Protocol of the Session on December 13, 2000

Im Ältestenrat wurde für die gemeinsame Aussprache eine Redezeit von zwei Stunden festgesetzt. Davon entfallen auf die Fraktion der CSU 56 Minuten, auf die SPD-Fraktion 40 Minuten und auf die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 24 Minuten. Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Als erster Redner hat Herr Kollege Dr. Jung das Wort.

Sehr geehrter Herr Staatsminister, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst Herr Dr. Beckstein, gute Besserung für Ihre Erkältung. Ich kann da mitfühlen.

Für uns Sozialdemokraten ist die Gewährleistung von Sicherheit für alle Mitbürgerinnen und Mitbürger ein Grundauftrag unseres Staates. Deshalb wollen wir in Bayern dafür ausreichend Mittel bereitgestellt wissen. Wir wollen einen starken Staat, der die Schwachen vor Übergriffen und Gewalt schützt. Wir freuen uns deshalb, dass der Innenminister der Bundesrepublik Deutschland und der Innenminister des Freistaats Bayern auf vielen Feldern der inneren Sicherheit erfolgreich zusammenarbeiten. Diese Entwicklung, die uns sehr freut, war nach CSU-Hetzcampagnen in vielen Städten Bayerns noch vor der Amtsübernahme von Otto Schily nicht unbedingt zu erwarten. Wir freuen uns, dass sich das jetzt so gut entwickelt. Sie haben viel hinzugelernt, Herr Staatsminister.

Die bayerischen Sozialdemokraten unterstützen den Weg eines Verbots der NPD, da sie eine der größten Gefährdungen und Herausforderungen für die Sicherheit und Zukunft unserer Demokratie darstellt. Wir unterstützen das Vorhaben der Novellierung des Waffenrechts für ganz Deutschland und gehen davon aus, dass sie, Herr Dr. Beckstein, auch in dieser Frage dem Bund zuarbeiten und mithelfen werden, eine gute Lösung zu erarbeiten. Eckpunkte, die vernünftig sind und uns voranbringen, hat der Bundesinnenminister erarbeitet. Nach unserer Auffassung sollte Bayern diesen zustimmen.

(Hölzl (CSU): Ohne Bayern wäre das gar nicht gegangen!)

Sie sehen, meine Kolleginnen und Kollegen von der CSU, für Ihren Herrn Minister haben wir viel Lob, inso

weit er die erfolgreiche Innenpolitik der Bundesregierung unterstützt.

(Lachen bei der CSU – Kaul (CSU): Wer hat vom wem abgeschaut?)

Dieses Lob kommt von Herzen, und das geben wir auch gerne. Mein ehrlicher Eindruck ist es, dass sich der bayerische Innenminister wohltuend vom Rest des Kabinetts unterscheidet, wo oftmals Fundamentalopposition gegen Berlin gemacht wird.

In der Innenpolitik können wir das nicht feststellen. So sehr wir Ihre Politik gegenüber der Bundesregierung im Bereich des Inneren loben können, so wenig können wir Sie leider für Ihren Haushaltsentwurf loben. Die bayerischen Beamtinnen und Beamten im Innenministerium und in den Behörden verdienen Dank für ihre Arbeit. Diesen Dank haben Sie, Herr Minister, zu Recht ausgesprochen. Die bayerischen Beamtinnen und Beamten verdienen aber nicht nur Dank, sondern auch eine Perspektive für ihre wichtige und gefahrvolle Arbeit. Bestehende Defizite sollten nach und nach beseitigt werden. Ihr Haushaltsentwurf, Herr Minister, beseitigt aber keine Defizite.

Sie nehmen seit Jahren nicht zur Kenntnis, dass erfreulicherweise der Frauenanteil bei der bayerischen Polizei steigt. Nach Hochrechnungen der Polizeigewerkschaften wird bereits im Jahr 2005 der Anteil der Frauen im Vollzugsdienst etwa 13% betragen. Das entspricht immerhin 4000 Beamtinnen. Frauen können in hohem Maße Erziehungsurlaub, Sonderurlaub oder Teilzeitarbeit in Anspruch nehmen. Das ist gut so. Nach Schätzungen muss damit aber auch eine Ausfallquote von mindestens 30% realistisch angesetzt werden. Wir werden also einen Bedarf von über 1000 Stellen haben, um die erforderlichen Ersatzkräfte zur Verfügung stellen zu können.

