Protocol of the Session on October 18, 2007

Deswegen meine ich, dass uns ein solches Gesetz, von dem man schlichtweg sagen muss, dass die Zweifel, die dazu angesprochen worden sind, berechtigt sind, nicht weiterbringen wird. Wir können nicht erwarten, dass uns das Bundesverfassungsgericht quasi einen Kommentar schreibt, wie wir später unsere Gesetze zu formulieren hätten.

Genauso wichtig ist es mir, dass wir klarstellen: OnlineDurchsuchungen müssen sich auf schwerwiegende, schwerste Verbrechen beschränken. Natürlich muss die Anordnung der Maßnahme durch einen Richter erfolgen. Selbstverständlich bedarf es Erhebungs- und Verwertungsverbote zum Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung. Hier liegen Probleme, die wir bei unseren anderen Maßnahmen, die wir bereits gesetzlich geregelt haben, immer wieder berücksichtigen müssen.

Ein weiteres sehr wichtiges Kriterium ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Er muss ebenfalls gewahrt sein.

Nicht nur diese Hürden, sondern auch die Tatsache, dass es technisch nicht einfach ist, Computer zu überwachen, zeigen sehr deutlich, dass es sich hier gerade nicht um ein flächendeckendes Überwachen handelt, dass es gerade nicht darum geht, gläserne Bürger zu haben. Vielmehr handelt es sich im Einzelnen um gezielte Maßnahmen in einer überschaubaren Zahl. Bei der OnlineDurchsuchung geht es also um die Abwehr massivster Gefahren bei hochrangigen Rechtsgütern wie Leib und Leben sowie um die Aufklärung schwerster Verbrechen.

Gestern hat sich die österreichische Bundesregierung für die Praxis von OnlineDurchsuchungen ausgesprochen.

Das ist ein Signal, welches wir sehr ernst nehmen sollten. Ich meine, Frau Zypries sollte sich vielleicht einmal daran orientieren, was ihre Parteikollegin in Österreich zu den Themen Online-Durchsuchungen, Terrorismusbekämpfung und Kampf gegen Kinderpornografie sagt.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Ich habe lange darauf gewartet, Herr Dürr, dass Sie endlich auch einmal anfangen zu krähen.

Was wir brauchen, ist offensichtlich. Wir sollten die Diskussion deshalb schleunigst vom Ob auf das Wie umstellen, also darauf, wie wir für die Sicherheit der Menschen, der Bevölkerung in unserem Land arbeiten können. Da dürfen wir keine Vogel-Strauß-Politik machen.

Frau Staatsministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Kamm?

Nein, ich habe jetzt keine Zeit.

Wo wir für die Sicherheit wirken können, hat es keinen Sinn, dass wir den Kopf in den Sand stecken. Wir müssen uns vielmehr an unseren technischen und rechtlichen Möglichkeiten orientieren.

In diesem Sinn kann ich nur sagen: Die Staatsregierung wird hartnäckig am Ball bleiben, damit wir entsprechende Rechtsgrundlagen sowohl im präventiven als auch im repressiven Bereich bekommen.

(Beifall bei der CSU)

Das Wort hat Frau Kollegin Stahl.

Frau Präsidentin, meine Herren und Damen! Ja, wir haben eine neue Bedrohungssituation. Aber gerade weil wir sie haben, müssen wir sehr genau überlegen, mit welchen rechtsstaatlichen Mitteln wir dieser Bedrohungslage tatsächlich sinnvoll und in einem Abwägungsprozess begegnen können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die CSU hat dazu einen Antrag aus dem hohlen Bauch heraus gestellt. Er bewegt sich in luftleerem Raum. Er ist wirklich nur schädlich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ausdrücke wie „bei allem Respekt vor dem Bundesverfassungsgericht“ lassen bei mir sämtliche Alarmglocken schrillen, weil dann in der Regel ein „aber“ kommt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Tatsächlich hat man auch hier wieder gesagt, das Bundesverfassungsgericht, die Hüterin unserer Grundrechte, halte uns auf. Aber ich bitte Sie, was ist denn das für eine Einstellung unserem höchsten Gericht gegenüber, wenn man dessen Äußerung als Belästigung empfindet. Es ist doch anzuerkennen, wenn sich heute ein Gericht noch die Mühe macht, meine Rechte zu schützen. Ich sage: Ich brauche diese Gerichte, und ich bin froh, dass es sie gibt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie hätten im Übrigen – damit komme ich zu Herrn Kreuzer – sehr wohl die Möglichkeit, für den präventiven Bereich einen eigenen Gesetzentwurf einzureichen. Wenn Sie das täten, wüssten wir wenigstens, worüber wir diskutieren. Dann wüssten wir, was sich die CSU an Sicherheitspolitik tatsächlich vorstellt. Dann könnten wir über Straftatenkatalog, Richtervorbehalt etc. diskutieren. Aber Sie tun es nicht.

