsregierung. Wir sind uns darin einig, auch weiterhin eine solide und sparsame Haushaltspolitik zu verfolgen, auch wenn das im Einzelfall aufgrund der damit verbundenen – wie ich gestehe, natürlich unangenehmen – Kürzungen unbequem und schmerzlich ist. Wir setzen mit diesem Haushaltsentwurf ein Gegensignal zur hemmungslosen Lust von Rot-Grün an der Schuldenmacherei, ob nun in Bayern, Nordrhein-Westfalen oder im Bund.

(Beifall bei der CSU – Marianne Schieder (SPD): Oh mei, oh mei!)

Mit diesem Haushaltsentwurf legen wir einmal mehr eine Grundlage für eine erfolgreiche Landespolitik und dafür, dass Bayern vorne bleibt, dass Bayern fit für die Zukunft bleibt, was auch Ihr Traum ist, Herr Dr. Kaiser, wie ich gehört habe.

Dabei ist zu betonen, unter welch extrem schwierigen Rahmenbedingungen wir derzeit Politik für Bayern gestalten müssen. Aufgrund der verfehlten und sprunghaften Politik der rot-grünen Bundesregierung befindet sich Deutschland in einer schweren wirtschaftlichen und damit auch finanziellen Krise. Dieser Entwicklung kann sich auch Bayern nicht entziehen. Die aktuellen Steuerschätzungen vom Mai und vom November 2003 ergeben allein für B a y e rn im Jahr 2004 massive zusätzliche Einnahmeausfälle von knapp 1,6 Milliarden Euro nach dem Länderfinanzausgleich. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir reagieren in Bayern auf diesen dramatischen Verfall der Steuerbasis vollkommen anders, als es etwa die rot-grüne Bundesregierung mit dem grandiosen Geschrei von Finanzminister Eichel tut oder die rot-grüne Landesregierung in NordrheinWestfalen. Wir wollen nicht in immer mehr neue Schulden ausweichen, die Steuern und Belastungen für morgen bedeuten. Wir wollen nicht in immer mehr Schulden ausweichen, die ständig mehr Geld für Zinsen und Tilgungsleistungen fressen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, folgende Zahlen belegen deutlich, welchen Vorsprung unser

Konsolidierungskurs Bayern gegenüber der rot-grünen Schuldenpolitik verschafft. In Nord r h e i n Westfalen sind alle Dämme gebrochen. Rot-Grün hat dort im Jahr 2003 die unglaubliche Summe von 6,54 Milliarden Euro an neuen Schulden aufgenommen. Rot-Grün plant dort für das Jahr 2004 die astronomische Summe von 5,15 Milliarden Euro an neuen Schulden.

(Zuruf der Abgeordneten Heidi Lück (SPD))

Rot-Grün sieht dort für 2005 immer noch 3,76 Milliarden Euro an neuen Schulden vor.

(Zuruf der Abgeordneten Heidi Lück (SPD))

Was bedeutet dies? – Frau Kollegin Lück, ich sage es Ihnen; denn Sie sind sehr wissbegierig. Das bedeutet, dass Nordrhein-Westfalen in nicht nur drei J a h ren über 15 M i l l i a rden Euro neue Schulden macht. Dort werden also in nur drei Jahren drei Viertel der Schulden gemacht, die Bayern innerhalb von fast 60 Jahren – seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs – insgesamt machen musste, um den Freistaat Bayern dorthin zu bringen, wo er heute steht, nämlich an der Spitze aller deutschen Länder.

