Protocol of the Session on January 30, 2001

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Faltlhauser (CSU))

Der traut sich was, Herr Faltlhauser, nicht wahr? Jawohl, eine humanistische Bildung ist einfach etwas wert. Haben Sie sie auch genossen?

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Ich bin dafür. Ich meine sogar, es sollte wieder so kommen, wie es früher einmal war: Latein, Griechisch, Hebräisch, das gehört zu einer Bildung.

(Allgemeine Heiterkeit)

Herr Kultusminister, stimmen Sie mir da zu? Latein, Griechisch, Hebräisch, das lernt man, wenn man eine solide klassische Bildung mitbringen möchte.

Ein bisschen Deutsch möchte aber auch sein.

Meine Damen und Herren! Jetzt geht es weiter mit dieser Methode. Diese Methode ist nicht nur eine Glück’sche Methode, das ist die CSU-Methode. Wenn ich Herrn Staatsminister Miller vorwerfe, dass er zu spät gehandelt hat, als er schon vor Jahren erkennen musste, dass in der Schweinemast Antibiotika angewandt werden, und wenn ich sage, er sollte seine Behörden daraufhin ansetzen, dass das geahndet wird, dass das ermittelt wird, lässt er seinen Pressesprecher erklären, der Starzmann müsste doch nach 18 Jahren Zugehörigkeit zum Bayerischen Landtag – ich erkenne die Süffisanz, sie ist ungeheuer griffig – wissen, dass die staatliche Veterinärverwaltung nicht zu ihm gehöre, sondern da ist wieder einmal die Frau Stamm schuld – die ist ja weg, ihr kann man Steine nachwerfen –, und außerdem müsste er doch auch wissen, dass der Tiergesundheitsdienst keine staatliche Einrichtung ist. Miller ist also sozusagen unschuldig.

Aber, meine Damen und Herren, ich habe dann einmal nachgeblättert. In Ihrem Hause, Herr Miller, finden jährlich Besprechungen einer so genannten Arbeitsgruppe Tierische Erzeugung unter Beteiligung des Bayerischen Bauernverbandes, der Bayerischen Landestierärztekammer, des Tiergesundheitsdienstes und Ihres Hauses statt. Niemand aus dem Hause Stamm war dabei. Auf die Frau Stamm können Sie in diesem Fall überhaupt nichts abwälzen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf der Frau Abgeordneten Renate Schmidt (SPD))

In diesen Besprechungen geht Jahr für Jahr um das Thema Antibiotikum in der Schweinemast. Dort heißt es von der Landestierärztekammer zum wiederholten Male: Er – Dr. Mantel von der Bayerischen Landestierärztekammer – stellt klar, dass die Bayerische Landestierärztekammer es als vertrauensbildende Maßnahme im Sinne des vorbeugenden Verbraucherschutzes betrachten würde, wenn man sich bei QHB – Herr Glück, das ist meine Rede seit langem – gemäß dem Beschluss des Bayerischen Landtages zu einem Verzicht auf die Leis

tungsförderer entschließen könnte. Bayern sollte in dieser Frage vorangehen. –

Ich sage das deshalb, weil es notwendig ist, künftig auch in anderen Fragen nicht auf den Bund oder auf die EU zu schauen, sondern zu sagen: Wir können hier in Bayern unter QHB besondere Qualität anbieten und uns dadurch auch Marktchancen verschaffen.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Renate Schmidt (SPD))

Jahrelang ging es um die Leistungsförderer. Jahrelang hat Ihr Haus mit verhindert, dass die Leistungsförderer unter QHB verboten werden. Ich werde Ihnen das nachweisen.

(Beifall bei der SPD)

Denn – und jetzt kommt die Frage Druck oder nicht Druck – in diesem Gespräch sagte Direktor Kulmus vom Bayerischen Bauernverband: Über die Frage, verbieten wir Leistungsförderer in der Schweinemast, ja oder nein, ist der Bayerische Bauernverband ein wesentlicher Partner. Er sagt, die Meinungsbildung im Präsidium sei hierzu noch nicht abgeschlossen.

(Heiterkeit bei der SPD – Zuruf der Frau Abgeordne- ten Renate Schmidt (SPD))

Ich verstehe immer mehr, welcher Druck auf Frau Stamm ausgeübt wurde, wenn ich sehe, wer in Ihrem Haus bestimmt, wie es mit Antibiotika in der Schweinemast weitergeht.

Meine Damen und Herren! Außerdem – so sagt er –, würde die Kontrolle über das Verbot von Antibiotika die Kosten in die Höhe treiben, ohne dass die erbrachte Leistung am Markt honoriert werde. – Ja, meine Damen und Herren, diskutiert denn Bayern die Gesundheit der Menschen unter dem Gesichtspunkt der Erzeugerkosten? Wenn es um Antibiotika im Essen geht, meine Damen und Herren, können doch die Erzeugerkosten keine Rolle spielen.

