Ich wünsche mir von Frau Staatsministerin Hohlmeier, dass sie mutiger ist und Ganztagsschulen fordert und Ganztagsschulen fördert, und zwar über die 30 hinaus, und dass sie nicht weiter nur von Ganztagsangeboten spricht. Ich appelliere noch einmal an Sie, unserem Antrag zuzustimmen.
Herr Präsident, Hohes Haus! Frau Münzel hat eine Reihe von Punkten angesprochen, über die zu diskutieren es sich in der Tat lohnt. Was ich nicht im Raum stehen lassen will, ist der Angriff von Frau Goertz auf das, was wir leisten. Es ist ein Kraftakt sondergleichen, was in den nächsten fünf Jahren von der CSU-Fraktion und der Bayerischen Staatsregierung geleistet wird.
Wir werden in den nächsten fünf Jahren – das passt ganz gut zur Haushaltsdebatte; ich bin dankbar, dass der Finanzminister, der uns sehr unterstützt hat, anwesend ist – 600 Millionen DM zusätzlich zu der einen Milliarde, die wir bereits jetzt für die Kinderbetreuung ausgeben, für die Kinderbetreuung in Bayern investieren.
Ich lasse es nicht zu, dass Sie der Öffentlichkeit weismachen wollen, in Bayern werde zu wenig für die Kinderbetreuung getan.
und in vielen Bereichen durchaus noch manches besser gemacht werden kann. Ich lasse aber nicht im Raum stehen, als ob man bisher in Bayern nichts getan hätte und nichts tun will. Hier ist in einer schwierigen finanziellen Situation dank der CSU-Fraktion und der Beschlüsse zum Haushalt ein Kraftakt gelungen, der dazu führen wird, dass wir in den kommenden Jahren ein Angebot vorhalten werden, das sich inhaltlich, qualitativ und quantitativ sehen lassen kann und welches den Ländervergleich nicht zu scheuen braucht – im Gegenteil.
Ich möchte noch etwas zu dem Begriff Ganztagsschule sagen. Herr Kollege Siegfried Schneider hat den Begriff korrekt gebraucht. Es geht uns darum, dass wir in erster Linie den Familien und den Ehepartnern helfen, dass sie eine optimale Chance erhalten, Beruf und Familie in Einklang zu bringen. Uns ist auch bewusst, dass wir in diesem Lande die Schwierigkeit haben, dass für junge Mütter und junge Ehepaare Familie und Arbeitsleben sehr schwer in Einklang zu bringen ist.
Hier haben wir einen großen Handlungsbedarf. Ich bin auch der Auffassung, Frau Radermacher, dass derjenige, der das Ja zum Kind will, nach dem Nein zum Kind
fragen muss. Ich bin auch der Meinung, dass bei dem Nein zum Kind häufig die schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf als Grund genannt wird. Deshalb sind wir der Auffassung, dass das Betreuungsangebot erweitert werden soll. Meine Ministerin hat bereits vor drei Jahren mit einem großen Kraftakt begonnen, indem wir für über 18000 Kinder in Bayern die Mittagsbetreuung eingeführt haben. Das war eine gute und praktische Angelegenheit, die vor Ort gelungen ist. Gehen Sie an die Schulen, schauen Sie sich um, und hören Sie, was die Eltern, die Schulen und die Träger dazu sagen. Überall ist man froh, dass die Betreuungsmöglichkeiten über die Mittagszeit bestehen.
Sie haben uns damals schwer kritisiert. Ich kann mich erinnern, dass in Nürnberg von Rot-Grün gesagt wurde, es sei ein unmögliches Konzept, welches nichts tauge, das sei nicht zu realisieren usw. Jetzt kommt von Stadträten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN landauf landab allenfalls noch der Wunsch, die Betreuungsmöglichkeit zu intensivieren.
Wir werden das auch für die Schulen fortsetzen. Ich habe noch nie Ganztagsschulen in irgendeiner Weise verteufelt, weil ich weiß, dass sie nicht das Gleiche wie Gesamtschulen sind. Da gibt es einen Unterschied, auf den oft nicht geachtet wird.
Freiwillig, das können Sie schon in den Großstädten durchspielen, aber spielen Sie das einmal bei einer Ganztagsschule auf dem flachen Land durch. Eine Ganztagsschule heißt, dass dort der Unterricht verpflichtend ist. Das Kind, das in die Ganztagsschule geht, hat die Pflicht, sie ganztägig zu besuchen.
Dann fragen Sie einmal die Menschen, ob sie wollen, dass ihr Kind im Winter bei Dunkelheit in die Schule geht und bei Dunkelheit wieder nach Hause kommt.
