Protocol of the Session on December 12, 2001

Er ist dabei allerdings auf das Vorfeld ärztlicher Tätigkeit beschränkt.

Dazu kann ich nur sagen: Dies ist sehr wohl zielführend; das ist ein weiterer wichtiger Baustein – wir können darüber diskutieren, ob es ein kleiner Baustein ist –, aber ein Schritt in die richtige Richtung. Eine zielgerichtete Forderung wäre, die Zahl der Schulpsychologen entsprechend zu erhöhen. In Bezug auf den Doppelhaushalt 2003/2004 ist wohl einiges zu tun, um die derzeitige Zahl von 450 Stellen zu erhöhen.

Weiter darf ich auf die Belastungsuntersuchung hinsichtlich der zweiten Phase der Lehrerbildung bzw. der Probezeit – wenn jemand Lehrer zur Anstellung ist – eingehen. Man muss feststellen, dass im Verlaufe des Berufslebens Belastungen auftreten, die schon zu Beginn erkennbar sind. Warum sollte dann nicht eine entsprechende Beobachtung und Beratung erfolgen? Bei jungen Lehrern, die eben mit den gestiegenen Belastungen oder mit dem schulischen Alltag nicht fertig werden, ist es schon wichtig, genauer hinzusehen und zu prüfen, ob jemand die Eignung aufweist oder nicht, die man für die nächsten Jahrzehnte beruflicher Tätigkeit benötigt. Damit erspart man sich eine Fehlleitung in eine nicht gewünschte Richtung. Deshalb ist das sehr sinnvoll. Herr Kollege Odenbach, ich schätze Sie sehr, aber wenn Sie sagen, dass dies naiv sein soll, dann muss ich erwidern: Das ist keinesfalls naiv – egal, wie ich das Wort auslege –, sondern es ist sehr zielgerichtet, wenn eine intensive Beobachtung auch unter gesundheitlichen Aspekten erfolgt.

Allerdings – damit bin ich beim nächsten Punkt – kann man sich fragen: Warum den zweiten Schritt vor dem ersten tun? Der erste Schritt ist natürlich der noch wichtigere, der uns mittelfristig sehr weit bringt. Kollege Knauer und Kollege Schneider haben federführend die Reform der Lehrerbildung auf den Weg gebracht. Das Hohe Haus hat sie dann beschlossen. Die Lehrerausbildung wird zum 1. August 2002 neu gestaltet. Ziel ist eindeutig und unbestritten eine stärkere Praxisorientierung mit Blick auf das spätere Berufsleben.

Wir haben die Absicht, den Lehramtsstudierenden möglichst große Klarheit über ihre Eignung für den angestrebten Beruf zu vermitteln. Deshalb wollen wir ein dreibis vierwöchiges Orientierungspraktikum einführen, bei dem die Eignung und die Liebe der Studierenden zu ihrem Beruf festgestellt werden kann. Das schulpädagogische Blockpraktikum wird umgestaltet. Die Studierenden sollen im Rahmen dieses Praktikums sehr früh Unterrichtserfahrungen sammeln. Am Ende dieses Praktikums, das zwischen drei und fünf Wochen dauern soll, soll ein ausführliches und ungeschminktes Beratungsgespräch stehen. Dies haben wir ausdrücklich gefordert.

Die mit der Betreuung beauftragten Lehrkräfte werden die Beobachtungen zusammenstellen. Wenn eine Nichteignung festgestellt wird, müssen die Lehrkräfte geeignete Schritte in die Wege leiten. Bei einem Studenten, der sich tatsächlich in der falschen Laufbahn befindet, ist zu diesem Zeitpunkt noch eine Korrektur möglich. Die

Mehrheit dieses Hohen Hauses hat bereits wegweisende Schritte unternommen: Wir haben die ersten Zentren für Lehrerbildung und Fachdidaktik eingerichtet. Ich bin natürlich sehr froh, dass das erste Zentrum in wenigen Wochen an der Universität Passau eröffnet wird. Dort soll im Rahmen eines Modellversuchs die pädagogische und psychologische Vermittlung gestärkt und der Theorie- und Praxisbezug verbessert werden. Dies wird im Rahmen der Änderung der Neunten Lehramtsprüfungsordnung festgelegt werden.

