Protocol of the Session on May 9, 2001

Aufgrund der Mehreinnahmen im letzten Jahr hatten wir gemeint, darüber noch etwas hinausgehen zu können, und haben die Nettoneuverschuldung über die ursprünglich geplanten 230 Millionen DM hinaus noch einmal um 67 Millionen DM verringert. Zur Finanzierung dieses besonderen Nachtrags gehen wir wieder auf die ursprüngliche Planung, also auf Schritte von 230 Millionen DM, zurück. Das heißt – und das ist die entscheidende Nachricht –, wir bleiben konstant auf dem Weg der Reduzierung der Nettoneuverschuldung hin zu einem ausgeglichenen Haushalt mit Schritten von 230 Millionen DM. Es läuft also nichts aus dem Ruder, alles ist jetzt wieder auf dem normalen, planmäßigen Weg.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das haben Sie letztes Mal auch schon erzählt!)

Lassen Sie mich noch etwas zu den finanziellen Möglichkeiten in diesem Jahr sagen, das heißt zu den Steuereinnahmen. Ich will noch einmal daran erinnern, dass die Steuereinnahmen im letzten Jahr zwar sehr gut waren auch für den Freistaat Bayern, dass Sie aber schon im letzten Jahr eine eigenartige Entwicklung feststellen konnten: im ersten Halbjahr ein sehr hohes Niveau an zusätzlichen Steuereinnahmen, im Juli und August einen deutlichen Einbruch und im zweiten Halbjahr gewissermaßen auf halber Höhe eine Fortsetzung der Pluszahlen. Dies war in anderen Ländern ähnlich, aber bei uns in Bayern besonders ausgeprägt.

Das Niveau des zweiten Halbjahres setzte sich dann im Januar 2001 noch fort, aber dann ging es los: Im Februar hatten wir einen Steuereinbruch von 13% zu verzeichnen, im März einen solchen von 21% – in diesem wichtigen Steuermonat – und im April einen von 11%, wie sich nunmehr herausgestellt hat. Meine Damen und Herren, das sind allein im April Steuermindereinnahmen im Vergleich zum Ist des letzten Jahres von 433 Millionen DM, und von Januar bis April summiert sich die Reduktion der

Steuereinnahmen im Vergleich zum Jahr 2000 auf 1,4 Milliarden DM.

Natürlich ist da die Steuerreform mit enthalten. Allerdings sind die Mindereinnahmen weit größer, als wir es bisher voraussahen. Das hat eine Reihe von steuertechnischen Gründen, etwa die deutliche Ausräumung der so genannten alten Körperschaftsteuertöpfe – des 40erund des 45er-Topfes – und das kostet uns Geld, diese Differenz zwischen 30 und 40 bzw. 45% – und die Gewerbesteueranrechnung im neuen System von Herrn Eichel auf die Einkommensteuer. Aber darüber hinaus gibt es auch deutliche Bremsspuren bei den Steuereinnahmen, die auf Bremsspuren des Wachstums zurückzuführen sind. Die Umsatzsteuer geht deutlich zurück, und das ist nicht allein auf das Anwachsen des europäischen Umsatzsteuerbetruges zurückzuführen, sondern das sind konjunkturelle Einbrüche, und darauf müssen wir uns einstellen.

Vor zwei Tagen las ich im „Handelsblatt“ einen höchst seltsamen Artikel, in dem es heißt, die negativen Äußerungen über zukünftige Steuereinnahmen seien nicht gerechtfertigt. Der Mann, der das geschrieben hat, ist schon seit mehreren Jahren nicht mehr bei denen, die die Steuerschätzungen machen. Er hätte sich aktuell informieren sollen.

Ich gehe davon aus, dass die Steuerschätzung am 17. Mai allen beim Bund und in den Ländern die Augen öffnen wird. Wir können nicht mehr mit den Steuereinnahmen rechnen, die wir noch im November letzten Jahres in Aussicht hatten. Das sind Bremsspuren einer Konjunktur, die nicht nur aufgrund einer einbrechenden Weltkonjunktur zurückgeht, sondern auch aufgrund hausgemachter Strukturschwächen. Der Anstoß einer ordentlichen Steuerreform, sofortige Entlastung, so wie ich es mit unserem Konzept vorgeschlagen habe, meine Damen und Herren, das hätte konjunkturell etwas gebracht.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die zehn Minuten sind um! – Zuruf des Abgeordneten Dr. Kaiser (SPD))

Dann hätten wir einen ordentlichen Wachstumseffekt gehabt. Aber Steuersenkungsversprechungen haben keinen Wachstumseffekt. Das ist die eigentliche Erklärung.

(Dr. Kaiser (SPD): Sie widersprechen sich ja dauernd!)

Wenn ich dem Bürger sage: Ich gehe im Jahr 2005 auf 42% herunter,

(Gartzke (SPD): Das versteht doch kein Mensch!)

bitte gib etwas mehr für den Konsum aus, um auf diese Weise die Wirtschaft anzukurbeln, in vier Jahren hast du dann netto etwas mehr Geld in der Tasche, dann sagen die Leute, weil sie vernunftbegabt sind: Nein, da machen wir gar nichts. Wir geben nicht mehr Geld aus. Wir bleiben sparsam und warten – leider – auf das Jahr 2005. Genau das ist das falsche Konzept.

(Dr. Kaiser (SPD): Da kommen dann die Steuereinbrüche! Sie widersprechen sich in jedem Satz zweimal!)

Gleichwohl, Herr Kollege, ist der Freistaat trotz der zu erwartenden Steuermindereinnahmen im Ländervergleich ganz weit vorn.

Wir haben in diesem Jahr nur 1,8% der Ausgaben kreditfinanziert. Der Durchschnitt der Länder im Westen liegt bei 6,1%.

Das Zweite: Wir haben eine Zinsausgabenquote von nur 3%. Der Durchschnitt der Länder West liegt in diesem Jahr mittlerweile bei 8,1%. Auch hier ein Vorsprung der Gestaltung von 5 Prozentpunkte. Mein Freund Schleußer hat immer gesagt: Das ist dein Wachstumsvorsprung vor Nordrhein-Westfalen! – Recht hatte er.

Gleichwohl bleibt unsere Investitionsquote mit 15,8% auf hohem Niveau. Zum Vergleich der Durchschnitt der Länder West: 11,7%.

Das sind Kennzahlen der Stabilität, der ruhigen Hand in der Finanzpolitik in den vergangenen Jahren und heute.

Meine Damen und Herren! Diesen Weg werden wir weiter gehen. Wir werden aber dann, wenn besondere politische Herausforderungen auf uns zukommen, handlungsfähig sein und handeln. Dieser Nachtragshaushalt ist ein klassisches Beispiel dafür, wie man trotz sparsamer Haushaltspolitik, solider Finanzpolitik neue Herausforderungen schnell und effizient bewältigt.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Vielen Dank, Herr Staatsminister. Die Aussprache ist nun geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung, und zwar zunächst über den dem Nachtragshaushaltsgesetz als Anlage beigefügten Nachtragshaushaltsplan 2001/2002. Der Abstimmung liegen der Entwurf des Nachtragshaushaltsplans 2001/2002, die dazu einschlägigen Änderungsanträge sowie die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen auf der Drucksache 14/6547 zugrunde. Der Nachtragshaushaltsplan 2001/2002 wird vom federführenden Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen mit den in der Beschlussempfehlung, Drucksache 14/6547, aufgeführten Änderungen zur Annahme empfohlen.

Wer dem Nachtragshaushaltsplan 2001/2002 unter Berücksichtigung der vom federführenden Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen vorgeschlagenen Änderungen zustimmen möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen bitte ich auf die gleiche Weise anzuzeigen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Kollege Hartenstein. Stimmenthaltungen bitte ich auf die gleiche Weise anzuzeigen. – Der Nachtragshaushaltsplan 2001/2002 ist in der Fassung des federführenden Haushalts für Staatshaushalt und Finanzfragen angenommen.

Die vom federführenden Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen zur Ablehnung vorgeschlagenen Änderungsanträge haben gemäß § 132 Abs. 5 der Geschäftsordnung ihre Erledigung gefunden. Insoweit verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(Anlage 2)

Zum Nachtragshaushaltsplan 2001/2002 soll außerdem noch folgender Beschluss gefasst werden:

Das Staatsministerium der Finanzen wird ermächtigt, den Ansatz bei Kapitel 13 03 Titel 546 49 – Vermischte Ausgaben und zum Ausgleich der Schlusssumme des Haushaltsplans – entsprechend anzupassen, die aufgrund der beschlossenen Änderungen erforderlichen Berichtigungen insbesondere in den Erläuterungen, der Übersicht über die Verpflichtungsermächtigungen und den sonstigen Anlagen beim endgültigen Ausdrucks des Doppelnachtragshaushaltsplans 2001/2002 vorzunehmen.

Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist, wenn ich es recht sehe, das gesamte Hohe Haus. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Ebenfalls keine. Dann ist das so beschlossen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf selbst. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf der Drucksache 14/6147, die Änderungsanträge auf den Drucksachen 14/6457 und 14/6578 sowie die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen auf der Drucksache 14/6541 zugrunde.

Zunächst lasse ich über den nach Abschluss der Ausschussberatung gestellten Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf der Drucksache 14/6578 abstimmen. Die Abstimmung soll in namentlicher Form erfolgen. Für die Stimmabgabe sind die entsprechend gekennzeichneten Urnen bereitgestellt. Die Ja-Urne ist auf der Oppositionsseite, die Nein-Urne auf der Seite der CSU-Fraktion, die Enthaltungsurne auf dem Stenografentisch. Mit der Stimmabgabe kann begonnen werden.

(Namentliche Abstimmung von 12.25 bis 12.30 Uhr)

Die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Zur Ermittlung des Abstimmungsergebnisses wird die Sitzung unterbrochen.

(Unterbrechung von 12.31 bis 12.36 Uhr)

Die Sitzung wird wieder aufgenommen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, die Plätze wieder einzunehmen.

Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 14/6578 bekannt. Mit Ja haben gestimmt 71, mit Nein haben gestimmt 101 Abgeordnete. Stimmenthaltungen gab es keine. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 3)

Nun lasse ich abstimmen über den vom federführenden Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen zur Ablehnung vorgeschlagenen Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 14/6457. Wer entgegen der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen dem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und die Fraktion der SPD. Gegenstimmen? – Die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? – Keine. Der Änderungsantrag ist ebenfalls abgelehnt.

Der federführende Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen empfiehlt, den Gesetzentwurf selbst unverändert anzunehmen. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen? – Die Fraktion der SPD und die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Dann ist das so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, treten wir gemäß § 60 der Geschäftsordnung unmittelbar in die Schlussabstimmung ein. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Widerspruch erhebt sich nicht. Wer dem Gesetz seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen bitte ich auf die gleiche Weise anzuzeigen. – Das sind die Fraktion der SPD und die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Das Gesetz ist damit so angenommen. Es hat den Titel „Gesetz zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2001/2002 (Nachtragshaus- haltsgesetz)“. Die Beratungen des Nachtragshaushalts 2001/2002 sind damit abgeschlossen.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 7

Schlussbericht des Untersuchungsausschusses

zur Aufklärung der Vorgänge, die bei der Landeswohnungs- und Städtebaugesellschaft Bayern mbH (LWS) zu bisher bekannt gewordenen Verlusten von annähernd 400 Millionen DM geführt haben (Druck- sachen 14/1971, 14/6270)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Dr. Bernhard.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Plenum des Landtags hat im Oktober 1999 einen Untersuchungsausschuss eingesetzt zur Aufklärung der Vorgänge bei der LWS, nachdem es im Sommer eine hitzige und kontroverse Debatte zu diesem Thema gegeben hatte.

Der Untersuchungsausschuss führte seine Beratungen und Untersuchungen in insgesamt 20 Sitzungen durch. Der Schlussbericht wurde am 3. April 2001 beraten und

beschlossen. Die Opposition hat einen Minderheitenbericht vorgelegt, der im Wesentlichen die Vorwegfestlegungen, die es 1999 schon im Haushaltsausschuss gegeben hat, wiederholt, ohne die gesamte Breite der Erkenntnisse angemessen zu würdigen.

Aufgrund von Beweisbeschlüssen hat der Untersuchungsausschuss insgesamt 47 Zeugen vernommen und zirka 80 Akten durchgekämmt. Wir haben alle Akten zur Verfügung gestellt bekommen, so dass wir alle wichtigen Beweisunterlagen würdigen konnten. Wir haben alle gewünschten Zeugen vernommen, soweit sie sich nicht, wie in wenigen Fällen, auf ihr Aussageverweigerungsrecht berufen haben, so dass der Untersuchungsausschuss – das ist, glaube ich, das Ergebnis – alle Fragen hinreichend klären konnte.

Es waren insgesamt 170 Fragen gestellt worden. Sie müssen keine Angst haben, dass ich die alle jetzt behandle, sondern ich will alle politisch wichtigen Komplexe herausgreifen

(Zuruf von der SPD: Schade!)