Wie hinterwäldlerisch Sie sind, zeigt sich daran, dass Sie immer nur von Teilzeitarbeitsplätzen reden. Wir sind sehr viel weiter. Wir brauchen eine Flexibilisierung der Arbeit für Männer und Frauen. Das streben wir an.
(Zurufe von den Abgeordneten Frau Radermacher (SPD), Frau Werner-Muggendorfer (SPD), Frau Dr. Baumann (SPD) und Frau Steiger (SPD): Jawohl! Bravo! Respekt!)
Wir wissen auch aus den Gesprächen mit der Wirtschaft, dass man dort längst begriffen hat, dass es für die Wirtschaft selbst von Nutzen ist, wenn sie etwas in Richtung familienfreundliche Arbeitswelt tut.
Deswegen haben wir auch die Wirtschaft angehört. Wir haben uns von ihr sagen lassen, was wir denn tun müssen, damit es besser wird. Dabei wurde uns auch das gesagt, was Sie angesprochen haben: Wir müssen die Betreuungseinrichtungen verbessern.
Wir brauchen auch eine flexibler angelegte Betreuung, welche eine echte Dienstleistung darstellt und mehr auf die Bedürfnisse der Menschen Rücksicht nimmt.
(Frau Radermacher (SPD) und Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Jawohl! Richtig! Respekt! – Frau Dr. Baumann (SPD): Aber nicht Mittagsbetreuung durch die Muttis!)
Die Wirtschaft hat uns auch noch gesagt, dass wir nicht so viel regulieren dürfen. Deswegen sollten Sie Ihren Antrag eigentlich an die Bundesregierung adressieren. Die Regulierung – das sagen uns die Betriebe klar und deutlich – hat dazu geführt, dass individuelle Regelungen in den Betrieben, welche zwischen den Unternehmen, den Mitarbeitern und dem Betriebsrat vereinbart werden, erschwert werden. Ich könnte Ihnen eine Reihe von Beispielen nennen, wenn es mir die Zeit erlauben würde, darauf näher einzugehen.
Wir haben im Landtag ein Antragspaket eingebracht, welches wir umsetzen wollen. Dieses Antragspaket enthält unter anderem auch die Forderung nach Deregulierung, damit die Wirtschaft in die Lage versetzt wird, unsere Vorstellungen zu realisieren. Wir brauchen auch ein breites Bündnis aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, damit in der Gesellschaft und in der Wirtschaft
mehr Familienfreundlichkeit möglich wird. Hier hilft Ihr Gegeifere nicht weiter. Wir müssen miteinander hinausgehen und die Probleme lösen.
Herr Präsident, liebe Kollegen und Kolleginnen! Lieber Herr Dinglreiter, ich habe festgestellt, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der CSU ein Männerthema ist. Das freut mich, weil das aus unserer Sicht Männer und Frauen betrifft.
Ich komme noch zu Ihnen, Herr von Rotenhan, denn ich bin überzeugt davon, dass Sie noch ganz kluge Zwischenrufe machen werden.
In dieser Beziehung scheint mir bei Ihnen von der CSU ein Denkfehler vorzuliegen. Der Schlüssel für dieses Miteinander ist die Kinderbetreuung. Sie haben es schon ein bisschen verstanden. Bei allen Umfragen wird deutlich, dass nicht der Geldtransfer zu den Familien entscheidend ist, sondern die Kinderbetreuung. Herr Stoiber hat, nachdem er Kanzlerkandidat geworden ist, zugegeben, dass es mit dem Familiengeld nichts wird. Vielleicht hat er gemerkt, dass er das nicht finanzieren kann.
Lassen Sie mich zu Bayern zurückkommen. In Bayern wird deutlich, dass die jahrelange Vernachlässigung dieses Themenbereichs zu großen Problemen geführt hat. Wir haben die Betreuung der Kinder bis zum Alter von drei Jahren brutal vernachlässigt. Man durfte früher in Bayern nicht darüber reden, weil man es als sozialistisches Teufelszeug betrachtet hat, Kinder von null bis drei Jahren in Einrichtungen zu betreuen. Wir müssen uns nun darum ganz besonders kümmern.
Ich glaube, es war Herr Unterländer, der von einer Trendwende gesprochen hat. Immerhin, der Fortschritt von nichts zu einem bisschen ist auch eine Trendwende, Herr Unterländer.
