Protocol of the Session on January 29, 2002

Im Wasserwirtschaftsamt Kempten gilt das aber augenscheinlich nicht, denn es wurde bereits im Nachhinein ein Schwarzbau genehmigt. Das Amt will wohl zulassen, dass in der engeren Schutzzone des Wasserschutzgebietes eine Sportanlage errichtet wird und zusätzlich genau auf der Grenze des Grundwasserschutzgebietes eine offene Wasseranlage genehmigt wird.

Der Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Herr Zehetmair, hat in zwei Schreiben an unsere Fraktion bzw. an den Petenten erklärt, dass das Staatsministerium die in seiner Macht stehenden rechtlichen Möglichkeiten nutzen werde, um das Hotelprojekt am Bullachberg abzuwehren. Angesichts des Abwägungsergebnisses, das ja wohl die Staatsregierung in Abstimmung mit Staatsminister Zehetmair erarbeitet hat, demzufolge keinerlei Einwendungen mehr festgestellt werden können, stellt sich für mich die Frage: Hat dieses Ministerium keinerlei Macht, oder reichen die rechtlichen Möglichkeiten nicht aus, oder ist der Minister vielleicht der örtlichen und überörtlichen Lobby zum Opfer gefallen?

Die Abwägung musste wiederholt werden, weil die Gemeinde die Wirtschaftlichkeit von Alternativstandorten nicht geprüft hatte.

In der Abwägung ist nun festgelegt worden, es sei selbstverständlich möglich, ein Hotel in dieser Kategorie mit 50 Betten wirtschaftlich zu betreiben. Als das Vorgängermodell mit über 150 Betten auf dem Markt war, haben die gleichen Gutachter für den Antragsteller festgestellt, dass ein Hotel unter 150 Betten selbstverständlich nicht wirtschaftlich geführt werden könne. Anschließend haben sie genau das Gegenteil festgestellt. Es hängt eben nur davon ab, wer das Gutachten bezahlt.

Wir sind der Meinung, dass die Abwägung, die in diesem Fall bisher stattgefunden hat, absolut fehlerhaft ist. In die Abwägung ist die notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung nicht einbezogen worden. Wir sind der Meinung: Dies muss dringend nachgeholt werden. Die Wertung der öffentlichen Belange ist in einer Weise vorgenommen worden, die zu einer objektiven Gewichtung der privaten Belange in keinem Verhältnis steht. Deshalb wiederhole ich den Antrag aus dem Ausschuss, nach § 84 Absatz 3 der Geschäftsordnung zu entscheiden und das Landratsamt zu beauftragen, die Abwägung der Gemeinde Schwangau zu beanstanden.

(Beifall bei der SPD)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Vielen Dank, Herr Kollege. – Ich gebe bekannt, dass die CSU-Fraktion namentliche Abstimmung beantragt hat. Sollten wir die Abstimmung vor 19.00 Uhr nicht durchführen können, werden wir morgen früh um 9.00 Uhr mit der Abstimmung beginnen und heute die Diskussion zu Ende führen.

Das Wort hat Frau Kollegin Scharfenberg.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Geiger hat schon alles Wichtige gesagt. Das erste Mal kam dieses Projekt in die Schlagzeilen, als sich der damalige Staatssekretär Alfons Zeller für den Hotelbau inklusive Golfplatz mächtig stark machte und sich herausstellte, dass sein Cousin als Planer tätig war. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Zum Hotel: Ursprünglich sollte ein Hotel mit 125 Zimmern gebaut werden, weil 150 Betten das Minimum seien, um ein Hotel wirtschaftlich betreiben zu können. Das behauptete man nicht einfach, sondern das wurde gutachterlich belegt. Inzwischen soll der Hotelbau nur noch 50 Zimmer umfassen. Inzwischen ist auch das wirtschaftlich und – Sie werden es ahnen – natürlich auch gutachterlich belegt. Damit stellt sich die Frage, warum sich die Lindner AG, die das Hotel ursprünglich betreiben wollte, aus dem Projekt zurückgezogen hat. Vielleicht weil es rentabel war? Am Rande bemerkt: Welch Zufall! Ab 51 Zimmern hätte es einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedurft.