Niemand in Bayern mutet Eltern oder Kindern Unterrichtsausfall zu, wenn die Lehrerin schwanger wird. Wir aber, Herr Innenminister, muten unseren Bürgerinnen und Bürgern Sicherheitsdefizite zu, wenn dies bei der Polizei geschieht. Das kann zu einem ablehnenden Klima innerhalb der Polizeiinspektionen und zu Problemen der Akzeptanz von Frauen in der Polizei führen. Deshalb appellieren wir an dieser Stelle noch einmal an Sie: Stimmen Sie unseren Anträgen auf Schaffung einer angemessenen mobilen Reserve zu. Sorgen Sie dafür, sich die Frauen bei der bayerischen Polizei wohlfühlen können und dass der bayerischen Polizei die Umstellung zu einem Verband aus Männern und Frauen gelingt.

(Beifall bei der SPD)

Es ist nicht allein der Bedarf an Ersatzkräften für ausgefallene Frauen, denen Ihr Entwurf nicht gerecht wird; auch die weiteren großen Probleme des bayerischen Polizeidienstes bleiben ungelöst. In diesem Zusammenhang muss an erster Stelle die schleichende, aber stetige Auszehrung unserer Polizeidienststellen vor Ort angesprochen werden. Entscheidend für die Bürgerinnen und Bürger ist es, dass die Polizei vor Ort präsent ist und ihre Aufgaben wahrnimmt. Wir haben mittlerweile

Dienstgruppen, die noch vor zehn Jahren mit einer Stärke von 35 Personen auf einer Inspektion arbeiteten, jetzt aber nicht einmal mehr beim hälftigen Personalstand sind, obwohl sich die Kriminalitätsbelastung im selben Zeitraum verdoppelt hat.

Für viele Inspektionen stehen ihre Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten nur auf dem Papier. Die Beamten finden sich statt dessen in Einsatzzügen mit 800 Stellen, in zivilen Einsatzgruppen mit 500 Stellen, im EDV-Bereich mit zirka 400 Stellen, bei Fahndungskontrollgruppen mit zirka 200 Stellen und einer Vielzahl weiterer Funktionen. Der Mindestansatz sind mittlerweile mindestens 2500 Beamtinnen und Beamte, die in den Dienstgruppen vor Ort fehlen. Das hat ein Ausmaß angenommen, Herr Minister, das zu deutlich negativen Auswirkungen beim Klima und bei den Stimmungen auf den Polizeiinspektionen vor Ort führt. Wenn man den örtlichen Dienststellen über 2500 Beamtinnen und Beamte entzieht, dann fehlen sie auf der Straße. Das spüren die Bürger, und der normale Schichtbeamte, der in seiner Dienstgruppe vor Ort Dienst tut, spürt, dass er dem Innenministerium nicht das Wert ist, was er Wert sein sollte. Wir fordern Sie auf, mit diesem Haushalt endlich zu beginnen, diese zusätzlichen Funktionsstellen zu etatisieren und der Auszehrung der Dienstgruppen vor Ort Einhalt zu gebieten.

(Beifall bei der SPD)

Ungelöst bleibt mit Ihrem Entwurf auch die Situation der unterschiedlichen Altersstruktur der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten. „Hilfe, die Polizei wird alt“ lautete die Überschrift eines Leitartikels einer Zeitschrift der Polizeigewerkschaft. Dies trifft leider in vielen Bereichen Bayerns zu. Unwidersprochen können Personalräte von „Altersheimen“ bei einzelnen Polizeiinspektionen sprechen. Immer noch gibt es in Ober- und Unterfranken Stationen, in denen das Durchschnittsalter der Schichtbeamten über 50 Jahre beträgt, während wir in München nach wie vor viele 20-jährige im Einsatz haben. Es ist mit diesem Haushaltsentwurf nicht gelungen, endlich einen Schritt weg von dieser unguten Struktur zu machen. Wir wollen eine gesunde Mischung, den richtigen Mix aus jung und erfahren, aus forsch und ruhig, um eine erfolgreiche Polizeiarbeit überall sicherstellen zu können. In dieser Beziehung ist leider nichts geschehen.

