Staatssekretär Regensburger (Innenministerium) : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst Minister Beckstein entschuldigen. Er wäre natürlich gerne bei dieser Debatte persönlich dabei gewesen. Er hatte sich wegen der Tagesordnung darauf eingestellt, dass das Thema erst nachmittags aufgerufen wird. Nachdem er aber mehrfach zitiert worden ist, möchte ich an seiner Stelle ein paar Bemerkungen machen. Ich sage ab und zu: Ich bin der geklonte Beckstein. Deswegen dürfen Sie das, was ich sage, uneingeschränkt auch als die Meinung von Minister Beckstein mitnehmen.
Minister Beckstein wird – so wie heute – gern zitiert, wenn es um Forderungen nach unmittelbarer Demokra
tie auch auf Bundesebene in Deutschland geht. Ich darf Ihnen versichern, dass er überhaupt nichts dagegen hat. Er spricht sich nach wie vor grundsätzlich für die Einführung von Elementen unmittelbarer Demokratie auch auf Bundesebene aus.
Es ist in der Diskussion in diesem Haus und noch mehr im Bundestag deutlich geworden, dass es sich hierbei aber um ein außerordentlich komplexes und schwieriges Thema handelt. Es werden dabei wesentliche Grundlagen unserer staatlichen Ordnung berührt. Wer dieses Thema deshalb ernsthaft angehen will, muss sich auf eine tief gehende und schwierige Diskussion einstellen.
Auch die Gegenargumente haben Gewicht und wollen ernst genommen und sorgfältig abgewogen werden. Nur wer sich auf diesen schwierigen und häufig eben auch langwierigen Prozess der Mehrheitsfindung einlässt, hat in einer Demokratie überhaupt eine Chance, dafür eine Mehrheit zu finden.
Die rot-grüne Koalition wollte und will sich hierauf offenbar nicht einlassen. Ihr Gesetzentwurf war von vornherein – und zwar für jedermann, der sich damit ernsthaft befasst hat, erkennbar – ein untauglicher und damit wohl auch nicht ernst gemeinter Versuch, der der Sache insgesamt eher geschadet als genützt hat. Er ist deshalb völlig zu Recht im Bundestag auch gescheitert.
Hier ist, meine Damen und Herren, weder der Ort noch gibt der Antrag Anlass, sich mit dem rot-grünen Gesetzentwurf im Einzelnen auseinander zu setzen. Es genügt, hierzu auf die Sachverständigenanhörung im Bundestag zu verweisen. Dieser Gesetzentwurf ist inhaltlich völlig unausgegoren. Er begegnete im Rahmen der Sachverständigenanhörung sogar gewichtigen verfassungsrechtlichen Bedenken. Mit sehr ernst zu nehmenden Argumenten wurde hier in Frage gestellt, ob der Gesetzentwurf die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung wahrt. Diese Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung darf aber nach Artikel 79 des Grundgesetzes auch durch eine Änderung des Grundgesetzes nicht berührt werden.
Diese muntere Unterhaltung im Raum stört den Redner doch schon sehr deutlich. Vielleicht kann man endlich einmal die Gesprächsrunden am Rande des Plenums einstellen.
Staatssekretär Regensburger (Innenministerium) : Aber es ist nicht nur die berechtigte Kritik am Inhalt dieses Gesetzentwurfs, die ihn als untauglichen Versuch einer Einführung direkt demokratischer Elemente im Grundgesetz ausweist; es ist auch und vor allem das von der rot-grünen Koalition gewählte Verfahren. Wer nämlich wenige Wochen vor Ende der Legislaturperiode einen solchen Gesetzentwurf zur Änderung des Grund
gesetzes einbringt, dessen Bedeutung für die demokratische Ordnung in unserem Staat nicht hoch genug eingeschätzt werden kann, ist entweder politisch naiv, oder er verfolgt ganz andere Ziele damit.