Zum Golfplatz: Das Haus Thurn und Taxis verwies immer wieder darauf, dass es nur ein kleines Übungsge

lände mit sechs Löchern plane. Warum stand dann im Internet bis Herbst 2001 zu lesen, dass der Bau eines 18-Loch-Golfplatzes beabsichtigt ist? Die Homepage verschwand wieder, geblieben sind Grundstücksverhandlungen mit Landwirten, um den Golfplatz auf 18 Loch auszubauen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

In dieser Aufzählung ist die Tatsache, dass bei der Änderung des Flächennutzungsplans die Bürgerbeteiligung mitten in den Sommerferien stattfand, nur noch eine Fußnote.

Brisanter ist da schon die Aussage des Wissenschaftsministers Zehetmair, der zunächst eindeutig kundtat, dass er alles in seiner Macht Stehende tun werde, um das geplante Hotelprojekt am Bullachberg abzuwehren. Daraus wurde, dass es keinesfalls als selbstverständlich gelten darf, dass gerade Gründe des Denkmalschutzes die unveränderte Beibehaltung der augenblicklichen Situation erfordern. Wir lernen: Wenn ein Parteifreund bauen will, muss selbst der Wissenschaftsminister kuschen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Damit nicht genug. Sogar die Grundwasserströme müssen sich an einem bauwilligen Parteifreund orientieren. Ging das Wasserwirtschaftsamt ursprünglich davon aus, dass aufgrund der Richtung der Grundwasserströme das Wasserschutzgebiet der Stadt Füssen durch den Bau eines Golfplatzes gefährdet sein könnte, kommt ein neues Gutachten zu dem bemerkenswerten, aber durchaus zu dem bisher Gehörten passenden Ergebnis, dass die Grundwasserströme ganz anders verlaufen, sodass – das versteht sich nun fast schon von selbst – der Golfplatz natürlich keine Gefährdung für das Trinkwasserschutzgebiet darstellt.

Jetzt könnte man das alles als eine regionale Posse abtun. Aber es geht auch darum, Neuschwanstein in den Rang eines Weltkulturerbes aufzunehmen. Es wäre übrigens eines der wenigen in Bayern und das einzige in Schwaben. Generalkonservator Professor Petzet, gleichzeitig Weltpräsident des Gremiums, das letztendlich darüber entscheidet, was in den Rang eines Weltkulturerbes aufgenommen wird, und der bayerische Landeskonservator Greipl haben mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, dass der geplante Hotelbau an dieser Stelle die Aufnahme Neuschwansteins in das Weltkulturerbe gefährden, wenn nicht gar verhindern würde. Ganz offensichtlich ist hier eine Salamitaktik betrieben worden.

Das hat Methode: Hier wird mit 50 Zimmern und 6 Loch angefangen, und hinterher hat man hundert und mehr Zimmer und einen 18-Loch-Golfplatz. Das ist die Salamitaktik. Wir werden ebenso wie die SPD für Berücksichtigung stimmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Kollege Pschierer.

Frau Präsidentin, Hohes Haus! Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, was die SPD-Fraktion bewogen hat, dieses Thema in den Plenarsaal des Bayerischen Landtages zu holen. Kollege Geiger hat ja vorhin gefragt: Müssen wir das Thema heute noch einmal behandeln? Wenn es nach der CSU-Fraktion gegangen wäre, dann wäre dieses Thema nach zwei Sitzungen im Petitionsausschuss und nach einem Ortstermin erledigt gewesen.

