Protocol of the Session on October 23, 2007

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Ich habe Ihnen das hundertmal erzählt. Ich habe für meine Fraktion schon vor über zwei Jahren Anträge gestellt, dass wir uns mit dem demografischen Wandel und seinen Auswirkungen auf die Schülerzahlen befassen mögen. Aber Sie haben dafür keine Notwendigkeit gesehen. Jetzt kommt das Ganze wie eine Naturgewalt über Sie. Die Schule verlässt das Dorf.

Ihre Lösungen, Herr Kollege Stahl, sind rudimentär. Mittlerweile habe ich auch schon gehört, dass man die Hauptschulreform nicht mehr „Hauptschulreform“, sondern nur noch „Initiative“ nennen darf. Darauf haben Sie keine Antwort. Wir aber haben eine Antwort darauf, und das haben wir schon beantragt – ich möchte es kurz wiederholen: Wir fordern, den jahrgangsübergreifenden Unterricht auch an der Hauptschule zuzulassen und eine Übergangsklausel vorzusehen, die es den Schulen ermöglicht, für sie vor Ort passende Lösungen zu finden.

Da hinein passen auch die regionalen Modellschulen. Deshalb, und weil Sie auf dem Gebiet der Ganztagsschulen wirklich eigentlich nur noch jämmerlich zu nennen sind, finde ich den Antrag wunderbar. Es ist Zeit, dass Sie endlich zustimmen, bitte schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt darf ich für die Staatsregierung Herrn Staatssekretär Sibler das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Strobl, wir haben eben ein anderes Konzept für Ganztagsschulen als das, was Ihnen ursprünglich vorgeschwebt ist: Wir wollen hier bewusst die Freiwilligkeit und die Wahlmöglichkeit in den Mittelpunkt stellen, weil wir festgestellt haben, dass es in Bayern sehr viele Familien gibt, die zu Hause die Kinder erziehen wollen.

(Zuruf der Abgeordneten Simone Tolle (GRÜNE))

Liebe Frau Tolle, deshalb werden wir weder alle Grundschulen noch alle Hauptschulen in allen Zügen sofort so ausbauen, sondern hier einen Zug anbieten – –

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Selbst die Leute, die ihre Kinder in Krippen haben, erziehen ihre Kinder!)

Frau Werner-Muggendorfer, darf ich bitte ausreden? Ich würde hier gerne meine Gedanken noch zu Ende bringen.

Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Pfaffmann?

So früh schon? – Ja, natürlich.

Sie haben gerade gesagt, Sie wollten die Freiwilligkeit bei den gebundenen Ganztagsschulen in den Mittelpunkt stellen. Sind Sie bereit, alle gestellten Anträge in Bayern zu genehmigen?

Herr Pfaffmann, Sie schaffen mir eine wunderbare Brücke zu meinen nächsten Ausführungen: Wir haben von den 179 eingegangenen Anträgen genau 100 genehmigt.

(Zuruf des Abgeordneten Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD))

Hören Sie doch erst einmal zu, ich bin doch noch gar nicht fertig. Schonen Sie einmal Ihren Blutdruck, es tut Ihnen doch gut, wenn Sie einmal etwas herunterkommen.

Von 179 Anträgen haben wir 100 genehmigt. Es waren ursprünglich 75 Maßnahmen geplant. Da man gesehen hat, dass ein größerer Bedarf vorhanden ist, haben wir letztlich 100 genehmigt. Wir haben an die Genehmigungen entsprechende Kriterien geknüpft: die Qualität des pädagogischen Konzepts, die Teilnahme an der Hauptschulinitiative als Pilotschule im Rahmen der Profilbildung oder Modularisierung, Situation der Schülerschaft, Größe der Schule, räumliche Situation und Wiederholungsantrag. Das ist nicht auf allen Feldern mit abgesichert gewesen. Es war somit eine Abwägung, diese 100 Anträge zu genehmigen. Wenn Sie richtig zugehört haben, Herr Pfaffmann, dann wissen Sie: Im nächsten Jahr werden

wir dann wieder 100 gebundene Ganztagshauptschulen im Verfahren haben, und in diesem Zusammenhang wird auch der Wiederholungsantrag mit dazukommen.

Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage der Frau Kollegin Tolle?

Ja, selbstverständlich.

Zur Freiwilligkeit: Es waren 177 oder 179, aber das ist egal. Wenn Sie das nächste Jahr wieder 100 Anträge genehmigen – wir gehen davon aus, dass die genannten 179 alle pädagogisch okay waren –, dann können wir doch sagen, dass Sie dann eine Freiwilligkeitslawine vor sich herschieben, weil dann im nächsten Jahr nur noch 31 genehmigt werden. Wie wollen Sie mit diesem Berg umgehen? Gibt es dazu schon Überlegungen?