Ein Quantensprung wäre die Schaffung eines Beförderungsamtes. Dies ist ein leidiges Thema. Ich halte es nicht für zielführend, dass Sie bei der Diskussion im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes darauf hingewiesen haben, dass ein solches Beförderungsamt vor einigen Jahren, als die Mehrheiten im Deutschen Bundestag noch anders waren, nicht eingeführt worden sei. Für uns ist das kein Grund, nicht in die Zukunft zu sehen. Aus verschiedenen Analysen und Studien geht hervor, dass im Berufsalltag die Motivation ein entscheidender Faktor ist. Für Lehrer an Grund-, Haupt- und Realschulen gibt es aber nach wie vor keine Möglichkeit, ein funktionsunabhängiges Beförderungsamt zu erreichen. Dies wirkt natürlich mit der Zeit demotivierend. Wir haben deshalb diese Forderung für die Grund-, Haupt- und Realschulen erhoben.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, im Polizeivollzugsdienst wurden mehrere Beförderungsämter eingeführt. Solche Beförderungsämter sollten auch für Lehrer geschaffen werden. Dem steht jedoch leider § 1 Absatz 4 Bundesbesoldungsgesetz entgegen. Dort ist festgelegt, dass besoldungsrechtliche Vorschriften nur erlassen werden könnten, soweit dies bundesgesetzlich ausdrücklich geregelt sei. Klar ist, eine solche Ermächtigung der Länder zur Schaffung eines Beförderungsamtes ist im Bundesbesoldungsgesetz nicht enthalten. Der Freistaat Bayern kann ein solches Beförderungsamt nicht ausweisen. Dazu müsste das Bundesbesoldungsgesetz geändert werden. Ein entsprechender Antrag der CSUFraktion liegt bereits vor. Leider haben die wiederholten Vorstöße Bayerns nicht die Unterstützung der anderen Länder gefunden, in erster Linie wahrscheinlich aus finanziellen Gründen.

(Knauer (CSU): Weil sie pleite sind!)

Herr Kollege Knauer, Sie haben völlig Recht. In manchen Ländern mag der Grund darin liegen, dass deren Haushaltslage nur mit dem Wort „pleite“ zu umschreiben ist. Damit haben diese Länder nicht genügend Spielraum.

(Hoderlein (SPD): Zum Beispiel das Saarland!)

Wir verfolgen jedoch weiterhin dieses Ziel. Gerade unter dem Gesichtspunkt des Erhalts der Gesundheit und der Vermeidung vorzeitiger Dienstunfähigkeit könnten die Länder im Bundesrat die notwendige Mehrheit schaffen. Herr Kollege Hoderlein, Sie sollten auf die Bundes-SPD, also auf Ihre Genossen, entsprechend einwirken. Dann könnten wir sicherlich etwas bewegen.

Ich möchte abschließend noch einen Punkt ansprechen, der ebenfalls in die Zukunft weist. Die CSU-Fraktion hat vor kurzem die Weiterbildung an den Hochschulen gestärkt. Die Gelder, die dadurch erwirtschaftet werden, werden künftig voll in den Haushalt der Hochschulen fließen. Auf den ersten Blick mag dies nicht sehr viel mit dem Thema „Lehrer“ zu tun haben. Wichtig ist aber, dass hier im Sinne einer Ergänzung und Verstärkung der Lehrerfortbildung Ressourcen aufgemacht werden, nämlich der Sachverstand, der in dieser Form möglicherweise vorher noch nicht vorhanden war.

