Werfen wir einen Blick auf Folgen und Konsequenzen des Streichkonzerts. Die Verkleinerung des Bewilligungsrahmens für den sozialen Wohnungsbau gefährdet die Wohnungsversorgung der sozial Schwächeren.
Die Bauwirtschaft gerät noch stärker unter Druck. Dringend notwendige Verbesserungen des Staatsstraßennetzes, seiner wichtigen Zubringer und Erschließungsfunktion unterbleiben durch weitere Mittelkürzungen. Darunter leidet die wirtschaftliche Entwicklung Bayerns. Die massiven Kürzungen bei der Fachausstattung der Polizei und beim Katastrophenschutz beeinträchtigen die innere Sicherheit. Das Rote Kreuz sorgt sich um die Anschaffung neuer Fahrzeuge im Rettungsdienst und befürchtet eine Erschwernis bei der Rettung von Menschenleben.
Arbeitszeitverlängerung und Abbau von Anre c hnungsstunden, weniger Aushilfslehrkräfte demotivieren die Lehrerschaft und verschlechtern die Lernbedingungen für unsere Kinder. Mittelkürzungen beim Breitensport und bei der Erwachsenbildung führen zu weniger gesellschaftlichen Aktivitäten und desavouieren das Ehrenamt.
Der Bayerische Jugendring beklagt den Raubbau an der Jugendverbandsarbeit. Bildungsmaßnahmen und der internationale Jugendaustausch können nur noch unzureichend finanziert, die notwendige Qualifizierung von ehrenamtlichen Mitarbeitern nicht mehr gewährleistet werden. Hauptamtlichen Mitarbeitern droht die Entlassung. Weniger Blindengeld und Landeserziehungsgeld, Mittelkappung beim Landesplan für Behinderte, Abbau von Sozialenberatungsleistungen verschlechtern das soziale Klima. Einschränkungen bei der Landschaftspflege und dem Vertragsnaturschutz, dem Hochwasserschutz sind ökologisch falsch, Einschränkungen bei der Aids- und Suchtbekämpfung sowie der Drogentherapie sind in ihren Folgewirkungen verhängnisvoll. Die Kürzungen bei Lehre und Forschung an u n s e ren Hochschulen, das Aufschieben vieler Baumaßnahmen gefährden die Zukunftsfähigkeit Bayerns. Weniger Geld für Kunst und Natur, Museen und Theater, Bibliotheken und Denkmalpflege beschädigen die Tradition des Kulturstaats Bayern.
Meine Damen und Herren, nach dieser Horrorliste nun zu dem schlimmsten Kapitel, nämlich den Kommunen.
Die Kommunen in Bayern, in Deutschland sind in Not. Die Situation für die bayerischen Kommunen ist in der Tat dramatisch. Dies macht eine Zahl deutlich: 40 bis 50 % der bayerischen Gemeinden sind nicht in der Lage, die Mindestzuführung vom Verwaltungshaushalt in den Vermögenshaushalt zu erwirtschaften. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Sie liegen in der schwachen Konjunktur, in Sonderentwicklungen einzelner Branchen und in gesetzlichen Rahmenbedingungen aus der Regierungszeit von Helmut Kohl.
Das Standortsicherungsgesetz beispielsweise eröffnet Unternehmen die Möglichkeit, ausländische Verluste mit inländischen Gewinnen zu verrechnen. Das führte dann dazu, dass einzelne Unternehmen sogar bereits gezahlte Gewerbesteuer von den Gemeinden zurück verlangten. So waren aufgrund dieses Gesetzes der Regierung Kohl Veräußerungsgewinne
bei Auslandsbeteiligungen steuerfrei, Verluste konnten steuerlich abgesetzt werden – das war der Fall BMW/Rover. Das war Ihre Politik ab 1993 unter der Regierung Kohl/Waigel.
(Alexander König (CSU): Wer hat denn den Verlauf von Unternehmensbeteiligungen steuerfrei gestellt? Die SPD!)
Dieses alte Steuerschlupfloch wurde von der Regierung Schröder mittlerweile geschlossen. Die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage im Steuersenkungsgesetz 2000, die hälftig Bund und Ländern zugute kommt, war sicher falsch. Dieser Fehler wurd e im Rahmen der Gemeindefinanzreform vor Weihnachten endlich korrigiert.
