Protocol of the Session on October 8, 2002

Aber es hat nicht gereicht; denn in den anderen Teilen Deutschlands stieß der Kandidat nicht auf Zustimmung, sondern auf große Ablehnung, und zwar wegen Selbstgerechtigkeit und Besserwisserei,

(Zurufe von der CSU)

aber auch wegen einer Politik, die vielfach und überwiegend als rückständig und als schlecht für unser Land empfunden wurde.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CSU – Herrmann (CSU): Nur die Bayern haben es wieder nicht kapiert!)

Die Bundestagswahl hat, so sehr Sie das bedrückt, Herr Kollege Herrmann, ein klares Ergebnis erbracht, nämlich einen Regierungsauftrag für Rot-Grün, einen Regierungsauftrag für Bundeskanzler Schröder

(Zuruf von der CSU: Oh je!)

und die Aufgabe einer konstruktiven Opposition für die Union im Deutschen Bundestag.

(Zurufe von der CSU)

Und darum geht es uns heute: Einen Reformbedarf für unser Land sehen und anerkennen wir alle – auf dem Arbeitsmarkt, in unserer Wirtschaft; keine Frage. Die Frage ist aber, welche Rolle und welche Haltung

(Willi Müller (CSU): Ihr hattet vier Jahre Zeit!)

wird die Unions-Opposition im Deutschen Bundestag und die CSU hier im Bayerischen Landtag einnehmen. Die Frage ist, ob Sie mitmachen wollen, den drängenden Reformbedarf zu bewältigen, oder ob Sie weiter nach dem Motto „Das müssts scho selber machen!“ – Herr Kollege Bernhard – auf Fundamentalopposition abstellen.

(Hofmann (CSU): Wie es Lafontaine im Bundesrat gemacht hat!)

Sie werden sich doch nicht mit Lafontaine auf eine Stufe stellen wollen, Herr Hofmann.

(Heiterkeit bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So habe ich Sie nun gar nicht eingeschätzt.

(Herrmann (CSU): Ist es schlecht, Herrn Lafontaine zu nennen? – Gegenruf der Frau Abgeordneten Radermacher (SPD): Wie man es bewertet – das kann man so oder so sehen!)

Ich fordere Sie jedenfalls auf, heute schon, hier ein Signal zu setzen und als ersten Schritt die unnötigen, die unsinnigen, die sinnlosen und nicht Erfolg versprechenden Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht gegen notwendige Reformvorhaben in Deutschland zurückzuziehen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dieses wäre eine Zeichen, dass Sie das Wahlergebnis auch verstanden haben und dass Sie auch das Votum der Wähler richtig verstanden haben,

(Zuruf von der CSU)

ja, so war das –, nämlich jetzt mitzuarbeiten bei der Reformierung und bei der Modernisierung unseres Landes.

Ich darf Sie, Herr Ministerpräsident, herzlich willkommen heißen auf der Bühne der Landespolitik, die Ihnen offensichtlich zu klein geworden ist

(Leeb (CSU): Schmierentheater!)

und der Sie schon den Rücken zugekehrt hatten. Jetzt werden Sie sich klar entscheiden müssen, wo Sie arbeiten wollen: hier in München oder doch weiter in Berlin. Sie haben vor zwei Monaten angekündigt – ich zitiere Edmund Stoiber: „Binnen Jahresfrist werde ich die Regierung neu bilden.“ – Welche Regierung meinen Sie? Die in Berlin? Sind Sie also weiter Hilfs-Kanzlerkandidat oder in Wartestellung? Oder meinen Sie Ihre Regierung hier in Bayern?

Wenn Sie die neu bilden wollen, dann wäre das einmal eine prima Idee, der wir einiges abgewinnen könnten.

(Beifall bei der SPD)

Eine klare Entscheidung ist also gefragt:

(Zuruf des Abgeordneten Hofmann (CSU))

Bekenntnis zur Landespolitik oder weiter Kanzlerkandidat in spe, in Wartestellung?

Diese Aktuelle Stunde soll dazu beitragen zu klären, welche Rolle die Mehrheitsfraktion hier im Hause in den nächsten vier Jahren spielen wird oder zumindest im nächsten Jahr, solange sie Mehrheitsfraktion ist.

(Lachen bei der CSU – Zuruf von der CSU: Sie soll- ten frühestens mit 2008 planen!)

Wir jedenfalls werden weiterhin ganz entschieden die Belange

(Anhaltende Zurufe von der CSU)

und die Interessen unserer bayerischen Mitbürgerinnen und Mitbürger in Berlin vertreten. Sie können es sich aussuchen, ob Sie mitmachen wollen bei der Vertretung der Anliegen unserer Bürgerinnen und Bürger in Berlin oder ob Sie weiter auf Obstruktion und auf Fundamentalopposition setzen wollen.

(Herrmann (CSU): Die Anliegen der bayerischen Bürgerinnen und Bürger vertreten wir schon, da brauchen Sie keine Sorge zu haben!)

Ich sage Ihnen voraus, dass Ihnen Letzteres nichts nützen wird.

Diese Aktuelle Stunde soll auch den Blick auf die wichtigsten landespolitischen Themen richten, die im letzten Jahr liegen geblieben sind. Es sind Themen, die Sie, Herr Dr. Stoiber, vielleicht langweilen mögen – uns nicht. Es sind Themen zum Beispiel des Arbeitsmarktes, wo wir in Bayern große Probleme haben, große Insolvenzen, an denen die Politik

(Zuruf des Abgeordneten Glück (CSU))

dieser Bayerischen Staatsregierung – wie im Falle Kirch – nicht unbeteiligt war, um es ganz vorsichtig auszudrücken.

(Zuruf des Abgeordneten Herrmann (CSU))

Kollege Kaiser wird im Verlauf dieser Aktuellen Stunde noch einiges dazu ausführen.

Es ist die Frage, wie lange die Familien in Bayern noch warten müssen, bis sie endlich ein anständiges und wenigstens durchschnittliches Angebot an Betreuungseinrichtungen für ihre Kinder, auch ganztags, erhalten werden.

(Beifall bei der SPD)

Diese Antwort müssen Sie in den nächsten Wochen geben.

(Beifall bei der SPD – Herrmann (CSU): Sorgen Sie erst einmal dafür, dass die Landeshauptstadt bei den Kindergärten den Durchschnitt erreicht, Herr Maget!)

Es ist die Frage, wie lange die Menschen mit Behinderung in Bayern noch darauf warten müssen, bis hier endlich auch ein Gleichstellungsgesetz auf den Weg gebracht wird, wie es auf Bundesebene vorbildlich vorgemacht wird.

Zu diesem Gebiet wird meine Kollegin Steiger noch Ausführungen machen.

Die Frage ist, wie Sie zum Beispiel zum Donauausbau tatsächlich stehen, ob die Nachdenklichkeit des Herrn Schnappauf tatsächlich die neue Linie der Staatsregierung sein soll oder ob die Klagedrohung gegen die Bundesregierung, ausgesprochen von Herrn Dr. Wiesheu, Wirklichkeit werden soll. Auch diese Frage steht zur Klärung an.

(Beifall bei der SPD)

Ich bitte Sie, diese Fragen jetzt endlich in diesem Hause zu beantworten.

Ihre Redezeit ist zu Ende, Herr Maget.