Wir werden diese Entwicklung sehr aufmerksam beobachten. Eine weitere Forderung an die Hochschulen, die auch von der Opposition mitgetragen wird, ist die Bündelung der Ursachenforschung zu den Themen „Burn out“ und „Vorzeitige Dienstunfähigkeit“. Diese Bündelung ist ebenso notwendig wie die Einleitung einer fundierten Untersuchung. Wir brauchen eine klare Grundlage für künftige Präventions- und Rehabilitationsmaßnahmen. Bayern befindet sich hier auf dem richtigen Weg. Wir haben keinen Anlass, von der Beschlussfassung des Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes abzurücken.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Kollege Sprinkart.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich werde Ihre Zeit nicht solange in Anspruch nehmen wie Herr Kollege Dr. Waschler.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das Thema „Krankheitsbedingte Frühpensionierungen bei Lehrerinnen und Lehrern“ ist nicht neu, hat aber durch die bereits mehrfach erwähnte Studie von Herrn Dr. Weber an Aktualität gewonnen. Hauptverursacher für krankheitsbedingte Frühpensionierungen sind psychische und psychosomatische Störungen, Depressions-, Belastungs- und Erschöpfungssyndrome. Als subjektive Stressfaktoren werden von Lehrern an erster Stelle das Verhalten schwieriger Schülerinnen und Schüler, die Klassenstärken und die hohen Stundenzahlen erlebt. Allgemein formuliert entsteht das Burn-outSyndrom vor allem dort, wo ein hoher Arbeitsdruck und wenig individuelle Möglichkeiten zur Gestaltung der eigenen Arbeit bestehen. Dies ist nicht gerade eine schmeichelhafte Beschreibung des Arbeitsklimas an den Schulen und des Arbeitgebers Kultusministerium.

Wir ziehen daraus folgende Schlussfolgerungen: Die Schülerinnen und Schüler können wir nicht auf die Schnelle ändern. Verhaltensschwierige und verhaltensauffällige Schülerinnen und Schüler sind das Ergebnis einer sich ändernden gesellschaftlichen Realität, die Sie, meine Damen und Herren von der CSU und der Staatsregierung, jahrelang ignoriert haben, weil sie nicht in Ihr Bild von der heilen Familie passte. So viel zum Thema: „Näher am Bürger“.

Die subjektiv empfundenen Ursachen sind die Klassenstärken und die Stundenzahlen. Herr Kollege Dr. Waschler, ich halte es für erstaunlich, dass Sie als ehemaliger Lehrer, der aus der Praxis kommt, diese Zusammenhänge schlichtweg leugnen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie so etwas auch vor einem Lehrerkollegium sagen würden. Offenbar haben Sie ein sehr kurzes Gedächtnis.

Sie hinterfragen ständig die Wissenschaftlichkeit dieser Aussagen. Sie haben mir während der Ausschusssitzung aber nicht sagen können, mit welcher wissenschaftlichen Studie Sie begründen, dass die Lehrer an den Grund- und Hauptschulen eine deutlich höhere Unterrichtszeit als die Lehrer an Gymnasien oder Realschulen haben müssen. Die Antwort auf diese Frage sind Sie mir schuldig geblieben. Zu den Themen der Klassenstärken und der Stundenzahlen haben wir von der Staatsregierung nur wenig Zielführendes gehört. Im Gegenteil: Mit dem verpflichtenden Arbeitszeitkonto haben Sie die Stundenzahlen erhöht. In einem Antrag der CSU-Kollegen, den Herr Kollege Odenbach erwähnte, wird gefordert, dass die Teilzeit deutlich eingeschränkt wird. Gerade Teilzeit arbeitende Lehrer leisten in hohem Maße unbezahlte Mehrarbeit. Vor diesem Hintergrund ist eine solche Forderung absolut kontraproduktiv.

Inzwischen wird laut darüber nachgedacht, ob die Altersteilzeit bei Lehrerinnen und Lehrern noch weitergeführt werden sollte, weil sie angeblich zu teuer sei. Ich glaube demgegenüber, der Rückgang der krankheitsbedingten Frühpensionierungen in den letzten zwei Jahren hängt mit der Einführung der Altersteilzeit zusammen. Wenn Sie die Altersteilzeit aufheben oder einschränken, wird die Zahl der krankheitsbedingten Frühpensionierungen wieder ansteigen. Ich kann den Sinn eines solchen Zurückruderns nicht erkennen.

Sie wollen die Belastbarkeit der Lehrerinnen und Lehrer am Ende der Referendarzeit testen. Das wäre sozusagen ein Test auf Stressresistenz. Dies kommt mir als Landwirt bekannt vor. Das bedeutet nichts anderes, als dass sich die Arbeitsbedingungen für Lehrerinnen und Lehrer deutlich verschärft haben.