Wie bei jeder Haushaltseinbringung, Herr Minister Beckstein, ist auch jetzt die traurige Situation der Tarifbeschäftigten im Polizeidienst anzusprechen. Auch deren Situation bleibt wieder ungelöst. Keine Silbe haben Sie diesem wichtigen Personenkreis, dieser Stütze der Polizeiarbeit in Bayern, gewidmet. Der Einsatz der Tarifbeschäftigten ist auch nach Auffassung vieler Polizeiführer vor Ort unverzichtbar und wichtig. Oftmals könnte eine noch bessere Entlastung bei den Polizeivollzugsbeamten erreicht und höherwertige Aufgaben ausgefüllt werden. Die fehlenden Stellen lassen es aber nicht zu. Ihr Haushaltsentwurf hilft auch hier nicht entscheidend weiter. Seit Jahren wird ein Qualifizierungsprogramm angekündigt. Das Prüfungsstadium ist aber noch nicht verlassen. Wir fordern Sie deshalb auf, unseren Anträgen für eine faire und gute Perspektive für die Tarifbeschäftigten der bayerischen Polizei zuzustimmen.

Wir sehen mit Freude, Herr Staatsminister, dass Sie jetzt angekündigt haben, dass die Schutzwesten für die bayerische Polizei zu 100% bezuschusst werden. Das freut mich persönlich insbesondere deshalb sehr, weil wir diese Forderung seit Jahren immer wieder erhoben haben. Wir freuen uns nicht nur, sondern wir wundern uns auch ein bisschen. Plötzlich entdeckt der Herr Ministerpräsident persönlich in einer Kabinettssitzung, dass die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in Bayern einen schweren Dienst leisten und man deshalb die Ausstattung auch zu 100% finanzieren müsse.

Wir wissen das seit 1995. Warum hat man nicht schon am 27. Februar 1995, als erstmals unser Antrag im Innenausschuss zur Diskussion stand, zugestimmt? Jetzt springt der bayerische Innenminister auf den fahrenden Zug aus Nordrhein-Westfalen auf und gewährt den Zuschuss in Höhe von 100%. Das freut uns, aber es bleibt ein Armutszeugnis für die CSU-Fraktion. Noch vor wenigen Wochen, nämlich am 26. Oktober im Haushaltsausschuss und am 8. November im Innenausschuss, gab es selbst gegen den bescheidenen Antrag von uns, 500000 DM bereitzustellen, um den bisherigen Zuschuss von 80% auf 90% zu erhöhen, heftigen Widerstand der CSU. Ich will nicht im Einzelnen die Argumente zitieren, aber es hieß, die Bezahlung sei in Bayern außerordentlich großzügig, mehr sei nicht nötig, und die Höhe des Zuschusses sei kein entscheidendes Kriterium. Worin bestand in dieser Diskussion, Herr Dr. Kempfler, Herr Herrmann, Ihr Einsatz für die bayerische Polizei? Während Sie noch an vorderster Front unsere Anträge ablehnten und abwerteten, hatte ihr Minister schon die Kehrtwendung vollzogen. Das freut uns und ehrt Ihren Minister, wirft aber ein trauriges Bild auf die Arbeit der CSU-Fraktion in dieser Beziehung.

(Beifall bei der SPD)

Aber auch Sie, Herr Staatsminister, haben wichtige Fragen noch nicht beantwortet. Wann kommen die Westen zur Auslieferung, wie steht es mit einer Tragepflicht? Bis zu welchem Preis werden 100% der Kosten bezahlt? Darüber werden wir uns noch im Ausschuss ausführlicher unterhalten müssen.

Große Sorgen machen uns nach wie vor die Entwicklungen im Bereich der Kinder- und Jugendkriminalität.

