Protocol of the Session on July 19, 2007

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

lassen wir es möglichst lange weiterlaufen, egal wie unsicher der Reaktor ist. Das kann nicht sein. Der Schutz der Bevölkerung muss vor den wirtschaftlichen Interessen der Atomenergiebetreiber stehen.

(Beifall bei der SPD – Christian Meißner (CSU): Dann soll Herr Gabriel in die SPD-Atomaufsicht in Schleswig-Holstein eingreifen!)

Auch ist es ein richtiger Schritt, Kollege Meißner, dass die Bundesregierung die internationale Atomenergieorganisation eingeladen hat, damit diese im Jahre 2008 in Deutschland eine Überprüfung der Atomaufsicht von Bund und Ländern durchführen kann. Die Prüfverfahren sollen dabei im Bundesumweltministerium und im Umweltministerium von Baden-Württemberg durchgeführt werden. Richtig wäre, wenn sich auch das Bayerische Umweltministerium an diesem Prozess beteiligen würde, um zu sehen, wie die Behörden in Bayern ihre Aufgaben der Aufsicht über die Sicherheit der Atomkraftwerke wahrnehmen.

Auch in Bayern – Kollegin Paulig hat bereits darauf hingewiesen – sind in der Vergangenheit meldepfl ichtige Ereignisse oftmals sehr spät an die Öffentlichkeit gelangt. Wir brauchen ein Höchstmaß an Transparenz im Bereich der Atomkraft. Das gilt für alle bayerischen Atomkraftwerke, und das betrifft auch die Information über die Ergebnisse der Sicherheitsprüfungen nicht nur von Isar 1, die zum 31. Dezember 2004 anstanden, sondern von allen fünf bayerischen Atomkraftwerken.

Wir stimmen dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu und fordern noch einmal eine ganz klare Informationspolitik gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern ein. Noch sicherer wäre es aber, die Atomkraftwerke abzuschalten. Das ist unsere Zielsetzung, und dafür werden wir weiter kämpfen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin, vielen Dank. Nächste Wortmeldung: Herr Staatssekretär Dr. Bernhard.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wenn man die Debatte hier hört, könnte man denken, dass Brunsbüttel und Krümmel in Bayern liegen. Frau Kollegin Biedefeld, wenn man weiß, dass in der Zeit, in der dort in Schleswig-Holstein die ganzen Schlampereien und sonstigen Dinge vorgekommen sind, eine rot-grüne Regierung regiert hat, und wenn man weiß, dass der Bundesumweltminister Trittin hieß,

(Zuruf der Abgeordneten Susann Biedefeld (SPD))

dann sollten Sie ein bisschen vorsichtiger sein.

(Susann Biedefeld (SPD): Schleswig-Holstein wird doch von einem CDU-Ministerpräsidenten regiert!)

Für die Staatsregierung stelle ich dennoch klar, dass wir der Ansicht sind, dass das Informationsverhalten von Vattenfall nach dem Trafobrand in Krümmel kritikwürdig ist. Der Konzern hat auch personelle Konsequenzen gezogen. Sie sollten nicht den Eindruck erwecken, als ob das, was dort geschehen ist, die gesamte Branche betrifft;

(Susann Biedefeld (SPD): Das strahlt auf die gesamte Branche aus!)

denn das Vorstandsmitglied von Eon und der Präsident des Deutschen Atomforums, Herr Hohlefelder, hat sich klar und eindeutig dazu geäußert, wie er das bewertet: beträchtlicher Imageschaden und verheerender Eindruck in der Öffentlichkeit. Herrn Josefsson haben Sie selbst schon zitiert. Es steht also außer Zweifel, dass das, was dort an Informationspolitik erfolgt ist, in keiner Weise akzeptabel ist. Herr Gabriel kündigt jetzt schärfere Kontrollen an. Wir warten auf seine Vorschläge. Wir sind für alles offen, was die Sicherheit optimiert und verbessert.

