Protocol of the Session on April 9, 2002

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hof- mann (CSU): Fünf Prozent haben Sie!)

Jetzt beruhigen Sie sich doch! Herr Hofmann, Sie wissen, es kommt nicht auf die Prozent an, sondern auf den Inhalt und die Qualität.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CSU)

Bei der Aufarbeitung des Kirch-Desasters verfolgen wir GRÜNE drei Ziele. Erstens, Rettung möglichst vieler Arbeitsplätze,

(Zurufe von der CSU)

zweitens, Schadensbegrenzung für die Landesbank und damit für den Steuerzahler,

(Ach (CSU): Dann stimmen Sie unserem Dringlichkeitsantrag zu!)

und drittens, Klärung der Verantwortlichkeiten bei der Staatsregierung. Genau in dieser Reihenfolge wollen wir das gesehen haben, weil Herr Glück hier immer versucht, uns Populismus unterzuschieben.

(Ach (CSU): Was halt stimmt!)

Nein, es stimmt nicht, Herr Kollege Ach. Das habe ich hinlänglich durch viele Anfragen und Anträge bewiesen.

(Ach (CSU): Ich spreche von heute!)

Wir lehnen keineswegs Wirtschaftsförderung im Bereich der Medien- und Standortpolitik grundsätzlich ab, wie Sie uns immer unterstellen wollen.

(Zuruf des Abgeordneten Hölzl (CSU))

Wir wollen aber wissen, nach welchen Kriterien hier gefördert wurde und welche Maßstäbe an den Kreditnehmer angelegt wurden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Fragen Sie doch einmal, wie es den kleinen Handwerkern, den kleinen Unternehmern und auch den Häuslebauern geht, wenn sie einen Kredit brauchen. Es ist doch gerade das Problem bei uns, dass die Handwerker

kaum mehr an Kredite kommen, weil von ihnen Sicherheiten verlangt werden, die sie einfach nicht vorweisen können.

(Willi Müller (CSU): Klassenkampf ist das!)

Sie messen mit unterschiedlichen Maßstäben. Hier wurde maßlos gehandelt, weil es um einen befreundeten Unternehmer ging. So was heißt auf bayerisch „Spezlwirtschaft“.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abgeordneten Ach (CSU))

Herr Kollege Ach, ich bin gewöhnt, das hier mit Beweisen zu unterlegen; das ist ja selbstverständlich. Herr Huber, nachdem die Kredite an die Kirch-Gruppe nicht im Rahmen des öffentlichen Auftrags der BLB vergeben wurden, wie mir der Finanzminister antwortete, wird doch Ihre Aktivität in Sachen Formel-1-Kredit erst recht fragwürdig, da Sie zum Cheftelefonierer des Freistaates Bayern geworden sind, nur um für Kirch einen Kredit aufzutreiben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Glück – er kommt gerade zum passenden Zeitpunkt –, ich halte es wirklich für bemerkenswert, wie Sie in den letzten Tagen mit dem Finger auf die Opposition gezeigt haben, als ob wir an dieser Pleite schuld gewesen wären.

Wer hat denn nicht auf uns gehört, als wir vor Monopolstrukturen und verantwortungslosen Krediten gewarnt haben? Sie von der CSU-Fraktion waren hier doch beratungsresistent.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer hat sich denn einer Diskussion über die Neuausrichtung der Medienpolitik verweigert? Wieder waren es Sie von der CSU-Fraktion. Jetzt sind Sie, Herr Glück, sogar dazu bereit, Pornos am Nachmittag zu schlucken, um Premiere zu retten, nachdem Sie jahrelang Vorkämpfer für die saubere Leinwand waren.

(Glück (CSU): Wo haben Sie denn das her?)

Was tun Sie jetzt gegen diese Entwicklung? Stellen Sie doch Bedingungen. Ich erwarte von Ihnen schon etwas Engagement, Herr Glück.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Glück (CSU): Wir hatten doch immer Erfolg mit unserer Medienpolitik.)

Herr Glück, Sie hatten doch darauf gehofft, Sie könnten die Probleme bis nach der Bundestagswahl aussitzen. Das war Ihre stille Hoffnung. Nichts haben Ihnen aber Ihre heimlichen Gebete geholfen. Jetzt ist die Stunde der Wahrheit gekommen. Wenn etwas so schief läuft und so gewaltig in den Graben geht wie hier, dann muss schnell die Notbremse gezogen werden. Dazu waren Sie aber noch vor Weihnachten nicht bereit. Wir, die Grüne Fraktion, haben immer darauf hingewiesen, dass etwas

geschehen muss. Wir haben versucht, Sie zum Handeln zu drängen. Der Hebel dabei war natürlich die Landesbank, weil wir gesehen haben, dass auf diesem Gebiet gutes Geld verbraten wird.

Jetzt sehen wir ja die Folgen. Der neue Geschäftsführer van Betteray und auch Herr Hartmann von der Commerzbank haben gestern gesagt, wir hätten zwölf Monate Zeit gebraucht, um tragfähige Lösungen zu erarbeiten. Sie von der CSU-Fraktion aber haben alles laufen lassen, weil Sie immer noch die unbestimmte Hoffnung auf eine Rettung gehabt haben. Ich weiß nicht, woher die Rettung hätte kommen sollen. – Wahrscheinlich vom Himmel. Sie haben versucht, die Probleme zu verdrängen, und damit haben Sie dazu beigetragen, dass jetzt das Insolvenzverfahren eröffnet werden musste.

