Protocol of the Session on July 18, 2002

Ein weiteres Schwerpunktthema war die Neueinteilung der Stimmkreise, die wegen ihrer Auswirkungen innerhalb und außerhalb des Landtags große Beachtung fand.

Schon diese wenigen Stichpunkte zeigen: Der Bayerische Landtag ist ein Arbeitsparlament. Wir sind uns unserer Verantwortung für die Menschen in Bayern bewusst, und wir ringen um die jeweils besten Antworten auf die Fragen und Herausforderungen, die die Zeit an uns stellt. Wir wollen und wir werden dieser Verantwortung auch im bevorstehenden letzten Abschnitt der laufenden Wahlperiode gerecht werden. Das ist unser Auftrag, und ihn gilt es zu erfüllen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich danke Ihnen allen für Ihren Einsatz und für Ihre Arbeit hier im Hause, in den verschiedenen Gremien und in den Stimm- und Wahlkreisen. Danken möchte ich auch dafür, dass die nach den Kommunalwahlen in den Landtag nachgerückten Mitglieder kollegial aufgenommen wurden und sich im Hohen Haus gut und rasch eingewöhnt haben. Es war doch eine Reihe von neuen Kolleginnen und Kollegen.

Ich danke dem Herrn Ministerpräsidenten und den Mitgliedern des Kabinetts, ich danke der Frau Vizepräsidentin und dem Herrn Vizepräsidenten des Landtags, den Mitgliedern des Präsidiums und des Ältestenrates, den Fraktionsvorständen und den Vorsitzenden der Ausschüsse, Untersuchungsausschüsse, Kommissionen und Arbeitskreise sowie den jeweiligen Stellvertretern für die konstruktive Zusammenarbeit.

Danken möchte ich auch den Damen und Herren von Presse, Hörfunk und Fernsehen für ihre Berichterstattung.

Mein Dank gilt dem Direktor des Landtags, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landtagsamtes und der Fraktionsgeschäftsstellen, den Landtagsbeauftragten sowie den Beamten der Polizei für die geleistete Arbeit.

Dieser Dank ist nicht nur so dahin gesagt, weil das vor der Sommerpause üblich ist. Er ist nicht Ritual, sondern er ist gewissermaßen Erinnerung des Herzens.

Nun hat Frau Kollegin Werner-Muggendorfer das Wort.

Herr Präsident, liebe Kollegen, liebe Kolleginnen! Sommerpause. Sommer ja, Pause nein, weil wir uns alle in die Wahlauseinandersetzungen stürzen werden. Es gibt also keine Pause. In diesem Sommer gehen wir erstmals in ein fünftes Jahr, und die Bundestagswahl fällt nicht mit der Landtagswahl zusammen. Beim Rückblick auf das vierte Jahr werden wir feststellen, dass uns vieles bewegt hat. Der Herr Präsident hat einiges angesprochen.

Waren es im vorigen und dem Jahr davor noch die Stimmkreiseinteilung, die uns beschäftigt hat, so sind es jetzt Dinge von ganz anderer Tragweite. Ich nenne die Anschläge vom 11. September, die unser Sicherheitsempfinden beeinträchtigt haben. Die Ereignisse haben auch im Bayerischen Landtag zu verschärften Sicherheitsstandards geführt. Ich erinnere auch an den Vorfall in Erfurt oder die Pisa-Studie, über die wir gestern diskutiert haben. Wir freuen uns sicher alle darüber, dass die Bildungspolitik wieder einen großen Stellenwert bekommen hat.

Was hat uns in Bayern im letzten Jahr bewegt? – Wir hatten Kommunalwahlen, die sich auch in der Zusammensetzung des Bayerischen Landtags niedergeschlagen haben, was an den neuen Gesichtern hier im Hause zu erkennen ist. Leider gab es aber auch bei den Kommunalwahlen negative Schlagzeilen. So haben wir uns gestern mit Wahlfälschungen beschäftigt. Niemand konnte sich ein solches Ausmaß an Wahlfälschungen wie in Dachau vorstellen. Diese Dimension ist einmalig und hat der Demokratie großen Schaden zugefügt.

Ich erinnere aber auch an den Umweltskandal in Neuendettelsau. Auch das konnte sich niemand von uns vorstellen. Die Neuerungen im Bayerischen Landtag sind etwas gewöhnungsbedürftig. Ich glaube, wir hatten noch nie drei fraktionslose Mitglieder im Bayerischen Landtag. Über den Umbau des Plenarsaals ist immer noch nicht entschieden. Das scheint eine unendliche Geschichte zu werden.

Wir haben darüber hinaus Untersuchungsausschüsse eingesetzt und erstmals einen Bericht über einen Untersuchungsausschuss gehört, dessen Vorsitzender von der SPD-Fraktion gestellt wurde. Das ist von den Kolleginnen und Kollegen der CSU schwer zu ertragen. Das haben wir heute gemerkt.

(Glück (CSU): Die Qualität ist es!)

Das müsste eigentlich eine parlamentarische Selbstverständlichkeit sein, und in vielen anderen Parlamenten ist es auch so. Es scheint der CSU aber schwer zu fallen, dies hinzunehmen.

Es mag einem gefallen oder nicht, Untersuchungsausschüsse sind ein wichtiger Hygienefaktor für den Landtag, das Parlament und die Politik. Es würde mich wundern, wenn Sie das nicht so sehen sollten.