(Zuruf der Abgeordneten Heidi Lück (SPD))

Frau Kollegin Lück, das ist eine im negativen Sinne atemberaubende Entwicklung, der die Opposition in Bayern, ohne nachzudenken, nur allzu willig nacheifern würde. Diese Feststellung muss ich nach dem Redebeitrag des Kollegen Kaiser machen. Wenn es nach SPD und GRÜNEN in Bayern ginge, würden wir innerhalb kürzester Zeit durch immer mehr Kredite in die Schuldenfalle und damit in die politische Handlungsunfähigkeit geführt, weil wir durch Zinsen und Kreditzahlungen blockiert würden. Ich werde später noch darauf eingehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte den Ve rgleich wiederholen, den Herr Finanzminister bereits gezogen hat, und veranschaulichen, wozu eine ungebremste Schuldenaufnahme führen kann. In Nordrhein-Westfalen ist die Staatsverschuldung mit rund 100 Millionen Euro bereits derzeit fünfmal so hoch wie diejenige Bayerns. Das Land Nordrhein-Westfalen muss knapp 5 Millionen Euro für Zinsen zahlen. Das ist, wie bereits erwähnt, fast jeder zehnte Euro der Ausgaben. Ich bitte Sie, sich das zu verdeutlichen. In Bayern liegen wir dank der langjährigen, soliden und zuverlässigen Haushaltspolitik aller Regierungen die letzten elf Jahre unter der Führung unseres Ministerpräsidenten Dr. Stoiber mit etwa einer Milliarde Euro deutlich besser. Das bedeutet, jeder zehnte Euro in Westfalen wird für Zinsen aufgewendet, in Bayern nur jeder dreißigste Euro. Die in Bayern deutlich niedrigeren Zinsausgaben verschaffen uns – dies ist hinreichend bekannt – einen Investitionsvorsprung, der dazu beiträgt, dass

wir trotz aller Probleme nach vorne blicken und in die Zukunft Bayerns investieren können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die von mir gerade vorgetragenen erschreckenden Zahlen des rot-grünen Schuldenturms in Düsseldorf bestärken mich in meiner festen Überzeugung, dass der Weg einer soliden und verlässlichen Haushaltspolitik, den wir in Bayern seit Jahren beschreiten, auch unter den jetzigen Rahmenbedingungen ohne Alternative ist. Ich betone: ohne Alternative. Dies wird auch von wissenschaftlicher Seite mehr als eindrucksvoll bestätigt. Die so genannten Wirtschaftsweisen, also der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung stellt in seinem aktuellen Jahresgutachten vom 12. November 2003 fest – ich zitiere wörtlich –:

Die empirischen Beobachtungen der europäischen Währungsunion zeigen, dass in der Mehrzahl der Fälle, in denen eine ambitionierte Konsolidierungsstrategie in einem konjunkturell schwächeren Umfeld begonnen wurde, diese finanzpolitische Rezessionsphase nicht nur keine schwerwiegenden negativen gesamtwirtschaftlichen Folgen hatte, sondern positive Impulse bewirkte.

Also: Auch in Zeiten schwachen Wachstums gibt es zur Konsolidierung keine Alternative. Der Vorwurf der Opposition, den wir gerade wieder gehört haben, dass Sparen den Aufschwung gefährde, trifft nicht zu; das Gegenteil ist der Fall. Uns sollte klar sein, insbesondere der Opposition, dass uns maßlose Schuldenmacherei nicht nach vorne bringt. Das zeigen die Zahlen des letzten Jahres. Ich sage das, weil Kollege Dr. Kaiser vorhin die Verschuldung als einen der Konjunkturmotoren bezeichnet hat. Ich will das an einem Beispiel deutlich machen: Trotz eines Defizits der öffentlichen Hand von fast 90 Milliarden Euro im Jahr 2003 – das ist doch genau das, was Sie wollen, mehr Schulden machen, dann springt die Konjunktur an, dann geht die Entwicklung positiv weiter – befand sich Deutschland konjunkturell – das kann ich belegen – mit einem Fuß in der Rezession. Es war nichts davon zu spüren, dass das Anwerfen der Schuldenpresse den Konjunkturmotor geölt hätte, ganz im Gegenteil. Ich behaupte stattdessen, dass höhere Schulden unsere Chancen für mehr Wachstum und Beschäftigung gefährden.

(Beifall bei der CSU)

Nach der verqueren Logik der bayerischen SPD, die wir heute wieder hören konnten, dürfte man nie sparen, weil Ausgabenkürzungen kurzfristig eine gewisse dämpfende Wirkung haben könnten.