Fragen Sie doch einmal, ob das der Wunsch der Mehrheit in diesem Land ist. Sie werden feststellen, dass die Mehrheit der Bevölkerung das qualifizierte Angebot einer ganztägigen Betreuung will, aber nicht die Pflicht, das Kind am Nachmittag in die Schule zu schicken. Das ist der gravierende Unterschied.
Auch Herr Deimer ist mit seiner Forderung bei den Städten auf große Schwierigkeiten gestoßen. Reden Sie darüber hinaus einmal mit den Jugendverbänden, den
Sportvereinen und all denen, die am Nachmittag Jugendarbeit machen. Dort bestehen Sorge und Ängste, dass die bestehende Struktur nicht mehr existieren kann, die wir alle aufgebaut haben.
Herr Irlinger, wenn Sie eine Ganztagsschule auf dem flachen Land einführen, dann brauchen sie einen Einzugsbereich, wenn das auf freiwilliger Basis geschehen soll und vielleicht 10% der Kinder die Ganztagsschule besuchen, wo der Sprengel mindestens vier- bis fünfmal so groß ist wie ein normaler Schulsprengel. Was das heißt, kann Ihnen jeder Kommunalpolitiker sagen. Das ist in der Praxis bei den großen Entfernungen für Erst-, Zweitund Drittklässler nicht mehr durchführbar.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte Sie, das in der Diskussion zu berücksichtigen und uns nicht vorzuwerfen, dass wir mit unserer Argumentation neben der Sache liegen. Schauen Sie sich einmal an – die Synopsen liegen vor –, wie es in anderen Bundesländern aussieht. In den meisten Fällen geht es um offene Ganztagsschulen. Das ist nichts anderes als das, was wir mit einer ganztägigen Betreuung schaffen wollen. Frau Radermacher, das wissen Sie auch.
Die ganztägige Betreuung, die wir für mindestens 3000 bis 5000 Kinder – in den nächsten fünf Jahren jährlich steigend – einrichten, bedeutet nichts anderes, als dass am Nachmittag ein gutes, verlässliches und pädagogisch wertvolles Angebot gemacht wird, damit die Eltern ihre Kinder in der Schule oder in der Obhut eines Trägervereins lassen können. Ich meine, wir liegen mit diesem Ansatz richtig, und wir werden ihn auch konsequent durchführen.
Ich darf zum Herrn Staatssekretär „Herr Freller“ sagen, denn wir sind seit Jahren miteinander vertraut.
Herr Freller, Sie werden nirgendwo eine kritische Äußerung der SPD-Landtagsfraktion dazu finden, dass die Staatsregierung sich jetzt endlich nach vielen, vielen Jahren dazu durchgerungen hat, im Rahmen eines Fünfjahresplans 30000 Betreuungsplätze zu schaffen. Im Gegenteil: Jede Rede draußen im Lande beginne ich mit einem Lob der Staatsregierung. Ich sage allerdings auch, es gibt einen eklatanten Nachholbedarf, denn bei Krippen liegt die Versorgung nur bei 2,5%, bei Horden bei unter 5%. Das haben Sie erkannt. Wir hoffen nur,
dass das Programm bis zum Jahr 2005 wirklich durchgeführt wird und dass es nicht nur bei der Ankündigung bleibt.
Über die Qualität der Betreuung und die Anknüpfung an die Schulen unterhalten wir uns, wenn das Konzept vorliegt. Bis jetzt ist nämlich nichts vorgesehen. Das ist der Unterschied zu einer offenen Ganztagsschule. Bisher ist tatsächlich nur eine Betreuung vorgesehen. Wir sind aber weiter offen, wenn Sie das so gestalten, dass eine offene Ganztagsschule dabei herauskommt.
Die Ganztagsschule als Bildungseinrichtung haben Sie wieder einmal beiseite geschoben. Sie haben von der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gesprochen. Das ist ein Punkt, aber spätestens nach der Pisa-Studie muss uns klar sein, dass die Ganztagsschule auch etwas mit Bildungschancen zu tun hat.
Dass 50% der Jugendlichen aus der Oberschicht ein Gymnasium besuchen, aber nur 10% der Kinder von angelernten und ungelernten Arbeitern, liegt sicher nicht am bösen Willen und der Erziehungsunfähigkeit der Eltern, sondern daran, dass sie ihre Kinder schlicht nicht fördern können. Das müssen Sie endlich zur Kenntnis nehmen.
Wenn man es genau betrachtet, kommt man zu dem Schluss, dass Sie die 30 Ganztagsschulen nur deshalb einrichten, weil der Druck der Wirtschaft so groß geworden ist. Die Wirtschaft hat sich aber nicht für eine Betreuung ausgesprochen, sondern für die Ganztagsschule als Bildungseinrichtung. Sie wissen, kein Mensch – deshalb bin ich bei Herrn Schneider vorhin so böse geworden, denn seine Sprache war verräterisch – will die Ganztagsschule überstülpen.