Protocol of the Session on July 18, 2007

Der federführende Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik empfi ehlt die unveränderte Annahme. Der Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen stimmt bei seiner Endberatung ebenfalls zu. Ergänzend schlägt er vor, in § 3 als Datum des Inkrafttretens den 1. September 2007 einzufügen.

Wer dem Gesetzentwurf mit dieser Ergänzung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CSU-Fraktion und die SPD-Fraktion. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist das so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gem. § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch.

Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. Erhebt sich Widerspruch? – Das ist nicht der Fall.

Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Die CSU-Fraktion, die SPD-Fraktion. Die Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist das Gesetz angenommen. Es hat den Titel „Gesetz zur Änderung des Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes und des Heilberufe-Kammergesetzes“.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 12 auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Gesetzes über die

Organisation der ordentlichen Gerichte im Freistaat Bayern (Drs. 15/7944) – Zweite Lesung –

Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Im Ältestenrat wurde hierfür eine Redezeit von fünf Minuten pro Fraktion vereinbart.

Als Erstes darf ich Herrn Kollegen Kreuzer das Wort erteilen.

Frau Präsidentin, Hohes Haus! Es geht bei diesem Gesetzentwurf um die Aufstufung der bisherigen Zweigstelle Sonthofen zu einem Amtsgericht. Es geht nicht darum, insgesamt die Aufl ösung der Zweigstellen der Amtsgerichte in Bayern zu diskutieren. Aber wir werden sehen, dass es Kolleginnen und Kollegen gibt, die wie immer bei diesem Punkt am Thema vorbeireden werden. Ich werde dies jedoch nicht tun.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Was soll denn das heißen?)

Es wird über die Zweigstellenaufl ösung gesprochen werden. Diese ist aber nicht Gegenstand dieses Gesetzes. Wer lesen kann, ist klar im Vorteil, Frau Kollegin Scharfenberg.

Hier geht es vielmehr darum, zu einem Hauptgericht aufzustufen. Dies ist richtig. Sonthofen ist ein fl ächenmäßig relativ großer Bezirk mit vielen Fällen, mit einer weiten Entfernung vom Hauptgericht, die einzige Zweigstelle in Bayern, die bereits über ein eigenes Grundbuchamt verfügt, während dies in den anderen Zweigstellen nicht vorhanden ist. Es ist eine Zweigstelle mit einem neuen Justizgebäude, und die Angelegenheit ist ohne große Personalumsetzung vor Ort zwischen Kempten und Sonthofen zu bewerkstelligen.

Ich vertrete das Anliegen Sonthofens, obwohl ich der Kemptener Abgeordnete bin. Die Alternative wäre, dass Sonthofen nach Kempten eingegliedert wird. Dies wäre nicht sinnvoll. Es ist richtig, Sonthofen als eigenes Amtsgericht zu installieren, und dies macht die Staatsregierung mit diesem Gesetzentwurf.

Deswegen bitte ich Sie um Zustimmung.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Jetzt darf ich Frau Kollegin Stahl bitten.

Frau Präsidentin, meine Herren und Damen! Herzlichen Dank für die Worterteilung. Man muss schon dankbar sein, wenn man hier reden darf, Herr Kollege Kreuzer.

Aber das Rederecht der Abgeordneten geht sehr weit. Ich könnte theoretisch komplett am Thema vorbeireden,

(Beifall der Abgeordneten Maria Scharfenberg (GRÜNE) und der Abgeordneten Johanna Werner Muggendorfer (SPD) – Thomas Kreuzer (CSU): Das machen Sie meistens, Frau Kollegin Stahl!)

und Sie müssten es sich trotzdem anhören.

Warum zu diesem Gesetzentwurf reden, wo doch einhellig Zustimmung erfolgen wird? - Die Regierungserklärung von Herrn Stoiber zum Auftakt der Legislaturperiode hat insbesondere im Justizbereich eine Entwicklung in Gang gesetzt, die mit Nachhaltigkeit nichts zu tun hat. Unter der Zielsetzung, dass sich die Justiz nur noch ihren Kernaufgaben widmen solle, ohne dass diese in irgendeiner Form noch irgendwo öffentlich diskutiert werden, erfuhr und erfährt die dritte Säule in unserem Rechtsstaat eine nie da gewesene Schwächung. Wir erleben eine Justizministerin, die dieser gezielten Schwächung nichts entgegenzusetzen hat. Deshalb musste sich zum Beispiel ein Verein wie „Pro Justiz“ gründen, denn anscheinend gibt es andere Unterstützer nicht mehr.

Mit der Abschaffung des Bayerischen Obersten Landesgerichts – das war der Auftaktpaukenschlag – begann die Schwächung, das Stakkato, dem 32 Schließungen von Amtsgerichtszweigstellen folgten. Noch in der letzten Legislaturperiode hieß es: keine Schließung. Jetzt musste Ihr Ex-Justizminister Weiß vor Ort um seine Zweigstelle kämpfen, was er auch getan hat.

Es geht nicht darum, ob überhaupt eine einzige Amtsgerichtszweigstelle geschlossen werden darf, sondern es geht Ihnen um die rein fi skalische Sichtweise von Schließungen, die unterschiedslos auf Kosten der Bürger ging und geht.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Eine weitere Schwächung sind angedachte oder bereits vollzogene Privatisierungen. 25 Jahre lang erzählt man uns GRÜNEN vom Gewaltmonopol des Staates, das wir akzeptiert haben, und jetzt fangen Sie mit Privatisierungen an. Das muss Ihnen erst einmal jemand nachmachen.