Ich glaube, wichtig ist jetzt

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

leider verläuft die Debatte wieder auf anderen Schienen –, dass die Ursachen und die Wirkungszusammenhänge, die es dort gegeben hat, aufgeklärt werden.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Ein kraftvolles „Weiter so“!)

Nein, nein. Herr Kollege Wahnschaffe, anders ist ein vernünftiges Handeln nicht möglich; das sehen Sie doch auch so. Festgestellt werden muss also, was dort wirklich Sache ist, und dann ist zu reagieren, wenn dies allgemeine Konsequenzen im Bereich der Aufsicht erfordern würde. Ich zitiere aber auch den Präsidenten des Bundesamtes für Strahlenschutz – ein Beamter, der von Herrn Trittin dorthin berufen worden ist –, der geäußert hat, dass die Vorkommnisse nach seinen bisherigen Eindrücken nicht sehr gravierend sind. Ich zitiere den Präsidenten des Bundesamts für Strahlenschutz.

(Susann Biedefeld (SPD): Gott sei Dank!)

Ich plädiere also für eine sachliche Debatte, die tatsachenfundiert ist und nicht möglicherweise völlig unberechtigte Ängste erzeugt, um nicht zu sagen: schürt.

(Susann Biedefeld (SPD): Menschliches und technisches Versagen können überall passieren!)

Jetzt zu Bayern. Unsere zentrale Maxime in der Atomaufsicht ist Transparenz und Offenheit und ein stringentes Aufsichtsregime.

(Zuruf der Abgeordneten Maria Scharfenberg (GRÜNE))

Ich komme schon noch darauf, Frau Kollegin. Das, was von Ihrer Seite an Rechtskenntnissen über die Atomaufsicht geäußert worden ist, ist möglicherweise sehr peinlich.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Da kennen wir uns aber aus!)

Ich habe schon gesagt: Wenn es Vorschläge geben sollte, wie man die Aufsicht verbessern kann, sind wir dafür offen. Ich sage aber auch, dass wir in Bayern – ich habe vorher das Thema Schleswig-Holstein angesprochen – die Kraftwerke außerordentlich dicht und intensiv überwachen und kontrollieren. Jährlich fi nden Hunderte von Prüfungen von System und Komponenten jeweils unter Sachverständigenbeteiligung statt, ebenso fi nden ständig aufsichtliche Begehungen und Inspektionen statt, ebenfalls unter Sachverständigenbeteiligung.

(Susann Biedefeld (SPD): Das war beim Gammelfl eisch auch so!)

Es gibt umfangreiche und intensive Prüfungen während der Revision der Kernkraftwerke. Außerdem gibt es das Kernkraftfernüberwachungssystem, das Sie ja kennen. Das hat dazu geführt – deshalb kann ich nicht verstehen, was Frau Paulig vorhin geäußert hat –, dass die fünf bayerischen Kernkraftwerke hinsichtlich der Aufstellung der meldepfl ichtigen Ereignisse – nicht des bayerischen Umweltministeriums, sondern des Bundesamtes für Strahlenschutz – in den letzten zehn Jahren unter den sieben besten waren. Ich glaube, auch das bestätigt eindrucksvoll die Effektivität der bayerischen Atomaufsicht.

Jetzt zum Thema Information der Öffentlichkeit. Sie erliegen einem grundlegenden Irrtum. Sie haben nämlich die Fristen, die die Kernkraftwerke für Ereignisse unterschiedlicher Art einzuhalten haben, die Fristen im internen Meldeverfahren an uns, herangezogen und haben so getan, als ob die Frist für eine solche Eilmeldung bei der Veröffentlichung nicht einzuhalten sei und dass dies andernfalls ein Rechtsverstoß sei. Tatsache ist, dass diese Fristen für das interne Verfahren gelten und dass es für die Information der Öffentlichkeit keine rechtlichen Regelungen gibt. Das, was von uns und von den Betreibern gemacht wird, ist eine Politik der Transparenz und Offenheit, von der ich vorher gesprochen habe.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Dann muss es aber zeitnäher erfolgen!)

