Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich freue mich auch darüber, dass Herr Kollege Dr. Jung, der als erster für die SPD geredet hat, nun wieder Zeit hat, hier im Plenum zu sein. Herr Kollege Dr. Jung, es wäre ganz gut gewesen, wenn Sie mitverfolgen hätten können, welche Antworten unsere Kolleginnen und Kollegen auf Ihren Redebeitrag gegeben haben. Es hätte sich im Sinne einer gemeinsamen Diskussion über unterschiedliche Probleme auch gut gemacht, diesen Disput mitzuverfolgen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei der heutigen Diskussion habe ich teilweise den Eindruck bekommen, wir wären hier nicht im Bayerischen Landtag, sondern möglicherweise in Niedersachsen, in NordrheinWestfalen oder in Schleswig-Holstein, soweit es die Finanzen betrifft.
Nein, Herr Kollege Mehrlich, jetzt nenne ich Ihnen Zahlen, die nicht vom „Bayernkurier“, sondern vom Statistischen Bundesamt herausgegeben wurden. Es sind die neuesten Zahlen.
(Mehrlich (SPD): Die kann ich auch vorweisen! – Kaul (CSU): Auch der „Bayernkurier“ ist nicht schlecht!)
Ja, Länder einschließlich Gemeinden. In Bayern beträgt die Schuldenlast 5 100 DM pro Kopf, in Niedersachsen 10470 DM, in Nordrhein-Westfalen 11410 DM und in Schleswig-Holstein 12540 DM.
Herr Kollege Mehrlich, Sie wissen, wie hoch die Schulden des Freistaates Bayern sind. Niedersachsen hat eine um 65 Milliarden höhere Verschuldung, NordrheinWestfalen ist um 75 Milliarden höher verschuldet und Schleswig-Holstein um 89 Milliarden höher als Bayern.
Hätten Sie von der SPD und von den GRÜNEN Anfang 1990 nicht ständig die Änderung des Artikels 16 des Grundgesetzes zum Asylrecht blockiert, dann hätten Bund, Länder und Gemeinden im Zusammenhang mit den Aufwendungen für Wirtschaftsasylanten Milliardenbeträge sparen können.
Die Staatsregierung antwortete auf eine Anfrage eines Kollegen der SPD: Zwischen 1988 und 2000 haben sich die Schlüsselzuweisungen für die kreisangehörigen Gemeinden um 28% erhöht. Die Schlüsselzuweisungen für die kreisfreien Städte haben sich um 124% erhöht, und die Schlüsselzuweisungen für die Landkreise haben sich um 40% erhöht. Darüber sollte man im Bayerischen Landtag sprechen und diskutieren.
Kollege Dr. Jung sagt, bei den Schlüsselzuweisungen belegen wir den letzten Platz im Vergleich mit anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland. Franz Meyer hat völlig zu Recht dazu ausgeführt, dass die Schlüsselzuweisungen nicht isoliert betrachtet werden dürfen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege Hofmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Wolfrum?
Selbstverständlich, ich beende nur noch diesen Satz. Kollege Dr. Jung sagt als jemand, der kommunalpolitisch ambitioniert ist, für mich durchaus verständlich, der Freistaat Bayern soll die Schlüsselzuweisungen erhöhen, damit die Gemeinden selbst verantwortlich und frei entscheiden können, ohne am Gängelband von staatlichen Zuwendungen und Förderprogrammen und damit auch der Richtlinie zu hängen. Der von
uns allen hoch geschätzte Kollege Strasser sagt und beklagt es gleichzeitig wie Kollege Mehrlich, dass im Zusammenhang mit zweckgebundenen Zuweisungen die Gemeinden nicht das Geld bekommen, das sie bekommen müssten, und sie dann vorfinanzieren.
Jeder Euro ist nur einmal zu verteilen. Entweder man entscheidet sich für hohe Schlüsselzuweisungen oder für hohe zweckgebundene Zuweisungen. Jetzt ist mein Satz zu Ende. Ich weiß, dass er lang war.
Kollege Hofmann, halten Sie es als oberfränkischer Abgeordneter für richtig, dass die Bayerische Staatsregierung ihren Verpflichtungen gegenüber Oberfranken beim FAG trotz eines einschlägigen Gerichtsurteils nicht nachkommt und die Entscheidung einem nächsthöheren Gericht zugewiesen wird?
