Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 85. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt. Hörfunk und Fernsehen des Bayerischen Rundfunks sowie n-tv Berlin übertragen die Erklärungen der Staatsregierung und die Aussprache unmittelbar.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich noch einige Glückwünsche aussprechen. Am 22. März konnten Herr Kollege Dr. Manfred Schuhmann und am 28. März Frau Kollegin Petra Guttenberger einen runden Geburtstag begehen. Heute feiern die Kolleginnen Frau Waltraud Schmidt-Sibeth und Frau Theresa Schopper Geburtstag.
Ich gratuliere den genannten Kolleginnen und dem Kollegen im Namen des Hohen Hauses und auch persönlich. Ich wünsche ihnen alles Gute, besonders Gesundheit und Erfolg bei ihrer parlamentarischen Arbeit.
betreffend „Engagement der Bayerischen Landesbank bei der Kirch-Gruppe und die wirtschaftspolitischen Aspekte“
Kirch und die Folgen für den Medienstandort Bayern und Deutschland sowie für die Bayerische Landesbank (Drucksache 14/9142)
Auswirkungen eines finanziellen Zusammenbruchs der Kirch-Gruppe auf den Freistaat Bayern (Drucksa- che 14/9143)
Auswirkungen der Einleitung eines Insolvenzverfahrens bei Teilen der Kirch-Gruppe auf Arbeitsplätze und den Medienstandort Bayern (Drucksache 14/9149)
Ich freue mich, dass der Herr Ministerpräsident anwesend ist. Ich sage das deswegen, weil sich damit der
Nun erteile ich das Wort dem Staatsminister der Finanzen, Herrn Prof. Dr. Faltlhauser, zur Abgabe seiner Erklärung.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Herbst 2001 habe ich dem Haushaltsausschuss über das Kreditengagement der Bayerischen Landesbank bei der Kirch-Gruppe berichtet. Seitdem habe ich außerdem eine Reihe von Schriftlichen Anfragen zu diesem Thema aus der Mitte des Landtags beantwortet. Die aktuellen Entwicklungen bei der Kirch-Gruppe sind für mich heute Anlass, Sie im Gesamtzusammenhang über dieses Kreditengagement zu informieren.
In der „Welt am Sonntag“ konnten wir vorgestern lesen, dass es Innenminister Schily für „einen Vorgang besonderer Qualität hält, dass sich die Landesbank, die in erster Linie Kredite an den Mittelstand vergeben solle, so tief in das Kirch-Engagement begeben hat“. Hier sitzt der Bundesinnenminister einem Missverständnis besonderer Qualität auf. Die Landesbank ist keine Mittelstandsbank. Die staatliche Förderbank für den Mittelstand ist die „LfA Förderbank Bayern“. Es ist schon bemerkenswert und für den Zustand der Uninformiertheit der bayerischen SPD kennzeichnend, dass ihr Spitzenkandidat für die Bundestagswahl so wenig Ahnung hat.
(Beifall bei der CSU – Unruhe bei der SPD – Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Die Bayerische Landesbank betreibt nach ihren rechtlichen Grundlagen und nach ihrem Selbstverständnis als Universalbank grundsätzlich Bankgeschäfte aller Art – und dies weltweit. Die Begründung zum Landesbankgesetz von 1972 führt aus, dass die Landesbank als Universalbank mit dem Ziel errichtet wurde, die Stellung der Bank und der gesamten Sparkassenorganisation im Groß- und Konsortialkredit zu stärken. Dies entspricht der Regelung bei allen anderen deutschen Landesbanken, die alle als Universalbanken gegründet wurden. Von der Besonderheit ihres öffentlichen Auftrags abgesehen, ist die Landesbank damit wie andere private Banken in dieser Größenordnung tätig. Dass die Banken dabei jeweils unterschiedliche Schwerpunkte setzen, ist selbstverständlich. Die Geschäftsfelder der Landesbank sind dementsprechend weit gestreut. Sie reichen vom Investment Banking und Asset Management über strukturierte Finanzierungen, Immobilienkunden bis hin zu Konzern- und Firmenkunden. Sagen Sie also bitte Herrn Schily: nicht Mittelstandsbank. Da kann man dazulernen.
Zur letzten Gruppe zählt auch das Kreditengagement bei der Kirch-Gruppe. Um ein Verständnis für die Größenordnung zu gewinnen: Das Kirch-Engagement beträgt 0,9% des Konzern-Gesamtkreditvolumens in Höhe von 218 Milliarden e.
