Tatsächlich ist aber eine maßvolle Zuwanderung angesichts der Bevölkerungsentwicklung unausweichlich.
Des Weiteren stimmt es mich hoffnungsvoll, dass ein CSU-Bürgermeister, Herr Barfuß aus Lauingen, an unserem interkulturellen Parlament teilnimmt und uns offen gesteht, dass er unsere integrationspolitischen Vorstellungen teilt. So falsch können wir nicht liegen. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.
Ich darf eine Bitte des stenografischen Dienstes weitergeben. Die Niederschriften des zweiten Teils der heutigen Sitzung sind nicht mehr bis zum Sitzungsende fertigzustellen. Deshalb können Sie den Rednern im Plenarsaal auch nicht mehr zugestellt werden. Aus diesem Grunde werden die Redner gebeten, von den am Rednerpult aufliegenden gelben Formularen Gebrauch zu machen, falls sie die Niederschrift an eine Adresse außerhalb des Hauses zur Korrektur übermittelt haben wollen. Sie haben das zur Kenntnis genommen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Köhler hat ihren Redebeitrag mit der Frage begonnen, ob wir das Zuwanderungsgesetz hier demnächst diskutieren wollten, wenn es der Bundespräsident unterschrieben hat. Sie hat dann noch dazu gesagt, dass deshalb unsere Debatte heute so wichtig sei. Ich hoffe, dass sich der Bundespräsident von dem, was Frau Köhler gerade ausgeführt hat, nicht beeinflussen lässt. Im Übrigen, wäre der Gesetzentwurf, über den wir jetzt zu entscheiden haben, im Bundestag verabschiedet worden, würde ihn Herr Rau mit Sicherheit nicht unterschreiben. Frau Kollegin Köhler, ich habe es in der letzten Sitzung des Verfassungsausschusses gesagt: Wäre ich noch der Heißsporn der politischen Auseinandersetzungen wie vor vielleicht 20 oder 25 Jahren, würde ich den gesamten Bundestagswahlkampf mit Ihrem Gesetzentwurf bestreiten, und ich wäre mir sicher, dass ich nach jedem dritten Satz in dem Wirtshaus, in dem ich sprechen würde, volle Zustimmung bekäme.
Frau Köhler, vieles von dem, was Sie gesagt haben, könnte ich unterschreiben. Sie sprachen vom Fachkräftemangel und vom Pflegekräftemangel sowie von Integrationsproblemen. Natürlich ist das uns allen klar. Wir haben gehört, dass wir im vorigen Jahr bei den Türken einen positiven Saldo von etwa 3000 gehabt haben. Es sind also 3000 Türken mehr zu uns gekommen, als wieder weggezogen sind. Natürlich können wir 3000 leicht integrieren. Tatsache ist aber, dass 45000 gekommen und 42000 gegangen sind. Das Integrationsproblem haben wir also nicht mit 3000, sondern mit 45000 Türken. Daher wissen wir genau, dass wir Probleme haben. Ihnen ist es doch nicht entgangen, dass die Staatsregierung zwei große Berichte abgegeben hat, einmal unter Federführung des Sozialministeriums und einmal unter Federführung des Innenministeriums. Die CSU-Landtagsfraktion hat zum Thema Integration eine Reihe von Anträgen gestellt, die hier verabschiedet wurden.
Sie haben mich vorhin mit dem Satz zitiert, Sie sollten sich eine Broschüre bei der Hanns-Seidel-Stiftung besorgen. Ich habe in der Ausschusssitzung nur darauf hingewiesen, dass es unter anderem eine Broschüre bei der Hanns-Seidel-Stiftung gibt, in welcher ich auch für die CSU einen Beitrag mit dem Titel „Integration aus bayerischer Sicht“ geschrieben habe. Sie sollten diese Broschüre nicht lächerlich machen, Sie sollten darüber reden, was in Ihrem Gesetz steht. Das, was Sie im ersten Teil Ihres Beitrages gesagt haben, hat mit dem, was im Gesetz steht, nichts zu tun.
Der zweite Teil war wichtig. Dabei haben Sie aber, wie es bei Ihnen so üblich ist, die Themen immer geschönt dargestellt. Sie sagen, wir bräuchten bei der Justiz oder bei verschiedenen anderen Behörden wie zum Beispiel bei der Polizei Leute, die der Sprache des Auslandes mächtig sind. Dagegen hat doch niemand etwas. Das wird doch auch gemacht.
