Protocol of the Session on January 9, 2001

Zunächst geht es darum, die Forschung zu intensivieren und weiter voranzubringen. Aus Sicht der Landwirtschaft wäre es wünschenswert, wenn man möglichst schnell einen Test bekäme, der am lebenden Tier durchgeführt werden kann und der auch entsprechend aussagekräftig ist. Genauso wichtig sind aber gesicherte Erkenntnisse über die Ursachen und die Übertragungswege von BSE. Bisher gibt es hierzu noch keine gesicherten Erkenntnisse, auch nicht aus anderen Ländern. Es sei denn, es gibt solche Erkenntnisse aus England, der Schweiz und Frankreich und sie würden uns nicht zugänglich gemacht. Mir ist zumindest nicht bekannt, dass die Bundesregierung versucht hätte, solche Erkenntnisse für uns nutzbar zu machen.

Die Europäische Union, die sich sonst in jede Kleinigkeit in der Agrarpolitik einmischt, hätte nach meiner Auffassung die Aufgabe gehabt, die Forschung zu koordinieren und voranzubringen. Ich erachte die Überprüfung von genetischen Faktoren bei der Entstehung von BSE für genauso wichtig wie die Untersuchung von Enzephalopathien bei anderen Tieren. In den meisten Tierbeständen ist bisher nur ein Tier erkrankt, deshalb muss man die Forschung breiter anlegen. Es gibt viele Hinweise, dass auch andere Ursachen die Krankheit auslösen können. In den letzten 14 Tagen sind mir viele Informationen zugegangen, wonach auch der Einsatz von Insektiziden gegen saugende und beißende Insekten in den Rinderherden BSE hervorrufen könnte. Gleiches gilt für das Medikament Phosmed, das gegen die Dasselfliege eingesetzt wird. Es enthält Organophosphate, die wie Nervengifte wirken und Gehirnentzündungen hervorrufen können. Es muss geklärt werden, ob Insektizide und Medikamente im Zusammenhang mit anderen Ursachen BSE auslösen können. Viele Fragen müssen abgeklärt werden. Die Sachdiskussion hierüber sollten wir in den Fachausschüssen führen.

Meine Damen und Herren, durch die vielen Anrufe, die ich in den letzten 14 Tagen erhalten habe, wurde mir die große Verunsicherung in der Landwirtschaft deutlich bewusst, und ich habe auch gespürt, dass eine echte Existenzangst vorhanden ist. Wir nehmen diese Ängste sehr ernst, deshalb bin ich der Staatsregierung für das von ihr eigens beschlossene Soforthilfeprogramm sehr dankbar. Dieses Programm ermöglicht es uns, den direkt, aber auch den indirekt betroffenen Landwirten zu helfen. Von der Bundesregierung habe ich Ähnliches oder Gleiches bisher noch nicht gehört. Wir hoffen aber, dass auch sie Hilfsmaßnahmen in die Wege leiten wird.

Ich möchte noch einige Sätze zum Qualitätssiegel „Qualität aus Bayern“ sagen. Herr Schammann, Sie machen es sich sehr einfach, wenn Sie in der „Nürnberger Zeitung“ am 19. Dezember 2000 erklären, dass das vom Ministerium, von der Landwirtschaft und dem Fleischerhandwerk ausgearbeitete Gütesiegel „Qualität aus Bayern“ „Etikettenschwindel und Verbraucherverarschung“ sei. Sie bezeichnen sich zwar als Agrarexperte, aber Sie haben sich mit dem Gütesiegel bisher überhaupt nicht befasst, denn Sie wissen nicht, welcher Aufwand für die Beteiligten damit verbunden ist. Das Siegel „Qualität aus Bayern“ wurde geschaffen, um Transparenz zu schaffen und um den Weg der Nahrungsmittel bis zum Erzeuger zurückverfolgen zu können. Die Landwirte unterwerfen