Des Weiteren wollte ich fragen: Vom Landtag ist ein Antrag beschlossen worden, wonach die Staatsregierung ein Konzept dazu vorlegen solle, wie das Ganztagsangebot unter Beteiligung der Eltern ausgebaut werden kann. Dieser Antrag stammt vom März, und Sie haben immer wieder um Fristverlängerung gebeten. Muss ich deshalb mutmaßen, dass Sie noch an dem Problem knabbern, oder haben Sie dafür schon eine Lösung?

Herr Staatssekretär, das geht nicht von Ihrer Redezeit ab.

Das beruhigt mich.

Zum Thema der Freiwilligkeitslawine: Wir haben für das nächste Jahr das Verfahren noch gar nicht eingeleitet. Wir wissen nicht, ob die übrig gebliebenen Schulen einen Antrag stellen werden. Wir werden das im Verfahren entsprechend berücksichtigen. Ich möchte darauf hinweisen, dass wir neben den gebundenen Ganztagsschulen auch offene Ganztagsschulen haben – 41 500 Plätze und damit in diesem Schuljahr 4000 mehr als im vergangenen Schuljahr. All das ist bedarfsorientiert. Jeder, der einen Antrag gestellt hat, ist auch zum Zuge gekommen. Das macht deutlich, dass wir den vorhandenen Bedarf entsprechend abdecken können.

Wenn Sie uns auch die Grundschulen noch an den Kopf schmeißen wollen, sehr geehrte Frau Tolle, sehr geehrter Herr Pfaffmann, dann sage ich Ihnen: Wir haben in diesem Jahr – hören Sie bitte auch zu, Frau Tolle – 30 neue mit dazu. Ich möchte darauf verweisen, dass wir vor allem bei den Grundschulen die gesicherte Mittagsbetreuung anbieten und dass wir mit Unterstützung des Arbeitsministeriums Horte mit anbieten, durch die eine ganz wichtige Ergänzung des Angebotes besteht und durch die ein großer Bedarf an der Grundschule bereits mit abdeckt wird.

Im Übrigen bin ich immer wieder überrascht, wenn gerade die GRÜNEN die USA als Vorbild ins Feld führen. Ich bin gespannt, ob das auch bei vielen anderen Themen der Fall sein wird. Weil Sie es verschwiegen haben, Frau Tolle: Die Modellschulproblematik haben wir auf einen Antrag der CSU hin über das FAG entsprechend gelöst. Das Thema stellt sich nicht mehr.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär.

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Die CSU-Fraktion hat namentliche Abstimmung beantragt. Die 15 Minuten seit Antragstellung sind vorüber. Die Stimmurnen stehen bereit. Ich bitte, die Stimmen abzugeben. Fünf Minuten sind angesetzt.

(Namentliche Abstimmung von 18.14 bis 18.19 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Damit schließe ich die namentliche Abstimmung. Die Stimmzettel werden draußen ausgezählt, und das Ergebnis wird zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, damit ich in der Tagesordnung fortfahren kann. – Ich bitte, die Plätze einzunehmen, damit ich in der Tagesordnung fortfahren kann. – Also zunehmend ist es kein Vergnügen mehr, das Präsidium zu übernehmen.

Im Einvernehmen mit den Fraktionen rufe ich zur gemeinsamen Beratung die Tagesordnungspunkte 9, 10 und 11 auf:

Antrag des Abg. Willi Leichtle u a. (SPD) Nachtragshaushalt 2007 Antrag Sport 1 – Schulsport (Drs. 15/8851)

Antrag des Abg. Willi Leichtle u. a. (SPD) Nachtragshaushalt 2007 Antrag Sport 2 – Vereinspauschale (Drs. 15/8852)

Antrag des Abg. Willi Leichtle u. a. (SPD) Nachtragshaushalt 2007 Antrag Sport 3 – Vereinseigener Sportstättenbau (Drs. 15/8853)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die Redezeit beträgt 15 Minuten pro Fraktion. Damit wir heute noch abstimmen können, empfehle ich, die Redezeit nicht voll auszuschöpfen. Als Erstem darf ich Herrn Kollegen Leichtle das Wort erteilen.

(Unruhe)

Ich bitte darum, dass Herr Kollege Leichtle jetzt das Wort ergreifen kann.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst eine Vorbemerkung: Wir wissen natürlich, dass die Staatsregierung beschlossen hat, keinen Nachtragshaushalt 2007 aufzulegen. Das hindert uns als Fraktion aber nicht daran, einen solchen zu fordern. Wenn die CSU-Fraktion alles hinnimmt, was die Staatsregierung beschließt, ist es ihre Angelegenheit. Wir sind jedenfalls der Meinung, dass ein Nachtragshaushalt 2007 aufgelegt werden soll. Deshalb haben wir auch nicht beantragt, dass Mittel in den Nachtragshaushalt 2007 aufgenommen werden, sondern wir fordern die Staatsregierung auf, einen Nachtragshaushalt 2007 vorzulegen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

In diesen Nachtragshaushalt sind dann bestimmte Mittel einzustellen.

