Protocol of the Session on April 9, 2002

Herr Minister Wiesheu, ich habe mit Erstaunen festgestellt, dass Sie heute mit einer gewissen Freude die Suppe ausgelöffelt haben, die Ihnen die Staatskanzlei gekocht hat. Man könnte fast meinen, Sie wollten sich dafür empfehlen, dass Ihnen bei der nächsten Kabinettsbildung die Medienpolitik wieder zugeschlagen wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Staats- minister Dr. Wiesheu (Wirtschaftsministerium): Irrtum!)

Herr Minister, jetzt sagen Sie zwar pflichtschuldigst „Irrtum“, aber ein bisschen freuen würden Sie sich schon, oder? Für Minister Huber war die neue Zuständigkeit in der Tat eine große Verpflichtung. Ohne öffentlichen Auftrag – ich habe Ihnen schon gesagt, der Kirch-Kredit für die Formel 1 wurde nicht im Rahmen eines öffentlichen Auftrags vergeben – bemühte er sich persönlich um einen Kredit für Kirch, nutzte die Verbindungen zur HVB – Hypo-Vereinsbank –, die über die Stiftungen bestehen, und rief das HVB-Vorstandsmitglied Rampl an – meiner Kenntnis nach am 9. Februar letzten Jahres – und versuchte, die HVB mit ins Kredit-Boot zu locken. Aber Herr Rampl konnte der Versuchung widerstehen, und so musste die Landesbank in den sauren Apfel beißen, denn Kirch brauchte das Geld dringend. Die Absage der HVB kam meiner Kenntnis nach – Herr Huber, Sie können das mit Ihrem Taschenkalender vergleichen – am 23. Februar. Am 27. Februar brauchte Kirch das Geld. Sie hatten also keine Zeit für weitere Telefonate.

Herr Minister Huber, von Ihnen als ehemaligem Finanzminister und für die Beteiligungsunternehmen zuständigem Minister hätten wir erwartet, dass Sie sich nicht von persönlicher parteipolitischer Motivation leiten lassen, sondern nach Fakten entscheiden. Es ist eine Verantwortungslosigkeit sondergleichen, eine halbstaatliche Bank zu einem derart hohen Kredit – über eine Milliarde Euro – zu nötigen, wohl wissend, dass alle anderen Geschäftsbanken diesen aus gutem Grund abgelehnt haben. Herr Huber, da ist aus Ihrem „Big Point“ eine „Big Pleite“ geworden. Das war eine Fehleinschätzung. Immerhin haben Sie aber jetzt für sich selbst die Möglichkeit der Risikovorsorge genutzt und die Flucht aus dem Verwaltungsrat der Landesbank angetreten. Womit wir bei der Rolle von Finanzminister Prof. Dr. Faltlhauser angelangt sind.

(Kaul (CSU): Märchenstunde!)

Herr Finanzminister, ich weiß, was ich Ihnen schuldig bin. Es kann doch nicht sein, dass hier eine finanzpolitische Rede gehalten wird und Sie kommen nicht vor. Das wäre fast eine Beleidigung.

(Willi Müller (CSU): Wir sind doch nicht am Nockherberg!)

Herr Finanzminister, Sie sind schließlich einer der Hauptakteure, haben Sie sich doch im September letzten Jahres – der Ministerpräsident wird das dankbar vermerkt haben – als Sündenbock angeboten, indem Sie die volle Verantwortung für den Formel-1-Kredit übernommen haben und auch noch im Brustton der Überzeugung darlegten, dass Sie alle Zahlen kennen. Kein Wunder, Herr Finanzminister, dass die neben Ihnen sitzenden Beamten ganz bleich geworden sind.

