Protocol of the Session on July 11, 2002

Ich weiß natürlich auch, dass einige Gemeinden Sorgen haben, dass sie dann in die Verantwortung genommen werden, wenn sie von dieser neuen Freiheit Gebrauch machen. Ich glaube, generell waren sich Landtag und

Staatsregierung immer einig, dass dort, wo möglich, der Handlungsspielraum der kommunalen Selbstverwaltung ausgeweitet werden soll. Das machen wir mit diesem Gesetzesvorschlag.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die Aussprache ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 14/9151, der Änderungsantrag auf der Drucksache 14/9362 und die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit auf der Drucksache 14/9932 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit empfiehlt Zustimmung mit der Maßgabe verschiedener Änderungen.

Der Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen stimmt bei seiner Endberatung der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses zu. Ergänzend schlägt er vor, als Datum des Inkrafttretens den 1. August 2002 einzufügen. Ich verweise insoweit auf die Drucksache 14/9932.

Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist das gesamte Hohe Haus. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, treten wir gemäß § 60 der Geschäftsordnung unmittelbar in die Schlussabstimmung ein. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Widerspruch erhebt sich nicht.

Wer dem Gesetzentwurf des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das ist das gesamte Hohe Haus. Gegenstimmen bitte ich, auf die gleiche Weise anzuzeigen. – Stimmenthaltungen ebenfalls – Das Gesetz ist damit so angenommen. Es hat den Titel: „Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes“.

Mit der Annahme des Gesetzentwurfes in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen hat der Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kempfler, Loscher-Frühwald, Schreck und anderer (CSU) auf der Drucksache 14/9362 seine Erledigung gefunden. Das Hohe Haus nimmt davon zustimmend Kenntnis.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 8

Gesetzentwurf der Abgeordneten Paulig, Kellner, Köhler Elisabeth und anderer und Fraktion (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

zur Änderung der Verfassung des Freistaats Bayern

Anhörungsrecht der Kommunen (Drucksache 14/2599)

Zweite Lesung –

Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat wurde hierfür eine Redezeit von 15 Minuten pro Fraktion vereinbart. Erste Wortmeldung: Frau Tausendfreund.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Hier in diesem Hause werden immer wieder Gesetze gemacht und Entscheidungen getroffen, die erhebliche Auswirkungen auf die kommunale Ebene haben. Es gibt immer wieder Leistungsgesetze, die den Kommunen Aufgaben übertragen, aber nicht für die ausreichende Finanzierung sorgen. Es gibt immer wieder Gesetze, in denen den Kommunen aufgetragen wird, irgendwelche Aufgaben zu erledigen, und in denen das Verfahren vorgeschrieben wird. Es gibt immer wieder Gesetze, wo es um kommunale Handlungsmöglichkeiten geht. Dafür möchte ich ein sinnvolles, durchgreifendes und verpflichtendes Anhörungsrecht für die Kommunen in der Verfassung festgeschrieben wissen. Das ist eine wichtige Forderung unserer Fraktion, übrigens schon lange. Der Antrag ist schon etwas älter und wurde nur etwas zurückgestellt, um erste Erfahrungen mit dem Anhörungsrecht in der Geschäftsordnung dieses Hauses zu gewinnen.

Aber diese Regelung in der Geschäftsordnung reicht uns nicht aus. Mit einfacher Mehrheit kann dieses Anhörungsrecht in der Geschäftsordnung revidiert oder erschwert werden.

Es ist einfach ein Unterschied, ob es sich um einen „goodwill“-Akt des Landtages handelt oder um ein verfassungsrechtlich verbrieftes Recht, dass die Kommunen zu Gesetzesvorhaben angehört werden.

Es gibt auch eine Divergenz zwischen der Regelung, die jetzt in der Verfassung steht, und der von uns angestrebten bzw. der Geschäftsordnungsregelung. In der Verfassung ist jetzt geregelt, dass ein Anhörungsrecht von der Staatsregierung gewährt werden soll. Vom Landtag ist dabei nicht die Rede. Ich denke, das muss zusammengefügt werden, damit in der Verfassung klar ist: Landtag und Staatsregierung gewähren den Kommunen ein Anhörungsrecht. Der Unterschied ist auch, dass wir keine Soll-, sondern eine Mussregelung haben wollen.

Wir haben einige Erfahrung mit der Geschäftsordnungsregelung gemacht. Ich denke, die Regelung könnte verbessert werden. Momentan liegt es im Goodwill des Vorsitzenden und seines Stellvertreters, ob die Anhörung stattfindet, ob sie mündlich oder schriftlich gewährt wird. Nicht immer wurde sie auch tatsächlich durchgeführt. Es hat unterschiedliche Handhabungen gegeben.

Ich denke, aufgrund der Sonderstellung, die die Kommunen im Staatsaufbau in Bayern und Deutschland haben – kommunale Selbstverwaltung, eigene Gebietskörperschaften mit eigenem Wirkungskreis, mit eigenen Handlungsmöglichkeiten, mit eigenen Steuerfindungsrechten etc. – ist gerechtfertigt, ihnen ein besonderes Anhörungsrecht einzuräumen. Die Argumente, die immer wieder genannt wurden: Ihr habt doch den Senat abgeschafft, und jetzt wollt Ihr das wieder ausgleichen, treffen nicht, weil wir dieses Anhörungsrecht ganz unabhängig von der Existenz des Senates haben wollten.