sich strengen Kontrollen in Bezug auf Tiergesundheit, tiergerechte Haltung und Fütterung. Ich erachte das nach wie vor für richtig. Im Übrigen hat Bundeslandwirtschaftsminister Funke – das entnehme ich seiner Pressemitteilung – in seinem 8-Punkte-Programm unter Ziffer 2 gefordert: „Verbraucherorientierte Agrar- und Ernährungspolitik, Transparenz und Sicherheit vom Stall bis zur Ladentheke“. Diese Forderung unterstreiche ich. Wenn es darum geht, Kollege Starzmann, unser Qualitätszeichen „Qualität aus Bayern“ weiterzuentwickeln, dann stehe ich ganz auf Ihrer Seite. Nichts ist so gut, als dass man es nicht noch besser machen könnte. Ich meine aber, unser Gütesiegel ist gerade in der jetzigen Zeit notwendig. Wir wollen eine lückenlose Kontrolle von der Geburt bis zur Ladentheke.

Nun will ich aus der Sicht der Landwirtschaft einige Sätze zum Verbraucherschutz sagen. Der vorbeugende Verbraucherschutz gerät auch durch das internationale Handelsrecht immer wieder ins Wanken; das zeigt auch das aktuelle BSE-Problem. Wenn in Deutschland die Verfütterung von Tiermehl an alle Tiere verboten wird, um mögliche Infektionsrisiken auszuschließen – was ich für richtig halte –, dann wird das von den Landwirten akzeptiert. Unter strengem Verbraucherschutz kann aber nicht verstanden werden, dass in Deutschland ein konsequentes Verfütterungsverbot von Tiermehl besteht, während aus Drittstaaten weiterhin Fleisch importiert werden darf, das von mit Tiermehl gemästeten Tieren stammt. Zum Schutz des Verbrauchers müssen an importierte Nahrungsgüter gleiche Maßstäbe angelegt werden.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, mit Geflügel- und Schweinefleisch können wir uns nicht selbst versorgen. Deshalb muss im Interesse des Verbraucherschutzes an die eingeführten Nahrungsmittel ein gleich hoher Maßstab angelegt werden.

Ich möchte noch einige Worte zur Agrarpolitik sagen: Meine Damen und Herren, viele sehen die BSE-Krise als Krise der europäischen Agrarpolitik mit der Chance für eine bessere Zukunft.

(Wörner (SPD): Eine Chance für die bayerische Agrarpolitik!)

Die Landwirte meinen, sie sind Opfer einer Agrarpolitik, die sie nicht erfunden und die sie so auch nicht gewollt haben. In der Landwirtschaft und außerhalb der Landwirtschaft sind viele davon überzeugt, dass es den BSESkandal in seinem jetzigen Ausmaß ohne die ökonomischen Zwänge der europäischen Agrarordnung nicht gegeben hätte. Der enorme Druck auf die Landwirtschaft, möglichst billig produzieren zu müssen, hat artfremde Tierernährung attraktiv gemacht und einen Bürokratismus geschaffen, in dessen Gestrüpp Missbrauch und Mauschelei wuchern. Ich meine deshalb, es ist dringend notwendig, eine gesellschaftliche Debatte über die Aufgaben der Landwirtschaft zu führen. Die zentrale Frage dabei ist, unter welchen Bedingungen die Landwirtschaft die von der Gesellschaft in sie gesetzten Erwartungen erfüllen kann.

Verbal und mit schönen Worten bekennen sich alle zu Werten wie hohe Qualität, artgerechte Tierhaltung oder nachhaltige, umweltschonende Wirtschaftsweisen. All das lässt sich aber beim derzeitigen Preis- und Kostendruck nicht erfüllen, zumindest nicht in dem von weiten Teilen der Bevölkerung gewünschten Umfang. Eine andere Politik bedeutet zuallererst, das Streben nach vollkommener Globalisierung und schrankenloser Öffnung der Märkte aufzugeben. Die Landwirtschaft steht einer Neuorientierung der Agrarpolitik aufgeschlossen gegenüber. Das erfordert aber ein Umdenken auf allen Ebenen und in allen Bereichen. Auch die Verbraucher müssen bereit sein, für Qualitätsprodukte, die die Landwirtschaft erzeugt, einen höheren Preis zu zahlen. Das setzt Einsicht voraus, und vielleicht hilft die BSE-Krise, diese Einsicht zu wecken.

