Protocol of the Session on October 24, 2002

(Zuruf der Frau Abgeordneten Münzel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wer diese Beispiele ignoriert oder mangels sorgfältiger Vorbereitung überhaupt nicht kennt, hat mit den Vorwürfen, die er gegen den Bayerischen Rundfunk erhebt, jeden Anspruch auf Seriosität verloren.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Vor dem Vergleich zum WDR und der entsprechenden Parteibuchorientierung bis hinunter zum einfachen Dienst, sollte man ein bisschen in die öffentlich-rechtlichen Anstalten hineinhören, Herr Dr. Dürr, bevor man sich zu solchen Vorwürfen aufschwingt, wie Sie sie heute verteilen. Dann wüsste man, wo seit Jahrzehnten parteibuchorientierte Personalpolitik ihren Stammplatz hat.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In Bayern!)

Sicher nicht in dem Haus, für das wir uns alle nachhaltig einsetzen. Ich kann die Ausführungen des Kollegen von Redwitz nur unterstreichen. An der Programmqualität

des Bayerischen Rundfunks – Sie loben laut der Protokolle der Rundfunkratssitzungen in den Gremien mit –

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

haben Sie inklusive der Berichterstattung über die politische Darstellung hier in diesem Hause, in 90 bis 95% der Fälle nichts kritisiert.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das sage ich doch nicht! Es geht um die 5%!)

Mir fehlen die Worte, Herr Dr. Dürr, was Sie heute bieten, ist weit unter Ihrem Niveau.

(Dr. Bernhard (CSU): Der hat doch keines!)

Ich glaube, dass Sie sich mit der Debatte über Ihren Antrag keinen Gefallen getan haben. Ich glaube, dass wir insgesamt über die Berichterstattung in ARD und ZDF auch anhand der aufgeführten Beispiele in den vergangenen Wochen eine eindeutige Parteinahme feststellen konnten.

Das ZDF hat sich verändert. Der strategisch platzierte Chefredakteur, der vom WDR kam, hat versucht entsprechend eine Neujustierung der Aktualität im ZDF vorzunehmen. Insofern glaube ich, sollten Sie den Antrag besser zurückziehen. Wenn nicht: Wer sich einschaltet, muss sich Gott sei Dank wieder ausschalten.

(Beifall bei der CSU – Frau Radermacher (SPD): Das war mehr als schwach!)

Jetzt hat Herr Kollege Starzmann das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich halte es für absolut richtig, für die Staatsfreiheit und die Parteiferne der öffentlich-rechtlichen Sender zu kämpfen. Das ist absolut richtig. Ich bin allerdings – Sie werden es noch merken – nicht mit dem Weg einverstanden, den die GRÜNEN gehen; denn sie gehen ein Stück weiter und möchten die Parteiferne der Aufsichtsgremien des Bayerischen Rundfunks. Hier beginne ich zu differenzieren.

Die Staatsferne für öffentlich-rechtliche Rundfunksender ist meines Erachtens sehr sehr dringend notwendig. Wenn es bisher keinen Hinweis gegeben hätte – es gab natürlich welche –, dann wäre er jetzt da, und Kollege Hoderlein hat deutlich gemacht, dass Kollege Hofmann in öffentlicher Sitzung diesen Hinweis geboten hat, indem er deutlich demonstriert hat: Es gab einen Intendanten-Kandidaten des Bayerischen Ministerpräsidenten. Herr Hofmann hat dies nett formuliert und gesagt: Dieser Intendant war nicht der Kandidat des Kandidaten. Die Schlussfolgerung ist, der Ministerpräsident hätte wohl einen Kandidaten.

Ich sage das deswegen, weil ich der Auffassung bin, dass Ihr Einfluss auf die öffentlich-rechtlichen Sender nicht so plump ist, wie die GRÜNEN das meinen, son

dern ungeheuer diffizil, beispielsweise über den Weg des Geldes, Einfluss auf den Rundfunkrat zu nehmen. Der Einfluss darf aber nicht in der Form bestehen, dass der Staat oder ein Abgeordneter von außen erklärt, man müsse denen die Gebühren wegnehmen, wie das Herr Glück getan hat. Diese Glück-Äußerung geht weit über das gesetzlich zulässige hinaus, nämlich als Abgeordneter Einfluss zu nehmen und zu sagen: Wenn mir der Inhalt nicht passt – so war das sinngemäß – muss ich darauf reagieren, indem ich dem Sender das Geld wegnehme.

