Meine Damen und Herren von der CSU, Sie tun hier immer so, als bräche die Strukturreform aus heiterem Himmel über verschiedene Orte herein. Sie haben in dem Zusammenhang von einem Lichtschalter gesprochen, der da an- und ausgeknipst wird, Herr Sackmann. Ich frage mich: Wo leben wir denn? Als sich 1989/1990 die politischen Verhältnisse in Europa änderten, haben wir alle uns gefreut. Jeder wusste, dass diese Veränderungen Reformen bei der Bundeswehr und Truppenabbau notwendig machen würden.
In dem Zusammenhang gebe ich der Bayerischen Staatsregierung eine Empfehlung. Herr Huber, da trifft es sich gut, dass Sie gerade anwesend sind und gelegentlich etwas mitschreiben. Meine Damen und Herren von der Staatsregierung, ich empfehle Ihnen, die Erfahrungen, die im Zuge von Konversionsvorhaben Anfang und Mitte der Neunzigerjahre gesammelt wurden, auszuwerten und an den in Rede stehenden Standorten zu nutzen. Ich verweise nur auf die in Passau-Kohlbruck gewonnenen Erfahrungen. Auf dem dortigen ehemaligen Kasernengelände wurde moderner, ökologischer Wohnungsbau möglich gemacht. Solche Erfahrungen sollten genutzt werden.
Die Schließung der Standorte fällt in eine wirtschaftlich günstige Zeit. Wirtschaftliche Prosperität ist festzustellen.
Die Verhältnisse sind natürlich von Bezirk zu Bezirk unterschiedlich. Doch besteht überall durchaus die Möglichkeit, die frei werdenden Flächen für Neuansiedlungen zu verwenden. Hier muss ich mich wieder an die Staatsregierung wenden. Wofür hat denn Herr Staatsminister Dr. Wiesheu sein Ansiedlungsprogramm „www.invest-in-bavaria.com“? Er hat es bekommen, damit wir Flächen, die uns in Zukunft zur Verfügung stehen werden, potenziell ansiedlungswilligen Firmen anbieten. Dieser Situation muss die Staatsregierung Rechnung tragen und gelegentlich auch einmal einen Bewerber für ein Ansiedlungsvorhaben in der Oberpfalz herumführen, nicht nur im Großraum München.
Abschließend sage ich Ihnen noch eines: Mit Ihren Anträgen versuchen Sie immer herauszustreichen und herauszustellen, wie sehr doch die rot-grüne Berliner Regierung Bayern schaden wolle. Nur erweist sich das jedes Mal als Schuss in den Ofen.
Sie ärgern sich doch nur darüber, dass Ihre frühere KohlWaigel-Regierung reformunfähig war und alles ausgesessen hat. Nun haben wir eine Bundesregierung, die reformfähig ist. Das passt Ihnen nicht. Deshalb versuchen Sie, mit kleinkarierten Anträgen, für die sich die Leute in Ihren eigenen Reihen, die von der Sache etwas
verstehen, wahrscheinlich schämen, die Politik der neuen Bundesregierung madig zu machen. Und dann schicken Sie auch noch komische Papiere umher, die Ihnen die Schamröte ins Gesicht treiben, weil Sie darin die Reform als vernünftig bezeichnen – nur laut sagen solle man es nicht. Glauben Sie wirklich, dass wir dem Anträgchen, das Sie uns unterjubeln wollen, zustimmen? Das ist doch fast schon eine Beleidigung.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Planungen des Bundesverteidigungsministers und der Bundesregierung stellen militärisch einen Kahlschlag der Bundeswehr in Bayern dar.
(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Widerspruch bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hoderlein (SPD): Verlesen Sie jetzt das Papier von 1993?)
Die beiden Redner von SPD und GRÜNEN haben sich in ihren Beiträgen 100-prozentig hinter die Planung des Bundes gestellt. Ich habe von ihnen kein Wort des Bedauerns und kein Wort der Kritik gehört. Deshalb müssen sie sich die Planung des Bundesverteidigungsministers politisch voll und ganz anrechnen lassen.
Heute Mittag habe ich mit dem Bürgermeister von Ebern, einer kleinen Gemeinde in Unterfranken, gesprochen; die Gemeinde hat 7500, der Ort Ebern selbst 4500 Einwohner. Die Schließung des Standortes dort bedeutet den Abzug von 1100 Leuten. Der Bürgermeister von Ebern wird wahrscheinlich mit großem Wohlwollen gehört haben, dass er das als Geschenk des Bundes betrachten soll.
Ich sehe, dass sowohl Herr Kollege Hoderlein als SPDLandesvorsitzender als auch Herr Kollege Maget als Fraktionsvorsitzender der SPD die Worte „Der Truppenabbau ist ein Geschenk“ voll und ganz teilen. Diese Aus
(Beifall bei der CSU – Prof. Dr. Gantzer (SPD): Drehen Sie mir das Wort doch nicht im Mund um, ich habe gesagt, die Reform ist ein Geschenk!)
