Meine Damen und Herren, das beste Förderprogramm für kommunale Einnahmen ist eine gute Konjunktur mit sprudelnden Steuereinnahmen. Die Steuereinnahmen sprudeln auch; denn trotz der so genannten größten Steuerreform aller Zeiten, wie es Herr Eichel immer sagt, nimmt er heuer 70 Milliarden DM mehr ein als Herr Dr. Waigel im Jahre 1998. Herr Eichel nimmt dieses Geld allerdings dort weg, wo es dringend gebraucht würde. Er schröpft die Arbeitnehmer, er schröpft die Rentner, und er schröpft den Mittelstand. Diese Gruppen sind deswegen nicht mehr in der Lage, Geld für nötige Anschaffungen und Investitionen auszugeben.
(Frau Biedefeld (SPD): Herr Eichel senkt die Lohnnebenkosten, er entlastet die Steuerzahler und zahlt mehr Kindergeld!)
Deshalb hatten wir in den ersten beiden Quartalen des Jahres 2001 eine Stagnation der Binnenkonjunktur zu verzeichnen. Deshalb haben wir im dritten Quartal einen Rückgang der Binnenkonjunktur festzustellen. Das ist die Realität. Fragen Sie beim Ifo-Institut nach. Wir haben eine Rezession in der Binnenkonjunktur im dritten Quartal 2001. Was sagt der Bundeskanzler dazu? – Herr Präsident, ich möchte hierzu aus einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ zitieren, der von Herrn Maier-Mannhart verfasst wurde, der sicher nicht im Verdacht steht, ein Parteigänger der CSU zu sein.
Der Kanzler handelt frei nach dem Motto: Wenn ich den Rauch ignoriere, brauche ich mir auch über die Art und Weise, wie das Feuer zu löschen wäre, keine Gedanken machen.
Hilfreich wäre in dieser Lage ein ungetrübter Blick auf die Realität. Dann nämlich erkennt man beispielsweise, dass sich die Wirtschaft in Deutschland in einem regelrechten Schockzustand befindet.
Meine Damen und Herren, das gilt nicht nur für die Wirtschaft. Wir leben in Deutschland in einem Schockzustand, aber nicht wegen des 11. September, sondern weil viele Menschen durch die Wirtschaftspolitik verunsichert sind. Sie machen sich Sorgen darüber, wie es wei
tergeht und ob sie damit rechnen können, morgen noch ihren Arbeitsplatz zu haben. Das ist eindeutig ein Problem Ihrer Politik, die Sie in Berlin betreiben. Die Schwäche der Binnenkonjunktur kam nicht von ungefähr. Sie haben den Arbeitsmarkt radikal verändert. Mit dem 630-DM-Gesetz haben Sie nicht nur vielen Menschen ein Einkommen genommen, das ihnen die Möglichkeit zu Investitionen gab. Sie haben auch vielen Handwerkern, Einzelhändlern und natürlich auch der Gastronomie erhebliche Nachteile verschafft.
Die Neuregelung zur so genannten Scheinselbstständigkeit hat die Gründerdynamik überall im Land negativ beeinflusst. Mit dem Teilzeitgesetz und der Reduzierung des Kündigungsschutzes haben Sie die Wirtschaftsleistung dort, wo Arbeitsplätze geschaffen werden sollen, zurückgedrängt. Ich möchte jetzt nicht wiederholen, was Herr Kollege Ach zur Steuerreform gesagt hat. Die Entlastungen, die Sie bisher genannt haben, haben noch lange nicht die Belastungen aufgewogen, die Herr Lafontaine dem Mittelstand zusätzlich zugemutet hat. Interessant war es in diesem Zusammenhang, den Antrag der GRÜNEN zu lesen, mit dem sie die Staatsregierung auffordern, etwas zu korrigieren, was sie in Berlin verbrochen haben.
(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein, Sie sollen im Bundesrat Ihrer Verantwortung gerecht werden!)