Lassen Sie mich das Thema noch einmal ganz kurz von zwei Seiten beleuchten. Die Fairness gebietet es, das Thema sachlich, sauber und solide anzugehen. Meine Damen und Herren von der Opposition, damit wir eines klarstellen: Das Verfahren, das hier durchgeführt wurde, ist rechtsstaatlich in Ordnung gewesen. Wer einen anderen Eindruck erweckt, täuscht die Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall des Abgeordneten Walter Hofmann (CSU))

Es ist in Ordnung gewesen, was die Gemeinde Schwangau angeht, was das Landratsamt Ostallgäu angeht und was die Regierung von Schwaben angeht. Kollege Geiger hat eben gesagt, bei der Anhörung der Träger öffentlicher Belange und bei der Bewertung sei die Regierung von Schwaben nicht tätig geworden. Dazu bitte ich, die „Allgäuer Zeitung“ vom heutigen Tage zu lesen. Dort wird klar ausgeführt, dass sich die Regierung von Schwaben in dieses Verfahren eingeschaltet und an diesem Verfahren beteiligt hat.

Noch einmal zur Geschichte: Es hat einen Bürgerentscheid vor Ort gegeben. Die Träger öffentlicher Belange sind rechtzeitig angehört worden. Die vorgezogene Bürgerbeteiligung und die öffentliche Auslegung des Bebauungsplans gemäß § 9 Baugesetzbuch sind erfolgt. Alles ist ordnungsgemäß abgelaufen. Daraus die Schlussfolgerung zu ziehen, dieses Verfahren sei nicht rechtsstaatlich gewesen, halte ich für eine bewusste Täuschung.

Nun noch kurz zu ein paar Argumenten, die in der Diskussion heute angeführt worden sind. Es stimmt in der Tat, dass die Gemeinde Schwangau noch einmal in die Abwägung eintreten mußte, und zwar weil Abwägungsfehler hinsichtlich des Wirkungszusammenhangs zwischen dem geplanten Bauprojekt Hotelbau in Bullachberg auf der einen und Neuschwanstein, Hohenschwangau und St. Koloman auf der anderen Seite begangen wurden. Die Gemeinde hat diese Gebäude nun in die Abwägung eingestellt, genauso wie die Wirtschaftlichkeitsberechnung und die Suche nach einem Alternativstandort.

Bleibt die Frage nach dem Wasserschutzgebiet. Nun weiß ich nicht, ob die Experten in diesem Hause sitzen. Ich gehe davon aus, dass die Experten beim zuständigen Wasserwirtschaftsamt sitzen und in diesem Fall – liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, ich kann es Ihnen nicht ersparen – auch in Ihrer Fraktion: Der Bürgermeister der Stadt Füssen gehört Ihrer Fraktion an. Ich

halte es schon für eine Scheinheiligkeit, hier so zu tun, als würden wir Weltkulturerbe zerstören. Draußen aber stellen sich Ihre Leute – nämlich Bürgermeister Paul Wengert aus Füssen – hin und sagen hinsichtlich des Wasserschutzgebiets: Es gibt keine Bedenken; ich schließe mich dem Wasserwirtschaftsamt in Kempten an; das Ganze ist in Ordnung, wir brauchen sowieso einen neuen Zuschnitt des Wasserschutzgebietes. Ich bitte Sie: Lernen Sie von Ihren Genossen vor Ort.

Das Nächste: Es hat doch keinen Sinn, wenn Sie hier den Leuten erzählen wollen, was für große Dimensionen entstünden. Es handelt sich um einen Hotelbau mit 50 Zimmern am Nordhang eines Hügels im Ostallgäu, nicht um ein Mammutprojekt, sondern um ein Projekt, das sich in der baulichen Ausgestaltung an die bestehende Bebauung anfügt. Es ist nicht so, dass dort etwas gebaut wird, wo noch nichts steht, sondern es wird etwas gebaut, wo ohnehin schon ein Gutshof, Stallungen und Ähnliches stehen.

Ein Lieblingsthema von Ihnen war: Was kann dieses Hotelprojekt verhindern? Es könnte dadurch verhindert werden, dass das Schloss Neuschwanstein in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wird. Tatsache ist, dass ein solcher Antrag bis heute nicht gestellt worden ist. Tatsache ist, dass die Liste des Weltkulturerbes seit 1998 noch nicht abgearbeitet ist. Tatsache ist auch, dass es keinen zwingenden Wirkungszusammenhang gibt. Sie argumentieren: kein Hotel, also Aufnahme von Neuschwanstein ins Weltkulturerbe. Diesen Zusammenhang gibt es nicht.