Sie haben aber ins Gesetz geschrieben, es sollen so viele im öffentlichen Dienst – bei der Polizei, der Justiz, beim Landkreis, der Gemeinde – eingestellt werden, wie es der Quote der Ausländer entspricht.
Schauen Sie in das Gesetz. Wir haben ständig das Problem, dass wir zwei nicht klarkommen, weil Sie Dinge besprechen, die nicht in Ihrem Gesetzentwurf stehen. Im Gesetz steht: Es soll der Quote entsprechen. Das können wir nicht, denn dann hätten wir die Quotenproblematik, wie sie die SPD bei der Aufstellung ihrer Listen hat; denn der SPD gehen die Frauen aus. Ausländer hätten wir genug. In Regensburg zum Beispiel haben wir 10% Ausländer. Wir müssten im öffentlichen Dienst und bei der Stadt Regensburg 10% Ausländer einstellen. An diesem Beispiel sehen Sie, dass der Gesetzentwurf Unsinn ist.
Herr Dr. Hahnzog hat sich im Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen entsprechend geäußert. Er hat nicht „Unsinn“ gesagt, weil das nicht seine Diktion ist. Er hat aber gesagt, dass man dem Gesetz nicht zustimmen könne.
Ich will ein paar Punkte herausgreifen. Zur Änderung des EUG sagen Sie, Sie wollten nicht, dass die Kreuze aus den Klassenzimmern verschwinden. Im Klartext würde es aber darauf hinauslaufen, denn Ihre Änderung ist eine ersatzlose Streichung der Regelung über das Anbringen von Kreuzen in Klassenzimmern. Das müssen Sie der Bevölkerung sagen.
Sie sprechen davon, fünf islamische Feiertage als geschützte Feiertage in das Gesetz aufzunehmen, mit der Folge, dass bekenntniszugehörige Schüler unterrichtsfrei haben und Arbeitnehmer von der Arbeit fernbleiben dürfen. Es kommt der Halbsatz hinzu: Der Arbeitgeber muss bezahlen. Ich bin gespannt, was ein solcher Arbeitgeber sagen wird.
Ich werde häufig gefragt, ob ich in Urlaub gewesen sei, weil ich so braun gebrannt bin. Nein, ich bin seit etwa fünf Wochen in jeder freien Minute auf unserer Baustelle. Der Bauunternehmer war mit drei Handwerkern da. Darunter waren meist zwei Ausländer und ein hiesiger. Wären diese Feiertage eingeführt, wäre ständig ein anderer Handwerker nicht anwesend. Ich frage Sie, wie unsere Wirtschaft funktionieren würde, wenn wir dies so machen würden.
Das Thema ist ernster, als ich es dargestellt habe. Ich sage das auch mit einem Lächeln. Manchmal hilft aber auch nur dieses, um nicht weinen zu müssen bei der Aussicht, was herauskommen könnte.
Frau Köhler, Sie haben von einem 600-stündigen Integrations- und Sprachkurs gesprochen. Sie müssen im Gesetz nachlesen, wer eingeschaltet werden muss bis die Integration für jeden einzelnen Zuwanderer, Asylbewerber, Bürgerkriegsflüchtling erfüllt ist. Würde Ihr Gesetz Wirklichkeit werden, hätte jeder einen Rechtsanspruch auf 600 Stunden Unterricht. Dazu wird das Arbeitsamt, das Landratsamt, das Jugendamt gebraucht. Alle müssten zusammenarbeiten.
Die Ämter wären blockiert für ihre eigentliche Arbeit, wenn sie dies tun würden. Es gebe noch eine Menge solcher Beispiele.
Wir können dem Gesetz nicht zustimmen, das wissen Sie. Ich weiß nicht, welche Klientel Sie erreichen wollen. Ich glaube nicht, dass Sie auf sehr viele kommen werden. Sie müssten vielleicht doch erreichen, dass alle Ausländer bei uns wahlberechtigt werden, vielleicht erwischen Sie dann ein paar für Ihre Partei.