Es ist doch klar – das können Sie gar nicht bestreiten –, dass gute tragfähige Lösungen Zeit brauchen, vor allem dann, wenn ein Konzern so verschachtelt ist wie der Kirch-Konzern. Herr Hartmann von der Commerzbank hat gestern zutreffend gesagt, es wäre schön gewesen, wenn der Umsatz so schnell gewachsen wäre wie neue Gesellschaften gegründet wurden. Das trifft den Nagel auf den Kopf. Bei diesem Konzern ist der Überblick verloren gegangen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir denken wahrlich an die Arbeitsplätze. Wir denken auch an die Menschen, die seit Monaten die Unsicherheiten mittragen müssen. Gerade deshalb war es uns ein Anliegen, dass es schnell zu einer Lösung der Probleme kommt und dass keine Hängepartie daraus wird. Für uns Grüne kommen nur saubere, tragfähige und zukunftsweisende Lösungen in Frage. Dazu aber müssen dieser unüberschaubar gewordene Kirch-Konzern entflochten und Transparenz hergestellt werden. Einer Strohfeuerlösung, die Ihnen gerade noch über die Bundestagswahl hinweg hilft, werden wir nicht zustimmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für uns ist es wichtig, dass auch die Beschäftigten in die Lösungskonzepte mit einbezogen werden, denn sie verfügen über Know-how und Erfahrung.

(Zwischenruf des Abg. Hölzl (CSU)

Herr Hölzl, Sie brauchen hier gar nichts zu sagen. Von allen Rednern, auch von Ihrer Staatsregierung, wurde hier das hohe Engagement der Beschäftigten angesprochen. Davon haben sie jetzt erst einmal nichts. Sehen Sie deshalb zu, dass die Beschäftigten an den Lösungskonzepten beteiligt werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun noch einmal zu Ihnen, Herr Ministerpräsident. Nachdem die Medienpolitik 1998 Chefsache geworden ist, tragen natürlich Sie im Besonderen, aber auch Ihr Medienminister Huber und genauso Ihr Finanzminister Prof. Dr. Faltlhauser als stellvertretender Vorsitzender

des Verwaltungsrates und des Kreditausschusses der Bayerischen Landesbank eine besondere Verantwortung. Die Bayerische Staatsregierung – das bestreiten Sie ja auch gar nicht – hat ihre Medienpolitik auf der Kirch-Gruppe aufgebaut. Sie hat die größenwahnsinnigen Expansionspläne von Kirch mit den Krediten der Landesbank unterstützt, ja sogar gefördert.

Herr Huber, ich musste mich schon wundern, als Sie neulich im Fernsehen sagten, Sie hätten mit der Förderung von Kirch nichts zu tun gehabt. Meine Güte! Sie waren doch auch im Verwaltungsrat der Landesbank und haben herumtelefoniert. Aber Sie sagen glatt, Sie hätten damit nichts zu tun gehabt. Haben Sie die Telefonate mit den Banken vielleicht zuhause in Reisbach als Privatmann Huber geführt, weil Sie als Mitglied der Staatsregierung damit nichts zu tun haben wollten? Wie war das denn? Vielleicht geben Sie uns noch eine Erklärung dazu.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es war im Februar des letzten Jahres doch nicht das erste Mal, dass Kirch kurz vor der Pleite stand. Sie, Herr Ministerpräsident Stoiber, haben sich 1999 in Los Angeles schon persönlich darum bemüht, dass Murdoch dem klammen Kirch aus der Patsche hilft. Sie waren doch in die USA gereist und haben sich dafür belobigen lassen, dass Sie sich für den Medienstandort Bayern eingesetzt und Murdoch gewissermaßen an die Angel bekommen haben. Ich weiß zwar nicht, ob Sie auch in der dunklen Limousine oder in der Isetta vorgefahren sind. Das dürfte aber nachrangig sein.

Schon vorher, 1997, musste die LfA einspringen. Das war damals ein großer Skandal. Herr Ministerpräsident, Sie mussten sich sogar vom Skiurlaub aus einschalten und Ihren Wirtschaftsminister stoppen, der – aus meiner Sicht vollkommen unverantwortlich – von der LfA einen Kredit in Höhe von 500 Millionen DM an den Kleinunternehmer Kirch geben wollte. Nachdem dieser Kredit geplatzt ist, musste davon ausgegangen werden, dass die Landesbank einspringt. Herr Huber, Sie waren damals Finanzminister. Wir hatten einen Berichtsantrag gestellt, und Sie haben es im Haushaltsausschuss nicht abgestritten, aber auch nicht zugegeben, dass die Landesbank eingesprungen ist. Sie haben sich vielmehr im Vagen verloren und gesagt, es sei selbstverständlich, dass Sie mit der Kirch-Gruppe in Beziehungen stünden und dass sich die Landesbank engagiere.

So ist der Herr Huber. Er kommt jetzt auch gleich an die Reihe, denn es ist schon bemerkenswert – Herr Glück, Sie kennen ihn ja –, dass Herrn Huber immer etwas einfällt und dass er immer am Platz ist und das Wort ergreift, wenn es etwas zu reden gibt, dass er sich aber genau dann geruhsam hinsitzt und seinen Kollegen zuhört, wenn es um sein Ressort und um seine geliebte Medienpolitik geht, welche ja gerade zu seiner Freude und Erbauung aus dem Wirtschaftsministerium und dem Wissenschaftsministerium in die Staatskanzlei umresortiert wurde.

(Kaul (CSU): Reizen Sie ihn nicht zu sehr, sonst bleibt von Ihnen nichts mehr übrig!)

Das macht mich äußerst misstrauisch. Ich glaube, Ihnen sind die Telefonate wirklich zuviel geworden.

(Beifall und Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN – Kaul (CSU): Ich hätte gerne etwas zum Thema gehört!)