Ich habe aber meine Zweifel – Herr Präsident, ich komme gleich zum Schluss –, ob dies bei einer zentralistisch ausgerichteten europäischen Agrarpolitik möglich ist. Die Beschlüsse zur Agenda 2000 gehen in eine andere Richtung. Herr Kollege Starzmann, diese Beschlüsse müssten sofort korrigiert werden, denn sie legen der Landwirtschaft einen weiteren Kosten- und Wettbewerbsdruck auf. Bei Getreide, Rindfleisch und Milch sind Preissenkungen vorgesehen, die die Europäische Kommission mit einer stärkeren Weltmarktorientierung begründet hat und damit, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtschaft verbessert werden muss und zusätzliche Absatzmöglichkeiten geschaffen werden müssen. Bundeskanzler Schröder und Bundesminister Funke haben die bayerischen Vorschläge zur Agenda 2000 aber nicht aufgegriffen. Wenn Bundeskanzler Schröder jetzt meint, die Landwirtschaft müsse weg von den Agrarfabriken, dann stimme ich dieser Forderung zu. Es ist aber zu hinterfragen, was er eigentlich damit meint: die Betriebsgröße, die Produktionsmethoden oder beides. Der Bundeskanzler steht in dieser Frage im Widerspruch zu seinem Landwirtschaftsminister. Ich zitiere aus der „Süddeutschen Zeitung“ vom 20.12.2000:

Bundeslandwirtschaftsminister Funke wandte sich in Varel auf einer Versammlung des Landvolkes im niedersächsischen Kreis Diepholz gegen die Kritik des Kanzlers an den Agrarfabriken.

Um die Realität in Deutschland zu beschreiben, tauge die Differenzierung zwischen Massentierhaltung und bäuerlicher Landwirtschaft wenig, sagte Funke. Im Zuge der BSE-Krise habe er auf vielen Seiten viel Heuchelei erlebt. Wer aber glaube, eine andere als eine hochtechnisierte Landwirtschaft bewerkstelligen zu können, entferne sich weit von der Realität. Mit der Anzahl der Tiere in einem landwirtschaftlichen Betrieb sei keine Aussage über artgerechte Tierhaltung verbunden.

Soweit Bundeslandwirtschaftsminister Funke. Es gäbe sicher noch viel zu sagen. Ich meine, wir müssen vor allem auf europäischer Ebene versuchen, bei den anstehenden WTO-Verhandlungen eine andere Agrarpolitik in die Wege zu leiten. Wir werden die Diskussion in Gang bringen. Ich möchte dem beipflichten, was Bundeskanzler Schröder in seiner Neujahrsansprache zum Ausdruck gebracht hat. Er hat wörtlich gesagt: „Was wir am aller

wenigsten brauchen, ist ein Wettbewerb der Schuldzuweisungen.“ Ich stimme dem zu. Wir sollten uns alle nicht an einem Wettbewerb der Schuldzuweisungen beteiligen, sondern an einem Wettbewerb in der Frage, wie für die Landwirtschaft und die Verbraucher die Probleme gelöst werden können.

(Beifall bei der CSU)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich weise Sie darauf hin, dass die CSU namentliche Abstimmung zu ihrem Dringlichkeitsantrag beantragt hat. Wir fahren in der Aussprache fort. Das Wort hat Herr Kollege Hartenstein.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Glück, ich habe mich sehr gefreut, dass Sie aus meinem Redebeitrag zitiert haben. Allerdings wäre meine Freude noch größer gewesen, wenn Sie das Zitat zu Ende geführt hätten; denn es gab darin eine Kritik in Richtung CSU. Sie haben das sicherlich in Erinnerung.

(Glück (CSU): Das ist sowieso inbegriffen, zu viel Selbstverleugnung können Sie nicht verlangen!)

