Ich wiederhole: Mein guter Freund Schleußer, den man in Nordrhein-Westfalen schlecht behandelt hat, hat zu mir immer gesagt: Du hast es schön, weil du nur 3% Zinsen zahlst, ich zahle 9% Zinsen, und die Differenz von 6% ist der Zukunftsvorsprung Bayerns vor NordrheinWestfalen.
Er hat dabei auf zwei zurückliegende Legislaturperioden verwiesen, in denen diese schlechten Finanzstrukturen geschaffen wurden, obwohl Nordrhein-Westfalen große Finanzkraft hatte. So etwas ist in der Vergangenheit Bayerns nie vorgekommen. Deshalb habe ich meinen Vorgängern, die solide gewirtschaftet haben, auch heute herzlich zu danken.
Die Länder, die am meisten Geld für Zinsen ausgeben, haben am wenigsten Geld für Investitionen. In Bayern ist die Investitionsquote rund fünfmal so hoch wie die Zinslastquote. Diese Entwicklung dürfen wir im Hinblick auf den demographischen Wandel nicht außer Acht lassen. Um die Zinsbelastung des Staates weiter zu vermindern und verloren gegangene Spielräume wiederzugewinnen, genügt es nicht, nur weniger neue Schulden zu machen.
In wirklich guten Jahren müssen wir sogar bestehende Schulden zurückzahlen. Sie wissen, dass ich im Jahr 1999, nachdem die Ist-Zahlen feststanden, Schulden in Höhe von 400 Millionen zurückzahlen konnte. Wann sonst sollen wir das tun, wenn nicht in einer Situation, in der wir dazu in der Lage sind? Dazu sind wir verpflichtet. Im Übrigen steht auch in der Haushaltsordnung, dass wir zur Schuldenrückzahlung verpflichtet sind. Wann wollen wir das tun, wenn nicht in guten Jahren? Das müssen wir auch in Zukunft so halten.
Bei der Einbringung des Haushaltsentwurfs am 28. September habe ich Ihnen angekündigt, dass der Freistaat in diesem Doppelhaushalt unserem finanzpolitischen Ziel, dem Haushalt ohne Neuverschuldung, ein Stück näher kommt. Im Jahr 2002 wird die veranschlagte Nettoneuverschuldung erstmals seit 1974 wieder unter die Milliardengrenze sinken.
Während der Beratung des Entwurfs in diesem Hohen Hause hat die Steuerschätzung für das Jahr 2001 neue Zahlen gebracht. Sie ermöglichen es uns, im Jahr 2001 die Neuverschuldung noch etwas geringer ausfallen zu lassen: Die Neuverschuldung sinkt dann von zunächst angenommenen 1,37 Milliarden DM auf 1,08 Milliarden DM im Jahr 2001. Im Jahr 2002 tauchen wir dann unter die Grenze von einer Milliarde. Das sind also noch einmal 67 Millionen DM weniger neue Schulden, als noch im Entwurf vom September vorgesehen war.
Wir dürfen aber nicht nur auf das Soll, sondern müssen auch auf die Ist-Rechnung schauen: 1999 haben wir Schulden zurückgezahlt. Ich habe bei meinen letzten Ausführungen in diesem Haus gesagt, dass ich vielleicht auch die Kreditermächtigung, die Sie mir für das Jahr 2000 gegeben haben, nicht in Anspruch nehme, war mir dessen aber noch nicht sicher, weil die Steuerentwicklung schwer berechenbar ist. Dabei gibt es viele Effekte, die wir nicht voll erklären können.
Das ist wirklich schwierig. Wenn jemand das genauer weiß als ich, bitte ich um Erläuterungen. Ich bin freimütig genug, um zuzugeben, dass wir nicht so genau wissen, welche Wachstums- und Vermeidungseffekte und welche Sondereffekte durch das Ausland sowie durch die neuen Länder zu erwarten sind. Das ist ein wirkliches Problem. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann Ihnen aber heute aufgrund der Steuerzahlen des November sagen: Wir werden die Kreditermächtigung von fast 1,4 Milliarden DM nicht in Anspruch nehmen müssen. Das bedeutet, dass wir nach dem Jahr 1999 nun das zweite Mal in Folge das erreicht haben, was wir ab dem Jahr 2006 dauerhaft und stabil anstreben, nämlich einen ausgeglichenen Haushalt ohne Nettoneuverschuldung.
Die zweite Kennzahl für die Solidität eines Haushalts, die Investitionsquote, konnten wir auf einem Niveau halten, das sich sehen lassen kann: 15,8% im Jahr 2001 und 15,3% im Jahr 2002. Das sind Zahlen, die wiederum bei weitem – ich unterstreiche dreimal: bei weitem – kein
Der Bund macht eine widersprüchliche Politik. Selbstverständlich erkenne ich die Bemühungen von Herrn Eichel an – das wiederhole ich ständig –, den Bundeshaushalt zu konsolidieren. Das macht er mit Strenge und mit Rücksichtslosigkeit, auch gegenüber den Ländern, den Kommunen und der Krankenversicherung; er verschiebt Lasten. Der entscheidende Angriffspunkt, den ich hier nennen will, liegt darin, dass der Bundesfinanzminister sagt, er mache eine nachhaltige Haushaltspolitik, indem er die Verschuldung abbauen wolle. Richtig! Er sagt auch, er müsse die nächste Generation vor Lasten schonen. Richtig! Aber gleichzeitig erreicht er dieses Ziel durch eine Reduzierung der Investitionsquote, die er bis zum Jahr 2004 auf 10% massiv herunterfährt.