Herr Kollege, ich habe durchaus Verständnis dafür, dass man diesen Problemfall aus oberfränkischer Sicht anspricht, wenn man in der Daueropposition ist. Ich selbst war nahe dran, zu sagen, der Freistaat Bayern soll auf eine höchstrichterliche Entscheidung verzichten. Ich habe mich aus diesem Grund auch an unseren Finanzminister gewandt. Ich sage Ihnen allerdings auch: Das ist nicht nur ein oberfränkisches Problem, sondern es ist ein gesamtbayerisches Problem. Die Bezirke wollen, dass diese Frage höchstrichterlich entschieden wird, um damit die Schlüsselzuweisungen im Finanzausgleich neu bewerten zu können.
Was spricht dagegen, dass der Finanzminister und seine juristischen Berater erklären, diese Frage muss juristisch geklärt werden, weil das, was den einen in diesem Bereich gegeben wird, anderen genommen wird.
Auch der Sprecher der Bezirke, Herr Simnacher, verlangt, dass über diese Frage entschieden wird. So Leid es mir als Oberfranke tut – ich würde gerne dafür kämpfen: Wer objektive Sachpolitik leisten will, der muss in diesem Bereich regionale Interessen zunächst zurückstellen, um im Interesse des Gemeinwohls eine Entscheidung abzuwarten. Wenn die Entscheidung so gefallen ist, dass es Oberfranken zugute kommt – was ich hoffe –, dann gehe ich davon aus, dass der Freistaat Bayern in Person unseres Finanzministers diese Mittel mit Zins und Zinseszinsen an den Bezirk Oberfranken zahlt. Ich halte es für richtig, dass man diese Frage entscheidet.
Kollege Strasser hat die Schulden des Staates bei den Gemeinden angeprangert. Kollege Dr. Dürr hat darauf hingewiesen, dass die Versiegelung des Bodens eine große Rolle spielt und dass Gemeinden keinen tödlichen Wettbewerb untereinander austragen sollen, wenn es darum geht, Industrie- und Gewerbeflächen anzusiedeln. Ich füge hinzu: Gerade weil wir bei der RZWas, der Förderung von Wasser und Abwasser, einen teilweise nicht mehr hinnehmbaren Förderstau abfinanzieren mussten, haben wir Bündelungsmaßnahmen eingeleitet, mit denen wir in der Lage sind, die notwendigen Baumaßnahmen fristgerecht abzufinanzieren.
Sowohl einzelne Gemeinden als auch die kommunalen Spitzenverbände haben uns gegenüber erklärt: Lieber ein paar Mark weniger und dafür das Geld sofort erhalten, als hohe Zuwendungen in Aussicht gestellt zu bekommen und die benötigten Mittel erst für fünf oder sechs Jahren zwischenzufinanzieren, weil damit die Zwischenfinanzierungslast über Zinsen mehr als die Hälfte der Zuwendungen wegfrisst.
Mit einem Aufwand von über 700 Millionen sorgen wir dafür, dass Wasserversorgung und Abwasserentsorgung zeitgerecht finanziert werden können.
Herr Kollege Mehrlich, gemessen am Land Niedersachsen stehen wir deshalb hervorragend da, weil Niedersachsen neun Haushaltsjahre braucht, um diese Zuwendungen zu erreichen, die wir einmal im Jahr geben. Andere Länder geben nicht mehr als 75 bis 80 Millionen für diese Aufgaben aus. Das führt zum Ergebnis, dass im Bundesdurchschnitt der Wasser- und Abwasserpreis um 2 DM teurer als im Freistaat Bayern ist. Das heißt, bei einem Verbrauch der Bevölkerung von 40 Kubikmeter pro Einwohner ist das hochgerechnet ein Kostenvolumen von 960 Millionen DM, das die Einwohner Bayerns alleine in dem Bereich weniger zahlen als die Einwohner in anderen Ländern, weil der Freistaat Bayern 700 Millionen bezahlt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir machen uns die Diskussion über FOCs nicht leicht. Ich nehme an sehr vielen Besprechungen, in denen es um Umweltpolitik und um die Landesentwicklung geht, teil. Der gesamte Stadtrat von Ingolstadt hat einen Beschluss über Parteigrenzen hinweg gefasst. Die Bayerische Staatsregierung hat sich darüber Gedanken gemacht, welche Möglichkeiten vorhanden sind, städtebaulich integrierend einen geeigneten Standort zu finden. Der Schluss ist Irrsinn, dass im Zusammenhang mit der Novellierung des Landesentwicklungsprogramms der Bau auf der grünen Wiese möglich ist.