Ich frage Sie: Weshalb tun Sie es nicht? Ich bin allerdings nicht unglücklich darüber. Dass Sie es nicht tun, ist nicht der Punkt. Deswegen muss ich sagen, Herr Kreuzer: Neben dem Justizministerium ist auch das Innenministerium zuständig.

(Thomas Kreuzer (CSU): Lesen Sie den Antrag! Da steht etwas von Bundesebene!)

Ja, auf Bundesebene soll etwas eingefordert werden. Man soll sich in präventiver und repressiver Hinsicht einsetzen. Aber das können doch auch Sie. Das ist hier einmal wieder der Versuch, aus Angst vor der eigenen Courage ein Problem abzuwälzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Angesichts der Erfahrungen mit den letzten Verfassungsgerichtsurteilen rate ich Ihnen dringend, abzuwarten, was Ihnen das Verfassungsgericht an Grundsätzen ins Buch diktiert. Sie sollten nicht auf der Opposition herumhacken, der es schlicht und einfach zu dünn ist, was Sie hier an Vorgaben machen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Um das Wort hat noch einmal Herr Kollege Ritter gebeten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die Justizministerin hat sehr eindringlich die Bedrohungssituation beschrieben und beschworen, dass wir dieses Gesetz brauchen. Sie fordern in diesem Haus neue Gesetze, sind aber selber nicht einmal fähig, bestehende Gesetze so auszuführen und anzuwenden, dass sie für die polizeiliche Praxis relevant sind.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der GRÜNEN)

Ich sage es noch einmal: Bei den zuständigen Stellen der Polizei, die für die Datenauswertung von Computern und Festplatten zuständig sind, liegen diese Dinge zwei, drei, teilweise sechs Monate herum, bevor die Beamtinnen und Beamten sie überhaupt anfassen können, um sie auszuwerten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der GRÜNEN)

Sie beschwören das Sicherheitsrisiko, das die Opposition erzeuge. Das Sicherheitsrisiko, das den Menschen in diesem Land dadurch entsteht, dass keine vernünftige Ausstattung der Polizei vorgenommen wird, scheint Ihnen recht egal zu sein.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der GRÜNEN)

Diese Argumentation ist vor dem Hintergrund des Antrags, den Sie vorgelegt haben, tatsächlich zynisch und verlogen.

Unsere Auffassung ist, dass die Polizei so ausgestattet werden muss, dass am Tag der Einlieferung dieser Daten die Daten ausgewertet werden können bzw. dass man zumindest anfangen kann, sie auszuwerten. Wenn Sie so weit sind, kommen Sie bitte mit so einem Antrag wieder, dann können wir darüber diskutieren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der GRÜNEN)

Ums Wort hat noch einmal gebeten Frau Staatsministerin Dr. Merk.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Herr Kollege Ritter, wenn Sie ansprechen, dass es eine Prioritätensetzung bei der Auswertung von Festplatten und Ähnlichem gibt, dann wird das selbstverständlich so sein. Eines kann man aber auch sagen.

(Florian Ritter (SPD): Sie wissen doch gar nicht, was da drauf ist!)

Hören Sie doch zu. Ich habe Ihnen auch zugehört. Ich meine, das sind die Grundprinzipien der Demokratie, die müssten Sie auch kennen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Sie haben gar nicht zugehört! Sie haben sich unterhalten!)

Ich habe Ihnen sehr wohl zugehört, sonst könnte ich Ihnen nicht antworten. Wollen Sie auch noch etwas sagen? – Dann wundere ich mich, dass Sie sich vorher nicht gemeldet haben.

Ich muss noch einmal sagen: Prioritätensetzung heißt, dass das, was schwerwiegend ist, auch sehr schnell behandelt wird. Ich kann Ihnen eines sagen: Wenn es um den Kampf gegen Terroristen geht, gegen terroristische Anschläge,

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das weiß man doch gar nicht vorher!)

um schwerste Verbrechen gegen Leib, Leben und Gesundheit, dann wird eine solche Information sehr wohl unverzüglich verwertet bzw. überprüft, ausgewertet und, falls möglich, verwertet. Das zuallererst.

Zweitens. Frau Stahl, ich gebe Ihnen völlig recht: Rechtsstaatlich müssen unsere Maßnahmen sein, und sinnvoll müssen unsere Maßnahmen sein. Genau in diesem Sinne arbeiten wir auch. Ich möchte aber betonen, dass die CSU-Fraktion nicht Hilfe, Stütze und Nachhilfe für die Bundesjustizministerin leisten muss. Ich gehe davon aus, dass Frau Zypries ihre Gesetze selber machen kann und dass es unsere Aufgabe ist, darauf hinzuweisen, dass es dieser Gesetze dringend bedarf.