Die Investitionsquote ist das Kennzeichen für Zukunftsfähigkeit und nachhaltige Politik sowie für die Vorsorge für die nächste Generation. Wer dieses Kennzeichen außer Acht lässt, um das andere Kennzeichen, nämlich den Rückgang der Verschuldung zu gewährleisten, handelt massiv widersprüchlich. Das ist mein Hauptvorwurf an den Bundeshaushalt, der mit Zahlen zu belegen ist. Was nutzt es denn, wenn man auf der einen Seite auf eine nachhaltige Haushaltspolitik durch die Reduzierung der Nettoneuverschuldung hinweisen kann, wenn man dieses Ziel aber nur durch eine Reduzierung der Investitionsquote erreicht? Das verstehe ich nicht, und das muss unbedingt geändert werden, wenn dieser Bundeshaushalt glaubwürdig werden soll.
Herr Eichel hat am 9. November in der Humboldt-Universität ein Grundsatzreferat gehalten und dabei von „Finanzpolitischen Leitplanken“ gesprochen. Er fordert – ganz im Gegensatz zu seinen bayerischen SPD-Kollegen im Landtag, die jede eingenommene Mark am liebsten sofort wieder ausgeben würden – Schuldenabbau für nachhaltig solide Staatsfinanzen. Aber er handelt nicht danach!
Die Bundesregierung kann die Höhe der Investitionen im Bundeshaushalt im Jahr 2001 nur dank der UMTS-Erlöse einigermaßen auf dem gegenwärtigen Niveau halten. Nach der Finanzplanung des Bundes sollen die Investitionen von 57,5 Milliarden DM im Jahr 2000 auf 52,1 Milliarden DM im Jahr 2004 zurückgefahren werden. Das ist eine Reduzierung um fast 10%. Im Bundeshaushalt 2001 wurden Kürzungen praktisch nur mit Hilfe der Zinsersparnisse vermieden, welche auf die UMTSErlöse zurückzuführen sind.
Ich vermisse den Aufschrei der Kommunen. Allein die Kommunen haben 17 Milliarden DM an Steuerausfällen zu tragen. Das ist kein Pappenstiel, sondern ist ein massiver Einschnitt in die Finanzkraft der Kommunen. Niemand sagt etwas dazu. Die Kommunen kommen dann zum Finanzminister des Freistaates Bayern und sagen: Bitte gleichen Sie uns das aus. Der bayerische Finanz
minister hat aber ebenso entsprechende Einbußen. Die Länder tragen Steuerausfälle von 10 Milliarden DM. Der Bundesfinanzminister verkauft unseren weiß-blauen Himmel, und wir bekommen keine Mark. Das ist ein klassischer Skandal. Das ist unmöglich und meiner Ansicht nach rechtswidrig.
Wenn das Wirtschaftswachstum überall in Deutschland so hoch ausfallen würde wie in Bayern, dann hätten wir viele Probleme weniger. Der Rückgang der Arbeitslosigkeit ist nicht das Verdienst der Bundesregierung, sondern beruht zum großen Teil darauf, dass mehr Menschen in den Ruhestand gehen und weniger Junge auf den Arbeitsmarkt kommen. Das ist ein statistischer Effekt, der auf lange Sicht besorgniserregend ist. Die demographische Entwicklung in unserem Land ist das große Thema der nächsten Jahre. Dieses Problem kann man nicht durch das Herumbasteln an einer Rentenreform – wie es gegenwärtig geschieht – lösen.
Das Urteil der so genannten Wirtschaftsweisen über die Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung ist meines Erachtens vernichtend. Die Arbeitslosigkeit ist immer noch, ich zitiere: „...die gravierendste Zielverfehlung der Wirtschaftspolitik“.
Herr Maget, es gibt hierüber viele Bewertungen, auch die Meinung des bayerischen Finanzministers, der seine Einschätzung der Arbeitsmarktpolitik oder der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung abgibt.
Die Wirtschaftsweisen sind aufgrund ihrer Sachkompetenz und aufgrund ihrer Position dazu berufen, ein Urteil abzugeben. Sie legen Zeugnis davon ab, ich zitiere noch einmal: „...die gravierendste Zielverfehlung der Wirtschaftspolitik“ ist die Arbeitslosenpolitik, die Politik zum Abbau der Arbeitslosigkeit. In der Schule hätte man gesagt: Setzen, sechs.