Die erfolgen auch zeitnah, Frau Kollegin. Wir veröffentlichen aber nicht ungeprüft, das heißt ohne Beiziehung technischen Sachverstandes innerhalb weniger Tage, da geht es um zwei oder drei Tage. Wir machen das des

halb nicht, weil wir nachprüfen wollen, ob beispielsweise die Einstufung in das Risikosystem richtig ist. Nehmen Sie einmal den Fall an, wir würden ungeprüft eine solche Meldung veröffentlichen, wonach kein Problem aufgetreten sei, und hinterher würde sich herausstellen, dass es in Wirklichkeit Stufe zwei oder drei gewesen ist. Was würden Sie uns denn dann vorwerfen? - Vertuschung usw. und so fort. Es ist doch vernünftig, dass wir das zunächst checken und dann zeitnah veröffentlichen, indem wir es ins Internet stellen.

Sie tun so, als gäbe es keine Information der Öffentlichkeit. Wir stellen die Ereignisse umgehend nach der technischen Überprüfung ins Internet, und damit ist das Ganze für die Öffentlichkeit zugänglich. Da gibt es eigentlich überhaupt keine Probleme. Ich sehe auch nicht, wo es da in der Praxis Probleme gegeben hätte. Wir in Bayern haben alle Ereignisse zeitnah – da ist ein großer Unterschied zu Schleswig-Holstein, wo Sie die Verantwortung tragen – veröffentlicht. Im Übrigen gibt es eine Landtagsfestlegung aus dem Jahr 1991, an die man in diesem Zusammenhang erinnern kann, wonach Ereignisse von höherer sicherheitstechnischer Bedeutung – also ab Stufe 1 der INES-Skala; für diejenigen, die sich genau damit befassen – dem Bayerischen Landtag sofort zur Information zu übermitteln sind.

Sie haben die Veröffentlichung der Meldungen als solche angesprochen. Das ist aus unserer Sicht nicht sehr praktikabel, und zwar deshalb, weil diese Meldungen häufi g sehr technisch sind, das heißt, die Öffentlichkeit – wenn man die Öffentlichkeit informieren will – würde eine solche Meldung gar nicht einordnen können. Außerdem ist ein solches Vorgehen Teil des Verwaltungsverfahrens. Wenn man eine solche Veröffentlichung will, kann man das durchaus tun, aber dann braucht man dafür eine Rechtsgrundlage, um Teile eines Verwaltungsverfahrens zu veröffentlichen. Ich glaube jedoch nicht, dass ein solches Vorgehen im Sinne einer Information sehr viel weiterführen würde.

Jetzt zu der periodischen Sicherheitsüberprüfung: Ich glaube, man muss dabei eines sehen – das ist ganz wichtig –: Es wird der Eindruck erweckt, bei dieser periodischen Sicherheitsüberprüfung ginge es um Mängel, die in das Raster meldepfl ichtiger Ereignisse fi elen. Das kann im Einzelfall sein, die Einordnung als meldepfl ichtiges Ereignis und Mangel läuft auf einer völlig anderen Schiene. Der Sinn dieser sicherheitstechnischen Überprüfungen, die alle zehn Jahre stattfi nden, ist es, ein Kraftwerk insgesamt zu beurteilen und ganzheitlich zu erfassen. Es gibt detaillierte Leitfäden des Bundes dazu, was dabei im Einzelnen anzusprechen ist.

