Protocol of the Session on July 18, 2007

Neben dem Verbandsklagerecht wollen wir in unserem Gesetzentwurf auch mehr Mitbeteiligung und Mitspracherecht regeln. Die Tierschutzverbände sollten zu allen fachlich einschlägigen Gesetzen und Verordnungen gehört und von vornherein früher in die entsprechenden Verfahren einbezogen werden. Bei einer solchen frühzeitigen Einbeziehung von Verbänden mit Sach- und Fachverstand könnten eventuell auch Verfahren verkürzt werden. Wenn der Sachverstand frühzeitig einfl ießt, könnte auch eine größere Transparenz erreicht werden. Das ist unser Ziel. Deshalb fordern wir dies mit unserem Gesetzentwurf ein.

Von der CSU kam in den Ausschüssen immer wieder das Argument, dass die Tierschutzverbände ausreichend einbezogen würden und bereits ein Mitsprache- und Mitwirkungsrecht hätten. Die Kolleginnen und Kollegen von der CSU haben Beispiele aufgeführt, wie den Tierschutzbeirat oder nach Artikel 15 des Tierschutzgesetzes berufene Kommissionen wie die Ethikkommission für Tierversuche etc.

Ich möchte die Kolleginnen und Kollegen, die dieses Argument in die Debatte eingeführt haben, fragen: Haben Sie einmal mit jemandem gesprochen, der im Tierschutzbeirat sitzt, dort kontinuierliche Arbeit leistet und versucht, sich für den Tierschutz und für Tierschutzaspekte einzusetzen? Haben Sie einmal mit einem Mitglied des Tierschutzbeirates gesprochen? Wenn Sie sagen, es wäre so, würde ich dazu gerne einmal etwas hören. Die Arbeit im Tierschutzbeirat ist sehr schwierig. Der Bayerische Tierschutzverband hat Mitglieder in diesem Beirat. Auch viele andere Mitglieder haben immer wieder Kritik an der Arbeit des Tierschutzbeirates geübt, weil dort eher versucht wird, zu blockieren und zu bremsen, statt sich um Tierschutzaspekte zu bemühen und sich dieser anzunehmen.

Es wurde dann so heftig kritisiert, dass ich mich veranlasst gesehen habe, eine Schriftliche Anfrage auf den Weg zu

bringen. Dies war Ausfl uss dieser langanhaltenden, offenen Kritik, zum Beispiel an der Arbeit des Tierschutzbeirates. Ich möchte auf diese Anfrage verweisen.

Die CSU hat in der Ersten Lesung – Frau Kollegin Guttenberger – gesagt, für das Tierschutzverbandsklagerecht bestehe keine Notwendigkeit. Sie hat ausgeführt, Tierschutz zu gewähren und die Einhaltung aller Rechtsnormen in diesem Zusammenhang strikt zu überwachen und konsequent durchzusetzen, sei klar defi nierte Aufgabe nicht nur von Tierhalterinnen und Tierhaltern, sondern auch der zuständigen Behörden. Wir haben heute schon einmal im Zusammenhang mit der Erweiterung des Untersuchungsausschusses gehört – Herr Kollege Müller hat darauf hingewiesen –, wie es sich mit den staatlichen Kontrollen verhält, bei denen nach gesetzlicher Vorgabe kontrolliert werden muss und wie kontrolliert werden müsste. Wir haben unsere Erfahrungen, wie es sich mit diesen staatlichen Kontrollen verhält. Analog gilt dies auch für den Tierschutz, wonach die im Gesetz vorgeschriebenen artgerechten Haltungen nicht eingehalten werden, keine ausreichende Kontrolle stattfi ndet, bei Kontrollen über manches hinweggesehen wird, und zwar auch von ausgewiesenen Fachleuten.

Das, was Frau Kollegin Guttenberger angeführt hat, klingt sehr gut, aber die Realität sieht anders aus. Wenn man sich mit Tierschützerinnen und Tierschützern unterhält, wenn man die Arbeit der Tierschutzverbände – der Verbände, die auch Tierheime vorhalten – betrachtet und mit Vertretern dieser Verbände diskutiert, erfährt man, was dort alltäglich an Tierquälerei und Verstößen gegen das Tierschutzgesetz anfällt. Wenn man dies sieht, kann man das nicht so lapidar darstellen, wie es Frau Kollegin Guttenberger gemacht hat, weil die Behauptungen in der Realität so nicht zutreffen. Nach wie vor gibt es gravierende Verstöße gegen das Tierschutzgesetz, und zwar sowohl bei den Nutztierhaltern als auch bei den Tierhaltern. Das muss man klar sagen. Ich will nicht alle über einen Kamm scheren und pauschalieren, aber es gibt Verstöße im entsprechenden Maße.