Das ist falsch. Wir müssen uns mit dem Inhalt auseinandersetzen, wir dürfen aber nicht mit dem Entzug des Geldes reagieren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir wissen doch, dass Sie von der CSU jede Möglichkeit nutzen – dies allerdings sehr diffizil –, die Bestands- und Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zugunsten der privaten Medien einzuschränken. Ich weiß, dass Sie hier nicht plump vorgehen, aber ich werde es Ihnen noch beweisen.

Das beginnt beispielsweise mit der Debatte über die neue Rundfunkgebührenstruktur. Diese läuft letztendlich auf eine Senkung der Gebühren hinaus. Es setzt sich fort mit der Äußerung Glücks, „man müsse denen das Geld wegnehmen“. Es setzt sich fort mit den Vorschlägen, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Werbung zu verbieten. Das bedeutet für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk weniger Geld.

Ich sagte ja, Sie gehen differenziert vor. Sie können argumentieren, diese Maßnahmen würden dem Hörer zugute kommen. Das Gegenteil ist aber der Fall. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird beschnitten. Sie sind kein Freund des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Sie sind letztendlich nicht für die journalistische Unabhängigkeit. Lassen Sie die Finger weg von den Vorschlägen, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Werbung zu verbieten. Sie wissen, dass Ihre Vorschläge in der Öffentlichkeit gar nicht auf die Resonanz gestoßen sind, wie Sie es wollten. Jetzt beginnen Sie subtiler. Natürlich können Sie sich darauf berufen, dass es Professor Ring war, der vorgeschlagen hat, mit der Gebührenbeschneidung beim Hörfunk anzufangen. Dort fällt es nicht so auf. Ich kann Ihnen nur noch einmal sagen, dass das die schlimmeren Methoden sind.

Jetzt zu dem Antrag der Grünen, meine Damen und Herren. Mir erschließt sich der Sinn dieses Antrags auch nicht ganz. Sie wollen offensichtlich Einfluss auf die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien nehmen. Dazu schreiben Sie in den Antrag hinein, dass Sie die Zahl der Vertreter des Landtags von zwölf auf neun reduzieren – Herr Dürr hat dabei von einer Entziehungskur in kleinen Schritten gesprochen.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So war es einmal!)

Ja, so war es mal. Wenn Sie mit der Frage beginnen, welche Abgeordneten den Landtag im Rundfunk vertre

ten sollen, muss ich natürlich auch fragen, ob ein Grundmandat so absolut richtig ist. Darüber kann man diskutieren.

Wenn Sie uns schon eine Entziehungskur in kleinen Schritten vorschlagen und wenn Sie glauben, den Rundfunkrat entpolitisieren und die Staatsferne dieses Gremiums dadurch garantieren zu können, dass nicht zu viele Mitglieder des Landtags darin vertreten sind, dann lesen Sie zunächst einmal ganz genau das Rundfunkgesetz. Sie werden zu dem Ergebnis kommen, dass nicht zu viele Landtagsabgeordnete im Rundfunkrat vertreten sein sollen. Wenn Sie aber dort gute grüne Vertreter haben wollen, schlage ich Ihnen vor, Herrn Runge zurückzuziehen und Carl Amery vorzuschlagen. Das ist gesetzlich möglich. Dann hätten Sie Carl Amery im Rundfunkrat und damit wäre Ihr Vorschlag, dass nicht zu viele Abgeordnete des Bayerischen Landtags im Rundfunkrat vertreten sein sollen, realisiert.

(Beifall bei der SPD)

Um das Wort hat Herr Staatsminister Huber gebeten.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mir hat sich in dieser Debatte der Sinn des Vorstoßes der Grünen bisher nicht erschlossen. So chaotisch wie die Partei ist, so chaotisch ist auch ihr Antrag, den sie heute gestellt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Es ist ein glatter Widerspruch, in einem Antrag die Staatsferne des Rundfunks zu fordern, dann aber über mehrere Redenbeiträge hinweg massiv in das Programm einzugreifen. Entweder sind Sie für die Staatsferne, oder Sie wollen sich einmischen. Beides passt nicht zusammen. Es ist ganz erstaunlich, dass Ihr Vertreter im Rundfunkrat sich an dieser Debatte nicht beteiligt hat, ja nicht einmal anwesend war. Sie wollten ein parteipolitisches Lied singen, Herr Dürr, und so war es auch.

