Protocol of the Session on November 14, 2001

Ich werde das erst einmal erklären, anschließend können Sie gerne Ihre Frage stellen.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann interessiert die Frage bestimmt nicht mehr!)

Herr Dürr, man weiß sowieso nicht, was man noch auf ihre Reden antworten soll, weil die Inhalte derart dürftig sind, dass einem langsam nichts mehr dazu einfällt.

(Beifall bei der CSU)

Ich darf jetzt zunächst einmal zu den Tatbestandsmerkmalen einer Nichtigkeitserklärung kommen. Nach Artikel 44 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes ist ein Verwaltungsakt dann nichtig, wenn er an einem besonders schwer wiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.

Kollege Winter ist auf diese Offenkundigkeit vorhin auch eingegangen. Unter offenkundig versteht man zum Beispiel nicht, dass Bankkonten, die keinem von uns bekannt sein können und die unter dem Bankgeheimnis stehen, von einem Staatsministerium zu untersuchen wären. Das fällt nicht unter Offenkundigkeit.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das kann man sich erschwindeln!)

Eine Nichtigkeitserklärung ist schlicht und einfach nicht möglich. Der Fehler muss so offenkundig sein, dass er für den verständigen Begutachter ohne weiteres ersichtlich ist, nicht nur für die Behörden, sondern für jeden verständigen Begutachter, der sich nicht ganz intensiv und in allen Details mit der ganzen Angelegenheit auseinander setzt. Die Fehlerhaftigkeit muss dem Verwaltungsakt

gewissermaßen auf die Stirn geschrieben sein, dann ist es eine Offenkundigkeit.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Hahnzog (SPD))

Nachdem diese Voraussetzung nicht vorliegt, Herr Dr. Kaiser, ist eine Nichtigkeitserklärung gar nicht möglich.

Die andere Frage, mit der ich mich noch einmal auseinander setzen möchte, ist das Thema Aufsicht. Der Deutsche Orden ist kein Unternehmen des Freistaates Bayern. Es kann uns in den nächsten Jahren bedauerlicherweise wieder passieren, dass eine große soziale Einrichtung oder unter Umständen auch eine Körperschaft in große Schwierigkeiten gerät. Diese Möglichkeit ist schlicht und einfach vorhanden. Wir können aber nicht für jede Körperschaft, jede Sozialeinrichtung und auch nicht für kirchliche Einrichtungen von Haus aus die gesamte finanzielle Verantwortung und die gesamte Sanierung übernehmen und dann von Staats wegen die Dinge ordnen. Das ist nicht möglich.

Zur Frage der Aufsicht möchte ich deutlich feststellen, dass das Grundgesetz auch für die Opposition des Bayerischen Landtages Gültigkeit haben sollte. Im Grundgesetz und in der Weimarer Verfassung, steht deutlich drin, dass das Selbstverwaltungsrecht der Kirche und ihrer untergeordneten Organisationen unter das Verbot der Aufsicht des Staates fällt. Dahin geht auch die Urteilsbegründung des Bundesverfassungsgerichtes in Bezug auf die Konkursunfähigkeit, da durch einen Eingriff des Staates von außen eine Religionsgemeinschaft vernichtet werden könnte. Dieses wollte man bewusst verhindern; der Staat soll keine Möglichkeit haben, in Religionsgemeinschaften einzugreifen. So war es von den Vätern und Müttern des Grundgesetzes gedacht.

Daher ist die immer wieder aufgetretene Behauptung – auch von Ihnen heute wieder, Herr Dürr –, der Staat hätte eine Aufsichtspflicht oder ein Aufsichtsrecht – –

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie hätten sich die Möglichkeit zur Aufsicht sichern können!)

Wir haben beides nicht. Wir sind auf die normalen Angaben angewiesen. Wenn diese Angaben verspätet eingetroffen oder fehlerhaft oder wie auch immer sind, dann haben wir kein Kontrollrecht, kein Eingriffsrecht und auch kein Aufsichtsrecht. Das muss man schlicht und einfach feststellen. Das, Herr Dürr, sollten Sie endlich zur Kenntnis nehmen.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie hätten die Chance nutzen sollen!)

Zu dem Thema „Aussagen in der Zeitung“, Herr Dr. Kaiser: In den Zeitungen steht – das mögen mir die Medienvertreter jetzt bitte nicht übel nehmen – manchmal ziemlich viel.

(Lachen bei der SPD)

Es ergibt sich aus einem Zeitungsartikel nicht, dass der Staat Bürge geworden ist.

(Dr. Kaiser (SPD): Aber der Eindruck ist erweckt worden!)

Der Staat war nie Bürge, er ist nie Bürge gewesen. Wenn wir das prüfen wollten, was in der Zeitung behauptet wird, was auch immer jemals irgendjemand irgendwo behauptet hat, dann hätten wir ziemlich viel zu tun. Es zählen die Tatsachen und Fakten und nicht irgendwelche Gerüchte, die irgendwann einmal irgendwo standen, die man heute gar nicht mehr nachvollziehen kann. Man kann der Staatsregierung auch nicht abverlangen, dass sie jede Zeitung im Einzelnen durchforscht, was eine Vereinigung im Einzelnen unter Umständen in Beziehung zum Staat gesagt hat. Im Nachhinein kann man immer viel daraus lesen. Zu den Fakten zählt das Ganze nicht.