Natürlich wissen wir aus den Beratungen des Haushaltsausschusses, dass Sie unsere Anträge heute ablehnen werden. Das wird uns aber nicht daran hindern, zum Nachtragshaushalt 2008 die gleichen Anträge wieder einzubringen. Damit führen wir heute eine Diskussion, die in sechs Wochen nicht anders sein wird als heute. Aus diesem Grunde werde ich auch der Bitte der Frau Präsidentin nachkommen und mich etwas kürzer fassen, weil ich davon ausgehe, dass wir diese Diskussion noch einmal führen werden.

Jetzt zu den einzelnen Anträgen. Mit dem ersten Antrag wird die Staatsregierung aufgefordert, einen Nachtragshaushalt 2007 vorzulegen. Hierbei ist der Mittelansatz für den Schulsport um 10 Millionen von 30,4 Millionen auf 40,4 Millionen zu erhöhen. Der Hintergrund ist folgender: Wie die meisten Kolleginnen und Kollegen in diesem Hause noch wissen, sind die Staatsregierung und leider auch die Mehrheitsfraktion im Bayerischen Landtag Herrn Kienbaum gefolgt, der gemeint hat, am besten eigne sich für Sparmaßnahmen an der Schule der Schulsport. Wie könnte es auch anders sein? Herr Kollege Waschler, hier sind wir wieder beim Stellenwert des Schulsports. Schon Herr Kienbaum hat gemerkt, dass der Schulsport als Nichtvorrückungsfach das einzige Fach ist, bei dem man am besten kürzen kann. Leider sind die damalige Staatsregierung und die CSU-Fraktion Herrn Kienbaum gefolgt, was zur Konsequenz hatte, dass beim Schulsport in Bayern rigoros gekürzt wurde.

Nachdem man nach einiger Zeit festgestellt hat, dass diese Entscheidung falsch war, hat man mit Sondermitteln versucht, einen Teil der Kürzungen beim Schulsport wieder auszugleichen. Sondermittel wurden in den Haushalt eingestellt, um Sportunterricht durch nebenamtliche und nebenberufliche Lehrkräfte erteilen zu lassen. Seinerzeit gab es bei der Staatsregierung sogar die utopische Vorstellung, man könnte Übungsleiter einsetzen, um den ausgefallenen Schulsport zu ersetzen. Davon will heute niemand mehr etwas wissen, weil man festgestellt hat, dass das eine absolute Fehlentscheidung war.

Zur Korrektur dieser Fehlentscheidung sollten die Sondermittel dienen. Natürlich haben diese Sondermittel dazu geführt, dass die Kürzungen beim Schulsport ein wenig aufgefangen wurden, leider aber nur ein wenig; denn der Schulsport ist heute sowohl an der Hauptschule als auch an der Realschule und am Gymnasium im Durchschnitt um eine Stunde kürzer als vor zehn Jahren. Die Mittel, die für die Rücknahme der Kürzungen zur Verfügung stehen, sind zu knapp. Sie sind seit Jahren auch nicht mehr aufgestockt worden. Insofern darf es Sie nicht wundern, dass die Landesindizes der einzelnen Schularten beim Schulsport stagnieren. Der Landesindex beim Schulsport stagniert über die Schularten Hauptschule, Realschule und Gymnasium hinweg seit Jahren. Der Sportunterricht dauert immer noch eine Stunde weniger, als es vor zehn Jahren der Fall gewesen ist.

Gerade in der heutigen Zeit, in der sich das Freizeitverhalten der Kinder rigoros geändert hat, ist das eine Sünde.

(Beifall bei der SPD)

Denn in der heutigen Zeit ist es umso wichtiger, mehr Schulsport zu betreiben. Ich nenne nur die Stichworte Medienkonsum, Computer und Fernsehen. Der Medienkonsum hat leider dazu geführt, dass die Kinder einen großen Teil ihrer Freizeit vor dem Fernseher oder vor dem Computer verbringen. Nachdem Zeit ein kostbares Gut ist, das als einziges nicht vermehrt werden kann, bedeutet das, dass für sportliche Betätigung, Bewegung und dergleichen zu wenig Zeit übrig bleibt. Umso wichtiger wäre es, den Schulsport nicht zu kürzen, sondern ihn zu erhöhen.