Ich wollte damals sagen, dass es aus meiner Sicht keinen Grund gibt, von Berlin in Richtung München zu deuten oder umgekehrt, oder um innerhalb des Hauses zu bleiben: von CSU in Richtung SPD oder GRÜNE oder umgekehrt. Versäumnisse und Fehler hat es auf allen politischen Ebenen und bei allen Parteien gegeben.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Rabenstein (SPD))

Insofern bedauere ich es sehr, dass heute sehr viel Zeit dafür aufgewandt worden ist, die Vergangenheit aufzuarbeiten, anstatt nach vorne zu schauen und zu überprüfen, welche Probleme es noch gibt, die nicht geklärt sind, und wo Lösungsansätze notwendig sind. Vier Komplexe sind es meines Erachtens, die intensiv bearbeitet werden müssen. Erstens: Die Ursachen der BSE-Erkrankungen bei Tieren. Zweitens: Die Übertragungsrisiken auf den Menschen. Drittens: Sinnvolle Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung. Viertens: Künftige Verhinderung derartiger Katastrophen.

Bei der Suche nach den Ursachen des Ausbruchs von BSE bei Tieren konzentrieren sich die Bemühungen derzeit auf Schadstoffe und Krankheitserreger in Futtermitteln. Wie wichtig dieser Ansatzpunkt auch unabhängig von einem möglichen Zusammenhang mit BSE ist, zeigt der vor kurzem veröffentlichte Sachstandsbericht „Potenzielle Schadorganismen und Stoffe in Futtermitteln“ der Senatskommission der Deutschen Forschungsgesellschaft. In diesem heißt es, dass zwar bekannt sei, dass Prionen, Pilze, bakterielle Krankheitserreger und Viren über verfüttertes Tiermehl und Schlachtabfälle in Tierbeständen eingeschleppt werden können; wenig dagegen wisse man, was von den Nutztieren alles ausgeschieden werde und wie sich entsprechende Stoffe, Pilze, Krankheitskeime oder Viren durch Gülle oder bei Freilandhaltungen in der Umwelt verbreiten. Noch weniger sei bislang darüber bekannt, ob und in welchem

Umfang die genannten Komponenten den Weg in die Böden, das Trinkwasser und die Badeseen fänden und damit letztendlich den Menschen gefährden.

Es besteht dringender Forschungsbedarf, um die Gesundheitsgefährdung von Menschen und Tieren durch Erreger und Schadstoffe besser beurteilen zu können – so die Senatskommission in einem eindringlichen Appell an die politisch Verantwortlichen, der aus meiner Sicht auf keinen Fall überhört werden darf. Dennoch darf der Blick nicht ausschließlich auf diesen Punkt verengt bleiben. Oder anders ausgedrückt: Es wäre fatal, wenn vorschnell ein vermeintlich Schuldiger ausfindig gemacht würde und die Menschen sich nach Ausschaltung dieser Quelle erneut in Sicherheit wiegen würden. Erste Ansatzpunkte für eine derartige Entwicklung gibt es bereits. Ich denke in diesem Zusammenhang an den anonym eingegangenen Hinweis auf Importe minderwertiger Futtermittel aus Italien. Ganz so einfach ist im Fall BSE die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht. Insofern liegt die Bayerische Staatsregierung richtig, wenn sie ergänzend zu wissenschaftlichen Untersuchungen auch die Beobachtungen der Tierärzte in ihre Überlegungen einbeziehen will. Aus gegebenem Anlass sei in diesem Zusammenhang allerdings darauf hingewiesen, dass das nur dann Sinn macht, wenn man für neue Erkenntnisse offen ist und nicht reflexartig – wie das leider einmal geschehen ist – alles vom Tisch wischt, was nicht in das eigene Meinungsbild passt. Worauf ich hinaus will: Vieles spricht dafür, dass es nicht um einen monokausalen Zusammenhang zwischen BSE und einem bestimmten Faktor geht, sondern eher um ein multifaktoriell bedingtes Geschehen, möglicherweise verknüpft mit einer genetischen Disposition.

(Loscher-Frühwald (CSU): Da stimme ich Ihnen zu!)

Haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, dass man Hochfrequenzfeldern eine immunschwächende Wirkung zuschreibt und dass die BSE-Katastrophe zeitlich einhergeht mit dem Ausbau der Mobilfunknetze?

(Zuruf von der CSU: Jetzt hören Sie aber auf!)