Ich kann nur sagen, die Staatsregierung und die CSU haben immer wieder vor einer ganzen Reihe von Überlegungen, die Sie in die Steuerreform eingebracht haben, gewarnt. Sie waren aber nicht bereit, sich warnen zu lassen. Die Menschen verunsichert die Tatsache, dass Sie ihnen mit der Ökosteuer Geld aus der Tasche ziehen, aber dass Sie es nicht schaffen, die Lohnzusatzkosten zu reduzieren. Das versetzt die Menschen in einen Schock und führt dazu, dass sie nicht mehr einkaufen, dass die Umsätze des Einzelhandels zurückgehen und damit auch die Gewerbesteuereinnahmen.
Meine Damen und Herren, sehen Sie sich einmal die Situation bei der Krankenversicherung an. Die Bundesregierung – so hört man es jedenfalls – lässt hier sogar von der Industrie kaufen, damit sie über die Wahl hinwegkommt, ohne eine Reform machen zu müssen. Das sind falsche Rezepte für mehr Arbeit und Beschäftigung und für mehr Umsätze, Löhne und Gewinne. Hier muss sich etwas ändern. Ein Politikwechsel genügt nicht mehr. Ein Schockzustand ist nur mit einem Regierungswechsel zu beenden. Sie stehen ohnehin vor einer solchen Entscheidung, wenn ich mir ansehe, wie sich der Bundeskanzler verbiegen muss, um am Donnerstag eine vernünftige Mehrheit zustande zu bringen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn es um die Kommunen tatsächlich so schlecht steht und die Bundesregierung
Herr Kollege Ach, Ihnen wird das Lachen gleich vergehen. In Ihrer Argumentationsnot haben Sie davon gesprochen, dass die Gewerbeertragsteuer keine verlässliche Größe mehr sei. Wer hat denn die Gewerbekapitalsteuer abgeschafft?
Jetzt gibt es nur noch eine Gewerbeertragsteuer. Das ist natürlich eine Konjunktursteuer. Meine sehr verehrten Damen und Herren, CSU und Staatsregierung glauben, endlich einen Sündenbock für den seit vielen Jahren desolaten Zustand der kommunalen Finanzen in Bayern gefunden zu haben. Sie wollen dabei vergessen machen, dass es zwischen dem Bund und den Kommunen überhaupt keine direkten Finanzbeziehungen gibt. Der Anteil der Kommunen am Gesamtsteueraufkommen liegt bei 12,3%, während sie an den Kosten der Steuerreform nur mit 6,3% beteiligt sind.
CSU und Staatsregierung wollen darüber hinaus vergessen machen, dass sie mit ihrer Parlamentsmehrheit alle SPD-Anträge zur Verbesserung der kommunalen Finanzen stets abgelehnt haben. Ihnen bleibt es unbenommen, vom Landesanteil der Gewerbesteuerumlage, von der nur 24% beim Bund verbleiben, mehr als bisher direkt an die Städte und Gemeinden weiterzureichen. Der CSU bleibt es unbenommen, dafür zu sorgen, dass durch Reduzierung der Vorwegentnahmen aus dem allgemeinen Steuerverbund oder der Erhöhung des kommunalen Anteils von bisher 11,54% die Schlüsselzuweisungen erhöht werden. Damit würden Sie für mehr Unabhängigkeit, Transparenz und Gerechtigkeit eintreten.
Sie, meine Damen und Herren von der CSU, sind es doch, die unfähig sind, den kommunalen Finanzausgleich zu reformieren, unbürokratischer und transparenter zu machen und auf neue Füße zu stellen, und dies, obwohl Sie schon seit mindestens zehn Jahren in diesem Hause darüber schwadronieren, wie notwendig das wäre. Erst am 21. März 2000 hat der Ministerrat dazu eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Dem Vernehmen nach ist diese aber bisher über die Phase der Bestandsaufnahme nicht hinausgekommen.
