Bei Helmut Kohl ist weder ein Betrug noch ein organisierter Strafrechtsbruch nachgewiesen worden. Das war nur die Diskussion über die Bekanntgabe von Spendernamen. Das ist eine „kleine Laus“ gegenüber dem „Elefanten“ in Nordrhein-Westfalen.
(Beifall bei der CSU – Frau Biedefeld (SPD): Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen!)
Die Verschärfung in einer Auseinandersetzung, die über ein völlig anderes Thema geführt wird, müssen Sie sich bitte ins eigene Stammbuch schreiben. Ich habe damit kein Problem. Die CSU ist nicht durch Vorwürfe auffällig geworden, die Herr Prof. Dr. Gantzer gegen unsere Stadträte erhoben hat, von deren Tätigkeit wir nichts wussten. Sie legen Maßstäbe fest, die Herrn Müntefering zwingen würden, jede parlamentarische Tätigkeit aufzugeben. Sie legen diese Maßstäbe fest, nicht wir.
Wir haben ausdrücklich gesagt: Wenn jemand einen Fehler begeht und sich herausstellen sollte, dass dieser Fehler zu Recht angeklagt worden ist, hat diese Person in der CSU nichts verloren. Herr Aechtner ist dem mit seinem Austritt zuvorgekommen. Bei dem zweiten Stadtrat werden sich die Dachauer ebenfalls angemessen verhalten. Wir gehen davon aus, dass diese Entscheidung an der richtigen Stelle getroffen wird, wenn der Rechtsstaat dafür die Möglichkeit gibt. Sie wollen uns zwingen, den Rechtsstaat auszuklinken und fordern eine Entscheidung ohne den Rechtsstaat. Das kennzeichnet Ihre Politik.
Herr Kollege Maget, Sie haben sich in den letzten vier Wochen mit uns zusammen über einen Mann aufgeregt, der die Tatsache, dass er einen Menschen nicht mag, dafür genutzt hat, Verallgemeinerungen zu formulieren. Er hat die Fehler eines Einzelnen auf eine Partei, auf Personen, auf Ämter und auf Vorstände hochgerechnet. Sie haben dieses Verfahren im Fall „Möllemann“ zurückgewiesen. Bei der CSU muss der gleiche Maßstab angelegt werden. In unserem Lande gibt es Menschen, die nicht wissen, wo die Grenzen sind. Diese Menschen erleben heute eine SPD-Fraktion und eine Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, die von uns verlangen, den Rechtsstaat zu brechen. Wenn wir dies nicht täten, wären wir „Paten“ und organisierte Kriminelle.
(Beifall bei der CSU – Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist beschämend! – Frau Biedefeld (SPD): Das wollen die Saubermacher sein! – Maget (SPD): Ich würde mich schämen!)
Wer solche Forderungen in die Diskussion bringt, hat das Recht verspielt, bei einer anderen Diskussion seriöse Maßstäbe zu setzen.
Meine sehr geehrten Damen, meine Herren! Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt. Zu beiden Dringlichkeitsanträgen wurden namentliche Abstimmungen beantragt.
Zunächst lasse ich über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN betreffend „Wiederholung der Kommunalwahlen und Oberbürgermeisterstichwahlen in Dachau – Nachbesserung des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes“, Drucksache 14/9665, abstimmen. Es wurde beantragt, über die Nummern 1 und 2 getrennt in namentlicher Abstimmung abzustimmen. Die Antragsteller sind mit der getrennten Abstimmung einverstanden. Ich lasse deshalb zunächst über die Nummer 1 namentlich abstimmen. Für die Stimmabgabe sind die entsprechend gekennzeichneten Urnen bereitgestellt. Die Ja-Urne steht auf der Oppositionsseite, die Nein-Urne ist auf der Seite der CSU-Fraktion aufgestellt. Die Urne für die Stimmenthaltungen befindet sich auf dem Stenografentisch. Mit der Stimmabgabe kann nun begonnen werden. Hierfür stehen fünf Minuten zur Verfügung.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Abstimmungsergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt. Ich werde das Ergebnis später bekannt geben. Zwischenzeitlich führen wir die namentliche Abstimmung zur Nummer 2 des Dringlichkeitsantrages der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN durch. Bei dieser Abstimmung befinden sich auf beiden Seiten des Plenarsaals Ja-Urnen. Für die Nein-Stimmen und die Enthaltungen ist je eine Urne auf dem Stenografentisch bereitgestellt. Mit der Stimmabgabe kann nun begonnen werden. Hierfür stehen wiederum fünf Minuten zur Verfügung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Abstimmergebnis wird wiederum außerhalb des Plenarsaals ermittelt und später bekannt gegeben.
Wir kommen jetzt zur namentlichen Abstimmung über den nachgezogenen Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion betreffend „Vorkommnisse bei den Kommunalwahlen in Bayern“, Drucksache 14/9678. Die Urnen sind wie bei der vorhergehenden Abstimmung aufgestellt: zwei Ja-Urnen bei den Türen, je eine Urne für Nein-Stimmen und Enthaltungen auf dem Stenografentisch. Mit der Stimmabgabe kann begonnen werden. Wir haben dafür wiederum fünf Minuten.
Die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Abstimmergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt und nachher gemeinsam mit den anderen Ergebnissen bekannt gegeben.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Glück, Loscher-Frühwald, Ranner und anderer und Fraktion (CSU)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Christine Stahl, Dr. Dürr, Elisabeth Köhler und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CSU-Fraktion hat einen Dringlichkeitsantrag eingebracht, weil wir damit auf die Lücken und die Versäumnisse, die es bei den Meldepflichten im Lebensmittelbereich gibt, aufmerksam machen möchten.