Wir haben also nicht nur mit Privatisierungen, zum Beispiel bei den Gerichtsvollziehern, bei Nachlasssachen, im Namensrecht, bei der Eintragung von Partnerschaften zu tun, wir haben sie auch schon beim Bau von Haftanstalten. Zu all diesen Punkten kommen jetzt auch noch Aufgabenverlagerungen von der Staatsanwaltschaft hin zur Polizei, und wir erleben, dass ausgleichende Verfahren immer mehr zurückgedrängt werden, ich denke an die Widerspruchsverfahren.

Statt die Justiz zu stärken, verausgaben sich Richterinnen und Richter, Staatsanwaltschaften und Beamte, zum Beispiel in den Justizvollzugsanstalten, in einer 42-StundenWoche bei 140-%-Pensen, zum Beispiel in Nürnberg.

Jetzt komme ich zu Ihnen, Herr Kreuzer. Sehen Sie, Herr Kreuzer, genau deshalb nehme ich mir diese fünf Minuten für die Justiz,

(Thomas Kreuzer (CSU): Sprechen Sie doch mal zu Sonthofen!)

die dritte Säule in unserer Demokratie,

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abgeordneten Johanna Werner-Muggendorfer (SPD))

damit ein einstimmig verabschiedeter Gesetzentwurf nicht verschleiert, wo diese Justiz im Grunde genommen wirklich steht. Das wollte ich Ihnen nicht ersparen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin, vielen Dank. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Schindler.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat habe ich mich gefragt, was in der Zweiten Lesung noch Neues zu diesem Gesetzentwurf berichtet werden soll, nachdem wir bereits eine Erste Lesung hatten und uns einig waren, dass der Gesetzentwurf die Zustimmung des gesamten Hauses fi ndet, nachdem er in drei, vier Ausschüssen mitberaten und überall einstimmig beschlossen worden ist, auch in der abschließenden Beratung bei uns im Rechtsausschuss. Ich war der Meinung man könnte heute darauf verzichten, längere Ausführungen zu machen, weil es Sie langweilt und mich auch, zum fünften Mal zu hören, dass wir selbstverständlich dafür sind, dass die Zweigstelle Sonthofen zu einem normalen Amtsgericht aufgestuft wird, und dass wir im gleichen Atemzug natürlich bedauern, dass 32 weitere Zweigstellen geschlossen werden, wir das genauso wie Frau Stahl für einen Angriff auf die Bürgernähe der Justiz und deswegen für falsch halten.

Ich wusste allerdings nicht, dass Frau Stahl die fünf Minuten nutzen wollte, um eine Grundsatzdiskussion zur Lage der Justiz in Bayern zu führen. Ich bin der Meinung, dafür reichen fünf Minuten bei Weitem nicht,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abge- ordneten Thomas Kreuzer (CSU))

sondern da muss man natürlich schon viel genauer hinschauen. Es wird sicherlich Gelegenheit geben, vielleicht beim Nachtragshaushalt, jedenfalls bei Haushaltsberatungen, um die Lage der Justiz in all ihren Facetten zu durchleuchten.

Ich gebe Ihnen in der Kernkritik recht, dass viele in diesem Land dazu neigen, die Stellung der Justiz zu schwächen, weil sie sich auch aus Loyalität nur wenig wehrt. Es ist schon so in manchen Bereichen der Justiz, dass sie nur deshalb funktioniert, weil Richterinnen und Richter, aber auch andere Mitarbeiter wesentlich mehr leisten, als man von ihnen verlangen könnte. Dafür möchte ich ihnen auch

ausdrücklich danken. Ich meine aber, dennoch sagen zu müssen, es ist heute nicht die richtige Zeit, diese Diskussion zu führen. Das können wir gerne ein andermal machen.

Dem Gesetzentwurf stimmen wir weiterhin zu.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Thomas Kreuzer (CSU))

Vielen Dank, Herr Kollege.

Nächste Wortmeldung: Frau Staatsministerin Dr. Merk.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke nicht, dass man den Status der Justiz an den Zweigstellen in Bayern festmachen kann, und ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass es nicht allein eine fi skalische Sichtweise ist, die uns dazu zwingt, die Zweigstellen einzugliedern, sondern dass es vor allen Dingen darum geht, dass wir die Qualität, die die Justiz hat, auch weiterhin aufrechterhalten wollen.

Aus diesem Grund wollten auch die Richter selbst, dass wir die Zweigstellen eingliedern, weil in den meisten Zweigstellen inzwischen überhaupt nicht mehr die Möglichkeiten vorhanden sind, die wir heute an eine qualitätvolle Arbeit von Gerichten stellen können.

Hier hat sich eine ganze Menge geändert. Man möchte das gesamte Programm an einem Gericht haben. Das lässt sich an einer Zweigstelle mit in der Regel 1,4 bis 2 Richterstellen überhaupt nicht realisieren. Deswegen haben wir uns dazu entschlossen, die Zweigstellen aufzulösen. Inzwischen sind insgesamt elf Zweigstellen aufgelöst worden. Ich habe eine weitere Verordnung unterzeichnet, mit der nun die Zweigstelle Roding mit dem Hauptgericht, dem Amtsgericht Cham, zum Ablauf des 31. Juli 2007 zusammengelegt wird. Das Gleiche gilt für die Zweigstelle Schongau des Amtsgerichts Weilheim in Oberbayern. Das allerdings soll zum 30. September 2007 mit dem Hauptgericht zusammengelegt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben oft davon gesprochen, dass Sonthofen aus dem Reigen der Zweigstellen herausragt und völlig andersgestellt ist. Deswegen möchte ich darauf nicht mehr eingehen, weil das von allen einstimmig so akzeptiert wird. Ich freue mich, dass dieser Gesetzentwurf die Zustimmung fi ndet, und möchte es damit auch bewenden lassen.

(Beifall bei der CSU)