Sie wollen mit dieser Aktuellen Stunde nur ablenken von ihren eigenen Versäumnissen, ihrer Reformunfähigkeit und der fortlaufenden Gängelung und Strangulierung der 2056 bayerischen Städte und Gemeinden, der 71 Landkreise und der 7 Regierungsbezirke. Sie sind es, die es zu verantworten haben, dass die Steuerkraft der Gemeinden pro Einwohner im Jahr zwischen 450 DM und 9000 DM schwankt, dass bereits 1997239 Kommunen praktisch pleite waren und dass der Staatsregierung nicht einmal bekannt ist, wie viele Gemeinden den vorgeschriebenen Mindestbetrag, der vom Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt zu überführen ist, nicht mehr erwirtschaften können. Vor lauter Nabelschau und Selbstbeweihräucherung nehmen Sie die kommunale
Sie sind Opfer ihrer laufend wechselnden, willkürlichen Vergleichsberechnungen und – betrachtungen, wenn es darum geht, die Auswirkungen Ihrer Politik in nahezu allen Bereichen an die Spitze aller 16 Bundesländer zu manipulieren. Die Desinformationspolitik vor allem des Finanzministers ist doch längst unerträglich geworden und mit den Spielregeln einer parlamentarischen Demokratie nur schwer unter einen Hut zu bringen. Sie heben Förderprogramme auf wie das Programm „Freizeit und Erholung“ und reduzieren dramatisch andere Programme – ich erinnere an die RZWas 2000 –, ohne eine parlamentarische Diskussion führen zu wollen. Noch nicht einmal zu einer Information sind Sie bereit gewesen.
Das ist eine Lüge, und Sie wissen es. Die SPD-Landtagsfraktion wird weiterhin darauf hinweisen, wie Sie, meine Damen und Herren von CSU und Staatsregierung, in den letzten 10 bis 15 Jahren, vor allem seit der Regierungszeit Stoibers, mit den Kommunen umgesprungen sind und immer noch umspringen, wie sehr Sie sie gängeln, hinters Licht führen und sich auf ihre Kosten bereichert bzw. den Staatshaushalt saniert haben.
Immer wieder und so lang, bis wir es selbst nicht mehr hören können, werden wir darauf hinweisen – ich komme zum Schluß, denn die Redezeit geht leider zu Ende –, dass seit 10 Jahren bei einer Inflationsrate von 28% und einer Ausweitung des Staatshaushalts um nahezu 50% die projektbezogenen Zuschüsse stagnieren und die Finanzzuweisungen nach Artikel 7 FAG sowie die Schlüsselzuweisungen nicht einmal die Inflationsrate ausgleichen und deutlich hinter der Entwicklung des Staatshaushaltes zurückbleiben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Kommunen haben mittlerweile 39 Milliarden DM Schulden. Der Schuldendienst beträgt nahezu 4,6 Milliarden DM. Bei Gesamtsteuereinnahmen von 17,7 Milliarden DM im Jahr 1999 bedeutet das, dass rund jede vierte kommunale Steuermark – oder 25,88% der Gesamtsteuereinnahmen – für den Schuldendienst aufgebracht werden muss.
So sieht die kommunale Wirklichkeit in Bayern aus. Sie von der CSU sollten das wenigstens einmal zur Kenntnis nehmen. Vielleicht gibt es sogar ein paar unter Ihnen, die darüber nachzudenken beginnen.
Herr Wahnschaffe, wer nicht zuhört, merkt es nicht. Als nächster Redner hat Herr Kollege Dr. Kempfler das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn die Ausführungen der Herren Kollegen Strasser und Mehrlich richtig wären, dann müßte man sich darüber wundern, dass der Oberbürgermeister von München eine scharfe Attacke gegen die Bundesregierung gerichtet hat, wie in der Samstagsausgabe der „Süddeutschen Zeitung“ zu lesen war. Er hat erklärt, dass dramatische Einbrüche im Gewerbesteueraufkommen aufgrund der Politik der Bundesregierung zu beklagen sind.