Wenn mir jemand etwas antut, wenn mich jemand verletzt, missbraucht oder quält, kann ich klagen. Jede einzelne Person kann klagen. Ein Tier hat keine Stimme und kann dies nicht. Wir möchten, dass die von uns im Gesetzentwurf genannten Tierschutzorganisationen diese Stimme sein könnten, aber das wollen Sie wohl verwehren, was wir sehr bedauern. Ich möchte auf die jetzt bereits bestehenden gesetzlichen Grundlagen hinweisen. Ich verweise auf Artikel 141 Absatz 1 Satz 2 der Bayerischen Verfassung, der den Tierschutz als Staatsziel in der Bayerischen Verfassung verankert. Dort heißt es, Kolleginnen und Kollegen von der CSU: „Tiere werden als Lebewesen und Mitgeschöpfe geachtet und geschützt.“ Ich verweise auch auf die Staatszielbestimmung des Artikels 20 a des Grundgesetzes, der ethischen Tierschutz zum Rechtsgut mit Verfassungsrang erhoben hat. Daraus ergibt sich eigentlich ganz klar die wirkliche Verpfl ichtung zu einem effektiven Schutz der Tiere. Dieser ist aber nicht gegeben – ich habe es eben angesprochen. Trotz dieser Staats

zielbestimmung wird den Tieren kein gesetzlicher Vertreter zugestanden. Die Tiere können nicht klagen und damit können auch ihre Interessen nicht geltend gemacht werden. Das muss man einfach sehen.

Es wird angeführt, dass Bayern als Land nicht alleine vorangehen könne. Wir sagen ganz klar: Das Tierschutzrecht ist Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung nach Artikel 74 Absatz 1 Nummer 20 des Grundgesetzes. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes besteht nur konkurrierend, das heißt, die Länder können landesrechtliche Regelungen erlassen, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz nicht Gebrauch gemacht hat – Artikel 72 Absatz 1 des Grundgesetzes. Genau das ist, was die Tierschutzverbandsklage angeht, bisher nicht der Fall gewesen. Wir haben juristisch die Möglichkeiten, als Landesregierung voranzugehen und die Einführung der Tierschutzverbandsklage heute im Parlament zu beschließen. Ich frage mich nur, ob der politische Wille gegeben ist. Dieser ist offensichtlich nicht gegeben, wenn ich mir die Argumente anhöre, die dagegen angeführt werden.

Ein Punkt noch: Als weiteres Argument wird immer angeführt, dass das Individualklagerecht entsprechend greifen würde und Verbandsklagerechte eine Ausnahme seien. Das trifft zu, das ist richtig, das bestreiten wir auch nicht. Die Kollegin Rütting hat aber auch schon darauf hingewiesen, dass es eine Reihe von Verbandsklagerechten gibt. Hinsichtlich des Naturschutzes weisen Sie das Argument zurück, weil man es nicht vergleichen könne. Dann nehme ich als anderes Beispiel das Verbraucherschutzrecht. Eigentlich könnte jeder Verbraucher, jede Verbraucherin individuell klagen, hätte heute schon die Möglichkeit dazu, und trotzdem haben wir im Verbraucherschutzrecht die Verbandsklage. Auch das ist ein Argument, das aus unserer Sicht nicht greift. Von daher bitte ich Sie um Unterstützung und Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf und hoffe, dass sich vielleicht in den letzten Tagen seit den Beratungen in den Ausschüssen ein Sinneswandel eingestellt hat – im Sinne der Tiere, die Qualen erleiden und Schmerzen verspüren –, um einen Schritt nach vorne zu gehen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege König.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist nicht selten, dass wir von der Zielrichtung eigentlich dasselbe wollen, aber im Wettbewerb der Ideen unterschiedliche Vorstellungen davon haben, wie dieses Ziel zu erreichen ist. So scheint es mir auch beim Tierschutzrecht zu sein. Natürlich, Frau Kollegin Biedefeld, sind wir uns vom Ziel her einig. Wir waren genauso wie Sie für die Verankerung des Tierschutzes im Grundgesetz und in der Bayerischen Verfassung. Wir sind genauso wie Sie dafür, dass der Tierschutz möglichst effektiv ausgestaltet werden muss. Die Frage ist nur: Wie mache ich das, wie setze ich das

um, wie gestalte ich das? Dabei gibt es nun einmal unterschiedliche Auffassungen.