(Beifall der Frau Abgeordneten Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Argumente, die in diese Richtung gehen, zielen also ins Leere.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, Sie geben sich immer so kommunalfreundlich in Ihren Reden. Wenn es aber zum Schwur kommt, dann kneifen Sie. Ich denke nur an die Debatte in der Enquete-Kommission zur Reform des Föderalismus. Dort wurde von Ihnen eine Regelung, wonach das Konnexitätsprinzip in die Verfassung geschrieben wird, abgelehnt. Für meine Begriffe ist das eine Grundvoraussetzung: Wenn der Landtag den Kommunen etwas anschafft, dann muss er auch dafür bezahlen.

(Beifall der Frau Abgeordneten Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Sie sehen den Föderalismus dort, wo Bayern aufhört, aber nicht im innerbayerischen Föderalismus. Er würde mit dem Anhörungsrecht gestärkt. An dieser Stelle kneifen Sie. Ich erinnere auch an die Bezirksdebatte. Das war ein heißes Eisen. Sie ist dann erster Klasse beerdigt worden, weil der Ministerpräsident gesagt hat: Die Debatte über die Reform der bayerischen Bezirke, möglicherweise der Planungsverbände, auch eine Diskussion über die Stärkung oder Abschaffung führen wir jetzt nicht. Das wird beerdigt. Auch das ist ein Punkt, bei dem man sehen kann, dass Sie den innerbayerischen Föderalismus nicht fördern wollen. Wenn die Kommunen auf allen Ebenen so gestärkt würden, dass sie tatsächlich ein Gegengewicht zur Bayerischen Staatsregierung bieten könnten, dann wünschen Sie das eben nicht.

Wir wollen das Anhörungsrecht der Kommunen in der Bayerischen Verfassung festschreiben, und zwar als verpflichtende Regelung, sodass es auch einen Anspruch darauf gibt. Das ist unser Gesetzentwurf und dazu bitten wir um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der Frau Abgeordneten Rader- macher (SPD))

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Volkmann.

Mir ist gesagt worden, ich käme nach Herrn Welnhofer.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Aber so steht es da. Er hat mich gerade gebeten, nach Ihnen reden zu dürfen.

Und wenn Herr Welnhofer darum bittet, dann machen Sie das?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Ich bitte Sie jetzt um Ihren Beitrag.

Wenn Sie mir das Wort erteilen, dann nehme ich mir das natürlich auch. Aber ich muss sagen, Frau Präsidentin, dass ich das überhaupt nicht in Ordnung finde. Wenn mir von meiner Fraktionskollegin Johanna Werner-Muggendorfer, die diese Dinge regelt, mitgeteilt wird, sie habe mit Ihnen ausgemacht, dass nach Frau Tausendfreund Herr Welnhofer spricht und danach ich, dann gehe ich natürlich davon aus. Ich finde es nicht in Ordnung, dass, wenn Herr Welnhofer sagt, er möchte nach mir reden, Sie dann das machen, was der Herr Welnhofer möchte.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Frau Raderma- cher (SPD): So geht es nicht!)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Volkmann, Frau Werner-Muggendorfer hat mit mir gar nichts besprochen.

Die war doch bei Ihnen oben.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Aber sie hat mit Frau Münzel gesprochen und nicht mit mir. Die Abfolge der Redner ist eine Sache zwischen den Fraktionen. Mir werden die Redner so gemeldet und so werden sie aufgerufen.

(Frau Radermacher (SPD): Das stimmt ja nicht! – Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Sie hat mir die Reihenfolge so genannt!)

Jetzt bitte ich Sie um Ihren Beitrag.

Das möchte ich wirklich einmal geklärt haben. Ich halte es auch, ehrlich gesagt, für die Lebhaftigkeit einer Debatte nicht für sinnvoll, dass erst die GRÜNEN reden, dann wir und am Schluss die CSU. Ich kann verstehen, dass Ihnen das – –

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das war unser Antrag!)

Ja, natürlich. Sie regen sich jetzt an der falschen Stelle auf, Frau Kollegin. Das richtet sich nicht gegen Sie. Sie dürfen davon ausgehen, wenn ich am Rednerpult bin, dann wende ich mich nicht in erster Linie gegen Sie, sondern in erster Linie gegen die CSU.

(Herrmann (CSU): Die Sitzungsleitung haben Sie überhaupt nicht zu kritisieren! Das sollten Sie mal als Erstes zur Kenntnis nehmen!)

Sehr geehrter Herr Kollege, ich habe die Sitzungsleitung dann zu kritisieren, wenn ich das Gefühl habe – und nicht nur das Gefühl, sondern ich habe die Mitteilung bekommen –, wie die Reihenfolge der Redner ist. Wenn davon abgewichen wird, weil der Herr Welnhofer einen Wunsch äußert, dann finde ich das nicht okay.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Frau Abgeordneten Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Frau Radermacher (SPD): Jawohl! Recht hast du! – Maget (SPD): Ruhe! Weiter gehts!)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Sehr geehrter Herr Volkmann, da möchte ich nun doch eingreifen. Es war in der letzten Sitzungsperiode ausgerechnet Ihr Kollege Hiersemann,

(Frau Radermacher (SPD): Der ist ja schon tot!)

der gesagt hat, dass die Sitzungsleitung alleine dem amtierenden Präsidenten oder der Präsidentin obliegt.