Der nächste Punkt ist, dass Sie einen Ausschuss für Migrations- und Integrationsfragen wollen. Es gab immer wieder die Forderung, einen Ausschuss einzusetzen. Die schon länger im Hause weilenden Kollegen der SPD werden sich daran erinnern, dass Kollege Dr. Schlittmeier zu Beginn jeder Wahlperiode beantragt hat, einen Sportausschuss zu gründen. Er wäre endlich Ausschussvorsitzender geworden, weil dieser Vorsitz der SPD zugestanden wäre. Sie werden hoffentlich nicht meinen, dass die GRÜNEN einen Ausschussvorsitz bekommen, wenn dieser Ausschuss eingeführt würde. Es gibt auch keinen Sinn, ein solch fachübergreifendes Thema in einem eigenen Ausschuss abzuhandeln. Vielmehr müssen in den einzelnen Ausschüssen Spezialisten sein. Ein Integrationsausschuss nützt nichts, wenn der Haushaltsausschuss zu Ihren Forderungen sagt, es sei alles schön und gut, dafür sei aber kein Geld vorhanden.
Uns liegt noch der Antrag der SPD vor. Herr Dr. Hahnzog, Sie werden auf meine Rede antworten und den Antrag verteidigen. Der Antrag beinhaltet einiges, das man unterschreiben kann. Sie wissen, dass ich immer noch die Behauptung aufstelle, dass der Ausspruch „Die Integration ist keine Einbahnstraße“ von mir stammt. Eigentlich ist das egal, da die SPD inzwischen auch dieser Meinung ist.
Ich glaube, wir sind uns darüber einig, dass der Staat die Rahmenbedingungen setzen muss, damit Integration stattfinden kann, der Ausländer aber die Bringschuld hat, das heißt, er muss eine gewisse Leistung für seine Integration erbringen. Wir können nicht ständig noch einmal einen Sprachkurs anbieten und ihnen noch einmal ein Zuckerl geben, damit sie gnädigerweise die Kurse besuchen.
Auf der Baustelle habe ich erlebt, dass der Vorarbeiter zum Arbeiter gesagt hat: „Du machen jetzt Schlitz.“ Ich habe gefragt, warum der Vorarbeiter nicht sagt „Mache einen Schlitz“. Zur Antwort bekam ich, dass dies der Arbeiter nicht verstehen würde. Ich glaube das nicht. Der Arbeiter war aber glücklich, denn er ist bereits seit 30 Jahren hier und fühlt sich wohl. Ich meine, er hätte in der Zeit Deutsch lernen können. Andererseits braucht man zur erfolgreichen Integration Ausländer, die sich bemühen, die zu diesem Land gehören wollen und die man nicht in Kurse zwingen muss. Es können noch so viele Kurse angeboten werden, sie werden nichts nützen, wenn die Kinder von ihren Eltern nicht dorthin geschickt werden, wenn die Kinder zu Hause nur ihre Muttersprache sprechen. Wenn das Deutsch nicht interessiert,
Meine Damen und Herren, wir können auch dem SPDAntrag nicht zustimmen. Ich habe das im Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen mehrfach für die CSU erklärt, weil er in einigen Forderungen über das hinausgeht, was wir mittragen können, wie das allgemeine Wahlrecht und so weiter.
Ich komme für die CSU-Fraktion zum Schluss, dass wir weder dem Gesetzentwurf der GRÜNEN zustimmen können, noch dem Antrag auf Einführung eines Ausschusses für Migrations- und Integrationsfragen und auch nicht dem Integrationsantrag der SPD. Wir werden alle drei Initiativen ablehnen.
Die Integration ist für die CSU eine wichtige Aufgabe. Das ist nicht doppelzüngig; denn wir haben im Januar dieses Jahres in Kreuth eine Entschließung gefasst, die ich hier nicht vortragen werde, die Sie aber nachlesen können. Ich glaube, dass darin alles über die Integration gesagt ist, wie wir sie sehen. Wir sind deshalb nicht doppelzüngig, weil wir unsere Politik nach dieser Entschließung ausrichten. Ich glaube, diese Politik ist richtig und wird von der Bevölkerung mitgetragen. In dieser Symbiose gestalten wir die richtige Politik.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD hat dort, wo sie die Möglichkeit hat, seit Jahrzehnten Integrationspolitik gemacht. Ich war in München seit 1973 auf diesem Gebiet tätig. Wir haben dort vor 29 Jahren einen der ersten Ausländerbeiräte in Deutschland geschaffen. Dieser hat gute Arbeit gemacht und Beiträge zur Integration geleistet.