Der nächste Punkt: Ich empfinde als besonders schäbig – das möchte ich hier in diesem Raum deutlich sagen – die Aussage von Ihnen, Herr Dürr, wo der Herr Ministerpräsident steckt, er versteckt sich wohl in der Staatskanzlei. Ich glaube, wir sind hier in diesem Parlament eines solchen Umgangstons wirklich nicht würdig.

(Beifall bei der CSU – Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Wir werden Sie bei Gelegenheit daran erinnern!)

Ich halte das für derartig peinlich.

(Widerspruch bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Der Bayerische Ministerpräsident hat sich zu einem Zeitpunkt, als der Deutsche Orden noch einen hohen Ruf hatte – übrigens gibt es auch einige Genossen von Ihnen, die sich dem sehr aufgeschlossen gezeigt haben, die muss man dann genauso anschuldigen, davon habe ich aber noch nichts gehört – den gemeinnützigen Zielen verschrieben.

(Frau Biedefeld (SPD): Eine Fehleinschätzung war das!)

Er hat zugesagt, diese gemeinnützigen Ziele insgesamt zum Wohle der Bevölkerung, zum Wohle der Patienten, von alten und behinderten Menschen zu unterstützen. Ihn dafür heute anzuklagen, halte ich für eine Unglaublichkeit.

(Widerspruch bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Frau Staatsministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Volkmann?

Wenn es ihm auch nicht passt, aber ich gestatte sie nicht.

Ihn dafür der Komplizenschaft zu bezichtigen, halte ich schlichtweg für infam. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Sie, Herr Dürr, es am liebsten so hätten:

Der Deutsche Orden soll in Konkurs gehen, die Einrichtungen sollen vor die Hunde gehen, dann könnten Sie nach Ihrer Komplizenschaftstheorie endlich den bayerischen Ministerpräsidenten angreifen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): So ein Schmarrn!)

Wir haben eine andere Auffassung.

(Widerspruch bei der SPD)

Wir haben die Auffassung, wenn solche Einrichtungen auf dem Spiel stehen, dass wir uns verpflichtet fühlen, dort zu helfen und zu unterstützen und einen Beitrag zu leisten, wo es in irgendeiner Weise geht.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann tun Sie endlich etwas!)

Das ist aber nicht Verantwortung des Staates, sondern freiwillige Leistung des Staates, die er zugunsten von Patienten, von alten und betroffenen Menschen letztendlich mit einbringt. Er kann aber die Verantwortung für den Deutschen Orden nicht übernehmen, auch nicht für die Unternehmen des Deutschen Ordens.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber für seine Fehler!)

Dafür trägt nach wie vor der Deutsche Orden die Verantwortung, nicht der Freistaat Bayern. Wir führen dieses Unternehmen nicht.

(Beifall bei der CSU)

In diesem Zusammenhang würde ich mir schlicht und einfach etwas mehr Sachlichkeit wünschen, und ich lehne es deutlich ab, dass Sie immer wieder Ihre Behauptung wiederholen, Minister Zehetmair sei angewiesen worden. Sie wissen ganz exakt, dass er nicht angewiesen worden ist. Wir haben den Originalbrief veröffentlicht, damit Sie diese Behauptung nicht mehr wiederholen können. Die Verleihung hat nach einer ziemlich profunden Untersuchung zu einem Zeitpunkt stattgefunden, als der Deutsche Orden einen sehr guten Ruf hatte und sehr angesehen war. Dass anschließend aus vielen Gründen heraus der Deutsche Orden fasst in die Pleite geraten ist und die Einrichtungen heute in diesem Zustand sind, dafür trägt weder der Freistaat Bayern die Verantwortung, noch spielt dafür die Verleihung des Status Körperschaft des öffentlichen Rechts eine Rolle.

Kollege Kaiser, ich hatte Sie so verstanden, dass Sie sich zu Wort melden wollen. Eine Zwischenfrage ist ganz offenkundig erlaubt.

Frau Ministerin, sind Sie mit mir der Auffassung, dass jeder Verwaltungsakt, wie zum Beispiel auch die Verleihung der Körperschaftsrechte, der auf falschen oder unvollständigen Grundlagen beruht, aufgehoben werden kann und aufgehoben werden muss? Und zweitens: Sind Sie mit mir der Auffassung, dass das Kultusministerium den Auftrag des Verfas

sungsgerichtes, in diesen Fällen der Verleihung einer Körperschaftseigenschaft besonders zu prüfen, grob vernachlässigt hat, entweder fahrlässig oder vorsätzlich?

Frau Staatsministerin.

Die zweite Frage kann ich gleich mit Nein beantworten, ich bin nicht Ihrer Auffassung. Das Kultusministerium hat sorgfältig geprüft und hat sich viele Unterlagen zukommen lassen. Nicht nur das Kultusministerium sondern auch das Sozialministerium sind ihrer Sorgfaltspflicht, soweit das möglich war, nachgekommen. Ich kann Ihre Auffassung zu diesem Punkt nicht teilen.

Was war der Punkt 1 noch einmal?

(Dr. Kaiser (SPD): Verwaltungsakt aufheben!)