Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! In einem Punkt sind wir uns einig: Die politische Lage in Bayern wird dominiert durch den Sieg von Rot-Grün.
Die grünen Reformprojekte für mehr Weltoffenheit, mehr Verbraucher– und mehr Umweltschutz haben von den Wählerinnen und Wählern eine eindeutige Unterstützung erfahren. Unsere Themen haben die Wahl gewonnen.
Für uns ist es eine besondere Genugtuung, dass dies vom politischen Gegner genauso gesehen wird. Der Ministerpräsident und Kandidat im Wartestand, der „Stand-by-Kanzler“ Dr. Edmund Stoiber, hat der „Passauer Neuen Presse“ erklärt: „Die GRÜNEN sind gestärkt. Sie wollen nun ihre Themen spielen.“ Recht hat er.
Das Allerschönste ist: Die CSU will auch mitspielen. Der Umweltschutz ist plötzlich wieder ein Thema für die CSU. Herr Kollege Glück glaubt sogar an einen Paradigmenwechsel. Er vergleicht das, was das Hochwasser bei
In den Achtzigerjahren sind wir als Partei in die politische Landschaft getreten. Heute, wenn der Paradigmenwechsel ansteht, gestalten wir mit.
Für uns ist das Wahlergebnis ein Ansporn, das grüne Erfolgsmodell gegen die CSU auch in Bayern durchzusetzen.
Die gesellschaftliche Modernisierung in Bayern ist überfällig. Wir wollen ein weltoffenes Bayern, nach innen wie nach außen.
Herr Minister Bocklet hat vor kurzem die großen Chancen herausgestellt, die die europäische Erweiterung für unser Land bringen wird. Diese Chancen müssen wir gerade zum Wohle der Menschen in den Grenzregionen nutzen. Wir brauchen mehr Sprachförderung, mehr interkulturelle Kompetenzen sowie die Internationalisierung der Schulen und der Hochschulen. Wenn man den Zeitungen glauben kann, sieht Herr Minister Bocklet gerade in der Umwelttechnologie ein großes wirtschaftliches Potenzial. Wir haben natürlich nichts dagegen, wenn ein Mitglied der Staatsregierung unsere Ideen aufgreift. Wir wollen aber nach den Worten auch Taten sehen.
Ein weltoffenes Bayern, das bedeutet auch eine Öffnung nach innen. Die Menschen wollen ihre Lebensentwürfe frei wählen. Sie wollen nicht ständig gegängelt und behindert werden. Wir fordern insbesondere, die Wahlfreiheit und die Chancen für Frauen zu erweitern.
Die Frauen wollen Beruf und Kind vereinbaren. Sie sind auch nicht mit einem Karriereknick einverstanden, wenn sie aus der Kinderpause kommen oder in Führungsämter wechseln wollen. Leider ist Herr Staatsminister Zehetmair gerade rausgegangen. Sie sollten ihn einmal fragen, wie es an den bayerischen Hochschulen mit den Führungsämtern aussieht. Dort sieht es miserabel aus.
Wir fordern eine Bildungspolitik, die die Stärken und Chancen der Kinder herausstellt. Die Kinder und Jugendlichen müssen wieder in den Mittelpunkt gestellt werden. Wir wollten nicht bei den Schwächen ansetzen und fragen, wie man die Kinder am besten auslesen kann. Das ist Ihre Politik. Wir setzen uns außerdem für gesunde Lebensmittel, für die bäuerliche Landwirtschaft
und für unsere schöne Kulturlandschaft ein. Gerade bei der Kulturlandschaft hat sich in der Vergangenheit immer gezeigt: Bayern ist schön, trotz der CSU.
Nehmen Sie einmal die Themen „Donau“ und „Alpen“. Wer will denn immer die Naturschönheiten zerstören? Das sind doch Sie.
Die CSU merkt langsam, dass sie die Wahl verloren hat. Das hat lange gedauert. Sie sind noch immer nicht bereit, zuzugeben, dass Sie die Wahl verloren haben. Die Suche nach den Schuldigen geht aber bereits los. Dabei sind immer die anderen schuld. Der eine sagt, schuld sei der „aufgescheuchte Asthmahaufen der CDU“, ein anderer sucht die Schuld bei den Frauen, und ein dritter beim Bund Naturschutz. Wieder andere suchen die Schuld bei den linken Medien. Jeder findet einen Schuldigen. Tatsache ist jedoch, das Modell Stoiber wurde in der Bundesrepublik abgewählt. Das ist der Punkt.
Frau Merkel ist die Frau der Stunde, Herr Dr. Stoiber spielt die zweite Geige. Wie wird Herr Dr. Stoiber seinen Kompetenzverlust kompensieren? Blockieren war für die CSU schon immer einfacher als gestalten. Wir sind sehr gespannt, ob der Ministerpräsident – der inzwischen auch rausgegangen ist – weiterhin dem Bundesrat Kompetenzen entziehen will.
Der Ministerpräsident hat damals gesagt, er wolle, dass der Bundestag in wesentlichen Bereichen ohne Zustimmung des Bundesrats handeln könne. Ich bin gespannt und freue mich auf die entsprechenden bayerischen Initiativen. Wir wären schon froh, wenn Sie endlich damit aufhörten, Fundamentalopposition zu machen. Mehr verlangen wir überhaupt nicht.
Der „Münchner Merkur“ schreibt, dass an den Vorwürfen, Edmund Stoiber sei schuld an der Wahlniederlage, etwas dran sei:
Wenn er sich für eine Verschärfung der Abtreibungsbestimmungen einsetzt, mag das erzkonservative Katholiken ansprechen. Viele können mit einer solchen Einstellung wenig anfangen. Auch die Tonlage, in der die CSU über Umwelt und Landwirtschaft spricht, schreckt manchen Sympathisanten ab. Der Begriff „Laptop und Lederhose“ klingt außerhalb Bayerns doch ein bisschen lächerlich.
Nicht nur außerhalb Bayerns. Die Lederhose, die die CSU vor sich herträgt, ist schon ziemlich ranzig geworden.
Ein solches Regierungsmodell taugt gerade noch für einen Ministerpräsidenten. Ein Bundeskanzler muss Schwerpunkte setzen.
Auch in Bayern müssen endlich Schwerpunkte gesetzt werden. Bildung und Umwelt waren immer unsere Schwerpunkte und sind es auch bei den jetzigen Haushaltsberatungen. Sie sollten sich daran ein Beispiel nehmen und einmal mit uns stimmen. Wie wäre das? Das würde uns alle einen Schritt vorwärts bringen.
Jetzt haben auch Sie die Chance, Prioritäten zu setzen; denn das Modell Gießkanne funktioniert nicht mehr: Das viele Geld ist weg, Sie müssen sich mit den Interessensgruppen auseinander setzen, der Ärger geht los, die Spendierhosen sind leer. Jetzt könnten Sie Prioritäten setzen. Es war ein Fehler, dass Sie bei der Verwendung der vielen Extramilliarden aus den Privatisierungserlösen nicht auf uns gehört haben, sondern nur auf Boomregionen und Boombranchen gesetzt haben.
Jetzt ist der Boom vorbei. Ist euch das auch schon aufgefallen? Sie haben es versäumt, in den Regionen, in der Bildungspolitik, bei den ökologischen Zukunftstechnologien und bei Modernisierungsprojekten Strukturreformen in die Wege zu leiten.
Wie bei Ihnen über Modernisierung geredet wird, kann in Bayern nicht gerade Mut machen. Minister Huber hier