Die rot-grüne Steuerreform hat nicht nur den Wachstums- und Beschäftigungsmotor Mittelstand und die Arbeitnehmer benachteiligt, sondern auch die Folgen für die Gewerbesteuer völlig mißachtet. Die rot-grüne Koalition hat die Finanzkraft der Kommunen durch die Steuerreform nachhaltig geschwächt und den Kommunen durch viele andere gesetzliche Maßnahmen erhebliche finanzielle Lasten aufgebürdet nach dem Motto: Der Bund spart, die Kommunen bezahlen.
Ich nenne nur ein paar Stichworte: Rentenreform. 15,5 Milliarden DM werden bis zum Jahr 2008 auf die Kommunen verlagert. Auch aus diesem Grund hat der Freistaat Bayern der Rentenreform nicht zugestimmt. Die so genannte Grundsicherung führt ein neues soziales Sicherungssystem ein. Das Bundesarbeitsministerium schätzt, dass für die Kommunen Kosten von 900 Millionen DM bis 1,2 Milliarden DM pro Jahr zu erwarten sind. Eine weitere Belastung der Kommunen bringt die Streichung der originären Arbeitslosenhilfe mit sich. Der Bund spart hier jährlich zwischen 1 Milliarde DM und 1,3 Milliarden DM. Allein die bayerischen Kommunen werden mit circa 80 Millionen DM pro Jahr belastet werden.
Nach den Plänen der rot-grünen Koalition zur Neuregelung des Zuwanderungsrechts kommen auf die Kommunen enorme Kosten zu. Ich nenne hierzu nur eine Zahl: Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung erwartet Belastungen in Höhe von 1 Milliarde DM. Die Sozialhilfeausgaben sind dabei nicht mit eingerechnet. Eine wesentliche Belastung hat auch die Ökosteuer mit sich gebracht. Die Bundesregierung hat auf Bundestagsdrucksache 14/6923 ausgeführt, dass sich die Nettobelastung der kommunalen Verkehrsunternehmen durch die Ökosteuer in den Jahren 1999 bis 2003 auf 317 Millionen DM beläuft. Das ist nur eine unvollständige Aufzählung.
Ein Trauerspiel, an das in diesem Zusammenhang ebenfalls erinnert werden muß, ist die Behandlung des Themas „Sozialversicherungspflicht der ehrenamtlich Tätigen durch den Bundeskanzler und die rot-grüne Bundestagsmehrheit“. Bisher ist nichts geschehen, obwohl der Bundeskanzler im vergangenen Jahr in Augsburg ein großes Versprechen abgegeben hat.
Im Steuerrecht ist etwas geändert worden, was völlig unzulänglich ist. Es handelt sich um eine Flickschusterei, die auf die Sozialversicherungspflicht keinen Einfluß hat. Belastet wurden die Kommunen, weil diese zunächst die Arbeitgeberbeiträge zu bezahlen haben sowie in vielen Fällen die Belastungen der Arbeitnehmer übernehmen, dieser kleinen Leute, die freiwillig insbesondere für die Kommunen tätig sind, zum Beispiel als geringfügig Beschäftigte in Büchereien, als Angehörige der Sicherheitswacht und der Naturschutzwacht.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat am 29. Mai 2001 die Bundesregierung aufgefordert, ihr Versprechen zur Stärkung der kommunalen Finanzen wahr zu machen, ihre kommunalfeindliche Politik unverzüglich zu korrigieren, ein Konzept für eine Gemeindefinanzreform vorzulegen und die den Kommunen übertragenen Aufgaben mit dem Ziel der Reduzierung zu überprüfen. Die rot-grüne Mehrheit denkt nicht daran, dieser Aufforderung zu folgen. Der Antrag wurde in den Ausschüssen, zuletzt am 17. Oktober, abgelehnt. Nach den Attacken der Bundesregierung auf die Kommunen und den Plünderungen der kommunalen Kassen kann es nur als zynisch bezeichnet werden, dass die Bundesregierung erst im März ausführte, sie werde die kommunalen Handlungs- und Entscheidungsspielräume respektieren.