Protocol of the Session on January 30, 2002

(Beifall bei der CSU – Zuruf von der CSU: Sehr gut!)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Zu einer zusammenfassenden Stellungnahme hat nunmehr der Herr Staatsminister des Innern, das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will nach Abschluss der Debatte über die Situation der Kommunen in unserem Lande zunächst ein herzliches Dankeschön allen denjenigen sagen, die dieser Debatte aufmerksam gefolgt sind, und auch allen denjenigen, die sich an ihr beteiligt haben, um auf diese Weise die Situation der Kommunen in einer Art Zwischenbilanz aufzuarbeiten. Ich glaube, das ist in der Tat etwas, was nicht nur einmal in der Legislaturperiode erfolgen muss, sondern immer wieder. Herr Kollege Dr. Jung und Herr Kollege Strasser, wir haben sicherlich im Herbst bei der Beratung des Haushalts der kommenden Jahre Gelegenheit, uns erneut über die Situation der Kommunen zu unterhalten und damit deutlich zu machen, dass dies eine Daueraufgabe ist.

Ich will nun auf einzelne Redebeiträge eingehen. Herr Kollege Dr. Jung, Sie haben das Konnexitätsprinzip angesprochen. Wir haben – das wird allerdings in der Debatte häufig nicht zur Kenntnis genommen – eine Bestimmung in der Bayerischen Verfassung, wenn auch nicht in einer ganz harten unmittelbaren Weise, aber doch dahin gehend, dass in Artikel 83 Absatz 3 der Bayerischen Verfassung Folgendes steht:

Bei Übertragung staatlicher Aufgaben an die Gemeinden sind gleichzeitig die notwendigen Mittel zu erschließen.

Damit ist der Grundgedanke der Konnexität aufgenommen. Das halte ich auch für richtig. Aus meiner Sicht wäre es für die kommunale Selbstverwaltung nicht optimal, eine unmittelbare Relation dazu herzustellen: Die Aufgabe wird übertragen bzw. die Aufgabe ist vorhan

den, und dann wird das sozusagen auf Heller und Pfennig bzw. Euro und Cent umgerechnet. Vielmehr muss die Finanzausstattung der Kommunen insgesamt laufend als eine der wichtigen Fragen bei allen Maßnahmen mitüberlegt werden.

Das ist etwas, was für mich sehr viel wichtiger ist als eine unmittelbare maßnahmenbezogene Finanzierung, die dann natürlich nichts mit der generellen Finanzausstattung zu tun hat, wie es mehrfach auch gefordert worden ist, die dann zweckbezogene Zuwendungen in noch viel stärkerem Maße verlangen würde.

Deswegen ist es schlichtweg auch ein Widerspruch, wenn man einerseits das Konnexitätsprinzip in einer harten und klaren Form durchsetzen will und andererseits bejammert, dass es zuviele Maßnahmen bezogene Zuschüsse gebe, die natürlich dann die erforderliche Kontrolle nötig machen und bestimmten Formalien unterliegen.

Einer der Schwerpunkte der Diskussion war die Finanzausstattung der Kommunen; das war selbstverständlich von vornherein zu erwarten. Ich möchte mich im Rahmen dieser Ausführungen sehr herzlich beim Kollegen Meyer bedanken, der die Situation sehr präzise und unterlegt mit vielen Zahlen dargestellt hat. Ich meine, dass wir im Wettbewerb der verschiedenen Länder um eine kommunalfreundliche Finanzierung durchaus mithalten können. Das wird daraus ersichtlich.

Ich habe während der Ausführungen des Kollegen Strasser, dem ich mit äußerster Wachsamkeit zugehört habe, dennoch einen Blick in die „Frankfurter Rundschau“ gewagt. Da ist folgende Überschrift zu lesen: „Städte fordern Soforthilfe von Bund und Ländern.“ Dem Artikel ist zu entnehmen, dass der spektakuläre Absturz der Gewerbesteuer und die Verluste durch die Steuerreform vom Deutschen Städtetag beklagt werden.