Es gibt nun für Sie, Herr Prof. Dr. Faltlhauser, zwei Möglichkeiten, die aber die gleiche Konsequenz nach sich ziehen. Entweder Sie haben tatsächlich alle Zahlen gekannt. Dann haben Sie in unverantwortlicher Weise, geradezu hasardeurhaft, mit dem Geld der Landesbank – sprich: des Steuerzahlers – gespielt. Ich sagen Ihnen auch, warum. Sie haben vorhin einen Teil unserer Fragen, die wir Ihnen zugesandt haben, beantwortet. Sie haben gesagt, dass die Bonität der SLEC ganz gut ist. Die SLEC ist die Verwertungsgesellschaft für die Formel 1. Das Problem ist, dass die SLEC selbst überschuldet ist. Die Erträge sind sehr gering und reichen nach meinem Kenntnisstand kaum oder vielleicht gerade dafür, dass Kirch die Zinsen von dem Betrag zahlen kann, den er für den Einstieg aufgenommen hat. Mit der SLEC ist es also nicht so weit her. Vor allem sind die Gebote für den Formel-1-Anteil momentan nicht besonders hoch, denn alle wollen jetzt ein Geschäft machen. Ecclestone ist nurmehr bereit, maximal die Hälfte von der Summe zu bezahlen, für die der Anteil einst verkauft wurde. Diese Sicherheit ist also nicht berauschend.

Sie haben als Sicherheiten auch Filmrechte angesprochen. Die Filmrechte wurden in der Tat „Pi mal Daumen“ mit 3 Milliarden Euro bewertet. Heutzutage sind sie aber – optimistisch geschätzt – nur noch eine Milliarde Euro wert. Herr Finanzminister, Sie haben uns gesagt, es wurden auch Gutachten von externen Experten abgegeben. Auch aus den Skandalen der letzten Zeit wissen wir aber alle, dass sich auch Gutachter manchmal irren, weil sie zu hoch bewerten. Ich finde, bei so riskanten Sicherheiten wie Filmrechten, deren Wert in hohem Maße vom Markt abhängig ist, muss man eher tiefer stapeln, als Werte hoch ansetzen.

Herr Staatsminister, jetzt kommt der zweite Punkt. – Herr Viertlböck vom Landkreistag hat jetzt anscheinend Pause. Herr Prof. Dr. Faltlhauser, es gibt noch eine zweite Möglichkeit, warum Sie sich von der Staatskanzlei – sprich: vom Ministerpräsidenten und Minister Huber – zu diesem Wahnsinn haben drängen lassen.

(Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser (Finanzministe- rium): Quatsch!)

Sie haben doch selbst gesagt, mir wurde gesagt, da kommt ein Kredit auf dich zu. Wenn Sie sich zu diesem Wahnsinn haben drängen lassen, haben Sie kein Rückgrat gezeigt und zum großen Schaden der Landesbank und der Steuerzahler gehandelt. Sie tragen die Verantwortung für den Formel-1-Kredit, und da hilft Ihnen keine Kabinettsdisziplin heraus. Gerade von Ihnen, Herr Finanzminister, erwarten wir, dass Sie die Landesbank nicht zum Spielball politischer Interessen werden lassen.

Schon im letzten Jahr wussten Sie, dass schwierige Zeiten auf die Landesbanken generell zukommen. Umso mehr wäre Vorsicht bei riskanten Geschäften angesagt gewesen. Wir verübeln Ihnen auch, dass Sie nicht dafür gesorgt haben, dass schneller gehandelt wurde. Für die Landesbank – und das schreiben Sie sich bitte hinter die Ohren – ist es enorm schädlich, wenn sie täglich – und das seit Monaten – in der Presse und den internationalen Medien im Zusammenhang mit Kirch und seiner Pleite auftaucht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dem hätten Sie früher ein Ende machen müssen. Herr Glück, nicht das, was wir getan haben, war schädlich. Wir wollten die Staatsregierung zum Handeln zwingen, damit möglichst bald eine Konsolidierungsphase eintreten kann. Schädlich war Ihr Versuch des Aussitzens.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun zu Wirtschaftsminister Dr. Wiesheu. Auch wenn er seit 1998 nicht mehr für die Medienpolitik zuständig ist, trägt er einen Gutteil der Verantwortung. Erstens war ihm die finanzielle Lage von Kirch, die noch nie gut war, aus dem Jahr 1997 bekannt. Damals gab es nämlich schon ein Gutachten der Credit Suisse First Boston. Dieses Gutachten über die Chancen von DF-1 war vernichtend. Damals hieß es schon, dass Kirch „Knock-out-Preise“ für verschiedene Sportrechte bezahlt hat.