(Beifall bei der SPD)

Und dann sagt Herr Dr. Kögel in einer Besprechung in Ihrem Hause, obwohl Sie sagen, Sie seien gar nicht zuständig, dass eine EU-weite Überprüfung aller zugelassenen Leistungsförderer derzeit durchgeführt werde. Die Ergebnisse sollten abgewartet werden. Auch der Vorschlag von Dr. Held von der Bayerischen Landestierärztekammer, wenigstens auf die Altleistungsförderer Carbadox und Olaquindox zu verzichten, bei denen sich Hinweise auf Kanzerogenität gezeigt haben – meine Damen und Herren, die ganze Geschichte spielt 1997! – fand in der Arbeitsgruppe – ich sage: im Hause Miller – keine Mehrheit.

(Zuruf des Staatsministers Miller)

Richtig, Herr Miller, im Hause Bocklet keine Mehrheit. Der ist aber schon abgeschoben worden.

(Heiterkeit bei der SPD – Zurufe von der CSU)

Herr Kollege Starzmann, die Viertelstunde Redezeit ist abgelaufen.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben die Gelegenheit, morgen weiter darüber zu diskutieren. Herr Miller, Sie wissen, worüber wir diskutieren werden. Ich möchte Ihnen nur zu der Frage des Abschiebens von Verantwortung – damit die Sache etwas versöhnlicher wird – zitieren, was mir ein Beamter des höheren Dienstes aus Ihrem Hause – selbstverständlich ist er ausgeschieden, sonst hätte er das nicht getan, er ist längst pensioniert – in einer sehr netten Weise geschrieben hat. Er sagt: Als stellvertretender Ausschussvorsitzender werden Sie mein Gedicht verstehen. – Vielleicht bekommen Sie ihn heraus. Er schreibt: „Josefs Gebet zu Beginn des Jahres 2001. Oh heiliger Sankt Leonhard – –

(Zurufe von der CSU)

Herr Starzmann, nachdem die Redezeit abgelaufen ist, sollten Sie nicht noch Geschichterln erzählen.

Aber Sie können mich doch nicht – –

(Unruhe bei der SPD – Maget (SPD): Das wollen wir jetzt hören! – Zuruf der Frau Abgeordneten Renate Schmidt (SPD))

Verehrte Frau Schmidt, ich weise auf die Geschäftsordnung hin. Das darf man mir nicht vorwerfen. Ich habe Herrn Starzmann schon vor fünf Minuten angezeigt, dass seine Redezeit in fünf Minuten zu Ende ist. Ich habe ihn auch über die 15 Minuten hinaus reden lassen. Aber ins Geschichterln-Erzählen sollte er nicht mehr verfallen.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD)

Jawohl. Ich fasse zusammen. Da die Gelegenheit besteht, das Gedicht morgen vorzutragen, müssen Sie sich noch einen Tag gedulden.

(Heiterkeit und anhaltender Beifall bei der SPD)

Das weckt auch freudige Erwartungen für morgen, Herr Starzmann. Das ist ganz angenehm für den heutigen Abend.

Als Nächster hat der Kollege Dr. Bernhard das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Stahl, Sie haben davon gesprochen, dass wir hier „herumkarteln“ um solche Dinge in der Vergangenheit. Nur, eines muss doch auch klar sein: Wir werden Ihnen hier nicht durchgehen lassen – und da sollten wir uns endlich auch einmal einig sein –, dass in

der Vergangenheit all die, die Verantwortung getragen haben, diese Entscheidungen sehr einmütig getroffen haben. Sie sollten jetzt nicht als Brandstifter durch die Gegend laufen und so tun, als wenn Sie dort nie dabei gewesen wären. Das ist völlig unzulässig und das werden wir Ihnen auch nicht durchgehen lassen.

Herr Kollege Maget, wenn ich den einmal kurz ansprechen darf, hat in einer großen Münchner Tageszeitung eine ordentliche Abreibung für diese Art der unseriösen Strategie erhalten, immer auf die zu deuten, die hier in Bayern oder woanders Verantwortung getragen und Entscheidungen getroffen haben. Sie können doch nicht so tun, als wären Sie dort nicht dabei gewesen.

Das ist unseriös, das sollten Sie in der Zukunft nicht mehr machen. Darum ist es notwendig, dass wir uns insoweit durchaus auch über die Vergangenheit unterhalten.