Es ist völlig klar: Grundlage jeder Kreditvergabe der Landesbank ist zunächst die betriebswirtschaftliche Prüfung des Engagements. Es ist deshalb nicht so, wie immer unterstellt wird, dass das Motiv für das Engagement der Bayerischen Landesbank bei Kirch vorrangig die Erfüllung eines öffentlichen Auftrags war. Erst recht nicht richtig ist die Behauptung, dass der Landesbank von der Staatsregierung dieses Kreditengagement aufgedrängt worden sei. Die gestrige Behauptung des Bundeskanzlers, von der Landesbank seien wirtschaftspolitisch motivierte Kredite vergeben worden, zeigt: Dem SPD-Vorsitzenden geht es allein um parteipolitisch motivierte Polemik.
Ich betone: Kredite der Bayerischen Landesbank an die Kirch-Gruppe sind nach bankinterner betriebswirtschaftlicher Prüfung im Rahmen des Firmenkundengeschäfts der Bank vergeben worden. Sie wurden und werden damit grundsätzlich nicht anders behandelt als Kredite an andere Unternehmen in ähnlicher Größenordnung.
Selbstverständlich entspricht es dem Selbstverständnis der Bayerischen Landesbank, dass sie besonders in Bayern ansässigen Unternehmen ihre Leistungen anbietet. Damit unterstützt sie entsprechend ihrem Auftrag standortpolitische Interessen des Freistaats Bayern. Ich glaube, das ist in diesem Hause eine Selbstverständlichkeit; wir haben darüber schon wiederholt diskutiert.
Ich muss zunächst eine Anmerkung zum Bankgeheimnis machen: Ich will in dieser Sitzung nicht unter Verweis auf das Bankgeheimnis eine Aufklärung gegenüber dem Parlament verhindern. Ich bin aber an Recht und Gesetz gebunden. Kunden einer Bank müssen auf die Diskretion einer Bank vertrauen können. Dieses Vertrauen auf Diskretion kann ich auch gegenüber dem Parlament nicht verletzen. Wenn allgemein der Eindruck entsteht, dass Kunden der Bayerischen Landesbank nicht auf die von ihr erwartete Diskretion vertrauen können, dann schadet dies dem geschäftlichen Erfolg dieser Bank nachhaltig. Das wollen wir vermeiden. Ich versuche allerdings, in diesem Bericht mit meinen Informationen so weit wie möglich zu gehen.
Die Bayerische Landesbank ist derzeit mit 2,02 Milliarden Euro bei der Kirch-Gruppe engagiert. Die präzise Höhe des Engagements wird durch Wechselkursschwankungen beeinflusst, da der Formel-1-Kredit in US-Dollar ausgereicht wurde. Die Ausreichung von Krediten in Fremdwährung ist übrigens tägliche Praxis auch der Bayerischen Landesbank.
Die Kirch-Gruppe hat sich im Zuge ihres schnellen Wachstums vor drei Jahren in drei rechtlich selbständige Teilkonzerne aufgegliedert, nämlich in die Kirch-Media GmbH & Co. KGaA, die Kirch-Pay-TV-GmbH & Co. KGaA und die Kirch-Beteiligungs GmbH & Co. KG. Die Obergesellschaft dieser Teilkonzerne ist die Taurus-Holding GmbH & Co. KG.
Die Bayerische Landesbank stand erstmals 1973 in geschäftlichen Beziehungen mit der Kirch-Gruppe. Sie hat zu Beginn der Geschäftsbeziehung vor allem Kredite
für Aktivitäten vergeben, die heute im Teilkonzern KirchMedia gebündelt sind. Die Kirch-Media betreibt das Kerngeschäft der Kirch-Gruppe. Das umfasst den Handel mit TV-Lizenzen und den Betrieb des Free-TV.
Ich werde Ihnen zu den wesentlichen Teilen des Kreditengagements der Bayerischen Landesbank der Übersichtlichkeit halber aufgegliedert auf die genannten drei Teilkonzerne berichten:
Zunächst zum Kreditengagement im Zusammenhang mit dem Teilkonzern Kirch-Media: Eine erste wesentliche Ausweitung des Kreditengagements mit der KirchGruppe, die berichtenswert ist, gab es im Herbst 1996, als neben einer Reihe anderer Banken auch die Bayerische Landesbank der Taurus-Film GmbH & Co. KG einen Betriebsmittelkredit in dreistelliger Millionenhöhe einräumte. Die Taurus-Film GmbH & Co. firmiert heute als Kirch-Media KGaA. Im Sommer 1998 wurde dieser Kreditrahmen der Taurus-Film GmbH & Co. KG deutlich erhöht. Auch andere Banken erhöhten zu diesem Zeitpunkt ihre Kreditlinien für die Taurus-Film GmbH & Co. KG.