(Zurufe von der CSU)

Ich habe jetzt die Untersuchungsausschüsse als notwendigen Hygienefaktor für Politik, Parlament und uns alle als Parlamentarier bezeichnet. Ich denke, dass sich selbst die CSU dem nicht verschließen kann.

Neu waren für uns auch die Enquete-Kommissionen. In dem Zusammenhang haben wir erstmals einen Abschlussbericht zum Föderalismus gehört. Als überzeugte Bayerin und Niederbayerin bin ich natürlich auch eine überzeugte Föderalistin.

Im Gegensatz zu anderen hier möchte ich gern im Bayerischen Landtag bleiben. Ich würde mir wünschen, dass sich das Hohe Haus vielleicht das eine oder andere Mal bayerischer benimmt, sprachlich wie auch in der Themenauswahl. Wir werden nach der Bundestagswahl da sicherlich eine Änderung erfahren.

(Zuruf von der CSU: Denken Sie auch an die Fran- ken!)

Die Franken natürlich eingebunden. Es tut mir Leid, dass ich sie vergessen habe.

Ich wünsche mir auch, dass wir selber dem Parlament mehr Wertschätzung entgegenbringen. Da geht es um die Frage: Wie wichtig ist ein Parlament? Der Herr Präsident hat dazu schon einiges angesprochen. Die Frage, wie wichtig ein Parlament ist, sollten wir manchmal auch uns stellen.

Und dann steht leider immer noch diese unsägliche Aussage von Ihnen, Herr Ministerpräsident, im Raum, eine Debatte im Bundestag sei nicht so wichtig.

(Zurufe von der CSU)

Wie wichtig ist ein Parlament?

(Beifall bei der SPD – Fortgesetzte Zurufe von der CSU – Gegenruf von der SPD: Zuhören!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, der Herr Ministerpräsident spricht nach mir. Er wird sicher einiges dazu sagen und es in Ihrem Sinne klarstellen.

(Zuruf von der CSU: Sie machen jetzt eine politische Debatte! – Weitere Zurufe von der CSU – Gegenruf von der SPD: Jetzt reißen Sie doch einmal zusam- men!)

Ich bitte um etwas mehr Ruhe, meine Kolleginnen und Kollegen! Es wäre schön, wenn wir den Beitrag von Frau Werner-Muggendorfer zu Ende hören könnten.

Ich habe die Frage gestellt: Wie wichtig ist ein Parlament? Damit mache ich, glaube ich, keine politische Debatte. Wir beschäftigen uns schon mit uns selber, auch damit, wie wir uns hier benehmen und wir uns gegenseitig wertschätzen, wie wir das Parlament wertschätzen. Wir haben zu dieser Wertschätzung heute wieder einiges erlebt.

Die An- und Abwesenheit des Ministerpräsidenten macht natürlich auch etwas dafür aus, wie wir die Wertschätzung dieses Parlaments empfinden. Ich denke, Ihnen geht es genauso. Sie müssten dies doch genauso wollen.

(Zurufe von der CSU)

Ich wünsche mir genauso wie Sie, dass möglichst alle Kolleginnen und Kollegen anwesend sind.

Ich würde noch gern Folgendes sagen, wenn Sie es mir gestatten. Ich finde, schöner, als es der Landtagspräsident Böhm in einem Artikel der „Welt am Sonntag“ formuliert hat, kann man es nicht sagen. Er hat gesagt: Ministerpräsident Stoiber beschränkt seine Aufenthalte im Landtag offenbar auf kürzere Zeiträume. Also, schöner kann man es gar nicht sagen. Wie gesagt, es geht darum, wie wichtig wir uns nehmen und wie wichtig wir unsere Arbeit sehen.

Ein niederbayerischer CSU-Kollege hat gesagt: Parlamentarische Initiativen sind kontraproduktiv. Da muss ich schon fragen: Was für ein Selbstverständnis haben wir von unserer Arbeit?

(Widerspruch bei der CSU)

Ja, das hat er aber gesagt.

(Zuruf von der CSU: Wer ist es denn?)

Der Betreffende wird es wissen.

(Hofmann (CSU): Passt das wirklich am Schluss? – Weitere Zurufe von der CSU)

Das muss Ihnen unheimlich wehtun. Anders kann ich mir Ihre Zurufe nicht erklären.

(Anhaltende Zurufe von der CSU)

Frau Kollegin Werner-Muggendorfer, bleiben Sie bei Ihrem Konzept und führen Sie Ihre Rede weiter. – Ich bitte jetzt um etwas mehr Ruhe.

Wir können draußen noch so fleißig sein, aber das Bild, das wir hier im Saal liefern und zu dem Sie jetzt wieder einen großen Teil beitragen, ist wirklich nicht geeignet, Wertschätzung für das Parlament zu erzeugen. Das gilt auch für die Mitglieder der Staatsregierung, wenn sie durch ihre Abwesenheit die Wertschätzung nicht leisten.

Ich will jetzt aber wirklich zum Schluss kommen,

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

weil ich schon merke, dass es Ihnen unglaublich wehtut, wenn man über die Wertschätzung des Parlaments spricht und sie definiert. Ich kann das nicht verstehen.

(Dr. Wilhelm (CSU): Sie kann es nicht anders!)

Ich glaube, wir sollten uns auch selber wertschätzen, Herr Wilhelm.

(Beifall bei der SPD)