Zur Rundfunkordnung. Von der SPD ist ein Popanz aufgebaut worden, als wäre die Rundfunkordnung in Deutschland in irgendeiner Form in Gefahr, als würde irgendjemand daran rütteln. Die Rundfunkordnung ist in Staatsverträgen niedergelegt, und diese sind von allen Landesparlamenten beschlossen und von allen Landesregierungen unterschrieben worden.

(Hufe (SPD): Die kann man aber kündigen!)

In diesen Verträgen ist das duale System niedergelegt; zu dem stehen wir auch. Das steht doch völlig außer Frage. In diesen Verträgen ist die Bestands- und Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verankert. Das steht doch auch völlig außer Frage. Bauen Sie doch nicht irgendwelche Pappkameraden auf, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun haben.

Unabhängig davon ist es angebracht, dass die Aufsichtsgremien im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ihrer Aufgabe gerecht werden. Die Staatsregierung und das

Parlament haben dabei auch ihrer Aufgabe als Anwalt der Gebührenzahler nachzukommen. Zu diesen zwei Punkten will ich kurz etwas sagen.

Ich halte es für völlig legitim, für geboten, ja sogar für notwendig, dass sich die Mitglieder im Fernsehrat des ZDF und in den Rundfunkräten nach entsprechenden Sendungen zu Wort melden, wenn diese in den Gremien behandelt werden. Es gibt überhaupt keinen Anlass, an Äußerungen der Kollegen Beckstein, Glück, Söder, Stockinger oder anderer Kritik zu üben. Ich erwarte von jemandem, der in ein Aufsichtsgremium gewählt wird, dass er dort seiner Aufsichts- und Kontrollaufgabe nachkommt.

(Beifall bei der CSU)

Nach meiner persönlichen Einschätzung – das sage ich jetzt nicht in meiner Eigenschaft als Mitglied der Staatsregierung, weil die Staatsregierung nicht die Aufgabe hat, das Programm zu kritisieren – haben ARD und ZDF im vergangenen Bundestagswahlkampf einseitig Stimmungsmache zugunsten von Rot-Grün betrieben.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Ihre zaghaften Versuche sind nur ein Ablenkungsmanöver. Sie wollen es verhindern, dass sich die Opfer gegen diese gewaltige Medienmacht wehren.

(Hufe (SPD): Sie brauchen doch nur einen Schuldigen für die Wahlniederlage von Stoiber!)

Mein Gott! Hören Sie doch endlich einmal mit den Nachhutgefechten zum Wahlkampf auf, sonst müsste ich Ihnen, Herr Hufe, vorhalten, dass der SPD-Spitzenkandidat Schily für die SPD in Bayern ein Wahlergebnis von 40% angepeilt hatte. Auf den Bauch sind Sie mit 26% gefallen. Das ist das Ergebnis in Bayern.

Lassen Sie uns zur Rundfunkordnung zurückkehren. Die Kollegen, die in den Rundfunkräten ihrer Kontrollaufgabe nachkommen, verdienen unsere Unterstützung. Kontrolle wahrzunehmen, ist ihr Recht und auch ihre Pflicht. Ich meine, dass diese Diskussion nicht zu Ende ist. Von mehreren Kollegen ist schon dargestellt worden, in welchem Maße Ausgewogenheit und Fairness bei ARD und ZDF beeinträchtigt wurden. Ich möchte die Kollegen ausdrücklich ermuntern, in den Aufsichtsgremien ihre Kontrollaufgabe weiterhin gewissenhaft und engagiert wahrzunehmen.

Zur Rundfunkordnung habe ich die Haltung der Staatsregierung schon dargestellt. Unabhängig davon müssen wir uns aber zwei Punkte überlegen. Ist es denn unvermeidbar, dass sich die Rundfunkgebühren regelmäßig nur nach oben entwickeln? Ist es nicht auch möglich, dass ARD und ZDF weitere Sparpotentiale ausschöpfen?

(Beifall bei der CSU – Dr. Bernhard (CSU): Das müssen wir doch alle!)

Im privaten Rundfunk und Fernsehen muss wegen des Ausfalls von Werbeeinnahmen gewaltig gespart werden.