(Beifall der Frau Abgeordneten Stamm (CSU))

Ich will nicht den Eindruck erwecken, als ob die bayerischen Kommunen wunschlos glücklich mit den bayerischen Leistungen wären. Es wird aber in breiter Weise von den kommunalen Spitzenverbänden anerkannt, dass insbesondere durch den Finanzausgleich in diesem Jahr der Freistaat Bayern ein hohes Maß an Kommunalfreundlichkeit bewiesen hat, während gleichzeitig im Bund auf die Interessen der Kommunen keinerlei Rücksicht genommen wurde.

Herr Kollege Dr.Jung, gerade wenn man Ihr kommunalpolitisches Engagement mit in den Blick nimmt, wäre es durchaus sinnvoll, wenn Sie die Leistungen Bayerns nicht nur schlecht reden würden, auch wenn das zwangsläufig ein Teil der Aufgaben der Opposition ist, sondern wenn Sie sich auch bei den eigenen Leuten von Rot-Grün auf Berliner Ebene massiv dafür einsetzten, die unbedingt notwendigen Verbesserungen durchzusetzen. Es gibt hier doch einen breiten Konsens aller Kommunalpolitiker, dass die Entwicklung der Einnahmen aus der Gewerbesteuer für die Kommunen katastrophale Auswirkungen hat.

Zum Kollegen Strasser muss ich noch folgende Bemerkung machen. Dass Sie aus Ärger darüber, dass Sie der Kollege Dr. Jung nicht als Erster hat reden lassen, jetzt so bösartig sind, das hätte es nicht gebraucht. Wir wissen, dass Sie gerne polemisieren, und dagegen haben wir auch nichts. Aber es müsste nicht gleich so bösartig werden. Da hätten Sie Ihren Zorn schon am Kollegen Dr. Jung auslassen sollen und nicht an uns.

(Beifall der Frau Abgeordneten Stamm (CSU))

Sonst besteht nämlich die Gefahr, dass Sie das nächste Mal zur Strafe erst als Dritter für Ihre Fraktion reden dürfen und dass auch Herr Mehrlich vor Ihnen reden darf.

(Heiterkeit und Beifall bei der CSU)

Über eine Aussage des Kollegen Dr. Dürr bin ich richtig erschrocken. Der Kollege Dr. Dürr hat eine ganz finstere Drohung ausgesprochen, die mich wirklich in Angst und Schrecken versetzt hat.

(Zurufe und Heiterkeit)

Herr Dr. Dürr, Sie haben behauptet und angedroht, Sie wollten nach Franken auswandern.

(Leeb (CSU): Abgelehnt!)

Da sind wir nun in der Tat blass geworden. Ich bitte Sie herzlich: Überstrapazieren Sie die Weltoffenheit und Toleranz der Franken nicht!

(Beifall bei der CSU)

Es ist auch um die Fragen von FOCs, kommunaler Planungshoheit und Innenstadtinitiativen gegangen. Herr Kollege Dr. Jung, liebe Kolleginnen und Kollegen, unabhängig von den Schwierigkeiten der Entscheidung über das FOC in Ingolstadt – dazu hat es in der Öffentlichkeit, aber auch in der Fraktion viele Diskussionen gegeben – ist es mir ein Anliegen, nicht den leisesten Zweifel daran zu lassen, dass es bei uns eine massive Übereinstimmung darin gibt, dass wir die Innenstädte stärken müssen und dass der grünen Wiese keinesfalls der Vorzug gegeben werden darf. Wir wollen nicht eine Entwicklung wie in den USA oder in den neuen Bundesländern. Wir wollen vielmehr die Innenstädte stärken.

Allerdings sehen wir natürlich auch das Einkaufsverhalten der Verbraucher. Viele von ihnen nehmen die Parkplatzangebote gerne an. Das hat auch etwas mit Psychologie zu tun. Ich war am vergangenen Samstag bei der Einweihung der Fußgängerzone in Bad Abbach. Dort wurde gesagt: Wenn man vom Parkplatz 300 m in die Innenstadt läuft, so wird das beanstandet, wenn man allerdings beim großen Einkaufsmarkt 300 m vom Parkplatz bis zu dem Supermarkt läuft, ist das für die Leute nicht so spürbar.