Da ich niemandem, Herr Kollege Dr. Hahnzog, so viel politische Naivität unterstelle, dass er glauben könnte, innerhalb so kurzer Zeit für solch schwierige Fragen wie etwa der Zulassung auch finanzwirksamer Volksbegehren die erforderlichen Mehrheiten finden zu können, gehe ich davon aus, dass der vorliegende rot-grüne Gesetzentwurf selbst nicht ernst genommen werden wollte. Er diente ganz offenkundig nur dazu, der eigenen Klientel Aktivität vorzutäuschen. – Wenn ich mich recht erinnere, ist diese Materie ja auch Gegenstand des rotgrünen Koalitionsvertrages gewesen.
Natürlich wussten Sie auch, dass dies nicht die Unterstützung der Bayerischen Staatsregierung und des Bayerischen Landtags finden kann. Das Thema hätte mehr Seriosität verdient. Ich bin davon überzeugt, dass dem Anliegen, plebiszitäre Elemente auf Bundesebene einzuführen, mit dieser unausgegorenen Initiative ein Bärendienst erwiesen wurde. Der Gesetzentwurf ist Wasser auf die Mühlen derjenigen, die unmittelbare Demokratie auf Bundesebene prinzipiell ablehnen. Die wahltaktische Instrumentalisierung der Thematik hat es schwerer gemacht, sich für eine seriöse und ernsthafte Diskussion über unmittelbare Demokratie auf Bundesebene einzusetzen.
Diese Wortmeldung wäre nicht nötig gewesen, wenn Kollege Dr. Merkl und der Herr Staatssekretär wenigstens einmal lesen würden, was in dem Antrag steht.
Erstens stammt der Antrag vom 09.04.2001; der konkrete Gesetzentwurf von Rot-Grün in Berlin stammt von Anfang dieses Jahres. Es ist also eine ganz andere Zielrichtung.
Zweitens. Es wird nicht verlangt, diesen Gesetzentwurf zu unterstützen, sondern Überlegungen, überhaupt unmittelbare Demokratie auf Bundesebene ergänzend einzuführen. Es ist also nichts mit einem konkreten Gesetzentwurf. In der Begründung heißt es ausdrücklich: Wenn sich Einigkeit in der Grundsatzfrage – und nur darum geht es hier – herstellen lässt, wird es dann darauf ankommen – dann: also später! –, Lösungen für die wichtigen Eckpunkte im Einzelnen – wie Gegenstand, Ausschlusstatbestände, Quorenfragen usw. – zu finden.
Also Sie wollen sich eigentlich der Fragestellung hier entziehen, indem Sie den Antrag uminterpretieren, und das geht nach unserer Geschäftsordnung nicht. Sie wollen sich hier einfach einer klaren Stellungnahme entziehen. Es wird hier nicht ein „Ja – aber“ verlangt, sondern nur ein Ja zur Grundsatzfrage. Und da kann Herr Beck
stein – und Herr Regensburger – nicht immerzu sagen: Ich bin ja grundsätzlich dafür! – Er müsste auch für diesen Antrag stimmen. So viel Ehrlichkeit sollten wir in diesem Haus schon haben.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung, die auf Wunsch der SPD-Fraktion in namentlicher Form erfolgen soll. Der federführende Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Für die Stimmabgabe sind entsprechend gekennzeichnete Urnen bereitgestellt. Die Ja-Urne ist auf der Oppositionsseite, die Nein-Urne auf der Seite der CSU-Fraktion – jeweils im Bereich der Eingangstüren – aufgestellt. Die Urne für Stimmenthaltungen befindet sich auf dem Stenografentisch. Jetzt kann mit der Stimmabgabe begonnen werden. Hierfür steht ausreichend Zeit zur Verfügung.
Meine Damen und Herren, die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Abstimmungsergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt. Wir geben es später bekannt und fahren zwischenzeitlich in der Tagesordnung fort.
