Protocol of the Session on April 9, 2002

(Dr. Kaiser (SPD): Das stimmt!)

Ministerpräsident Stoiber hat nie für sich in Anspruch genommen, dass er das Schicksal einzelner Unternehmen steuern wolle, während Bundeskanzler Schröder dies bei Holzmann und anderen Gelegenheiten groß an seine Fahne geheftet hat und sich hat feiern lassen. Sowohl für die Wirtschaftspolitik des Bundeskanzlers – –

(Dr. Kaiser (SPD): Wirtschaftsminister Dr. Wiesheu macht das auch, siehe Maxhütte!)

Nein, keiner hat dies gesagt. Wirtschaftsminister Dr. Wiesheu hat viel zur Rettung von Arbeitsplätzen beigetragen.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Das ist natürlich etwas ganz anderes! – Weitere Zurufe von der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich sehe ein, dass bei einigen die Aufmerksamkeit nachlässt. Man sollte dann besser den Mund halten und nachdenken als immer nur dazwischenzureden.

(Zuruf des Abgeordneten Maget (SPD))

Ich will nur eines deutlich machen: Die Qualität der Wirtschaftspolitik, egal ob von Bundeskanzler Schröder, einem Ministerpräsidenten der SPD, von unserem Ministerpräsidenten oder von anderen, misst sich letztlich an der Gesamtentwicklung in diesem Land und nicht an einzelnen Firmenschicksalen. Im Auf und Ab des Wettbewerbs und des Marktes wird es immer die eine oder die andere Entwicklung geben.

Da Sie das Thema spielen wollen, greife ich es auf. Für die Wirtschaftskompetenz des bayerischen Ministerpräsidenten spricht, wenn man die Arbeitsmarktzahlen heranzieht, die gerade veröffentlicht worden sind, dass wir im März 2002 im Bundesgebiet 8% Arbeitslosigkeit haben, in Nordrhein-Westfalen 9,2%, in Niedersachsen 9,6 und in Bayern 6,4. Nur ein Bundesland hat eine günstigere Zahl. Das ist das unionsregierte Baden-Württemberg.

Meine Damen und Herren, hinzu kommt, dass Bayern in sechs der acht zurückliegenden Jahre die niedrigste Arbeitslosenquote in ganz Deutschland gehabt hat. In zwei von den acht zurückliegenden Jahren hatte Bayern nach Baden-Württemberg die zweitniedrigste Arbeitslosenquote. Das heißt, in den zurückliegenden acht Jahren war Bayern sechsmal an erster und zweimal an zweiter Stelle. Dies ist einer von mehreren Belegen, die

ich nennen könnte, um die Wirtschaftskompetenz unseres Ministerpräsidenten und dieser Regierung zu belegen. Deshalb sollten Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, erst einmal schauen, wie Sie solche Ergebnisse dort erzielen, wo Sie regieren, bevor Sie die Wirtschaftskompetenz unserer Regierung in Bayern bestreiten wollen.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, einen besonders logischen Beitrag zur Frage der Wirtschaftskompetenz möchte ich Ihnen aber nicht vorenthalten. Im „Straubinger Tagblatt“ vom 05.04.2002 war zu lesen, dass Herr Kollege Hoderlein – seinem Herrn und Meister Schröder entsprechend – für die ruhige Hand gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern und für eine schnelle Hand gegenüber den Profispielern ist. Ich muss hinzufügen, Herr Hoderlein ist ein entschiedener Verfechter für die Unterstützung der Profivereine. In dieser Frage hat er eine andere Meinung als Herr Maget. Ich selbst vertrete auch Herrn Magets Position. Die Pluralität innerhalb einer Partei ist selbstverständlich legitim.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CSU – Zurufe von Abgeordneten der SPD)

In Bezug auf die Logik offenbart Herr Hoderlein in diesem Zeitungsartikel eine erstaunlich ökonomische Kompetenz. Ich zitiere:

Das eigentliche Problem sind (aber) nicht die Spielergehälter, sondern dass Kirch durch eine zweifelhafte Kreditgewährung seitens der Bayerischen Landesbank überhaupt in die Lage versetzt wurde, solche Verträge abzuschließen.

(Heiterkeit bei der CSU)

Wenn die Verhältnisse bei Kirch durch die öffentlichrechtliche Bank etwas kritischer überprüft worden wären, dann hätte er auch gegenüber den öffentlich-rechtlichen Anstalten beim Erwerb der Fußballrechte nicht so hoch pokern können. Das ist des Pudels Kern.

Diese armen Vereine, die aufgrund dessen in die schwierige Situation versetzt wurden – so Ihre Interpretation –, über ihre Verhältnisse zu leben.

(Hoderlein (SPD): Ohne dieses Geld hätte Kirch die ARD nicht ausbooten können!)