Wir haben aber auch gesehen, dass die Landespolitik, die die CSU zu verantworten hat, sehr oft viele Bemühungen erschwert und konterkariert hat. Auch das gehört zum ständigen Prozess Integration. Deshalb ist Integration immer noch eine sehr, sehr wichtige Aufgabe in unserer Zeit.
Inzwischen hört man von CSU-Mitgliedern auf Landesebene, dass sie von Integration sprechen. Herr Dr. Merkl, Sie machen das schon länger. Wenn aber Herr Dr. Stoiber und Herr Dr. Beckstein das Wort benutzen, um dafür zu plädieren, den dritten Teil des Zuwanderungsgesetzes auf Bundesebene abzutrennen und vorweg zu beschließen, ist das nicht sehr glaubhaft, weil das, was sie sonst zum Inhalt des Zuwanderungsgesetzes sagen, kontraproduktiv und schädlich ist.
Man sollte sich in den nächsten Wochen überlegen, ob man auf diesem Wege weiter geht. Manche Politiker anderer Parteien haben in dieser Beziehung ein unrühmliches Bild in den letzten Wochen abgegeben.
Wir haben in unserem Antrag nochmals nach 30 Jahren hervorgehoben, wie wir Integration verstehen. Es geht um gleichberechtigte Teilhabe in allen Bereichen der Gesellschaft. Dazu gehört, Herr Kollege Merkl, auch der politische Bereich der gleichberechtigten Teilnahme, nicht nur der soziale, den die Migrantinnen und Migranten oft mehr oder weniger als Empfänger erfahren. Dazu gehört auch, dass wir von der unseligen Diskussion über die deutsche Leitkultur wegkommen. Denn dies fördert auch nicht die Integration, sondern erschwert oder verhindert gar das gegenseitige Aufeinanderzugehen.
Wir wollen ein Zusammenleben als Gleiche unter Gleichen, nach den Wertvorstellungen, die unser Grundgesetz vorgibt, mit Menschenrechten, mit Toleranz und Demokratie. Wir wären sehr viel weiter, wenn wir akzeptieren würden, dass nicht nur wir bereit sind, sondern auch die anderen, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Denn es kann auch nicht von anderen Menschen so gesehen werden, dass Integration nur ein Füllhorn von Wohltaten ist. Integration ist ein Angebot, bei dem beide Seiten aufeinander zugehen müssen. Wenn das geschieht, sind wir auf dem richtigen Weg.
Deswegen stellen wir in unserem Antrag, anknüpfend an unsere vielen Vorstöße im Bayerischen Landtag, vier Komplexe besonders heraus. Das ist die Teilhabe am öffentlichen und staatlichen Leben, als zweiter Komplex Sprachkompetenz und Bildung, der dritte Komplex ist berufliche Ausbildung und Arbeit, und der vierte Komplex ist soziale Integration. Wir meinen, dass im Freistaat Bayern viel zu wenig Angebote gemacht werden. Es nützt uns wenig, Herr Merkl, wenn von den Ministerien zwei dicke Berichte gemacht werden. Es zählen vielmehr die Taten. Wenn man es mit Integration erst meint, dann braucht man jemanden, der die Vorschläge umsetzt.
Ich habe Mitleid mit den engagierten zwei bis drei Mitarbeitern im Sozialministerium, die in der Abteilung mit der tollen Bezeichnung „Referat Gesellschaftspolitik, Koordinierung Ausländerintegration, Bekämpfung der illegalen Beschäftigung“ arbeiten. Allein aus der Bandbreite des Aufgabengebietes kann man erkennen, wie überfordert die Leute sind. Die Tatsache, dass der Etat für dieses Referat lediglich etwas mehr als zwei Millionen e im Jahr beträgt, zeigt, wie „ernst“ die Sache genommen wird. Wenn wir uns darauf verständigen, dort zu helfen, dann wäre das Ganze glaubwürdiger.
Soviel zu dem Inhalt unserer Anträge. Wir meinen, dass das sehr viel wirkungsvoller sein könnte als ein Gesetz, dessen Verzahnung mit dem Bundesintegrationsgesetz auch nicht optimal gestaltet ist. Liebe Frau Köhler, Ihr Gesetzentwurf hat 16 Paragraphen.