Jüngste Forschungen belegen eindeutig, da reproduzierbar, dass die Hochfrequenzstrahlung die Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke negativ beeinflusst. Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, mit welchen Medikamenten und Pestiziden unsere Nutztiere in der konventionellen Landwirtschaft in Berührung kommen und welche einzelnen und synergetischen Wirkungen von diesen auf das Immun- und Nervensystem ausgehen? Diese und ähnliche Fragen sind es, die aufgeworfen und untersucht werden müssen. Dazu ist es zwangsläufig notwendig, ausreichende Forschungsmittel für unabhängige Wissenschaftler zur Verfügung zu stellen.

Bezüglich des Risikos, aufgrund einer Prionenübertragung an der neuen Variante der CJD zu erkranken, werden wir aufgrund langer Inkubationszeit abwarten müssen, was uns die Zukunft bescheren wird. Fest steht jedoch: Wenn ein solcher Transfer von Eiweißen mit ver

änderter Raumstruktur über die Nahrungsmittelkette, Medikamente, Kosmetika oder Operationen möglich ist und zum Ausbruch einer Erkrankung führen kann, wird es um unsere Zukunft schlecht bestellt sein. Der Hauptschaden von nicht abschätzbarem Ausmaß wäre dann jedenfalls in den vergangenen Jahren verursacht worden.

Als ob diese Ungewissheit nicht schon schlimm genug ist, setzen EU-Kommission, Bundes- und Staatsregierung aktuell auf ein weiteres Fass mit löchrigem Boden: die Verbrennung von Tiermehl und Schlachtabfällen in Müllverbrennungsanlagen, Kohlekraftwerken und Zementwerken. Fest steht, all diese Anlagen verfügen über keine hundertprozentig homogene Feuerungszone. Wer sich die Schlacke schon einmal angesehen hat, wird schnell auf unerwartete Inhaltsstoffe gestoßen sein. Selbst unverbrannte Papierreste können darin enthalten sein. Wer das weiß, darf der Verbrennung von Sondermüll in konventionellen Verbrennungsanlagen auf keinen Fall das Wort reden. Hinzu kommt ferner, dass Müllverbrennungsanlagen neben gasförmigen Substanzen auch Stäube emittieren. Auch sie können unverbrannte Bestandteile enthalten.

Als dritter Kritikpunkt sei die Dioxinproblematik aufgeführt. Bei der Verbrennung von Tiermehlen werden relativ große Mengen dieser Ultragifte erwartet.

Bleibt die Frage des bestmöglichen Schutzes der Verbraucher.

Zugegeben: Mit einem Test am lebenden Tier, der eine Erkrankung unmittelbar nach Befall anzeigt, wäre viel gewonnen. So weit sind wir jedoch noch nicht und werden wir möglicherweise auch nie kommen. Im Übrigen fehlen im Augenblick klare Aussagen darüber, was die einzelnen Untersuchungsmethoden tatsächlich zu leisten vermögen. Erstaunt es Sie nicht auch, dass noch vor kurzem ein Test bei Tieren unter 30 Monaten mit der Begründung abgelehnt wurde, dass in einem so jungen Alter die Prionenkonzentration zu niedrig sei, um sie gegebenenfalls erfassen zu können? Abhilfe sollte bis zum Sommer 2001 geschaffen werden.

Jetzt tönt Frau Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer, sie werde verpflichtende Tests für Rinder ab 24 Monaten einführen. Frau Staatsministerin Stamm kündigt an, Bayern werde beim Bund beantragen, die verpflichtenden BSE-Schnelltests auf 20 Monate alte Rinder auszudehnen. Prompt wird erstmals ein relativ junges Tier im Alter von 28 Monaten als BSE-positiv erkannt. Mit welcher Treffsicherheit, muss man sich fragen, wird hier schon wieder Sand in die Augen der Bürger gestreut.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Tatsache, dass Herr Kollege Hartenstein das Wort hat, bedeutet nicht, dass es jeder nehmen darf.

Herr Präsident, vielen Dank für die Unterstützung. Es ist etwas frustrierend, zu einer solch späten Stunde über ein so kompliziertes Thema sprechen zu dürfen.