Nun suchen Sie künftig Lehrerinnen und Lehrer aus, die diesen Stress aushalten. Abgesehen davon, dass ich diese Vorgehensweise für höchst problematisch halte, ist der Zeitpunkt falsch gewählt, wenn man die Lehrerinnen und Lehrer zunächst ein teures Studium und dann noch die Referendarzeit absolvieren lässt, um dann zu sagen, dass sie zu wenig belastbar seien, um Lehrkraft zu werden. Hinzu kommt, dass Sie zu dem Mangel an Lehrkräften, der sich wahrscheinlich noch deutlich steigern wird, auch noch eine scharfe Auslese betreiben. Das geht nach dem Motto: Lieber gar keinen Lehrer als einen stressanfälligen. Das kann nicht funktionieren. Sie werden das Problem auf diese Weise nicht lösen können. Wenn wir das Problem lösen wollen, dann müssen wir an den Ursachen arbeiten, nämlich den großen Klassen und den hohen Stundenzahlen. Zugegeben, das kostet.

In der Antwort auf meine schriftliche Anfrage konnte ich erfahren, dass die Reduzierung der maximalen Klassenstärke auf 25 Schüler und Schülerinnen 11500 neue Planstellen erfordern und das Ganze 1,2 Milliarden DM jährlich kosten würde. Sie sehen, Sie sind weit von halbwegs vernünftigen Arbeitsbedingungen für die Lehrer und Lehrerinnen entfernt. Die Reduzierung der Unterrichtspflichtzeit an Grund-, Haupt- und Förderschulen um eine Stunde würde zum Beispiel 2000 zusätzliche Planstellen erfordern.

Leider hat sich das Kultusministerium um die Beantwortung der Frage gedrückt, wie hoch das Sparpotenzial wäre, wenn es uns gelänge, mit geeigneten Maßnahmen das Durchschnittsalter der Frühpensionierung wieder ein Jahr nach oben zu korrigieren. Diese Maßnahme wäre haushaltsneutral. Die Mittel, die hier eingespart werden könnten, könnten bei der Prävention eingesetzt werden. Dass etwas einzusparen ist zeigt sich deutlich, weil sich der Oberste Rechnungshof bereits zweimal dem Thema angenommen hat.

Die Anträge der SPD sind zielführend, wir werden ihnen deshalb zustimmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Ich schlage vor, über alle vier Anträge eine Gesamtabstimmung durchzuführen. Entsprechend unserer Geschäftsordnung sind dieser Abstimmung die Voten des jeweils federführenden Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes zugrunde zu legen. Widerspruch erhebt sich nicht. Dann lasse ich so abstimmen. Wer hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 26 bis 29 – Drucksachen 14/7302, 14/7303, 14/7304 und 14/7305 – seinem Abstimmungsverhalten bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion im jeweils federführenden Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes beitreten will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist das gesamte Hohe Haus. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit übernimmt der Landtag die Voten der federführenden Ausschüsse.

Ich rufe erneut auf:

Tagesordnungspunkt 25

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Maget, Werner-Muggendorfer, Irlinger und anderer und Fraktion (SPD) Keine Einsparung von Lehrerstellen in den Fächern Religion und Ethik (Drucksache 14/7112)

Die Aussprache hat bereits stattgefunden. Wir kommen zur Abstimmung. Diese soll auf Wunsch der SPD-Fraktion in namentlicher Form erfolgen. Der federführende Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport empfiehlt auf Drucksache 14/8081 die Ablehnung des Dringlichkeitsantrags. Für die Stimmabgabe sind die gekennzeichneten Urnen bereit gestellt. Die Ja- Urne befindet sich auf der Oppositionsseite, die Nein-Urne auf der Seite der

CSU-Fraktion und die Enthaltung-Urne auf dem Stenografentisch. Mit der Stimmabgabe kann begonnen werden.

(Namentliche Abstimmung von 17.14 bis 17.19 Uhr)

Meine Damen und Herren, die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Abstimmungsergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt und Ihnen morgen in der Plenarsitzung bekannt gegeben.

Da für die weiteren Tagesordnungspunkte Aussprachen angekündigt worden sind, können wir in der Tagesordnung nicht mehr weiterfahren. Ich schließe für heute die Sitzung.

Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen der CSU-Fraktion zur Fraktionssitzung in den Konferenzsaal.

(Schluss: 17.19 Uhr)