Herr Kaul, die letzte Tariferhöhungsrunde ist einige Wochen her. Damals hätte man die Tariferhöhungsbegehrlichkeit klar zum Anlass nehmen und sagen müssen: So nicht! Herr Wiesheu hätte in der Gesellschafterversammlung signalisieren müssen: Es gibt nicht mehr Geld; höhere Tarife werden erst beschlossen bzw. genehmigt, wenn es auch bessere Leistungen gibt. Das war im Übrigen nicht nur der Inhalt eines Dringlichkeitsantrages von uns, den wir kurz vor Weihnachten gestellt haben, sondern das war auch Inhalt eines Antrages der CSU-Stadtratsfraktion und eines Antrages der GRÜNENStadtratsfraktion. Die Anträge waren im Wesentlichen deckungsgleich. Selbstverständlich hätte man dann auch den Verteilungsschlüssel innerhalb des MVV ändern müssen. In unseren Augen hätte man an diese Geschichte einfach einmal rangehen müssen. Hier anzusetzen war und ist aber politisch nicht gewollt.
Herr Wiesheu, Sie loben sich immer wieder für Ihre Pönalisierungen, also für Entgeltkürzungen infolge von Zugsausfällen oder zu großen Verspätungen. Gleichzeitig geben Sie der Bahn das Geld aber locker über die Zustimmung zu Tariferhöhungen zurück. Dies macht in unseren Augen einfach keinen Sinn.
Zurück zur Geld-Zurück-Garantie, also zum so genannten Berliner Modell. Vor etwa drei Jahren gab es dazu einen Antrag von uns und einen Antrag von der SPD. Damals waren Sie in der CSU-Fraktion und Sie, Herr Minister, einfach ehrlicher. Sie haben gesagt: Das ist zu kompliziert, Sie wollen das einfach nicht haben. Das war der Grund für Ihre Ablehnung. Herr Bernhard, ich spreche jetzt Sie an, weil Sie mich vorhin angesprochen haben. Es ist interessant, dass CSU-Abgeordnete, die als Münchner Stadtpolitiker damals lauthals die GeldZurück-Garantie bei der S-Bahn gefordert haben, im Landtag exakt die gleichen Anträge abgelehnt haben. Innerhalb von zwei Wochen forderte man
laut die Geld-Zurück-Garantie bei der Münchner SBahn, wenn sie dann aber im Landtag konkret zur Abstimmung anstand, stimmte man dagegen. Dieses Mal, Herr Wiesheu
dieses Mal bringen Sie und Ihre Fraktion eine andere Begründung. Sie sagen nämlich: Wir würden das eigentlich gerne machen. Sie zeigen aber gleichzeitig auf Berlin und sagen, Berlin schafft nicht die notwendigen Voraussetzungen. Zum einen ist dies sachlich nicht ganz richtig, zum anderen ist dies scheinheilig. Ich darf an unseren Antrag zu einer Schlichtungsstelle Nahverkehr erinnern, der vor ungefähr einem Jahr auf der Drucksache 14/11391 gestellt wurde. Dieser Antrag wurde von Ihnen einstimmig abgelehnt. Dies hat aber Herrn Minister Schnappauf nicht davon abgehalten, sechs Wochen später so etwas zu fordern. Fazit bleibt: Sie haben das abgelehnt. Das heißt: Sie lehnen es ab, Voraussetzungen für eine Geld-Zurück-Garantie zu schaffen. Gleichzeitig zeigen Sie nach Berlin und sagen: An denen scheitert es. Meine Damen und Herren, das ist einfach zu billig, selbst für Sie. Deswegen sollten Sie diesem Antrag zustimmen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Geld-ZurückGarantie ist sicher eine populäre, eine populistische Forderung. Auch wir verstehen den Unmut der Fahrgäste über die immer wieder auftretenden Störungen im S-Bahn-Verkehr, insbesondere bei winterlichen Verhältnissen. Minister Wiesheu hat im Ausschuss schon wiederholt gesagt, dass er sich immer wundert, dass die Bahn im November oder Anfang Dezember ganz plötzlich feststellt, dass auch dieses Jahr der Winter eintritt. Der Unmut der Fahrgäste ist absolut verständlich.