Damit komme ich zum Thema „Keulung“. Bis heute gibt es keine überzeugenden Argumente dafür, nach Auftreten eines BSE-Falles eine ganze Herde zu töten. Im Gegenteil: Wir alle sollten ein Interesse daran haben zu erfahren, ob das erkrankte Tier nur das erste Auftreten von BSE in der Herde angezeigt hat oder ein Einzelfall ist und bleiben wird, selbst wenn man alle Tiere bis zu ihrem natürlichen Ende weiterleben lässt. Für ein solches Vorgehen ist schnellstmöglich eine Gesetzesgrundlage zu schaffen. Das Ergebnis, dass nur ein Tier erkrankt ist, hätte am Ende der Beobachtungsphase einen ganz anderen Aussagewert als nach der Schlachtung aller Tiere unmittelbar nach dem Auftreten des ersten BSE-Falles.

Wie lassen sich derartige Katastrophen künftig verhindern? Aus meiner Sicht brauchen wir eine naturverträgliche Landbewirtschaftung mit artgerechter Tierhaltung, wie sie vom ökologischen Landbau praktiziert wird. Wir brauchen Konsumenten, die bereit sind, die gute Arbeit der Bauern anzuerkennen und über die Produktpreise entsprechend zu honorieren. Wir brauchen Politikerinnen und Politiker, die sich der Bevölkerung und nicht den Lobbyverbänden verpflichtet fühlen. Wir brauchen einen Staat, der Kontroll– und Regulationsmechanismen in der Hand behält, mit deren Hilfe Kriminellen schnellstmöglich das Handwerk gelegt werden kann.

Gestatten Sie mir abschließend noch ein paar Sätze zu den einzelnen Anträgen, die von den Fraktionen eingereicht worden sind. Zum Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der sich mit einer Entlassung der beiden Minister Stamm und Miller befasst, möchte ich gleich vorweg betonen, dass ich diesem nicht zustimmen werde.

(Beifall bei der CSU)

Mit der gleichen Berechtigung müsste nämlich auch die Frage in Richtung Berlin aufgeworfen werden. Aus meiner Sicht ist kein wesentlicher Unterschied zwischen den getroffenen Maßnahmen in Bayern und dem, was Frau Andrea Fischer und Herr Funke in Berlin gesagt bzw. eingeleitet haben, zu erkennen. Wenn in Bayern eine Entlassung gefordert wird, erfordert es die Ehrlichkeit, die gleiche Forderung auch für die beiden genannten Personen zu erheben.

Der Antrag der CSU-Fraktion enthält viele sinnvolle Gesichtspunkte. Ich habe jedoch ein Problem mit Punkt 3 der Initiative. Hier wird unterschwellig wieder deutlich, dass kaum mit einer Änderung in der Bewirtschaftung der Felder und auch der Haltung der Tiere zu rechnen ist. Allerdings hat sich Herr Loscher-Frühwald dafür gerade erfreulich offen gezeigt hat. Wir wünschen uns diese Entwicklung seit vielen Jahren.

Im SPD-Antrag ist leider ein Punkt enthalten, der in keiner Weise überzeugen kann. Ich meine den Punkt 10, den schon Herr Glück angesprochen hat. Wer heute den Test aller Tiere fordert, täuscht die Bevölkerung. Ich hoffe, dass es sich bei der Formulierung um ein Versehen handelt; denn wenn ein Test grundsätzlich keine Unterscheidung zulässt, ob BSE vorliegt oder nicht, ist er von Natur aus infrage zu stellen. Ich bitte deshalb, die

sen Punkt aus dem Antrag zu nehmen. In einem solchen Fall wäre ich gerne bereit, zuzustimmen.

Der nächste Redner ist Herr Kollege Schammann.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nicht mit dem Satz des Herrn Kollegen Loscher-Frühwald beginnen, wonach bereits alles gesagt sei, aber noch nicht von jedem. Ich denke, dass ich ein paar Neuigkeiten bringen kann. Nun ist es endlich auf dem Tisch, dass die Verschleierungsversuche, die Sie lange Zeit betrieben haben, nichts genutzt haben. Bayern ist BSE-Land Nummer 1. Jetzt hat Herr Stoiber die Hosen voll. Er ist nicht mehr da. Vielleicht muss er seine Hose gerade ausputzen.

(Meyer (CSU): So eine Bemerkung ist unmöglich! – Haedke (CSU): Ein bisschen Niveau!)