Protocol of the Session on July 18, 2007

(Beifall bei der SPD)

Ich habe ein ganz neues Gefühl vor der Sommerpause. Hoffentlich bleibt das so.

(Zurufe von der CSU und von der SPD)

Frau Kollegin Ackermann, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich muss leider die Harmonie etwas stören.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zurufe von der CSU: Oh, oh!)

Tut mir leid! Das Projekt „Verwaltung 21“, wie der stolze Titel heißt, hat die Verschlankung der Verwaltung zum Ziel. Dagegen ist zunächst nichts einzuwenden. Man muss aber schauen, wo verschlankt wird und man darf nicht um jeden Preis verschlanken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In dieser Novelle geht es darum, dass die Vollzugsaufgaben im Apothekenwesen von den staatlichen Behörden auf die Landesapothekerkammer übertragen werden soll. Das muss man sich einmal vorstellen. Die Apotheker

werden künftig die Apotheker kontrollieren. Da kann ich nur sagen: sehr effektiv! Das ist ungefähr so, als wenn der Bäckerobermeister die Bäcker kontrollierte.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Das stimmt nicht!)

Doch, das stimmt so. Das steht sogar im Gesetzentwurf drin. Es steht drin, vom staatlichen Bereich geht es auf die Landesapothekerkammer über, lieber Herr Kollege Wahnschaffe.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Da muss ich leider widersprechen!)

Lesen Sie es durch. Damit ist eine objektive Kontrolle nicht gewährleistet. Wenn die Apotheken von ihrer eigenen Standesvertretung kontrolliert werden, ist das keine objektive Kontrolle in dem Sinne, wie Kontrolle aussehen muss.

Die Landesapothekerkammer kann dann Geldbußen und Verwarnungsgelder festsetzen. Es steht im Gesetzentwurf, dass sie die Geldbußen und Verwarnungsgelder festsetzt und diese fl ießen dann wiederum der Kammer zu. Sie setzen also zunächst etwas fest, das sie hinterher wieder einnehmen. Für mich ist das eine völlig unverantwortliche Abgabe staatlicher Verantwortung, eine Vermischung von Zuständigkeiten.

Der Entwurf kann auch noch zur Folge haben, dass er höhere Gebühren für Angehörige der Heilberufe nach sich zieht. Also aufgepasst, liebe Angehörige der Heilberufe! Diese jetzt zu beschließende Gesetzesvorlage wird höhere Gebühren für Sie nach sich ziehen. Das steht so im Gesetz.

(Zuruf des Abgeordneten Joachim Wahnschaffe (SPD))

Fazit: Wir sind dagegen, dass der Staat da, wo er zuständig ist, Verantwortung mit dem zweifelhaften Argument der Verwaltungsverschlankung abgibt. Wir sind dafür, dass der Staat seine Verantwortung wahrnimmt, und können deshalb diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt hat Frau Kollegin Sonnenholzner um das Wort gebeten.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich werde die 9 Minuten 37 Sekunden nicht brauchen, die der Fraktion für dieses Thema noch zur Verfügung stehen. Aber einige wenige Punkte möchte ich doch richtig stellen, die sachlich falsch sind. In der Tat werden Aufgaben vom Gesundheitsministerium an die Landesapothekerkammer übertragen. Es handelt sich dabei um Vollzugsaufgaben. Das ist deshalb sinnvoll, weil die Apotheker in diesen Fragen sachkompetenter sind und auch ein Interesse daran haben, dass diese Aufgaben korrekt ausgeführt werden.

Es steht außerdem im Gesetzentwurf – das ist das Entscheidende –, dass die Rechtsaufsicht

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Und die Fachaufsicht!)

und die Fachaufsicht bei der Bayerischen Staatsregierung bleiben.

Was nun den Vorwurf der Preistreiberei angeht, Frau Kollegin Ackermann, haben Sie wohl nicht richtig verstanden, was im Gesetzentwurf steht. Es heißt dort, dass kostendeckende Gebühren erhoben werden dürfen. Nicht mehr und nicht weniger. Die kostendeckenden Gebühren sind defi niert. Es wird nicht dazu führen, dass sich die Apotheker auf diese Weise ein zusätzliches Standbein schaffen. Dieser Vorwurf ist völlig unbegründet.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Die Apothekerkammer ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts!)

Das kommt dazu! Die Landesapothekerkammer ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit entsprechenden Rechten, aber auch Pfl ichten.

Im Übrigen darf ich den Kolleginnen und Kollegen der Mehrheitsfraktion sagen, dass wir mit der Zustimmung zu diesem von Ihnen eingebrachten sinnvollen Gesetzentwurf in Vorleistung getreten sind. Ich bitte Sie, sich das bis nach der Sommerpause zu merken und in Ihrem Herzen zu bewahren.