Allerdings ist der Antrag an den falschen Adressaten gerichtet; denn der Freistaat Bayern ist nur Besteller des Verkehrs. Verantwortlich gegenüber dem Kunden ist aber die S-Bahn GmbH selbst. Die Entschädigung ist also ausschließlich Sache der Bahn, die sich natürlich – Herr Dr. Runge, das wissen Sie – auf die bundesgesetzliche Regelung in § 17 der Eisenbahnverkehrsordnung beruft, die die Bahn vor rechtlichen Verpflichtungen zur Fahrgeldrückerstattung schützt. Die Bahn kann im Wege
der Kulanz etwas anbieten. Bayern hat erst vor kurzem mit einer Bundesratsentschließung die Aufhebung gerade dieser Regelung gefordert. Wenn schon, dann wäre hier also der Bund zum Handeln verpflichtet. Die S-Bahn muss eigene Wege finden, und eine an ihre Besonderheiten angepasste kundenfreundliche Kulanzregelung anbieten.
Sie stellen auf die Pönalien ab, die wir einfordern und die auch bezahlt werden müssen, wenn die SBahn unpünktlich ist, wenn immer wieder Störungen auftreten. Wir haben im Ausschuss immer wieder miteinander besprochen, dass diese Strafen der Qualität des gesamten S-Bahn-Betriebs zugute kommen; die Gelder sollen nicht an einzelne Kunden ausbezahlt werden. Im Übrigen wäre die Umsetzung einer solchen Regelung auch höchst kompliziert. Gerade weil mit den Pönalien die Qualität verbessert werden soll, haben die Kunden im Endeffekt mehr davon, als wenn sie ein, zwei oder fünf Euro zurückbekommen, die sie für die Fahrkarte bezahlt haben. Alle Fahrgäste haben dauerhaft etwas, wenn dieses Geld insgesamt für einen besseren Betrieb investiert wird.
Eine Verteilung auf einzelne Fahrgäste ist nicht sinnvoll, weil man dann nur einem kurzfristigen Entschädigungsgedanken folgt. Auf die MVG-Entschädigung zu verweisen, ist scheinheilig. Dann werden nämlich Äpfel mit Birnen verglichen. Wir haben bei den U-Bahnen, bei den Straßenbahnen und bei den Bussen wesentlich kürzere Taktzeiten, eine schnellere Taktfolge. Bei einer zwanzigminütigen Verspätung kann man deshalb leicht eine Geld-zurück-Garantie geben. Wenn wir mit einer U-Bahn fahren, fahren wir nicht mit einer bestimmten U-Bahn, sondern mit der nächsten, die kommt. Wenn die eine 30 Minuten Verspätung hat, dann nehmen wir eben die nächste und nicht eine konkrete U-Bahn. Selbst in den Nachtstunden gibt es bei diesen Verkehrsmitteln einen wesentlich dichteren Takt, als er bei der S-Bahn besteht. Hier kann man weiß Gott nicht das eine mit dem anderen vergleichen. Hier geht es um etwas ganz anderes. Deshalb hat die MVG weniger als 10 000 € für die Pünktlichkeitsgarantie aufwenden müssen. Wir werden den Antrag ablehnen.
Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Oder war das eine Wortmeldung, Herr Kollege Wörner? – Nein, er hat etwas anderes zu tun.
Dann erkläre ich die Aussprache hiermit für geschlossen. Oh, Entschuldigung, Herr Staatsminister. Sie hätte ich fast übersehen. Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.
Beziehungen zur S-Bahn handelt es sich um zweierlei Vertragsebenen. Wir sind Besteller, die Bahn ist Betreiber. Eigentümer der Bahn ist bekanntermaßen der Bund. Die zweite Vertragsbeziehung ist die zwischen Bahn und Kunden. Bei der MVG ist die Stadt München Besteller und Betreiber. Das sind zweierlei Dinge. Deshalb kann die MVG das Problem in diesem Sinne lösen. Herr Kollege Rotter hat bereits ausgeführt, dass wir die Pönalien in Verbesserungen für alle Fahrgäste investieren.