Wir alle, die wir in der Verantwortung sind, wissen, dass wir oft schwierige Entscheidungen zu treffen haben, die unpopulär und schmerzlich sind. Jeder, der in einer Regierung ist – das wird Ihnen noch lange Zeit erspart bleiben –, findet sich oft in einer schwierigen Situation. Er muss aus Sachkompetenz und Verantwortung heraus schwierige, schmerzliche Entscheidungen treffen und umsetzen. Wenn man das macht, sollte man aber Verständnis für die Betroffenen haben und Sensibilität aufbringen, anstatt auf diejenigen, darunter auch Kommunalpolitiker der SPD, die für die Standorte kämpfen, Hohn und Spott zu gießen.
Ich habe mir gerade überlegt, welche Kommunalpolitiker der SPD in dieser Frage in letzter Zeit hervorgetreten sind. Oberbürgermeister Mronz aus Bayreuth versteht nicht, dass in seiner Stadt 1000 Dienstposten abgezogen werden. Oberbürgermeister Holzinger aus Memmingen beteiligte sich an einer Demonstration, weil er nicht verstehen kann, dass am Memminger Berg mehr als 2000 Plätze in bester Lage und mit bester Ausstattung wegfallen sollen. Oberbürgermeister Köppler von Günzburg protestiert, weil er von der Schließung des Standortes kalt erwischt wird. Bürgermeister Waigel aus Dillingen kann nicht verstehen, dass Dillingen geschlossen wird. Das sind nur einige Ihrer Kommunalpolitiker. Wir werden ihnen einen Brief schreiben, dass die SPD sagt, sie sollten doch bitte dankbar sein, denn der Truppenabzug sei ein Geschenk.
Ich hätte ein gewisses Verständnis gehabt, wenn Sie gesagt hätten, man stehe unter Zwängen, müsse das Konzept vor Ort umsetzen, werde aber nach Kompromissen suchen und auf diese eingehen. Nichts davon. Der Bundesverteidigungsminister ist sensibler, wenn er sagt, er werde die Gemeinden anhören und die Dinge prüfen – vielleicht kommt sogar noch etwas dabei heraus. Sie aber haben die Unverschämtheit, im Bayerischen Landtag, wo es um bayerische Interessen geht, zu sagen: Das muss so sein, das kann nicht anders sein! Damit haben Sie erneut unter Beweis gestellt, dass sie unfähig und unwillig sind, bayerische Interessen zu vertreten.
Der CSU-Dringlichkeitsantrag, der die Erhaltung der Standorte in Bayern zum Ziel hat, wurde von Ihnen als „Schmarrn-Antrag“ und Kleinkrämerei bezeichnet.
Wie jeder weiß, ist der Kollege Manfred Weiß in Fragen der Bundeswehr sehr firm und kompetent. Ihre Bemerkung, der Dringlichkeitsantrag sei von ihm nicht mitunterzeichnet worden, dies sei ein Beleg dafür, dass der Antrag nicht kompetent verfasst worden sei, ist geradezu lächerlich. Denn Sie wissen ganz genau, dass ein Mitglied der Staatsregierung einen Dringlichkeitsantrag, der die Staatsregierung zum Handeln auffordert, nie selbst unterschreibt, wie es seit 50 Jahren in diesem Haus Praxis ist. Wenn Sie so argumentieren, sind Sie offenbar mit Ihrem Latein am Ende.
(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frau Raderma- cher (SPD): So viel Heuchelei auf einem Haufen! Unwahrscheinlich!)
Das ist weder eine Frage der CSU noch der Landtagsfraktion noch der Staatsregierung. Dahinter steckt, dass ein offenbar neuer Mitarbeiter der Landesgruppe der CSU – –
Sie wollen das nur nicht hören, weil Ihnen damit eine Waffe aus der Hand geschlagen wird – eine zusammenfassende Darstellung gefertigt hat. Gegenstand einer Diskussion oder einer Beschlussfassung war diese zusammenfassende Darstellung aber nie.
Was Sie betreiben, ist außerordentlich windig. Die Landesgruppe der CSU im Deutschen Bundestag hat in einer Eindeutigkeit, Klarheit und Unmissverständlichkeit, die ihresgleichen sucht, immer gesagt: Der Abbau der Bundeswehr um 60000 Mann wird von der Landesgruppe der CSU abgelehnt. Alles andere ist Irreführung.
Vor längerer Zeit gab es ein Papier aus der Baracke, in dem, verfasst von einem Mitarbeiter der SPD, stand, man solle den Rechtsradikalismus in Deutschland stärken, um die Mitte zu schwächen.
Das ist Ihnen von unserer Seite vorgeworfen worden. Wenn man das liest, ist es auch haarsträubend. Sie haben seinerzeit gesagt, das sei kein Gegenstand von
Gremien, von Entscheidungen gewesen, sondern ein übermotivierter Mitarbeiter der Baracke habe das zu Papier gebracht. Wir haben das letztlich akzeptiert, weil es doch gar keinen Sinn macht, meine Damen und Herren, sich solche Dinge um die Ohren zu schlagen.
Deshalb fordere ich Sie offiziell auf – ich kann das auch im Namen des Landesgruppenvorsitzenden Herrn Glos sagen –, zu akzeptieren, dass das, was Sie hier zitieren, kein Papier der CSU ist. Folglich können Sie sich darauf nicht berufen.