Anträge werden immer wieder eingebracht. Das ist auch legitim, um zu sehen, wie sich die Meinungen über die Jahre entwickelt haben. Der Vorschlag einer Verbandsklage für Tierschutzverbände ist nicht neu. Diese Frage war auch schon in früheren Jahren Gegenstand einer Erörterung im Haus und ist im Zusammenhang mit Ihren Gesetzentwürfen wieder auf die Tagesordnung gekommen. Aber ich bitte Sie um Verständnis – Sie haben die Argumente eigentlich schon selbst angeführt –, dass sich unsererseits die Argumentation nicht verändert hat und dass wir weiterhin der Meinung sind, es wäre nicht sachgerecht, zielführend und notwendig, ein Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände einzuführen. Deshalb werden wir diese Gesetzentwürfe auch weiterhin ablehnen.

Sie haben richtigerweise darauf hingewiesen, dass wir das Prinzip des Individualrechtsschutzes haben. Dabei ist – wie der Name schon sagt – ein Individuum betroffen und bei Betroffenheit hat es das Recht zu klagen, sich zu wehren. Die Rechtswegegarantie des Artikels 19 Absatz 4 des Grundgesetzes sagt im Grunde nichts anderes. Das Verbandsklagerecht ist in unserem Rechtssystem nach wie vor eine Ausnahme.

Sie führen das Verbandsklagerecht an, das es in einzelnen Rechtsgebieten schon gibt. Allerdings gibt es auch darüber unterschiedliche Meinungen, ob das auf allen Feldern sinnvoll ist. Ich habe für meine Person eine sehr einschränkende Meinung dazu, zum Beispiel, was das Naturschutzrecht angeht. Wenn ich es zu entscheiden hätte, gäbe es für Naturschutzverbände bestimmt kein Verbandsklagerecht. Aber das gibt es nun einmal und ich kann es allein oder zusammen mit Sepp Ranner, der zustimmend nickt, – auch schon von der Gesetzgebungskompetenz her – nicht rückgängig machen. Sie müssen aber in jedem Fall zwischen den einzelnen Rechtsbereichen differenzieren. Ich bitte Sie zu sehen – Sie sehen das sicher auch –, dass wir beim Naturschutz insofern eine andere Situation haben, als wir es dabei in der Regel mit Allgemeinverfügungen und Planfeststellungsbeschlüssen zu tun haben, also mit Rechtsinstrumentarien, bei denen es aus Sicht einzelner sinnvoller sein kann, ein Verbandsklagerecht einzuräumen. Anders ist das beim Tierschutzrecht.

Wenn Sie bei den Tieren, die nach dem Bürgerlichen Recht Sachen sind, aber selbstverständlich fühlende Wesen – wie Sie das vorhin ausgeführt haben; wir sehen das sicher genauso wie Sie –, zwischen herrenlosen Tieren und anderen Tieren, die einen Eigentümer haben, unterscheiden, dann werden Sie dazu kommen zu sagen, dass die Tiere, die einen Eigentümer haben, jemanden haben, der verpfl ichtet ist, sich um sie zu kümmern.

Das ist von vorneherein eine andere Situation als in den Bereichen, wo es wild lebende Tiere gibt. Selbst dort gibt es Verpfl ichtete, die aufgrund gesetzlicher Bestimmungen

gehalten sind, die Tiere artgerecht zu behandeln und den Tierschutz in jeder Weise zu gewährleisten.

(Zuruf der Abgeordneten Susann Biedefeld (SPD))

Die Jagdausübungsberechtigten, die es hier im Hohen Hause gibt, angefangen vom stellvertretenden CSUFraktionsvorsitzenden bis zu weiteren, könnten sicherlich viel ausführen, was bei der Jagdausübung in Bezug auf den Tierschutz zu beachten ist.