In den letzten fünf Jahren mussten wir uns mit Steigerungsraten von 30% abfinden. Im Schnitt ist jetzt in Bayern etwa jeder dritte Straftäter weniger als 21 Jahre alt. Auch wenn zwischenzeitlich eine gewisse Stagnation auf hohem Niveau eingetreten ist, muss es eine Kernaufgabe bayerischer Sicherheitspolitik sein, hier offensiv vorzugehen und Akzente zu setzen.

Richtig ist es, wenn Sie dafür sorgen, dass nicht die Augen verschlossen werden, wenn Kinder die Schule schwänzen, und dass sich die Polizei des Problems annimmt. Richtig ist es, diese Kinder anzusprechen und sie nicht sich selbst zu überlassen. Doch nutzt es nichts, sie aufzugreifen, in die Schule zu bringen und ansonsten nichts zu tun. Wir wissen, dass etwa 5% der Straftäter, die so genannten Intensivtäter, für etwa 50 bis 60% der Straftaten verantwortlich sind, die unter die Kinder- und

Jugenddelinquenz fallen. So müssen wir im Freistaat Bayern ein Konzept entwickeln, wonach es möglich ist, frühzeitig einzugreifen und potenzielle Intensivtäter auch intensiv zu betreuen. Da genügt es nicht, wenn der Sozialarbeiter einmal bei der Familie des betreffenden Kindes vorbeischaut. Vielmehr müssen die Probleme konzentriert angegangen werden. Die zu treffenden Maßnahmen können bis zur Unterbringung von Kindern außerhalb ihrer Familien reichen. So etwas kostet Geld, viel Geld, das aber gut angelegt ist, wenn es dazu beiträgt, kriminelle Karrieren zu verhindern.

Vorbildlich handelt auf diesem Gebiet die Landeshauptstadt München. Bereits 1993 begann dort die Schulsozialarbeit an drei Hauptschulen. Heute fließen jährlich 8 Millionen DM aus dem städtischen Haushalt an 26 städtische Projekte zur Vermeidung von Kinder- und Jugendgewalt sowie in sechs entsprechende Maßnahmen in freier Trägerschaft. Wo bleibt hier der Freistaat Bayern? Herr Staatsminister, geht man den Entwurf für Ihren Haushalt durch, muss man feststellen: Die entsprechenden Ansätze sind nicht ausreichend. Hier findet sich kein Konzept für eine zukunftsweisende präventive Arbeit auf dem in Rede stehenden Gebiet. Sie bleiben dem alten CSU-Bild der reinen Repression verhaftet. Das ist sehr bedauerlich und für die Gesellschaft auf Dauer auch sehr teuer. Denn bei der Kinder- und Jugendkriminalität bestehen vergleichsweise sehr gute Einwirkungsmöglichkeiten. Kinder und Jugendliche sind eher formbar als Erwachsene. Hier nichts zu tun, das ist nichts anderes als sträfliches Unterlassen.

(Zustimmung bei Abgeordneten der SPD)

Herr Minister, Sie malten in Ihrer Rede ein schönes Bild von der bayerischen Polizei. Sie kann viele Erfolge vorweisen. Diese sehe wir gerne; wir freuen uns darüber. Herr Staatsminister, Sie ignorieren aber die Unzufriedenheit vieler Polizeibeamtinnen und -beamten. Sie ignorieren die Unzufriedenheit über die schon angesprochene Situation in den Dienststellen vor Ort, denen die Beamten entzogen werden. Sie haben sich aber auch nicht mit den Ergebnissen einer Mitarbeiterbefragung beim Polizeipräsidium München auseinander gesetzt, die in diesem Jahr veröffentlicht wurde. Ich denke, Sie haben aus gutem Grund nichts dazu gesagt, Herr Minister. So hält eine große Zahl der Mitarbeiter des genannten Polizeipräsidiums die politische Rückendeckung für ihre Arbeit für nicht ausreichend. Das Beurteilungssystem bei der bayerischen Polizei sieht die Mehrheit der Beschäftigten als nicht objektiv an. Fast zwei Drittel der Beamtinnen und Beamten erklären, in Bayern komme es beim beruflichen Fortkommen weniger auf die Leistung an. Die Mehrheit von ihnen empfindet die Stäbe, insbesondere die an den Präsidien, als zu groß.