Jetzt zu Ihrer Rede: Sie haben irgendwo einen Pappkameraden aufgebaut, auf den Sie ständig geschossen haben, und einfach nicht zur Kenntnis genommen, was seit Dezember vergangenen Jahres hier in Bayern geschehen ist. Wir haben gesagt: Wir führen die Kompetenzen zusammen. Das ist unzweifelhaft richtig. Wir haben unterschiedliche Meinungen darüber, wo sie zusammengeführt werden sollen. Aber ich glaube, dass die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass es richtig ist, die Ernährungsberatung und den Verbraucherschutz von der landwirtschaftlichen Produktion zu lösen. Das heißt nicht, dass man nicht beide Bereiche, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, in der Politik zusammenführen muss. Aber wir glauben, dass es richtig ist, Bereiche aus der Landwirtschaft herauszulösen und in einem neuen Ministerium zusammenzuführen. An der Richtigkeit dieses Konzepts hat sich auch durch die Tatsache nichts geändert, dass der Herr Herrmann bedauerlicherweise nicht mehr zur Verfügung steht. Wir halten an diesem Konzept fest und glauben, dass gerade dies das Signal ist, das die Verbraucher eingefordert haben. Wir wollen alles tun, wollen durch ein eigenes Ministerium Prioritäten setzen, damit die Verbraucher sehen, dass das, was in der Vergangenheit an Fehlern gemacht worden ist, in der Zukunft nicht mehr vorkommen wird, und wir damit das Vertrauen zurückgewinnen.

Wir gründen ein Landesamt – das haben Sie auch nicht zur Kenntnis genommen –, wo jetzt auch die wissenschaftliche Kompetenz eingeführt werden muss, nachdem der Minister, der zunächst sein Amt hier antreten sollte, nicht mehr zur Verfügung steht.

Wir haben im vergangenen Jahr, noch im Dezember, eine ganze Reihe von Maßnahmen beschlossen, die zeigen, wie wir mit dieser BSE-Krise und mit den aktuellen Problemen der Landwirtschaft umgehen wollen. Wir haben auch in Kreuth – ich weiß nicht, ob Sie das zur Kenntnis genommen haben – eine Reihe von Grundsätzen formuliert, wie nach unserer Meinung die künftige Landwirtschaftspolitik aussehen soll.

Wir glauben nicht, dass es sinnvoll ist, hier mit Schnellschüssen zu operieren. Das ist ein ganz schwieriges

Feld. Frau Künast hat gestern in Brüssel auch erfahren, wie schwierig dies ist. Es ist nicht mit einigen Erklärungen und mit Aktionismus zu erledigen, sondern es muss sehr grundsätzlich darüber nachgedacht werden, auch über die Frage – ich möchte nicht von ökologischer Landwirtschaft sprechen –, inwieweit eine nachhaltigere Landwirtschaft gefördert werden kann. Es glaubt wohl niemand, dass das, was wir gemeinhin als Ökolandbau bezeichnen, irgendeine Lösung für unsere gesamte Landwirtschaft sein könnte. Das glauben nicht einmal die Ökobauern selber und wollen das im Übrigen auch gar nicht. Sie sind sehr zurückhaltend mit Forderungen, jetzt etwa eine flächendeckende Förderung des Ökolandbaus vorzunehmen, weil sie wissen, dass es keine entsprechende Nachfrage gibt. Jeder, der einmal in einen Ökoladen gegangen ist und die Preise angeschaut hat, weiß, dass dies kein Konzept für die gesamte Landwirtschaft ist.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist falsch!)

Diese neue oder umorientierte Landwirtschaftspolitik hat auch deshalb keinen so großen Spielraum, weil wir uns innerhalb der EU und innerhalb der Vorgaben der Welthandelsorganisation bewegen. Sie alle wissen, dass die Welthandelsorganisation dabei ist, den Außenschutz der EU Stück für Stück abzubauen. Das vermindert den Spielraum, in Deutschland eine Landwirtschaftspolitik zu konzipieren, die auf ein Nischendasein zusteuert. Das kann nach unserer Meinung nicht die Zukunft der deutschen Landwirtschaft sein.

Ich glaube, Sie sollten auch nicht solche Begriffe verwenden wie Turbomast und Massentierhaltung. Das weckt Emotionen, in Wirklichkeit trifft es aber die Probleme nicht. Wir haben beispielsweise in Bayern im Rinderbereich keine Massentierhaltung, und die Probleme sind eher in kleineren Betrieben aufgetreten. Daher sollte man mit solchen emotionalen Begriffen auch nicht verschiedene Bereiche der Landwirtschaft gegeneinander ausspielen. Wir sollten uns vielmehr sehr gut überlegen, wie wir die Rahmenbedingungen der Landwirtschaft so verändern können, dass andere Signale für die Produktion ausgehen. Dazu sind wir bereit, darüber denken wir auch nach. Aber das kann nicht mit Schnellschüssen geschehen. Insofern mahnen Sie hier etwas an, was bei uns längst im Gang ist.

Lassen Sie mich noch einige Bemerkungen zur Kabinettsumbildung machen. Sie sprechen sehr schnell von dritter und vierter Wahl. Dann könnte man in Berlin von der achten Wahl sprechen, weil schon sieben Minister zurückgetreten sind und drei noch unter Beschuss stehen.