Wir müssen uns also gemeinsam darum kümmern, die Innenstädte attraktiv zu machen. Dass in der einen oder anderen Diskussion um die Stadtrandlage auch Streitigkeiten entstehen, wissen alle Beteiligten. In Bezug auf Forchheim oder auch in Bezug auf Bamberg-Hallstadt

hat es immer wieder Auseinandersetzungen gegeben. Wir müssen aber in jedem Fall Anstrengungen unternehmen, die Innenstädte zu stärken, weil wir die Innenstädte und die Marktplätze für wichtige Kristallisationsfaktoren für unser Land insgesamt halten.

Herr Kolleg Jung, Sie haben noch die Notrufnummer 112 angesprochen. Ich verstehe, dass Sie sich wegen des Kommunalwahlkampfs nicht mehr ganz so genau über die aktuelle Diskussion informieren. Die Frage der Finanzen ist im Wesentlichen geregelt. Sie müssten allerdings aus Fürth wissen, dass die eigentliche Streitfrage im Moment lautet: Inwieweit besteht neben der integrierten Leitstelle zum Beispiel für kommunale Feuerwehrleitstellen noch die Möglichkeit einer Nachalarmierung? Gerade in Fürth dürfte dies intensiv diskutiert werden. Deswegen verstehe ich nicht, dass Sie dies mit den Finanzen in Zusammenhang bringen. Es geht um eine vernünftige Regelung, darum, dass wir uns – wenigstens im Wesentlichen – zusammenraufen, weil wir in diesem Bereich die Ehrenamtlichen und diejenigen, die in den verschiedenen Organisationen tätig sind, zu einem großen Miteinander zusammenführen wollen.

Vorletzte Bemerkung. Der Kollege Dr. Dürr spricht die Frage der Integration mit so großer Leichtigkeit an, dass ich meine, er stellt damit die wesentlichen Probleme nicht mehr dar. Meines Erachtens kann überhaupt kein Zweifel daran bestehen – das sieht man in bayerischen Städten; man sieht es in Städten außerhalb Bayerns noch viel stärker, zum Beispiel in Berlin-Kreuzberg –, dass in dem Augenblick, in dem eine hohe Konzentration von Zuwanderern insbesondere aus einer Ethnie zusammenkommt, die Gefahr sehr groß ist, dass dies nicht die Integration in eine große Gemeinschaft der verschiedenen Kulturen bedeutet, sondern dass dies zur Entwicklung einer Parallelgesellschaft führt. Es ist ein Zeichen, das ich jedenfalls für falsch halte, wenn in bestimmten Stadtteilen nicht mehr Deutsch die vorherrschende Sprache ist, sondern wenn man beispielsweise in der Fürther Innenstadt oder in Nürnberg-Gostenhof, das bei uns im Volksmund nur Gostenbul genannt wird, eine so hohe Konzentration vorfindet, dass man sich ohne weiteres genauso auf Türkisch und in bestimmten anderen Stadtteilen in der Zwischenzeit auch auf Russisch oder Jugoslawisch unterhält. Das sind Fehlentwicklungen, das ist die Entwicklung zu Parallelgesellschaften, die wir übrigens gerade auch durch Ihren Gesetzentwurf verstärkt sehen. Wir wollen das nicht. Wir wollen eine weltoffene, liberale, tolerante Gesellschaft, aber nicht ein Nebeneinander unterschiedlicher Kulturen.

(Beifall bei der CSU)

Wer meint, ein Nebeneinander unterschiedlicher Kulturen sei etwas Humanes und etwas Erfreuliches, dem empfehle ich, sich einmal intensiv mit den Ergebnissen einer Einwanderergesellschaft wie den USA zu beschäftigen, mit den verschiedenen Chinatowns oder Polish Cities, die zum Beispiel eine Stadt wie Chicago prägen. Ich selber war dort früher einmal zu einem Praktikum bei der Polizei und habe das sehr eindrucksvoll erlebt. Derartige Parallelgesellschaften sind nicht besonders human und tolerant, vielmehr sind Fehlentwicklungen mit erheblichen Spannungen vorprogrammiert. Das wol

len wir nicht. Wir wollen die Integration in eine Gesellschaft, die tolerant und weltoffen ist.