Die genannte Untersuchung war sehr aufwendig. Ihre Ergebnisse sind wichtig. Sie hätten Anlass zu Konsequenzen sein müssen. Doch diese fehlen. Sie sind weder in dem vorliegenden Haushaltsentwurf noch in den Perspektiven für die bayerische Polizei zu finden, Herr Staatsminister. Würde jetzt wieder eine derartige Umfrage durchgeführt werden, die Ergebnisse wären dieselben. Es hat sich in der Zwischenzeit ja auch nichts getan.

Traurig, kurz und bescheiden bleiben auch Ihre Aussagen als Kommunalminister, Herr Staatsminister Dr. Beckstein. Die Situation der bayerischen Kommunen reden Sie schön. Ehrlicher ist da Ihr Parteikollege Josef Deimer, der vor wenigen Tagen formulierte, Würzburg sei nur die Spitze des Eisbergs. Er hat damit dargestellt, dass sich die großen Städte Bayerns in einer sehr schwierigen Finanzsituation befinden und dass die Bayerische Staatsregierung keine Bemühungen unternimmt – auch von Ihren war heute keine Silbe dazu zu hören, Herr Staatsminister –, den bestehenden Problemen gerecht zu werden und zu helfen. Es kann doch nicht angehen, dass Einrichtungen geschlossen werden müssen, wie es jetzt beim Würzburger Theater der Fall war, bevor das Kabinett aufwacht. Wir brauchen Strukturreformen und eine vernünftige, modernen Ansprüchen gerecht werdende finanzielle Ausstattung der Kommunen durch den Freistaat.

(Beifall bei der SPD)

Besonders problematisch ist aus unserer Sicht, dass wir in Bayern ein neues regionales Gefälle bekommen. So steht zu befürchten, dass die Bildungschancen in Bayern künftig vom Geldbeutel der einzelnen Kommunen abhängen werden. Die Kommunen haben die Lehrmittel bereitzustellen. Das war in den letzten Jahren kein großes Problem. Alle fünf Jahre mussten neue Schulbücher gekauft werden; das war für jede Gemeinde zu verkraften. Mittlerweile geht es aber auch um die EDV-Ausstattung von Schulen. Die Landeshauptstadt München kann hierfür ihren Schulen aus einem Sonderprogramm mehr als 200 Millionen DM zur Verfügung stellen. Sprechen Sie einmal mit dem Stadtkämmerer Würzburg oder mit dem von Hof, Herr Staatsminister. Fragen Sie einmal, wie viel dort für die EDV-Ausstattung von Schulen bereitgestellt werden kann. Sie werden gewaltige Unterschiede feststellen. Diese wirken sich auf die Bildungsund damit auf die Lebenschancen von Kindern aus. Wir wollen keinen Freistaat Bayern, in dem der jeweilige Stadtkämmerer und die ihm zur Verfügung stehende Finanzmasse über die Bildungschancen unserer Kinder entscheiden.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen gleiche Bildungschancen überall im Land, Bildungschancen, die unabhängig davon sind, ob ein Kind nun in einer wohlhabenden oberbayerischen oder in einer strukturschwachen oberfränkischen Gemeinde aufwächst. Da müssen Sie helfen, meine Damen und Herren von der CSU. Die von Ihnen vorgesehenen 60 Millionen DM, gleichmäßig über ganz Bayern verteilt, stellen nicht einmal den berühmten Tropfen auf den heißen Stein dar. Die bayerischen Kommunen müssen intensiv unterstützt werden. Diesbezüglich hätten sie vom Kommunalminister auch Rückendeckung erwartet. Wo setzt sich der Kommunalminister dafür ein, dass den Gemeinden 80% der Kosten der Schülerbeförderung erstattet werden? Wo setzt sich der Kommunalminister dafür ein, dass die Kürzung der Zuschüsse für Maßnahmen der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung rückgängig gemacht wird? Wo kämpft der Minister für eine bessere Ausstattung gerade unserer großen Städte?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Staatsminister, leider haben Sie auch mit Ihren Ankündigungen zur Notrufnummer 112 nicht den großen Wurf geschafft. Seit Dezember 1996 liegt Ihnen der einstimmige Beschluss dieses Hause zur Schaffung einer einheitlichen Notrufnummer für Bayern vor. Unsere Feuerwehren, unsere Rot-Kreuz-Bereitschaften und das THW leisten bei Notfällen herausragende Arbeit. Doch gibt es für die aktiven Helfer – sehr viele von ihnen sind ehrenamtlich tätig – keine befriedigende zeitliche Perspektive, was besagte Notrufnummer anbelangt. Im Gegenteil: Erst in der vergangenen Woche hat die CSUFraktion eine Verlautbarung herausgegeben, worin als Zeitpunkt für die Einrichtung einer einheitlichen Notrufnummer das Jahr 2005 angegeben wird.