Es sind 90 Minuten dafür vorgesehen. Nach den mündlichen Anfragen werden wir eine Mittagspause einlegen und um 14 Uhr mit der Beratung der Dringlichkeitsanträge fortfahren.
Zunächst bitte ich Herrn Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst um die Beantwortung der ersten Fragen. Die erste Fragestellerin ist Frau Kollegin Dr. Baumann.
Herr Staatsminister! Im Jahr 2001 legte die Bundesregierung ein Förderprogramm zur Einführung von Juniorprofessuren in Deutschland mit 180 Millionen Euro auf. Ich frage die Staatsregierung, wie viele Hochschulen in Bayern haben wie viele Juniorprofessuren beantragt, die aus diesem Topf gefördert werden sollen, und wie viele davon sind bis heute bewilligt bzw. besetzt?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gefragt ist jetzt nur der Herr Staatsminister und nicht die vielen anderen Kolleginnen und Kollegen, die hier im Hohen Hause herumstehen und reden.
Frau Abgeordnete Dr. Baumann! Die Bundesregierung hat im Jahre 2001 ein befristetes Programm des Bundes zur Finanzierung der Ausstattung von Juniorprofessuren – Beginn im Jahr 2002 – angekündigt. Nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes setzt diese Förderung eine Vereinbarung zwischen Bund und Ländern nach Artikel 91 b des Grundgesetzes voraus. Die „Vereinbarung zwischen Bund und Ländern über die Förderung der Forschung im Rahmen von Juniorprofessuren nach Artikel 91 b des Grundgesetzes“ wurde nicht von allen Vertragsschließenden unterzeichnet; sie ist deshalb noch nicht in Kraft getreten.
Das Gesamtvolumen der beabsichtigten Förderung beträgt 180 Millionen Euro. Im Vorgriff auf dieses Förderprogramm hat die Bundesregierung im Juli 2001 die Förderung der Sachausstattung von herausragend qualifizierten Nachwuchswissenschaftlern und Leitern von Forschernachwuchsgruppen in modellhaften Einzelfällen aufgenommen. Nach Mitteilung des Staatssekretärs im BMBF, Herrn Dr. Thomas, vom 18. Juni 2001 standen für die Vorgriffförderung etwa 12 Millionen DM zur Verfügung.
In der Sitzung der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung am 17. Juni 2002 stimmte diese der Verlängerung der Vorgriffförderung nach Maßgabe der „Grundsätze für die Förderung der Forschung im Rahmen von Forschernachwuchsgruppen durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Jahre 2003“ um ein Jahr bis zum 31. Dezember 2003 zu.
Im Rahmen der Vorgriffförderung 2001 haben die Universität Bayreuth, die Ludwig-Maximilians-Universität München und die Technische Universität München die Förderung von 27 Nachwuchswissenschaftlern und -wissenschaftlerinnen beantragt. Das BMBF hat aufgrund der Anträge der Universität Bayreuth und der Technischen Universität München die Förderung von 19 Nachwuchswissenschaftlern bewilligt. Eine Besetzung der auszuschreibenden Nachwuchswissenschaftlerstellen ist durch die Hochschulen noch nicht erfolgt.
Im Rahmen der Verlängerung der Vorgriffsförderung sind Förderanträge bis zum 31. Oktober 2002 vorzulegen.
Herr Minister, das Förderprogramm betrifft die Sachausstattung der Juniorprofessuren. Wie wird die personelle Ausstattung, also das Gehalt, in Bayern finanziert?
Werte Kolleginnen und Kollegen, ich gebe jetzt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Antrag der Abgeordneten Dr. Hahnzog und anderer betreffend unmittelbare Demokratie auch auf Bundesebene, Drucksache 14/6422, bekannt: Ja-Stimmen 65, Nein-Stimmen 92, 1 Stimmenthaltung. Der Antrag ist damit abgelehnt.