Dann geschieht Folgendes: Der Bericht, den der Betreiber abliefert, wird durch technischen Sachverstand geprüft, und am Ende gibt es einen Bericht, der sich mit der Frage beschäftigt, was zu optimieren ist. Dabei werden Fragestellungen wie Beschriftungen abgehandelt oder wird die Frage geklärt, wie neue technische Systeme verwendet werden können. Es betrifft aber nicht meldepfl ichtige Er

eignisse. Die Ergebnisse dieses Berichtes werden wir selbstverständlich veröffentlichen. Den Bericht selber zu veröffentlichen, ist eine sehr umständliche Prozedur. Ich sage noch einmal: Es handelt sich um einen Bericht der Betreiber. Inhalt ist das, was die Betreiber zunächst selber über die Situation im Kraftwerk feststellen und wobei die Betreiber glauben, man könne das eine oder andere optimieren. Es geht nicht um sicherheitsrelevante Mängel. Diese werden auf einer anderen Schiene behandelt und bearbeitet.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Trotzdem muss es veröffentlicht werden!)

Zusammenfassend: Ich glaube, dass wir in Bayern eine hervorragende und verantwortungsbewusste Informationspolitik machen. Die Informationen werden dann von uns veröffentlicht, wenn sie dahin gehend geprüft sind, ob sie korrekt sind. Wir veröffentlichen umgehend im Internet, und wir werden auch die Ergebnisse dieses Prüfberichts veröffentlichen. Wir sehen dabei überhaupt keine Probleme. Wenn im Gefüge des Systems rechtliche Änderungen notwendig sein sollten, dann erwarten wir entsprechende Vorschläge des Bundesumweltministers. Wir sind offen und kooperativ in Bezug auf alle Optimierungen, die bei der Aufsicht möglich sind.

(Beifall bei der CSU)

Herr Staatssekretär, vielen Dank. Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Zu Wort hat sich Frau Kollegin Paulig für eine persönliche Erklärung gemeldet.

(Ruth Paulig (GRÜNE): Eigentlich nach der Abstimmung!)

Liebe Frau Kollegin Paulig, vertrauen Sie darauf, dass die Präsidenten die Geschäftsordnung kennen. Deswegen lese ich Ihnen den Text auch noch einmal vor, nachdem ich Sie als gewiefte Taktikerin kenne. Sie dürfen nur Angriffe zurückweisen, die in der Aussprache gegen Sie geführt wurden, oder eigene Ausführungen berichtigen, und es darf nicht zur Sache selbst gesprochen werden. – Frau Kollegin Paulig, Sie haben das Wort.

Genau, ich erinnere mich an die Beispiele gestern.

Herr Präsident, vielen Dank für die Information. Es wurde von Herrn Staatssekretär Bernhard angekündigt, er würde mir irgendwelche Unrichtigkeiten nachweisen. Ich kann dies nicht feststellen. Ich habe zum Ersten einmal von den meldepfl ichtigen Ereignissen gesprochen und die Zahlen genannt, wie viele in Bayern vorliegen. Das habe ich zutreffend zugesagt. Ich habe bezüglich der meldepfl ichtigen Ereignisse in Atomkraftwerken in Deutschland im Jahr 2006 beispielsweise festgestellt, dass Isar 1 an der siebten Stelle liegt, Grafenrheinfeld und Gundremmingen B und C auf den Plätzen neun, zehn und elf. Das ist zutreffend; das sind die meldepfl ichtigen Ereignisse:

acht bei Isar 1, jeweils sieben bei Grafenrheinfeld, Gundremmingen B und sechs bei Gundremmingen C. Ich kann allerdings Ihren Ausführungen nicht zustimmen, wonach die bayerischen Atomkraftwerke die geringste Anzahl an Störfällen aufwiesen. So ist das nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Isar 2 liegt günstig.

Zum Zweiten stimmen die Formulierungen in unserem Antrag exakt. Wir erwarten von den Atomkraftwerksbetreibern eine aktuelle und umfassende Information der Öffentlichkeit, eine Einstellung durch das Umweltministerium in das Internet, und wir verlangen die Veröffentlichung der periodischen Sicherheitsüberprüfungen. Ich weise zurück, dass in meinem Antrag etwas Falsches stehen würde.