(Beifall bei der CSU)

Diese Probleme sehen wir in besonderer Zuspitzung, wenn in einer Schulklasse die Mehrzahl der Kinder nicht Deutsch als Muttersprache hat und Deutsch nur mangelhaft spricht. Diese Probleme einfach wegzudrücken, so wie Sie es getan haben, halte ich für falsch.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Ich meine, man muss sehr wohl das sehen, was Prof. Birg darstellt, dass es nämlich bestimmte Erscheinungen gibt. Wenn die Zuwanderer die Mehrheit werden, dann kann es leicht sein, dass ein sich selbst verstärkender Desintegrationsprozess stattfindet, der von einem großen Teil der Bevölkerung abgelehnt wird. Das merken vielleicht die GRÜNEN nicht, weil sie sich nur einen kleinen Sektor von 5%, vielleicht 6% herausgesucht haben, den sie ansprechen. Ein Großteil der Bevölkerung wird so etwas sicherlich nicht akzeptieren.

(Beifall bei der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich ist auch in Bayern die finanzielle Situation der Kommunen nicht ideal. Wo könnte das überhaupt so sein? Aber ich glaube, dass wir nach der heutigen Diskussion auch deutlich feststellen können: Wir können den Wettbewerb im Bereich der Kommunalfreundlichkeit mit jedem anderen Land in Deutschland aufnehmen, und zwar sowohl was das Recht, das Verhältnis staatlicher Stellen zu den Kommunen, das Verhältnis der Rechtsaufsicht, der Kommunalaufsicht zu den Kommunen als auch was die Frage der Finanzen betrifft. Es entspricht den Tatsachen, wenn wir für uns in Anspruch nehmen, dass wir kommunalfreundliche Politik betreiben.

Abschließend will ich sagen: Ich empfehle uns allen – auch was den Kommunalwahlkampf angeht –, uns so zu betätigen, dass wir näher an den Bürgern sind. Ich sehe das nicht als etwas an, was quasi eine Beschimpfung darstellt und das rechtfertigen würde, was der Kollege Dr. Dürr gesagt hat. Ich meine, es tut uns allen gut, ein möglichst großes Maß an Bürgernähe zu suchen. Die Gespräche im Zusammenhang mit den Kommunalwahlen bieten dafür eine gute Chance. Sie werden uns in der weiteren Parlamentsarbeit nützen. – Herzlichen Dank für die Beiträge in dieser Debatte.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Ich lasse jetzt noch über die mit zu beratenden Dringlichkeitsanträge abstimmen. Beide Abstimmungen sollen in namentlicher Form erfolgen.

Zunächst stimmen wir über den Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion mit dem Titel „Soforthilfe für die bayerischen Kommunen – Staatseinnahmen aus der erhöhten Gewerbesteuerumlage für die bayerischen Städte und

Gemeinden“ auf Drucksache 14/8543 ab. Für die Stimmabgabe sind die entsprechend gekennzeichneten Urnen bereitgestellt. Die Ja-Urne ist auf der Oppositionsseite, die Nein-Urne ist auf der Seite der CSU-Fraktion im Bereich der Eingangstüren aufgestellt. Die Urne für die Stimmenthaltungen befindet sich auf dem Stenografentisch.

Mit der Stimmabgabe kann nun begonnen werden. Hierfür stehen fünf Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 13.49 Uhr bis 13.54 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Abstimmungsergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt. Das Ergebnis gebe ich später bekannt.

Wir führen jetzt die Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion betreffend Einforderung der Verantwortung des Bundes für die Finanzausstattung der Kommunen auf Drucksache 14/8567 durch. Bei dieser Abstimmung ist die Ja-Urne auf der Seite der CSUFraktion, die Nein-Urne auf der Oppositionsseite, beide jeweils im Bereich der Eingangstüren, aufgestellt. Die Urne für die Stimmenthaltungen befindet sich auf dem Stenografentisch.

Mit der Stimmabgabe kann nunmehr begonnen werden. Es stehen wieder fünf Minuten Zeit zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 13.55 bis 14.00 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Auch diesmal wird das Abstimmungsergebnis außerhalb des Plenarsaals ermittelt und später bekannt gegeben. Wir fahren mit unserer Tagesordnung fort.