Weil Sie Minister Zehetmair zitiert haben: Meine Damen und Herren, in der Abwägung wird klar ausgeführt:

Das geplante Vorhaben liegt in dem vom Landesamt weitreichend angelegten Wirkungsbezug.

Und jetzt kommt es:

Dieser Wirkungsbezug ist jedoch vorbelastet.

Er ist vorbelastet durch Bebauungen, Tankstellen, Häuserbebauungen, Industriebebauungen und vieles andere. Wer so argumentiert, als ob der Vorraum der Schlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau unbebautes Gelände wäre, täuscht die Leute. Es handelt sich um Kulturraum und um Wirtschaftsraum. Hier haben seit Jahrhunderten Menschen gelebt, gewohnt, gearbeitet und gewirtschaftet. Dieses Projekt fügt sich unserer Meinung nach hervorragend in die Bebauung ein und wird die touristische Landschaft in dieser Region bereichern.

Gestatten Sie mir zum Abschluss noch eine Bemerkung: Wichtig ist nicht nur die fachliche, sondern auch die politische Bewertung. Ich habe vorhin gesagt, dass es Scheinheiligkeit ist, wie Sie hier argumentieren. Es ist schon toll, wenn Ihr Landesvorsitzender Hoderlein, so wie er es vor kurzem getan hat, zur Winterszeit im roten Cabrio ins Allgäu hinausfährt. Das muss man sich einmal vorstellen. Im Sommer fährt er hin und erklärt – liebe Kollegen von der SPD, hören Sie sich das einmal an, Zitat Hoderlein –:

Das geplante Hotel gefährdet nicht die Aufnahme von Schloss Neuschwanstein in die Liste des Weltkulturerbes.

Das meinte der Vorsitzende der SPD, Hoderlein, nach einem Besuch auf Schloss Bullachberg. Wäre er Gemeinderat in Schwangau

Gott bewahre die Gemeinde Schwangau davor -,

könne er zustimmen. Das Hotel wird nicht den Blick auf die Schlösser verbauen. So Hoderlein. Auch die vorgesehene Bauplanung sei nicht unangemessen. Hoderlein versprach, diese Eindrücke seiner Landtagsfraktion zu übermitteln.

Entweder Sie hatten seit dieser Zeit keine Fraktionssitzung, oder dieser Landesvorsitzende hat null Einfluss auf Ihre Fraktion.

(Beifall bei der CSU)

Deshalb, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte ich das Hohe Haus, das Votum des Petitionsausschusses aufzugreifen und die Petition gemäß § 84 Nummer 4 der Geschäftsordnung für erledigt zu erklären.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Vielen Dank, Herr Kollege. Herr Kollege Ritzer hat sich zu Wort gemeldet. Herr Kollege, ich darf Ihnen sagen, dass Sie nur noch drei Minuten Redezeit haben.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Als langjähriger Vorsitzender des Petitionsausschusses sollte ich schon etwas dazu sagen.

Wir tun hier so, als hätten wir es mit einer kleinen örtlichen Baumaßnahme zu tun. Wir haben es mit dem Schloss Neuschwanstein zu tun. Das ist der Werbeträger Nummer 1 für Bayern. Ich habe dort drüben eine Broschüre liegen, die die Staatskanzlei für Bayern herausgibt. Auf dieser Broschüre ist das Schloss Neuschwanstein abgebildet. Und Sie fangen an, dieses Schloss zuzubauen.

(Heiterkeit bei der CSU)

Das Problem, das Sie haben und das die Gemeinde Schwangau haben wird, ist doch ganz einfach, dass das vorbelastete Gebiet dann weiträumig zugebaut wird.

(Zurufe von der CSU)