Zweitens ist auch der Wirtschaftsminister Mitglied des Verwaltungsrates und des Kreditausschusses der Landesbank. Das heißt, er hätte seine wirtschaftspolitischen Kenntnisse dort mit großer Ausdauer einbringen können. Er sagt doch immer – wie auch heute –, dass am Markt vorbei nicht agiert werden kann. Das stimmt. Das hätte er im Verwaltungsrat und im Kreditausschuss gleich sagen können; dann hätten wir heute nicht diese Probleme. Der Wirtschaftsminister ist eigentlich bekannt dafür, dass er kurz angebunden ist, barsch agiert und sich hart an den Fakten orientiert, wenn es um Zuschüsse und Überbrückungshilfen geht.

Davon können viele Mittelständler ein Lied singen.

Ich komme nun auf die Auffanglösung zu sprechen: Die gestrige Pressekonferenz zur Insolvenz von Kirch-Media und den Folgen war in gewissem Sinne enttäuschend. Freilich konnte angesichts des verschachtelten und verflochtenen Konzerns auch kein sofort umsetzbarer Lösungsvorschlag erwartet werden. Es geht nun darum, Möglichkeiten zu finden, wie die wirtschaftlichen Bereiche weitergeführt, sanierungsfähige Bereiche saniert und unrentable Bereiche abgestoßen werden können. Auf alle Fälle muss für die Beschäftigten eine Perspektive geboten werden. Wir halten es für dringend erforderlich, die Beschäftigten in die Diskussion um Lösungskonzepte einzubeziehen und ihr Knowhow und ihre Erfahrung zu nutzen.

Da eine Auffanglösung ohne weiteres Kapital nicht möglich sein wird – die Rede ist von 200 Millionen Euro Überbrückungsfinanzierung und 800 Millionen Euro neuem Eigenkapital –, muss hier im Plenum und begleitend in

den Ausschüssen darüber diskutiert werden, wie sich die Landesbank verhalten wird, Herr Finanzminister. Ich nehme an, die Landesbank wird einen Anteil dieser Überbrückungsfinanzierung tragen. Ich möchte wissen, wie es mit einer Beteiligung und dem Zuschießen von Eigenkapital aussieht. Ich finde, dass das hier im Landtagsplenum und in den Ausschüssen auf den Tisch muss. Wir können hier nicht vorschnell Sanierungskonzepten zustimmen. Es könnte uns sonst leicht passieren, – –

(Willi Müller (CSU): Und wenn es den Staat keinen Pfennig kostet?)

Das kostet den Staat schon etwas, Herr Müller, weil wir die Beteiligung haben. Wenn die Landesbank das Eigenkapital nicht mehr hat, dann muss nach dem Kreditwesengesetz der Staat das Eigenkapital aufstocken. Das war in der Vergangenheit schon öfter ein Problem.

Herr Finanzminister, vielleicht können Sie das Herrn Kollegen Müller sagen, dass die Eigenkapitalausstattung der Landesbank schon immer ein Problem war, auch aus anderen Gründen. Wir GRÜNEN möchten darüber Auskunft haben. Es ist klar: Ohne dass eine Entflechtung vorgenommen und Transparenz hergestellt wurde, kann kein neues Geld in die neue Gesellschaft fließen, weil nicht zu übersehen ist, was damit passiert.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben einen Teil der Fragen, die wir Ihnen zugeleitet haben, beantwortet. Die Beantwortung der übrigen Fragen steht noch aus. Ich bitte Sie, das schriftlich zu machen und gegebenenfalls im Haushaltsausschuss zu berichten.