Die Hauptverantwortung für die Not der Kommunen liegt aus verfassungsrechtlichen Gründen – ich sagte es vorhin schon – in den Ergebnissen der Politik der Landesregierung. Die Verschuldung der bayerischen Kommunen stieg seit dem Amtsantritt von Ministerpräsident Stoiber dreimal so stark wie die Verschuldung des Freistaates.
Das ist das Ergebnis Ihrer Politik. Bayern beteiligt seine Kommunen am allgemeinen Steuerverbund lediglich mit 11,54 %. Das ist mit Abstand die niedrigste Verbundquote unter allen alten Flächenländern. Daraus resultieren die niedrigste Schlüsselmasse und die niedrigsten Schlüsselzuweisungen pro Kopf.
B a y e rn beteiligt seine Kommunen über die so genannte Solidarumlage an den Kosten der Deutschen Einheit. Das ist in Artikel 1 a des Bayerischen Finanzausgleichsgesetzes geregelt. Es ist also bayerisches Landesrecht und nur durch den bayerischen Gesetzgeber zu ändern. Wenn Sie ständig über die Solidarzulage für die Kommunen klagen, dann übernehmen Sie sie doch bitte in den Landeshaushalt und schieben Sie die Schuld nicht immer nach Berlin. Das können wir hier im Bayerischen Landtag entscheiden.
Geradezu ruinös ist aber, was die Bayerische S t a a t s regierung im Nachtragshaushalt für die bayerischen Kommunen plant. Aufgrund des Vermittlungsergebnisses vom 16. Dezember werden alle Kommunen in Deutschland Mehreinnahmen von über 2,2 Milliarden Euro im Jahr 2004 zu verzeichnen haben.
Die Mehreinnahmen für die bayerischen Kommunen dürften zwischen 250 und 400 Millionen Euro liegen. Die Bayerische Staatsregierung begreift aber diese kommunalen Mehreinnahmen offensichtlich als ihre
Reservekasse, kürzt den kommunalen Finanzausgleich um 3,9 Millionen Euro und steckt sich die M e h reinnahmen damit nahezu komplett in die eigene Tasche. Das nennt man kommunalfeindliche Politik.
3,9 Millionen Euro weniger ist ein Minus von 5,4 % beim kommunalen Finanzausgleich. Damit sinkt das Volumen des Finanzausgleichs um mehr als doppelt so viel wie das Volumen des Gesamthaushalts mit einem Minus von 2,6 %.
Weit jenseits aller ökonomischen und physikalischen Vernunft sind die beabsichtigten Kürzungen bei den Investitionsfördermaßnahmen innerhalb des FAG. Hier beabsichtigt die Staatsregierung ein radikales Zusammenstreichen um 550 Millionen Euro oder 30,9 %. Wenn man weiß, dass die Kommunen normalerweise zwei Drittel bis drei Viertel aller öffentlicher Investitionen tätigen, kann ich Ihnen, Herr Finanzminister, angesichts dieser Zahlen nur sagen: Sie sind von allen guten Geistern verlassen.
Es wäre ganz gut, wenn der Vorsitzende des Bayerischen Bauindustrieverbandes nicht nur in seiner Verbandszeitung, sondern auch in seiner Eigenschaft als Landesschatzmeister der CSU den Herrn Ministerpräsidenten einmal beraten würde, was es bedeutet, wenn Bauinvestitionen zurückgef a h ren werden. Das ist ein Abwürgen der Konjunktur, meine Damen und Herren.
Dazu passt es auch ins Bild, Herr Faltlhauser, dass Sie die Gewerbesteuer für ein Fossil halten, die nach Ihrem Steuerkonzept abgeschafft werden soll. Für uns Sozialdemokraten ist die Gewerbesteuer der Kern kommunaler Finanzautonomie und kommunaler Selbstverwaltung.
Der Vorsitzende des Bayerischen Städtetages, Landshuts Oberbürgermeister Josef Deimer, CSU, beklagt deshalb zu Recht, wörtlich „die totale Ignoranz des Ministerpräsidenten“. Meine Damen und Herren, wo der Mann Recht hat, hat er Recht.
Sparen, die die SPD-Fraktion längst auf den Tisch des Hauses gelegt hat, wiederholen. Wir erinnern an die Forderungen der Ritzer-Kommission, die größte Landesregierung der Republik von 17 auf 11 Mitglieder zu verkleinern, um mit dem Bürokratieabbau auf der politischen Leitungsebene, mit dem höchsten pro Kopf Aufwand aller Flächenstaaten, endlich Ernst zu machen, Herr Finanzminister.