Wir wollen nicht nur für die Kinder von null bis drei Jahren eine Betreuung anbieten, sondern eine Ganztagsbetreuung schaffen, die den Namen verdient hat. Ich erinnere an die Interpellation, deren Fragen Ihre Vorgängerin, Frau Ministerin, beantwortet hat. Die Zahlen sind von Ihrem Ministerium. Dort wird schon dann von einer Ganztagsbetreuung gesprochen, wenn diese nur sechs Stunden beträgt. Wer arbeitet denn nur sechs Stunden
am Tag? – Es sind acht Stunden und mehr notwendig, um von einer Ganztagsbetreuung reden zu können. Ich kann das nur als Zahlenschwindlerei bezeichnen. Ich kann nicht erkennen, Frau Stewens, wo Bayern Spitze sein sollte. Ich habe mich über ein anderes westliches Bundesland informiert. In Niedersachsen gibt es 18450 Plätze für Kinder von null bis drei Jahren, in Bayern 5559 Plätze. Bayern hat ungefähr 350000 Kinder in dieser Altersgruppe, Niedersachsen knapp 200000. Man muss sich angesichts dieser Zahlen schon fragen, ob Bayern einen Spitzenplatz hat.
Mich ärgert etwas, dass Herr Glück nicht mehr hier ist. Er hat nämlich, wenn ich mich recht erinnere, noch vor einiger Zeit gesagt, die Arbeitslosigkeit sei nur deshalb so hoch, weil so viele Frauen arbeiten wollten. Diese Aussage gefällt uns insbesondere im Zusammenhang mit diesem Thema nicht. Das ist nicht in Ordnung.
Im Zusammenhang mit der Bewusstseinsänderung wurde auch die Wirtschaft erwähnt. Herr Dinglreiter, die Wirtschaft ist oft der Motor für Veränderungen in Ihrem Denken. Sie hat ihre Einstellung geändert, weil es ein volkswirtschaftlicher Schaden ist, wenn junge und gut ausgebildete Frauen – und wir sind die Mehrheit und haben meist die besseren Schulabschlüsse – ihren Beruf nicht weiter ausüben. Es ist wichtig, dass wir die jungen Frauen nicht vor die Alternative Kinder oder Beruf stellen, sondern ihnen beides ermöglichen. In diesem Zusammenhang ist das Teilzeitgesetz ein ganz wichtiger Schritt.
Das ist nicht kontraproduktiv, weil beispielsweise das Audit „Familie und Beruf“ ein Ausfluss dieses angekündigten Gleichstellungsgesetzes ist.
Ich könnte noch viel zu dem Thema sagen, ich muss aber leider zum Schluss kommen. Für uns ist wichtig: Kinder brauchen kompetente Eltern, und Eltern brauchen die Unterstützung des Staates. Der Freistaat Bayern muss noch sehr viel tun, um seiner Verantwortung gerecht zu werden.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Alle Jahre wieder steht Familienpolitik auf der Agenda des Landtags. Vor einem Jahr haben Sie
von der SPD etwa um diese Zeit auch eine Aktuelle Stunde zum Thema Familienpolitik beantragt. Schon damals haben Sie falsche Argumente gebracht, die sich auch durch Wiederholungen nicht als richtiger erweisen.
Sehr geehrte Frau Schmidt, Sie haben vorhin gesagt, dass es in Deutschland finster aussehe. Ich gebe Ihnen Recht; denn Sie sind in Deutschland an der Regierung. Was haben Sie denn für die Familien getan?
(Frau Radermacher (SPD): Sie haben es überhaupt nicht erhöht in der Zeit, in der Sie an der Regierung waren!)
Frau Radermacher, wir haben immerhin das Kindergeld von 50 DM auf 220 DM pro Kind erhöht. Sie haben seit 1998 das Kindergeld um exakt 50 DM in zwei Schritten erhöht. Das war alles, was Sie bisher geleistet haben. Auf der anderen Seite haben Sie die Ökosteuer eingeführt und den Familien das Geld wieder aus der Tasche gezogen.
Herr Kollege Schultz, Sie sagten vorhin, wir hätten kein Recht, in der Familienpolitik mitzureden, weil wir nie etwas für die Familien getan hätten. Ich darf daran erinnern, dass die Einführung des Erziehungsgeldes und Erziehungsurlaubs im Jahr 1986 nicht zu Ihrer, sondern zu unserer Regierungszeit erfolgt ist. Dasselbe gilt auch für die Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der Rentenversicherung.
Frau Kollegin Schmidt, Sie haben lautstark beklagt, dass es in Bayern überhaupt keine Ganztageskindergärten gebe.
(Frau Dr. Baumann (SPD): Die Anerkennung der Kindererziehungszeit erfolgte nur aufgrund einer Klage. Freiwillig haben Sie das nicht gemacht!)
Ich darf Sie daran erinnern, dass Sie in München seit vielen Jahren die Stadtpolitik gestalten. In Bayern besuchen 95% aller Kinder einen Kindergarten. Diese Zahl wäre noch wesentlich höher, wenn die SPD-geführte Stadt München in ausreichender Zahl Kindergartenplätze zur Verfügung stellen würde.