(Frau Biedefeld (SPD): Bayern vorn! – Weitere Zurufe von der SPD)

Ja, Bayern vorn. Aber so stellen wir uns das nicht vor. Herr Staatsminister, Sie selbst haben in Ihrer Rede eingeräumt, dass die jetzige Situation im Einzelfall lebensbedrohend sein kann. Wenn dies zutrifft, müssen Sie rasch handeln. Dann kann es nicht angehen, dass wir bis zum Jahr 2005 auf eine einheitliche Notrufnummer warten müssen. Lassen Sie jetzt die erforderlichen Mittel bereitstellen. Die Beteiligten sind überaus kooperationsbereit. Herr Minister, Sie sollten jetzt ein Konzept auf den Weg bringen, wonach sich ehrenamtlich Tätige auch weiterhin einbringen können und nicht allein die Kommunen finanziell belastet werden.

(Beifall bei der SPD)

Zum Schluss möchte ich noch die Situation im Straßenbau hierzulande ansprechen. Herr Staatsminister, Sie sind heute wesentlich zurückhaltender als auf Ihren berühmt-berüchtigten Straßenbaukonferenzen,

(Zustimmung bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CSU)

mit denen Sie landauf, landab einen Generalangriff auf Berlin versucht haben. Der Bund ist es, der in Bayern Milliarden investiert. Doch Sie lassen das hiesige Straßennetz verwahrlosen, meine Damen und Herren von der CSU.

(Zustimmung bei Abgeordneten der SPD)

Insgesamt fließen aus Berlin im Zeitraum von 1999 bis 2002 bereits aus dem Investitionsprogramm für Bundesfernstraßen mehr als 2 Milliarden DM nach Bayern, aus dem Antistauprogramm und weiteren Zusatzprogrammen zusätzlich mehr als 1 Milliarde DM, insgesamt also mehr als 3 Milliarden DM. Doch Sie lassen sich heute hier für 20 Millionen DM feiern, die Sie zusätzlich zugunsten bayerischer Straßen investieren wollen, meine Damen und Herren von der CSU.

Das sind doch, um einen Begriff aus der Bankiersprache zu verwenden, Peanuts gegenüber dem, was Berlin für Bayern tut.

(Beifall bei der SPD)

Ihre Forderung nach einer Erhöhung um 20 Millionen DM ist nicht mehr als der Ausdruck Ihres schlechten Gewissens, hilft aber dem bayerischen Staatsstraßenbau nicht auf die Füße. Herr Staatsminister, Sie sollten Hans Eichel in Berlin für seine Großzügigkeit danken, anstatt in Tobsuchtsanfällen den Geldsegen aus Berlin als – ich muss Sie zitieren – „parteipolitisch motivierte Nacht- und Nebelaktion“ zu diffamieren. Wenn mir jemand nachts 3 Milliarden DM schenkt, dann freue ich mich, sage Dank und schimpfe nicht und rege mich nicht auf.

(Beifall bei der SPD)

Mit einer Aussage haben Sie allerdings Recht: Parteipolitisch motiviert ist das Ganze. Es wurde von der SPD in Bayern angestoßen und zeigt deutlich, dass wir uns um Bayerns Straßen kümmern, während Sie Ihre Hausaufgaben leider nicht gemacht haben.