Dieser Kredit ist im Rahmen eines Sicherheitenpools erstens durch die Verpfändung der Geschäftsanteile der Taurus-Lizenz KG, die Eigentümerin des Free-TV-Filmstocks ist, und zweitens durch die Übereignung von Teilen des Filmstocks besichert. Grundlage der Sicherheitenbeurteilung durch die Landesbank bei der Kreditvergabe war ein unabhängiges Gutachten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zur Bewertung des Filmstocks, das in zweijährigem Turnus aktualisiert wurde. Es handelte sich also nicht um eine alleinige Einschätzung von Bankangestellten. Dieses Gutachten wies bei vorsichtiger Bewertung einen Wert auf, der mehrfach – ich unterstreiche: mehrfach – über der Höhe der damit besicherten Kredite lag.
Ich stelle also fest: Die Bayerische Landesbank hat gemeinsam mit anderen Banken der Kirch-Media Kredite gegeben und ist in gleicher Weise wie diese besichert.
Wenn Bundeskanzler Schröder gestern frei von der Leber weg behauptet hat, die Landesbank habe Kredite vergeben, „deren Absicherung fragwürdig ist“, so beweist er damit nur, dass ihn die Fakten nicht interessieren.
Ich glaube, der Bürger steht solch plumper Wahlkampfpolemik nur kopfschüttelnd gegenüber. Ich kann nur sagen: Armer Kanzler – armes Deutschland!
Ich komme zum Kreditengagement im Zusammenhang mit dem Teilkonzern Kirch-Pay-TV: Mit Vertrag vom 25.03.1999 hat die Kirch-Gruppe von einem Unternehmen der Bertelsmann-Gruppe 45% der Geschäftsanteile
an dem Pay-TV-Sender Premiere erworben. Für den bis zum 30.12.1999 in Raten zu zahlenden Kaufpreis hatte die Kirch-Gruppe vertragsgemäß zugunsten der Verkäuferin eine Bankgarantie zu stellen. Diese Garantie hat die Bayerische Landesbank am 03.05.1999 übernommen. Der Kaufpreis wurde in der Zwischenzeit vollständig bezahlt. Die Garantie der Bayerischen Landesbank für den Kaufpreis ist damit erledigt.
Im weiteren Verlauf des Jahres 1999 beteiligte sich die Bayerische Landesbank in einem Bankenkonsortium maßgeblich an einem Betriebsmittelkredit für KirchPay-TV. Durch die Hereinnahme von Investoren flossen der Kirch-Pay-TV im Sommer 2000 umfangreiche Mittel zu, die es der Gesellschaft ermöglichten, den Kredit vollständig zurückzuzahlen.
Im Herbst 2000 wurde der Kirch-Pay-TV von einem Bankenkonsortium unter Führung der Landesbank im Rahmen eines bereits bestehenden Kreditrahmens – eine erneute Genehmigung durch den Kreditausschuss war nicht erforderlich – ein neuer Kredit zur Betriebsmittelfinanzierung zugesagt. Entscheidende Aspekte für die Kreditausreichung – es handelte sich um eine alleinige Entscheidung des Vorstandes – waren zu diesem Zeitpunkt zum einen die nach dem Einstieg genannter Investoren auf rund 90% erhöhte Eigenkapitalquote, zum anderen ein erheblicher Unternehmenswert, der durch Anteilsverkäufe belegt wurde und schließlich der von einer Marktstudie von Arthur D. Little unterlegte Businessplan, der in Zusammenarbeit mit BSkyB – Sie kennen diese Firma aus den Zeitungen –, der Gesellschaft von Murdoch, erstellt wurde.
Dieser Bankenkonsortialkredit ist zum einen durch die Verpfändung der Geschäftsanteile sämtlicher wesentlicher Gesellschaften des Pay-TV-Bereichs und zum anderen durch die Abtretung und Übereignung von Teilen des Pay-TV-Filmstocks besichert.
Ich stelle also auch im Zusammenhang mit diesem Teilaspekt fest: Die Landesbank hat diesen Kredit in einem Bankenkonsortium vergeben. Sie hat die gleichen Sicherheiten wie die Konsortialpartner. Anderslautende Pressemitteilungen sind schlichtweg falsch.
Drittens. Das Kreditengagement mit dem Teilkonzern Kirch-Beteiligungs GmbH & Co. KG. Im ersten Quartal 2001 hat die Bayerische Landesbank bekanntermaßen einen Kredit in Höhe von einer Milliarde US-Dollar zur Mitfinanzierung der Investitionskosten für den Einstieg der Kirch-Gruppe in die Formel 1 gewährt. Für die KirchGruppe ergab sich damals die Chance zum Einstieg in die Formel 1, da EM.TV aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen war, Anteile an der Formel 1 aufzugeben. Der Einstieg war für Kirch vor allem im Hinblick auf die Verwertung der TV-Lizenzrechte an der Formel 1 von Bedeutung, da diese den Umsatzschwerpunkt des Formel-1-Geschäfts darstellen. Ferner bildete dieser Einstieg einen wichtigen Baustein zur wirtschaftlichen Stabi