(Heiterkeit bei der CSU)

Jetzt muss ich Sie leider unterbrechen, weil ich eine Zwischenfrage habe. Ich wollte Sie fragen, ob Sie diese noch zulassen.

Lassen Sie mich zunächst den Satz zu Ende bringen, dann beantworte ich die Zwischenfrage gern. Wir hätten gern, dass Sie den ebenso sinnvollen Gesetzesvorhaben, wie zum Beispiel zum Nichtraucherschutz, die wir einbringen, rasch und zielführend zustimmen.

Frau Kollegin Ackermann.

Meine Frage lautet: Wenn Sie sagen, dass es keine Gebührenänderung geben wird, wie erklären Sie sich dann den unter „Lösung“ im Deckblatt des Gesetzentwurfs angegebenen Satz: „Weitere Regelungen betreffen Abweichungen vom Kosten- und Ordnungswidrigkeitengesetz, um der Landesapothekerkammer die vollständige Deckung des Aufwands für die ihr übertragenen Aufgaben zu ermöglichen“?

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Das ist doch eine formalrechtliche Geschichte!)

Moment, jetzt rede ich. Und es gibt die Aussage, dass höhere Gebühren für die Angehörigen der Heilberufe zu erwarten sind. Wie bringen Sie das zusammen?

Frau Kollegin Sonnenholzner.

Es ist in diesem Lande üblich, dass man für Verwaltungsakte jedweder Art kostendeckende Gebühren nimmt. Das gilt zum Beispiel dann, wenn Sie einen Pass beantragen. Und es ist auch in diesem Fall so. Das ist die Erklärung.

(Beifall bei der SPD – Zuruf der Abgeordneten Renate Ackermann (GRÜNE))

Jetzt darf ich für die Staatsregierung Herrn Staatssekretär Dr. Bernhard das Wort erteilen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst bedanke ich mich für die Zustimmung der CSU und der SPD zu diesem sinnvollen Vorhaben. Ich glaube zwar nicht, dass das jetzt ein allgemeines Verhaltensmuster hier im Hohen Hause werden kann,

(Kathrin Sonnenholzner (SPD): Lassen Sie mich doch die Hoffnung haben!)

aber dort, wo wir einer Meinung sind, sollten wir uns auch gemeinsam für die Dinge einsetzen.

Ich will nur auf einen Punkt eingehen, nämlich auf das Thema Interessenkollision durch die Übertragung von Vollzugsaufgaben auf die Apothekerkammer. Das war ja das Hauptthema. Sie müssen schon unterscheiden. Hier kontrollieren sich nicht die Apotheker selber, wie Sie es am Beispiel der Bäcker vorhin gebracht haben, sondern es geht um eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, die gesetzliche Aufgaben hat und nach Recht und Gesetz verfahren muss. Das ist eine völlig andere Situation, als wenn sich die Bäcker selbst kontrollieren wollten oder müssten.

Die Kammer untersteht der Rechtsaufsicht und in dem Bereich auch der Fachaufsicht des Ministeriums. Auch von daher ist jede Kontrolle möglich.

Es hat darüber hinaus auch in der Vergangenheit beim Vollzug des Berufsrechts, was die Kammer schon längst macht, keine Probleme gegeben. Von der Praxis her gibt es also überhaupt keinen Grund, solche Verdächtigungen in die Debatte einzubringen.

Die ehrenamtlichen Pharmazieräte werden weiter tätig sein. Auch damit wird eine bewährte Praxis weitergeführt. Sie wird durch die Verlagerung des Vollzugs in keiner Weise beeinträchtigt.

Kostendeckende Gebühren sind ein allgemeines Prinzip. Wir haben in anderen Bereichen, beispielsweise bei der Fleischkontrolle, von der EU her die Verpfl ichtung, kosten

deckende Gebühren einzuführen. Das ist auch sinnvoll. Wir müssen hier ein Stück Umdenken ermöglichen, damit dort, wo Kosten durch Aufsicht, Kontrolle etc. verursacht werden, kostendeckende Gebühren verlangt werden. Insofern glaube ich, dass wir die Verwaltungsreform 21 in diesem Punkt sinnvoll umsetzen und damit zu einem Stück Entbürokratisierung kommen. Bei der Kammer gibt es durchaus schon die entsprechende Kompetenz, da sie sich ständig mit solchen Dingen befasst. Es ist insofern sinnvoll, dass die Kammer diese Vollzugsaufgaben übernimmt.

(Beifall bei der CSU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 15/8105 sowie die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik auf Drucksache 15/8633 zugrunde.

Der federführende Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik empfi ehlt die unveränderte Annahme. Der Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen stimmt bei seiner Endberatung ebenfalls zu. Ergänzend schlägt er vor, in § 3 als Datum des Inkrafttretens den 1. September 2007 einzufügen.