Das Problem, das Sie verfolgen, ist verständlich, Ihr Einsatz plausibel. Es wäre einfach lösbar: durch eine Aufhebung des § 17 der Eisenbahnverkehrsordnung. Das ist eine bundesrechtliche Bestimmung. In Berlin hat Rot-Grün derzeit die Mehrheit. Sie brauchen also nur den Beschluss zu fassen, den Paragraphen aufzuheben, dann kann oder muss die Bahn eine Geld-zurück-Garantie einführen. Sie haben es auf Bundesebene also in der Hand.
Wenn man eine Regelung machen will, dann nicht nur für die S-Bahn-Kunden, sondern für alle Nahverkehrskunden. Das macht dann auch Sinn. Im Rahmen einer kundenorientierten Bahnpolitik sollte das auch möglich sein. Bayern hat einen Antrag hierfür im Bundesrat gestellt und den Bund aufgefordert, die Bestimmung aufzuheben. Nun ist der Bund gefordert. Mich wundert, dass der Bund mit der Bahn einen Konsens herbeigeführt hat, wonach bis zum Jahresende eine einvernehmliche Regelung für die Fernverkehrskunden gefunden werden soll. Ich kann hier nur fragen: Warum soll das nicht auch für die Nahverkehrskunden gelten? Warum diese Ungleichbehandlung? – Wir haben eine klare Regelung der Verantwortlichkeit. Für dieses Thema sind Bund und Bahn verantwortlich, der Bund auf der Gesetzgebungsebene, die Bahn im Vollzug. Sie haben die Mehrheit im Bund, ich kann nur sagen: Regeln Sie es.
Zur Zeit sind wir in der Föderalismuskommission dabei zu sagen: Grenzen wir unsere Kompetenzen wieder stärker ab. Jeder soll dort tätig sein, wo er verantwortlich ist. Hier sind die Kompetenzen abgegrenzt. Hier sind Sie verantwortlich, Sie haben die Mehrheit im Bund. Entscheiden Sie es im Bund, lassen Sie uns hier in Bayern mit diesen Schaufensteranträgen in Frieden.
Herr Minister, vielen Dank. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Bevor ich zur Abstimmung komme, möchte ich noch Frau Gesandte Sibanda-Thusi von der Botschaft der Republik Südafrika begrüßen.
Es tut mir leid, dass wir Sie in der Plenarsitzung nur so kurz zu Gast haben, weil wir in wenigen Minuten in die Mittagspause eintreten werden. Ich hoffe aber, Sie haben in unserem Haus einen schönen Aufenthalt. Ich würde mich freuen, wenn ich Sie gleich noch begrüßen könnte.
Damit komme ich zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer dagegen stimmen will, den bitte ich um das Handzeichen.
Gegenstimmen? – Ich wiederhole: Wir stimmen ab über den Antrag „Geld-zurück-Garantie für S-BahnKunden im Großraum München“. Ist das bei der CSU-Fraktion angekommen?
Der federführende Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Jetzt die Frage des Präsidenten: Wer dagegen stimmen will, den bitte ich um das Handzeichen.
Wer gegen die Ablehnungsempfehlung stimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Dagegen, dass der Antrag abgelehnt wird, stimmen die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN.
Das ist doch ganz einfach. Der Ausschuss empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer nicht will, dass der Antrag abgelehnt wird, der muss jetzt bitte die Hand heben. Jetzt also noch einmal: Wer ist dagegen, dass der Antrag abgelehnt wird? – Das ist die SPDFraktion und die Fraktion der GRÜNEN. – Gegenstimmen? Wer will also, dass die Ablehnung bleibt? – Jetzt sind alle aufgewacht. Die CSUFraktion ist dafür.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit Blick auf die Uhr betone ich, dass wir alles um eine halbe Stunde nach vorn ziehen. Das heißt, die Mittagspause dauert bis 13.00 Uhr. Um 13.00 Uhr fahren wir fort, also nicht um 13.30 Uhr. Bitte sagen Sie dies weiter. Schöne Mittagspause.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Da ich annehme, dass die Anträge auf der Regierungsbank nicht abschließend ausgehandelt werden, beginnen wir mit der Beratung.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Joachim Herrmann, Thomas Kreuzer, Jakob Kreidl, Rudolf Peterke, Prof. Ursula Männle und anderer und Fraktion (CSU)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Franz Maget, Helga Schmitt-Bussinger, Stefan Schuster, Franz Schindler und anderer und Fraktion (SPD)