Was uns aber auf Dauer voranbringt, ist Vertrauen, nämlich das Vertrauen, das wir durch eine verlässli

che Konsolidierungspolitik erhalten. Vertrauen führt zu Investitionen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CSU)

Der Sachverständigenrat führt dazu zutreffend aus, dass mittel- bis langfristig solide öff e n t l i c h e Finanzen die Voraussetzungen für einen höheren Wachstumspfad schaffen. Ich glaube, dem ist nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei der CSU)

Der von der CSU-Fraktion und der Staatsregierung eingeschlagene Weg,

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Heinz Kaiser (SPD))

Ich würde Ihnen empfehlen, gehen Sie zunächst nach Amerika, informieren Sie sich dort, kommen Sie dann zurück und sagen Sie, was dort wirklich geschieht – unsere Spar- und Konsolidierungsanstrengungen weiterzuführen und noch zu verstärken, ist damit naturgemäß kein Selbstzweck. Uns muss bewusst sein, dass wir uns nicht mehr leisten können, als uns zur Verfügung steht. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir können nur dann Zukunftsperspektiven erhalten, wenn wir in den kommenden Jahren noch finanzielle Spielräume für die politische Gestaltung und die We i t e rentwicklung Bayern s haben. Wenn wir stattdessen immer mehr für Zinsund Tilgungsleistungen durch den Schornstein jagen, können wir unsere Zukunft nicht mehr gestalten.

(Beifall bei der CSU)

Deshalb halten wir am Kurs der nachhaltigen Haushaltspolitik fest. Deshalb halten wir auch am gesetzlichen Ziel des ausgeglichenen Haushalts 2006 fest. Forderungen, dieses Ziel zeitlich zu verschieben, helfen kein Stück weiter; denn auch 2008 oder 2010 oder, wenn es nach der bayerischen SPD ginge, noch am Sankt-Nimmerleins-Tag fände man Gründe, warum angeblich genau nicht jetzt, aber demnächst ein ausgeglichener Haushalt möglich oder sinnvoll sei. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, je eher wir das Ziel erreichen, desto eher profitieren wir von den daraus erwachsenden Spielräumen.

Lassen Sie mich dazu noch eine Anmerkung machen. Entgegen dem Eindruck, der vonseiten der Opposition gelegentlich zu erwecken versucht wird, kommen weder unsere Konsolidierungsanstrengungen noch die angegangenen Strukturveränderungen aus heiterem Himmel - ganz im Gegenteil: Bereits 1998 haben sich CSU-Fraktion und Staatsregierung intensiv mit der Thematik des Haushalts ohne Neuverschuldung befasst. Bereits im Jahr 2000 haben wir dieses Ziel gesetzlich verankert. Bayern ist damit das erste Land, das sich selbst in dieser

Weise gebunden hat. Dagegen ist von den Lippenbekenntnissen, die uns auch hinre i c h e n d bekannt sind, etwa eines Hans Eichel, ehedem Hans im Glück, zu einem ausgeglichenen Haushalt auf Bundesebene bis 2006 – das war seine ursprüngliche Vorgabe – nichts, aber auch gar nichts übrig geblieben – Sie brauchen nur jeden Tag in die Zeitung zu schauen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CSU)

Uns war und ist bewusst, dass unbequeme und schmerzliche Kürzungen und Einsparungen – ich stehe dazu – unvermeidbar sind, um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen. Auf die Notwendigkeit des Sparens und auf die angestrebte Rückführung der Staatstätigkeit habe ich persönlich, aber haben auch die CSU-Fraktion und die Staatsregierung laufend hingewiesen. Wir haben dies im Übrigen auch in unserem Programm zur Landtagswahl 2003 mehr als deutlich gemacht, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Es ist unredlich, dass Sie immer sagen: Versprochen, aber nicht gehalten. Wir haben deutlich gemacht, wohin die Reise in dieser Legislaturperiode gehen muss.