Und dann kommt folgende Formulierung, Herr Hoderlein.

(Zuruf des Abgeordneten Hoderlein (SPD))

Das ändert doch nichts an der Eigenverantwortung der Vereine. Was ist das für eine dumme Erklärung im Hinblick auf die Kompetenz der Vereine und für den ganzen Profisport, wenn Sie sagen, man könne den Vereinen nichts vorwerfen, nachdem sie so viel Geld bekommen haben. Herr Hoderlein, wo leben Sie eigentlich?

(Hoderlein (SPD): Ihr habt öffentlich-rechtliches Geld genommen und – –)

Herr Hoderlein, Zwischenrufe sind zulässig. Herr Glück kann aber nicht gleichzeitig reden und Ihnen zuhören, wenn Sie so lange Zwischenrufe machen.

(Beifall bei der CSU)

Danke, Herr Präsident. Herr Hoderlein, nach dieser Logik sind dann nur diejenigen zu kritisieren, die Kredite von der Bayerischen Landesbank bekommen haben. Für die anderen zwei Drittel gilt das dann nicht? Das bedeutet doch, dass Sie der ganze Sachverhalt gar nicht interessiert. Sie haben nur insofern Interesse, als Sie hoffen, hier politisch etwas abladen zu können.

(Beifall bei der CSU)

Sie haben eine Formulierung gebraucht, Herr Hoderlein, für die Sie nachher den Beweis antreten müssen, denn Sie sind als Redner gemeldet. Für den Fall, dass Sie hier keinen Beweis vorlegen können, sage ich bereits vorweg: Sie betreiben Rufmord.

(Zuruf des Abgeordneten Schindler (SPD))

Auf die Frage, was im Falle einer Insolvenz wäre – das Interview fand noch vor dem Insolvenzantrag statt –, sagten Sie, zunächst gebe es noch einen riesigen Erklärungsbedarf für Ministerpräsident Stoiber und seine Minister. Und dann sagten Sie – und jetzt kommt es –, Ministerpräsident Stoiber und seine Minister müssten rechtfertigen, warum durch ihren Druck die Kreditbereitschaft der Bayerischen Landesbank derart gesteigert wurde.

(Unruhe und Lachen bei der CSU)

Also Herr Hoderlein, entweder Sie beweisen, dass hier Druck ausgeübt wurde oder, wenn Sie dies nicht können, dann sage ich, Sie betreiben Rufmord.

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Was die Frage eines eventuellen Engagements ausländischer Investoren betrifft, schließe ich mich weitgehend der Position von Herrn Maget an. Ich sehe keine Grundlage für diese Schreckensszenarien, die an die Wand gemalt werden. Man kann sich den einen mehr und den anderen weniger wünschen.

(Maget (SPD): Sehr viel weniger!)

Nach dem Rundfunkstaatsvertrag haben wir eine Regelung, wonach kein Veranstalter einen höheren Anteil als 30% der Zuschauerquote haben darf. Die momentane Verteilung sieht folgendermaßen aus: laut der Zahlen vom Januar haben die öffentlich-rechtlichen Anstalten zirka 44%, die RTL-Gruppe etwa 25% und die KirchGruppe zirka 24%. Wenn nun, durch welche Investoren auch immer, die jetzige Kirch-Gruppe einen Anteil von mehr als 30% erreichen würde, dann griffen die Sanktio

nen des Rundfunkstaatsvertrages. Deshalb wird es keinem Investor, wer es auch sein mag, möglich sein, einen größeren Marktanteil zu bekommen. Man wird Investoren brauchen, und es ist gut, wenn diese in Deutschland zu finden sind.

Über eines aber, meine Damen und Herren, müssen wir im Klartext reden: Es geht nicht, dass man sagt, es müsse alles getan werden, um möglichst alle Arbeitsplätze zur retten, und gleichzeitig ausländische Investoren diskriminiert. Was wäre denn, wenn keine deutschen Investoren vorhanden wären, die auch über die unternehmerischen Kapazitäten und über die notwendige Fachkapazität verfügen? Die Banken, die die Situation im Moment aufgefangen haben, haben das fachliche Know-how zur Führung einer solchen Konzerns nicht. Deshalb wird man unter Umständen einkalkulieren müssen, dass man, wenn nicht genügend inländische Investoren in einem Verbund vorhanden sind, auf ausländische Investoren zurückgreifen muss. Für alle Investoren, gleichgültig, ob aus dem In- oder Ausland, gilt, sie müssen sich an diese Gesetzgebung halten. Deshalb ist es unsinnig, hier ein Schreckenszenario auszumalen. Wir alle sollten damit rational umgehen.