Darüber hinaus ist es notwendig, darauf hinzuweisen, wie verantwortungslos die zuständige Ministerin, Frau Künast, mit dem Problem Nitrofen umgegangen ist und immer noch umgeht.
Frau Künast hat mit ihrem Verhalten der Landwirtschaft in Deutschland, und zwar nicht nur der Öko-Landwirtschaft, sondern der Landwirtschaft insgesamt, schweren Schaden zugefügt. Ich fordere Frau Künast auf, für den wirtschaftlichen Schaden, der in die Millionenhöhe geht, die Verantwortung zu übernehmen und zu haften. Ich denke, mit pauschalen Schuldzuweisungen an alle anderen ist den betroffenen Landwirten und Landwirtsfamilien nicht geholfen. Ich meine, Aufklärung muss vor Schuldzuweisungen gehen. Ich fordere Frau Künast auf, endlich einmal zur Aufklärung beizutragen.
Es kann nicht sein, dass Einrichtungen, die dem Bundesministerium unterstehen, eindeutige Untersuchungsergebnisse nicht weitergeben. Ich darf hier aus der „Wirtschaftswoche“ vom 06. Juni zitieren. Unter der Überschrift „Giftige Reaktionen“ war zu lesen:
Für den jüngsten Giftweizenskandal trägt Künast selbst die Verantwortung. Dass Testergebnisse wochenlang in nachgeordneten Behörden oder privaten Labors liegen blieben, ist darauf zurückzuführen, dass Künast es versäumt hat, entsprechende Kontroll- und Kommunikationsstrukturen in ihrem Hause einzurichten.
Die Liste ließe sich fortführen: Ihr Bio-Siegel, mit Millionenaufwand werbetechnisch gepuscht, entspricht lediglich der EU-Norm, wäre also nicht notwendig gewesen.
Mit Vehemenz rückt gleichzeitig gut drei Monate vor der Wahl die Frage auf die politische Agenda, was die Ministerin in den vergangenen eineinhalb Jahren eigentlich erreicht hat. Die Antwort: wenig. Weder kann von einer Agrarwende gesprochen werden noch war die Ministerin zu sehen, wenn tatsächlich Verbraucherthemen die politische Agenda bestimmten.
Dem, was hier berichtet wird, braucht man eigentlich wenig hinzuzufügen. Wenn Frau Künast selbst sagt, die Strukturen in ihrem Haus und den nachgeordneten Behörden seien genauso geblieben wie vor der BSEKrise, kann man nur feststellen, dass die Erneuerung des Verbraucherschutzes, den ja alle wollen, mit der Ministerin Künast nicht zu machen ist und auch nicht gelungen ist. Nach den Erfahrungen mit BSE ist der Vor
gang um Nitrofen-verseuchtes Futter, vor allem der Umgang mit diesem Thema, ein Armutszeugnis der Verbraucherschutzpolitik der Bundesregierung. Frau Künast erklärt jeden Tag, der Skandal sei aufgeklärt. Aber jeden Tag gibt es neue Erkenntnisse und neue Meldungen.
Das Verhalten von Frau Künast muss man vor allem vor dem Hintergrund sehen, dass grüne Europaparlamentarier im Verein mit der WDR-Sendung „plusminus“ noch vor wenigen Wochen versuchten, einen Futtermittelskandal auszulösen. Was haben sie gemacht? Sie haben Tiermehl ins Futter gemischt. Man wollte damit in erster Linie die konventionelle Landwirtschaft an den Pranger stellen. Es gab daraufhin in verschiedenen Zeitungen viele Leserbriefe. Einen Leserbrief, der in meiner Heimatzeitung erschienen ist, möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. Ein Landwirt schreibt dort unter der Überschrift: „Unglaublich, aber wahr“:
Bündnis 90/Die Grünen im abgekarteten Spiel mit dem öffentlich-rechtlichen Westdeutschen Rundfunk. Was sich diese geleistet haben, ist an Widerlichkeit und vorsätzlichem Betrug an der deutschen Landwirtschaft nicht zu überbieten. Diese Betrügergemeinschaft hat Futtermittelproben absichtlich mit Tiermehl versetzt, in der großen Hoffnung, einen erneuten Lebensmittelskandal bewusst zu produzieren, um Künast und den Grünen zu helfen in der Wählergunst, denn angesichts der miserablen Umfrageergebnisse im Hinblick auf die Bundestagswahlen kann ihnen nur noch ein handfester Ernährungsskandal die notwendigen Stimmen bringen.
Er schreibt weiter – er macht seiner Meinung hier gründlich Luft –, dass der Schuss gründlich nach hinten losgegangen sei und die Behörden angesichts der Laborergebnisse schneller als Baringdorf lieb gewesen sei, die betroffenen Betriebe, darunter den eigenen, sperren und räumen lassen wollten. Damit hatten Baringdorf und der WDR offensichtlich nicht gerechnet. – Ich kann Ihnen das Material gerne geben. Sie können es dann nachlesen. Das ist die Stimmung und die Meinung in der Landwirtschaft über das, was hier passiert ist.
Auch wenn es bei Nitrofen in erster Linie um Öko-Produkte geht, ist eine rasche und umfassende Aufklärung sowie Information der Verbraucher unabdingbar.
Passen Sie einmal gut auf, Frau Stahl. Es gibt hier nämlich Handlungsbedarf. Es wäre vielleicht ganz gut, wenn Sie Ihren Einfluss auf Frau Künast geltend machen könnten, dass sie endlich etwas tut. Sie hat nämlich aus dem von-Wedel-Bericht nichts gelernt und nichts unternommen.
In einer Pressemitteilung über die der Ministerin unterstellte Bundesanstalt für Fleischforschung heißt es: