Herr Kaiser, es hat wenig Wert, wenn Sie hier herumpolemisieren und hinterher nicht aufpassen. Wenn wir das Parlament aus Ausspracheort haben wollen, müssen Sie sich der Aussprache stellen.
Die Länder haben alle miteinander immer gesagt: Wir wollen neun Landeszentralbanken. Dies stand im Gegensatz zu einem Vorschlag, der auf sieben Landeszentralbanken hinauslief. Die Meinungsbildung erfolgte immer in Kenntnis der damaligen Geschichte. Man sagte: Wir haben bei der Bundesbankreform 1993 die europäischen Strukturen schon gewusst und kommen daher zu dem Vorschlag von neun Landeszentralbanken.
Herr Kollege Kaiser, für den Freistaat Bayern ist sehr bedeutsam, dass wir uns auch einig waren. Die Landeszentralbankpräsidenten sollen weiterhin wie bisher von den Ländern eigenständig bestimmt werden. Das sollte ein deutliches Zeichen der Länderhoheit und der Souveränität in einem föderalen Staat sein.
Es ist nicht so, wie ich es immer wieder auch vom Bundesbankpräsidenten höre, dass es sich um eine reine Bundesangelegenheit handelte. Begonnen hatte die Bundesbank als Bank deutscher Länder. Die Geschichte ist also umgekehrt. Zuerst waren die Länder da und haben sich ein gemeinsames Institut geschaffen.
Drittens haben wir immer gesagt: Wir brauchen ein gemischtes Vorstandsmodell. Wir haben dazu einen konkreten Vorschlag in Gesetzesform gegossen. Der Vorschlag beinhaltet elf Vorstandmitglieder, bestehend
aus fünf Direktoriumsmitgliedern und sechs Landeszentralbankpräsidenten, die ihrerseits genauso wie bei der Fed in den USA rotierend in den Vorstand einziehen.
Sie müssen dabei, wie heute in modernen Betrieben üblich, auch spezielle Schwerpunktfunktionen erfüllen. Es geht nicht nur um regionale Verantwortlichkeiten, sondern auch um eine fachliche Schwerpunktzuständigkeit.
Von wegen reformunfähig; wir alle haben in diesem Konzept bei den Landeszentralbanken und bei der Zentrale Einsparungen in der Größenordnung von 30% gefordert. Dagegen krebsen die Vorstellungen von Bundesfinanzminister Eichel gegenwärtig bei ungefähr 10% herum. Tatsächlich hat die Landeszentralbank Bayern 300 Mitarbeiter abgebaut, die Frankfurter Zentrale dagegen keinen einzigen Mitarbeiter. Diese Reformunfähigkeit der bisherigen Bundesbank hat mit der neuen Struktur nichts zu tun.
Wir gehen sehr weit und planen Einsparungen in Höhe von 30%. Wir fordern nicht zuletzt für die Landeszentralbanken einen eigenen gesetzlich fixierten Auftrag für die Bankenaufsicht. Wer, glauben Sie, macht heute die Bankenaufsicht vor Ort? Meinen Sie, dass jemand aus Berlin kommt und die Landesbank prüft? Dies erledigen die Fachleute der Landeszentralbank. Ich beklage, dass bei vielen Dingen extra in Berlin nachgefragt werden muss, was ewig dauert, und dass dabei leider die Großbanken schneller als die kleinen Banken bedient werden; dies ist ein Wettbewerbsnachteil. Deshalb sollten die Landeszentralbanken diese fachlich hervorragend erledigte Aufgabe weiterführen, jedoch auf einer gesetzlich fundierten Grundlage. Hierin bin ich mit allen sozialdemokratischen Finanzministern einig.
Herr Kaiser, Sie sagen, die CSU-Regierung sei reformunfähig, dieser Antrag sei ein Dokument der Reformunfähigkeit. Dies bedeutet in der zwingenden Logik, dass sämtliche anderen – auch sozialdemokratischen – Finanzminister ebenfalls reformunfähig seien. Dies müssen Sie in der Öffentlichkeit sagen. Zum Beispiel hat in Nordrhein-Westfalen der Landtag am 14. Februar einen Antrag verabschiedet, in dem die von Bundesfinanzminister Eichel vorgeschlagenen Bundesbankstrukturen beurteilt werden. Dort heißt es, dass dieses Modell sachliche und föderale Gesichtspunkte nicht hinreichend berücksichtige und deshalb aus der Sicht der Länder nicht akzeptiert werden könne – mit entsprechender Begründung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hätte mir einmal in diesem Hohen Haus gewünscht, dass uns diese Opposition gegen Berlin hilft und für unsere Interessen eintritt. Stattdessen sind Sie immer gegen die eigenen Interessen und schließen Sie sich Berlin an. Sie dokumentieren ihr Vasallentum in Berlin, anstatt für das Land eine eigenständige Politik zu betreiben. Dies ist eine Schande.
Nehmen Sie sich ein Beispiel an den Kollegen in Nordrhein-Westfalen. Dieser Antrag wurde in Nordrhein
Westfalen von allen Fraktionen einstimmig verabschiedet. In anderen Landtagen wäre es genauso. Und Sie hocken sich hin und nicken das, was Herr Schröder und Herr Eichel in Berlin sagen, permanent ab. Dies ist unerträglich.
Einige Fachleute sagen, dies sei zwingend; andere sagen, es sei möglich. Die Bundesbank ist natürlich dagegen. Wir haben dies in unserer Stellungnahme nicht abgelehnt. Entscheidend ist für uns, dass die Prüfung – ob durch die Bundesbank oder ein zentrales Aufsichtsamt – von den Leuten vor Ort durchgeführt wird, und zwar mit definiertem Auftrag. Dies ist der Kernpunkt unserer Forderung. Dann kann es uns egal sein, ob sie bei der Bundesbank oder in einem zentralen Aufsichtsamt liegt.
Wir brauchen die dezentrale Gestaltung der fachlichen Prüfung vor allem in der Zukunft mehr als heute, weil Basel II vor uns steht. Wenn in jeder Bank geprüft werden muss, in welchem Umfang aufgrund unterschiedlicher Risikostrukturen der Unternehmen das Eigenkapital unterlegt ist, so resultiert daraus eine viel höhere Anforderung, welche die örtliche Kenntnis genau mit einschließt. Es ist daher meines Erachtens völlig undenkbar, dass wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt zentralisieren. Die eigentliche strategische Aufgabe vor Basel II ist die Dezentralisation und fachliche Stärkung, dies ist nur mit den Landeszentralbanken möglich.
Herr Eichel schlägt zweitens einen zentralen Vorstand vor. Der Vorschlag Eichels besagt, dass der Präsident der Bundesbank von der Bundesregierung bestellt wird, dass sich der Präsident seine übrigen fünf Mitglieder des Direktoriums selbst aussucht und selbst bestellt. Dies ist im Jahr 1939 nach dem Führungsprinzip ähnlich geschehen. Das 1939 neu geschaffene Reichsbankgesetz war vom gleichen zentralistischen Stil geprägt wie die nun vorgesehene Regelung. Damals hat der Präsident alles bestimmen können und alles hat nur auf einen Mann gehört. Wenn Sie dies jetzt wollen, kann ich nur sagen: Diese Rückkehr in eine finstere Vergangenheit wollen wir mit Sicherheit nicht.
Dies ist kein beleidigender Vergleich. Sogar die Gesetzestexte sind ähnlich. Es liegt in der Verantwortlichkeit des gegenwärtigen Bundesfinanzministers, wenn ein Gesetz bzw. ein Vorschlag vorliegt, das mit dem Gesetz aus 1939 fast identisch ist. Dies werde ich, wenn man so etwas macht, überall wiederholen. Wer einen so unmöglichen Vorschlag der Zentralisierung bringt, ist selber daran schuld. Als Opposition in der Bundespolitik muss man das sagen. Im Übrigen sagen die Kollegen aus den SPD-regierten Ländern das gleiche. Sie langen sich an das Hirn und fragen sich, was denen eingefallen ist.
Ich erwarte daher erstens, dass der Bundesfinanzminister seine in Thesen vorgestellten Ideen spätestens innerhalb der nächsten zwei Monate im Rahmen eines Gesetzes konkretisiert. Zweitens erwarte ich gemeinsam mit den drei in der Arbeitsgruppe mitwirkenden Kollegen, dass wir noch vor der Sommerpause mindestens zwei Gespräche über den Fortgang in dieser Angelegenheit führen können; denn die Frage duldet keine längere Zeit.
Wer den Ruf der Bundesbank, der durch ständige voreilige Äußerungen des Bundesbankpräsidenten ohnehin etwas geschädigt ist, weiterhin schädigen will, muss diese Frage auf die lange Bank schieben. Dies wollen wir nicht. Wir fordern Bundesfinanzminister Eichel auf, möglichst schnell in Sachverhandlungen einzutreten. Ich fordere hier nochmals die Opposition in diesem Hause auf, uns gemeinsam mit allen anderen SPD-Fraktionen in der Bundesrepublik Deutschland in diesen Bemühungen und Verhandlungen zu unterstützen, damit wir auf diesem Gebiet einen entsprechenden Durchbruch erreichen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte mir hier viel vorstellen können, aber niemals, dass die CSU als ersten Dringlichkeitsantrag einen Antrag aus NordrheinWestfalen zur Neuauflage bringt.
Zweitens. Herr Staatsminister Faltlhauser, Sie müssen sich keine Sorgen um die GRÜNEN machen. Wir vertreten Ihnen gegenüber genau wie gegenüber Berlin unsere eigenen bayerischen GRÜNEN-Interessen. Wir sind keine Vasallen.
Wir sind eine eigenständige Partei, die selbst denkt und nicht Anträge, die von sonst woher kommen, recycelt. Wenn Sie hier schon so groß auftrumpfen, dann erinnere ich Sie an den Tag, als Sie in Bonn noch an der Regierung waren und sich von der FDP die Absenkung des Solidaritätszuschlags aufs Auge drücken ließen. Sie mussten das wider besseren Wissens und gegen Ihre eigenen Absichten hinnehmen. Damals stand Ihr Fraktionsvorsitzender Alois Glück hier am Rednerpult und sagte: „Das passt uns nicht. Aber wir mussten es wegen des Koalitionspartners tun.“ So viel zu Ihrer Erinnerung.
Ich finde es ungehörig, dass Sie heute dieses Gesetzesvorhaben mit dem Reichsbankgesetz von 1939 vergleichen.
So viel zur Einleitung. Sie wissen genauso gut wie ich, dass mit der Europäischen Zentralbank eine Reform der Bundesbank und damit auch der Bankenaufsicht verbunden war. Es gilt, sich den veränderten Gegebenheiten anzupassen. Ich möchte mit der Finanzaufsicht beginnen. Banken, Versicherungen und Wertpapierhäuser bilden einen integrierten Finanzmarkt. Deshalb ist es richtig, eine Bundesanstalt für die Aufsicht des Finanzmarkts ins Leben zu rufen.
Wenn Sie auf die Reform der Bundesbank und auf die sukzessive Reform der Landeszentralbanken eingehen, dann kann ich Ihnen nur entgegenhalten, dass Sie froh sein können, dass Bundesfinanzminister Eichel sich nicht nach Roland Berger, dem Leib- und Magengutachter der Staatsregierung richtet. Dann wäre die Schlankheitskur, die Ihnen verordnet würde, sicher noch größer. Es geht Ihnen doch darum, dass Sie mehr mitreden wollen. Dabei sind Ihnen die Bundesregierung und der Bundesfinanzminister doch durchaus entgegen gekommen. Es wurden Ihnen zwar keine substantiellen Zugeständnisse gemacht, doch künftig wird es nach wie vor Landeszentralbankpräsidenten geben, die Sie ernennen können. Das bedeutet, die Kompetenzen werden beschnitten, die Privilegien aber bleiben erhalten. Das ist es, was ich kritisieren würde.
Die Länder werden künftig hoch bezahlte Frühstücksdirektoren ernennen. Die „Financial Times Deutschland“ schreibt dazu am 26.01.2001:
Im Gegenzug verzichtet Eichel zumindest pro forma darauf, die Zahl der Landeszentralbanken zu verringern und das Amt der LZB-Präsidenten zu beseitigen. Damit können die Länder auch weiterhin mehr oder weniger verdiente Landespolitiker mit hoch dotierten LZB-Posten belohnen.
Das gefällt mir an der Geschichte nicht, wenn wir schon über diese Reform reden. Völlig unverständlich war mir der Gedankengang des Redners der CSU. Die Neuordnung der Bundesbank und der Landeszentralbank hat doch mit dem Mittelstand überhaupt nichts zu tun. Ich rate Ihnen deshalb: Stimmen Sie dem Reformvorschlag zu. Wir sind schließlich eigenständig, egal, was in Nordrhein-Westfalen oder anderswo beschlossen wird. Seien Sie nicht so veränderungsresistent.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Als man in Brüssel begann, richtig loszulegen und ohne Rücksicht auf regionale Unterschiede Kompetenzen an sich zu ziehen und Nivellierungen einzuführen, als man eine teuere, aufgeblähte und zum Teil ineffektive Zentralbüro
kratie aufbaute, wurde der Ruf Bayerns nach Föderalismus, nach Subsidiarität und mehr Zuständigkeit der Regionen erstmals gehört und in die politische Diskussion eingeführt. Heute gibt es viele Verbündete gegen diesen Zentralismus. Nun eröffnet der Bundesfinanzminister ohne jegliche Not ein neues Kampffeld zwischen Föderalisten und Zentralisten. Das ist der eigentliche Punkt der Diskussion, die wir heute führen. Eichel will mit dem von ihm vorgelegten Strukturkonzept die föderale Struktur der Bundesbank zerschlagen.
Wenn man genauer hinsieht, muss man Großmannssucht feststellen, wo immer man hintippt. Das äußert sich in den bereits angesprochenen Punkten: erstens in der Entmachtung der Landesbankpräsidenten. Sie werden nicht nur zu Regionaldirektoren degradiert, auch ihr Sachverstand ist nicht mehr gefragt. Der interne Wettbewerb der Ideen, den wir auf diesem Sektor nach wie vor brauchen, wird damit ohne Not ausgeschaltet. Zweitens. Der Vorstand der Bundesbank wird künftig nach Konformität und nicht mehr nach Sachverstand oder Neutralität ausgewählt. Gefragt sind Stromlinienförmigkeit statt Sachverstand. Der Finanzminister hat deutlich gezeigt, wie so etwas geht. In diesem Zusammenhang ist der Hinweis auf das Gesetz von 1939 wahrlich nicht verfehlt.
Es soll eine neue Mega-Behörde für Banken-, Versicherungs- und Wertpapieraufsicht unter weitgehender Abkoppelung der Bundesbank geschaffen werden. Meine Damen und Herren, das bedeutet, dass die Ausschaltung der Landeszentralbanken letztlich dazu führen wird, dass Hoheitsakte für mehr als 3000 deutsche Kreditinstitute zentral getroffen werden. Ob das richtig ist, wage ich sehr zu bezweifeln, zumal wir bereits heute Schwierigkeiten auf vielen Gebieten innerhalb Deutschlands haben.
Schließlich ist da die Stärkung der zentralen Großbanken zu nennen. Machen wir uns nichts vor, meine Damen und Herren. Herr Kaiser, das ist nichts, was nur auf europäischer Ebene gesehen werden muss. Die Forcierung und die Konzentration des deutschen Kreditgewerbes führt letzten Endes zu einer Benachteiligung des Mittelstandes und der Privatkunden. Sie brauchen nur einmal nach England zu sehen. Dort hat man festgestellt, dass die vier größten britischen Banken in den Ballungsregionen 90% des Kreditgeschäfts abwickeln, und das geht zu Lasten des Mittelstands und der Privatanleger in der Peripherie.
Doch, das hat damit zu tun, und darauf hat Kollege Dr. Bernhard auch hingewiesen. Der Standortvorteil von Zentralismus geht doch immer nur in Richtung der Großbanken. Nun versucht man in England, diesen Systemfehler wieder zu reparieren. Ich meine, Probleme, die andere nun lösen müssen, sollten wir gar nicht erst nach Deutschland importieren, um sie anschließend schmerzhaft wieder ausmerzen zu müssen. Wenn man Systeme aus anderen Ländern importieren will, dann bitte aus den USA, dem größten Kapitalmarkt der Welt. Dort gibt es die Fed und die District Feds. Das sind Organisationen, wie bei uns die Landeszentralbanken. Damit ist in den