Bei den Beratungen in dieser und in der letzten Woche über den Bericht des Obersten Rechnungshofes ist deutlich geworden, dass auch der Rechnungshof sagt, die Vorgaben zum Abbau der Stellen auf der politischen Leitungsebene in den Ministerien, die man sich 1996 selbst gegeben hat, sind nicht eingehalten worden. Sie haben also nicht einmal Ihre eigenen Vorgaben eingehalten.
Wenn dann die Staatsregierung antwortet: Ja, das konnten wir nicht, weil wir ein neues Ministerium, nämlich das Verbraucherschutzministerium eingeführt haben, und das hat so und soviel Stellen gekostet, dann ist das doch eine wunderbare Steilvorlage für unsere Argumentation. Wenn nämlich bei der Teilung eines Ministeriums ein neues Ministerium viele neue Stellen bedeutet, dann bedeutet doch ein Zusammenlegen von Ministerien einen Abbau von Stellen. Also bitte, legen Sie die Ministerien zusammen und verkleinern Sie Ihr Kabinett. Wir schätzen, dass das jährliche Einsparvolumen etwa 125 Millionen Euro beträgt.
Eine Einbeschränkung der überbordenden Aufwendungen für Öffentlichkeitsarbeit und We r b u n g brächte zusätzliche Mittel für den Haushalt. Wir fordern, alle Effizienzreserven in der Verwaltung zu mobilisieren. Als Beispiele nenne ich das Leasing aller Dienstfahrzeuge, insbesondere bei der Polizei nach dem Vorbild Baden-Württembergs, Herr Finanzminister; das Sparen von Lizenzgebühren im IT-Bereich durch den Umstieg von Microsoft auf Linux. Gestern hat der Vertreter des Obersten Rechnungshofes im Haushaltsausschuss erklärt, mit einer Umstellung, die in ein, zwei Jahren möglich wäre könnte man bei der Hälfte der Computerarbeitsplätze in Bayern 15 Millionen Euro sparen. Die Staatsregierung tut hier viel zu wenig.
Es geht auch um die Einführung leistungsfähiger Gebäude-Managementmethoden bei den Energiekosten, beim Wasserverbrauch, bei Reparaturen usw.
Wir wollen weiter ein verbessertes BeteiligungsControlling, Privatisierung und die Liquidation überflüssiger staatlicher Gesellschaften. Die rückläufigen Einnahmen aus wirtschaftlicher Tätigkeit und staatlichem Vermögen, minus 34,3 Millionen Euro, sind nicht zuletzt auch politisch motivierte Fehlentscheidungen wie Kirc h - K redite der Landesbank,
LfA-Verluste bei Grundig, Schneider Technologies, König Ludwig Musical. Sie sind auf mangelndes Controlling zurückführen.
So kritisiert hier der Bayerische Oberste Rechnungshof beispielsweise das Unternehmensmanagement bei der Bayerischen Landessiedlung, der BIfA in Augsburg und beim Staatlichen Hofkeller in Würzburg.
Was ist hier ungeheuerlich, Herr Kollege? Das Thema steht in der nächsten Aufsichtsratssitzung an, dann werden wir schon sehen, die Agentur wird aufgelöst.
Die Dauersubventionierung von Münchner Messe und Flughafen und zinslose Gesellschafterdarlehen ist zurückzuführen und eine Privatisierung zu überprüfen. Ein Verkauf des Eon-Aktienpaketes mit einem Wert ohne Paketaufschlag von zurzeit 1,7 Milliarden Euro brächte die notwendigen Finanzmittel für eine offensive Infrastrukturpolitik Bayerns. Wir wollen eine solche „Offensive Infrastruktur Bayern“, für die Zukunft unseres Landes und für die Zukunft unserer Kinder.
Unsere Schwerpunkte im Nachtragshaushalt sind neben dem kommunalen Finanzausgleich Bildung, Familie, Innere Sicherheit und Ausbau und Erhaltung der staatlichen Infrastruktur.
Wir sind bereit, Herr Kollege, für die Gestaltung der Zukunft unseres Landes die notwendigen Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen. Falls unsere Vorschläge, die ich gerade dargelegt habe, zu Einsparungen und Einnahmeverbesserungen nicht ausreichen, nehmen wir aber die zusätzliche moderate Neuverschuldung in Kauf.