Ich möchte kurz auf den Fußball eingehen, der hier auch immer wieder eine Rolle spielt.

(Zuruf von der SPD)

Es ist ja nicht nur, weil Landshut einen Eishockeyverein hat, der mittlerweile aber auch wegen Geldmangel abgestiegen ist. Als ich noch Stadträtin war, habe ich mich immer dagegen gewehrt, dass der Stadtrat immer so viele Darlehen gegeben hat, weil ich wusste, dass aus dem Darlehen ein Zuschuss werden wird, weil sie es nicht zurückzahlen können.

Es ist und kann keine staatliche Aufgabe sein, die Einnahmen der Fußballbundesliga zu garantieren.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Glück (CSU): Das sieht Herr Hoderlein anders!)

Das ist das Problem von Herrn Hoderlein. Ich habe das Interview in der Landshuter Zeitung gelesen.

Ich spreche hier für die Fraktion der GRÜNEN. Wir sind unisono der Meinung, dass die Finanzierung der Proficlubs auf dem Markt geregelt werden muss. Andere europäische Länder haben hier mittlerweile auch Pro

bleme. Von den Proficlubs wäre auch zu erwarten gewesen, dass sie den Markt beobachten. Dann hätten sie Vorsorge treffen können. Eines ist klar, und das wissen die Verantwortlichen selbst: Die Fernsehrechte sind zu hoch bezahlt.

Den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei KirchMedia ist die große Sorge um die Fußballbundesliga angesichts der eigenen Lage sauer aufgestoßen. Bei Insolvenzen und Unternehmenskrisen wird von den Arbeitnehmern häufig erwartet, dass sie auf Weihnachtsgeld und Lohnanteile verzichten. Dasselbe kann man auch von Fußballspielern erwarten.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN – Willi Mül- ler (CSU): Da gebe ich Ihnen Recht!)

Danke. Deshalb: kein Zuschuss und keine Bürgschaft für die Profiliga.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Prof. Dr. Eykmann (CSU): Das ist zu viel verlangt!)

Doch, Herr Prof. Dr. Eykmann. Jetzt legen Sie noch einen Gang zu. Jetzt geht es wieder um Geld. In diesem Zusammenhang möchten wir auch geklärt haben, warum Gläubigerbanken, also auch die Landesbank, mit Zustimmung der Staatsregierung eine Herauslösung der WM-Fußballrechte aus der Kirch-Media und einer Verlagerung zur Kirch-Sport in der Schweiz zugestimmt haben.

(Glück (CSU): Das ist doch beantwortet!)

Nein, Herr Glück, ich habe genau zugehört. Ich möchte wissen, welchen Vorteil das für die Landesbank bringt. Haben sie sich vertraglich abgesichert, dass es hier Einnahmen gibt? – Das ist für mich und für uns GRÜNE das Entscheidende. Die Antwort, Herr Glück, war nicht ausreichend. Ich habe seit Tagen alles verfolgt, was dazu gesagt wurde.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Willi Müller (CSU): Aber heute haben Sie nicht zugehört!)

Ehrlicherweise muss ich sagen: Am Wochenende habe ich sogar noch im Insolvenzrecht nachgelesen, was Konkursanfechtungen etc. betrifft.

(Brosch (CSU): Haben Sie das verstanden?)

Ich kann verstehen, dass die heutige Sitzung für Sie, von der CSU-Fraktion, nicht sehr angenehm ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Trotzdem müssen wir die gesamte Sachlage erörtern.

Nun noch zu den möglichen Investoren: Es ist klar, dass in einem globalisierten Markt ausländische Investoren nicht ausgeschlossen werden können. Deutsche Unternehmen sind auch im Ausland tätig. Das ist die Normali