Sie haben bemerkt, wir hätten darauf hingewiesen – vielen Dank, das brauche ich im Einzelnen also nicht auszuführen –, dass es neben den Staatszielbestimmungen in den Verfassungen eine Vielzahl von Ausgestaltungen des Tierschutzrechtes gibt, etwa auch in der Form, dass schon jetzt Tierschutzorganisationen und -verbände bei einzelnen Verfahren einbezogen werden. Sie haben richtigerweise darauf hingewiesen, dass es beim Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz einen Tierschutzbeirat gibt und dass dort sowohl allgemeine Tierschutzfragen als auch konkrete Einzelfälle zur Sprache gebracht und diskutiert werden können.

(Susann Biedefeld (SPD): Haben Sie mit einem Mitglied des Tierschutzbeirats gesprochen?)

Frau Biedefeld, ich habe mit keinem Mitglied gesprochen. Sie haben vorhin in einem anderen Zusammenhang vorgebracht, dort würden die Dinge nicht so laufen, wie das Ihrer Vorstellung nach sein müsste. Das ist ein anderer Gegenstand. Dazu bitte ich Sie die entsprechenden parlamentarischen Initiativen zu ergreifen.

(Susann Biedefeld (SPD): Habe ich bereits gemacht!)

Davon zu trennen ist die grundsätzliche Frage, ob man für den Tierschutz das Verbandsklagerecht braucht. Nur darum geht es hier. Wir sagen unter anderem deswegen Nein, weil es die unterschiedliche Ausgestaltung gibt. Außerdem gibt es in vielen Bereichen das Recht der Verbandsanhörung für den Tierschutz. Darüber hinaus gibt es bezüglich der Tierversuche die Einbeziehung von Tierschutzorganisationen. Das ist im Einzelnen gesetzlich geregelt. Das wissen Sie, und das muss ich nicht im Einzelnen referieren.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Rütting?

Bitte schön, Frau Kollegin Rütting.

Herr Kollege König, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie sagten, die Tiere seien Sachen, aber fühlende Lebewesen?

Frau Rütting, ich referiere die Rechtslage, wonach nach bürgerlichem Recht Tiere Sachen sind. Dass sie daneben aber fühlende Wesen

sind, dazu gibt es keine unterschiedliche Auffassung. Das ist die Rechtslage; wir werden sie nicht negieren.

Ich halte an unserer Meinung fest, dass es nicht zielführend und sachgerecht ist, die Verbandsklage einzuführen. Wir werden die Gesetzentwürfe ablehnen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege. Nächste Wortmeldung: Herr Staatssekretär Dr. Bernhard.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Sie haben den Satz zitiert „Tiere haben keine Stimme.“ und erwecken den Eindruck, dass es für den Tierschutz kaum Regeln, Vorschriften und Kontrollen gibt.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Nicht genug! – Susann Biedefeld (SPD): Keine Verbandsklage!)

Es gibt auf europäischer und Bundesebene ein weit ausgedehntes Regelwerk zum Tierschutz.

(Barbara Rütting (GRÜNE): Auf dem Papier!)

Wir kommen immer weiter voran. Nehmen Sie nur die letzte Zeit; hier hat sich für den Tierschutz viel getan. Bayern hat der Bundesratsinitiative Hessens zur weiteren Einschränkung des Schächtens zugestimmt.

(Susann Biedefeld (SPD): Wir haben dazu den Antrag gestellt!)

Ab heuer haben wir bei den Cross-Compliance-Kontrollen – CC-Kontrollen – den Tierschutz eingeführt. Es wird intensiv kontrolliert, was sich in der Landwirtschaft tut.

(Susann Biedefeld (SPD): Siehe Gammelfl eisch!)

Lassen Sie mich das doch sagen. Das ist Ihnen offenbar unangenehm.

Wir haben die Pelztierverordnung bekommen, die die Zucht von Pelztieren in Deutschland wirtschaftlich praktisch unmöglich macht. Das ist ein Fortschritt. Darüber sind wir uns einig. Bei der Käfi ghaltung geht es um eine Übergangsregelung,

(Susann Biedefeld (SPD): Ein Rückschritt!)

weil sich gezeigt hat, dass es die technischen Voraussetzungen für solche Haltungsformen nicht gibt und infolgedessen die Verordnung nicht vollzogen werden kann.

(Susann Biedefeld (SPD): Das war ein absoluter Rückschritt!)

In einem solchen Fall ist es vernünftig, eine Übergangsregelung mit der Aufl age zu machen, dass jemand, der davon Gebrauch macht, gleichzeitig seine Investitionsabsichten zur Umgestaltung der Hühnerhaltung vorlegt.

Wir brauchen uns nicht darüber zu streiten, ob das eine stringente Strategie ist.