Vor diesem Hintergrund muss ich sagen: Die Bundesregierung hat das Wirtschaftswachstum und die Arbeitslosigkeit nicht im Griff. Es gibt keine in sich schlüssige Politik der Bundesregierung, die uns sowohl beim Wirtschaftswachstum als auch beim Abbau der Arbeitslosigkeit helfen würde. Umso wichtiger wäre eine schnelle steuerliche Entlastung. Die Union und Bayern konnten ihre Vorstellungen nicht durchsetzen. Ich glaube, wir hätten damit eine schnellere Entlastung erreicht, und mit diesem Konzept hätten wir auch einen konjunkturellen Effekt erzielt. Sie werden feststellen, dass durch die Steuerreform von Herrn Eichel kein konjunktureller Effekt ausgelöst wurde, auch kein Erwartungseffekt an den Börsen. Das ist kein Kunststück; denn die größte Entlastung kommt erst im Jahr 2005. Da kann man nicht auf kurzfristige Effekte hoffen.
Ich erinnere an meine Ausführungen zur Ökosteuer am Dienstag in diesem Haus. Sofort wirksam ist das Abkassieren durch die Ökosteuer. Im nächsten Jahr werden 25 Milliarden DM weggenommen. Das ist mehr als die Entlastung über die Steuerreform in diesem Jahr; aus der einen Tasche nehmen und in die andere Tasche geben, das ist kein geschlossenes Konzept. In der letzten Finanzministerkonferenz
haben wir über die AfA-Tabellen gestritten. Die Änderung der Abschreibungstabellen ist vom Bundesfinanzhof angestoßen worden. Meine Antwort darauf war: Wir können die Abschreibungstabellen nicht nur nach der technischen Lebensdauer gestalten, weil die technische Innovation so schnell voranschreitet. Das würde die technologische Entwicklung in einem Land hemmen. Die betriebswirtschaftliche Entwicklung und die Innovation müssen einbezogen werden. Deshalb habe ich eine Änderung des § 7 des Einkommensteuergesetzes vorgeschlagen, damit die betriebswirtschaftliche und technologische Entwicklung in die Beurteilung der Abschreibungstabellen mit einbezogen werden können.
Das geht bis jetzt eben nicht. Wir sind an das Urteil des Bundesfinanzhofs gebunden. Das sieht mittlerweile auch die Bundesregierung ein.
In der Finanzministerkonferenz haben wir beantragt, die AfA-Tabellen zu überarbeiten. Der Vorschlag, dass vom ursprünglichen Entwurf nur ein Abschlag von 50% vorgenommen wird, ist absolut unsachgemäß. Die Beträge, die die Bundesregierung bisher durch die Verlängerung der Abschreibungsdauer annimmt, sind nach unserer Einschätzung absolut falsch. Die angenommenen Einsparungen von 1,9 bzw. 3,5 Milliarden DM sind falsch. Durch die Verlängerung der Abschreibungsfristen sind massive Belastungen für die Wirtschaft, insbesondere für die mittelständische Wirtschaft, zu erwarten. Das muss demokratisch legitimiert sein, wie im Grundgesetz geregelt. Die Mehrheit der Länder hat eine Mitwirkung des Bundesrates abgelehnt. Das heißt, dass Herr Eichel jetzt nach Gutsherrenmentalität die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, nicht nur für die großen Unternehmen, sondern auch für den gesamten Mittelstand, ab dem 1. Januar 2001 dramatisch verschlechtert.
Ich will das noch einmal in dem Gesamtzusammenhang darstellen. Die Entlastungen durch die Steuerreform der gegenwärtigen Bundesregierung wirken im Wesentlichen sofort für die großen Unternehmen, für die Körperschaften. Die mittelständischen Unternehmen haben weitgehend erst im Jahr 2005 eine Entlastung. Ab dem Jahr 2001 wirken aber schon die Verschlechterungen aufgrund der AfA-Tabelle.
Herr Kollege Traublinger, das wurde nicht im Bundesrat, nicht von demokratisch legitimierten Mehrheiten und Länderregierungen, sondern einfach von der Bundesregierung so festgesetzt.
Das heißt, die Bundesregierung entwendet den mittelständischen Unternehmen heute Milliarden DM aus den Taschen und entlastet sie erst im Jahr 2005.
Nein, mit Sicherheit nicht. Das wollten wir nicht. Herr Maget, lassen Sie sich besser nicht auf diese Fachdebatte mit dem bayerischen Finanzminister ein.
Herr Maget, wenn Sie eine andere Auffassung haben, dann fordere ich Sie auf, dass Sie das hier oben vorrechnen und diese Auffassung belegen. Dann belege ich sofort das Gegenteil.
Das ist eine Steilvorlage. Ich fordere Sie auf: Kommen Sie hier herauf und beweisen Sie, dass das, was ich sage, nicht wahr ist. Ich wiederhole noch einmal: Sie kassieren heute bei der mittelständischen Wirtschaft ab dem 1. Januar 2001 ab und entlasten sie erst im Jahr 2005.
Die Einnahmen, die wir im bayerischen Staatshaushalt zu verzeichnen haben, haben sich aufgrund der Steuerschätzung im November erhöht. Ich habe schon darauf hingewiesen.