Ich gehe davon aus, dass wir in diesem Kreis in Fragen der Qualität eine relativ hohe Übereinstimmung haben. Wobei die Qualität selbst immer subjektiv zu bewerten ist. In der öffentlichen Debatte registriere ich aber viel Zwiespältigkeit, um nicht zu sagen Verlogenheit. Das sage ich nicht von jedem, der sich hierzu zu Wort meldet. Im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks gibt es aber immer wieder die Situation, dass uns berichtet wird, die höchsten Einschaltquoten sind bei den Krimis zu verzeichnen, wo am meisten Gewalt gezeigt wird. Ich habe in den letzten Tagen eine interessante persönliche Erfahrung gemacht. Frau Kollegin Kellner, auf eine entsprechende Anfrage der Sendung „Report Baden Baden“ habe ich mich zur Überlegung von Herr Kofler geäußert, Pay-TV durch Pornografie im Programm wettbewerbsfähig zu sanieren. Ich habe das entschieden abgelehnt.

(Starzmann (SPD): Das wird aber kommen!)

Herr Starzmann, hierfür müsste man erst einmal die Gesetzgebung ändern. Es ist nicht wahr, dass das einfach so geht. Nach der heutigen Gesetzgebung wäre es gar nicht möglich. Ich möchte aber auf die Reaktionen hinweisen, die sehr interessant waren. Etwa die Hälfte war Zustimmung, die andere Hälfte aber hat gesagt: Was wir anschauen, wollen wir selbst entscheiden.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Lauter Männer! – Maget (SPD): Überwiegend Männer, da hat sie Recht! – Widerspruch bei der CSU)

Frau Kollegin, wir wollen keine Geschlechter-Debatte beginnen. Tatsache ist leider, dass wir in diesen Debatten sehr viel Unehrlichkeit haben. Letzten Endes wird im Zeitalter der Satelliten die nationale Gesetzgebung aber immer weniger Bedeutung haben, denn man kann die entsprechenden Sendungen aus dem Ausland empfangen.

Ich möchte noch eine Anmerkung zu dem machen, was der Ministerpräsident zur Bedeutung des unternehmerischen Engagements von Herrn Kirch für die Gesamtentwicklung gesagt hat. Wenn es Kirch nicht gegeben hätte – und ich füge hinzu, wenn nicht der damalige Leiter der Staatskanzlei Edmund Stoiber und der damalige Fraktionsvorsitzende der CSU Gerold Tandler, der ihn dabei stark unterstützt hat, die Entwicklung so stark vorangetrieben hätten –, dann hätten wir wahrscheinlich die österreichische Lösung bekommen. Das sage ich, obgleich es damals in unserer eigenen Fraktion eine großes Skepsis gegeben hat, und ich war bei den Skeptikern.

Das heißt, man kann alle Programme empfangen, hat aber im eigenen Land keine Chance der Steuerung durch eigene Gesetzgebung; dann wäre es vom Ausland entsprechend abgestrahlt worden.

Zum Schluss eine Anmerkung zu den Anträgen. Das, was im Rahmen einer Landtagsdebatte auch zu den von Ihnen gestellten Fragen gesagt werden konnte, ist gesagt worden.

Frau Kellner, eines geht sicher nicht, nämlich die hochsensiblen Fragen von Investitionen, von Unternehmensstrukturen usw. in Sitzungen des Bayerischen Landtags zu beraten, wenn man die Sorge um die Arbeitsplätze und die Zukunft des Unternehmens ernst nimmt; denn erstens haben wir dafür keine Zuständigkeit, zweitens wäre es die schlechteste Konstellation, um das Bestmögliche wirklich zu erreichen. Deswegen sind wir der Überzeugung, dass es nicht Sache des Bayerischen Landtags ist, sich in den nächsten Wochen in die Fragen der künftigen Unternehmensstruktur einzumischen; da können wir nur Schaden anrichten.

Wir werden sicher zu einem späteren Zeitpunkt, den heute niemand benennen kann, wiederum die Staatsregierung befragen – dies ist das Recht des Parlaments – oder im Hinblick auf das weitere Engagement der Landesbank in dem jetzt anlaufenden Prozess Forderungen stellen können. Aber eine aktive Beteiligung des Landtags an den jetzt anstehenden Dingen liegt nicht in unserer Zuständigkeit, ist rechtlich nicht möglich und wäre darüber hinaus das Schädlichste, was man in der Situation tun könnte. Deswegen plädiere ich namens meiner Fraktion für die Ablehnung Ihrer beiden Anträge. Ziffer zwei unseres Antrags ist erledigt. Ansonsten bitte ich um Zustimmung.

Herr Maget, lassen Sie mich zu dem einen Punkt, bei dem wir übereinstimmen, sagen: Der Medienstandort Bayern hat eine zu gute Zukunft, weil die Staatsregierung vor Jahren die Weichen richtig gestellt hat.