Aber ich füge auch hinzu: Wenn es um Landesentwicklung geht, müssen wir selbstverständlich auch sehen, dass viele Gemeinden von uns erwarten, dass die Wettbewerbschancen und die Wettbewerbsgleichheit für kleinere Städte und Gemeinden gegenüber den dominierenden Oberzentren durch Einzelhandelsprojekte verbessert werden. Der Landkreistag hat dies gemeinsam mit
dem Gemeindetag gefordert. Es kann nicht sein, dass eine große Stadt den Einzugsbereich des Umlandes bei der Projektierung solcher Märkte für sich in Anspruch nimmt und Nachbargemeinden nicht mehr in der Lage sind, wirtschaftliche Einheiten errichten zu dürfen. Ich bin der Meinung, dass wir in dem Bereich einige Dinge gemeinsam überdenken müssen.
Herr Kollege Dürr, ich sage Ihnen Folgendes: Wer wie Sie und Ihre Partei wie auch Teile der SPD in den zurückliegenden Jahren die nahezu ungesteuerte Zuwanderung gefordert hat und wer wie Sie eine vernünftige Asylgesetzgebung verhindert hat, der heuchelt, wenn er hier im Bayerischen Landtag den Flächenverbrauch beklagt. Seit der letzen Volkszählung hat die Einwohnerzahl Bayerns um 1,2 Millionen zugenommen. Das heißt doch nicht mehr und nicht weniger, als dass Sie mindestens 400000 Wohnungen sowie auch weiterführende Straßen und ähnliches brauchen, wenn sie den Menschen vernünftige Wohnverhältnisse ermöglichen wollen.
Wer dies also will, heuchelt, wenn er uns gleichzeitig vorwirft, durch unsere Politik würden Flächen versiegelt.
Im Übrigen liegt die Planungshoheit für die Ansiedlung von Industrie und Gewerbe sowie für die Ausweisung von Bauland bei den Gemeinden. Und – Gott sei es geklagt, aber es ist so – viele Gemeinden werden von SPD und GRÜNEN regiert. Gehen Sie doch einmal hin und fordern Sie diese Gemeinden auf, den Wettbewerb mit den anderen Gemeinden aufzugeben, wenn es darum geht, Industrie- und Gewerbeflächen zu erschließen oder Bauland auszuweisen.
Stellen Sie doch hier im Bayerischen Landtag einen Antrag, in dem Sie die Staatsregierung aufgefordern, mit welchem Instrumentarium auch immer zu verhindern, dass die Gemeinden Wohnland schaffen bzw. Industrieund Gewerbeflächen ausweisen.
Wenn Sie das Flächenverzeichnis zitieren und beklagen, dass im Freistaat Bayern rund 28 Hektar täglich aus der landwirtschaftlichen Flächenproduktion herausfallen, können Sie trotzdem nicht sagen, die 28 Hektar seien insgesamt versiegelte Flächen. Wenn eine Gemeinde beispielsweise 20 Hektar Bauland ausweist, sind 25 bis 30% davon für Straßen, Häuser und Garagen vorgesehen, während die anderen 70%, also rund 13 Hektar, dem Gründland und den Gärten vorbehalten bleiben. Da können Sie doch nicht sagen, das werde alles versiegelt.
Auf Ihren Antrag ist der Kollege Ettengruber sehr gut eingegangen. Ich füge nur noch Folgendes aus meiner Sicht hinzu: Ihr Antrag ist vor allen Dingen eine Heuchelei und eine Irreführung der Öffentlichkeit, weil allein durch den Nachtragshaushalt des Freistaates Bayern –
das ist sowohl vom Kollegen Dr. Kempfler als auch vom Kollegen Franz Meyer überzeugend dargestellt worden –, unabhängig davon, dass man auf die Gewerbesteuerumlage zurückgreift –, die Mittel für die Kommunen um mehr als 155,1 Millionen DM erhöht wurden. Das sind 45 Millionen mehr, als sie aus der Gewerbesteuerumlage insgesamt verlangen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir brauchen es nicht besonders zu betonen: Die Gemeinden, die Landkreise und die Städte und vor allen Dingen die Wählerinnen und Wähler wissen, dass die CSU in der Vergangenheit kommunalfreundlich war und es auch in Zukunft bleiben wird.
Wir lassen uns von einer Partei, die eben einmal fünfeinhalb Prozent der Bevölkerung stimmenmäßig vertritt, nicht vorwerfen, dass wir in der Vergangenheit die Kommunen nicht angemessen bedient hätten.