Ich gestatte mir heute einen Blick in die Vergangenheit. Wir haben schon Tage und Wochen gehabt, in denen die Finanzminister mit angsterfülltem Blick auf die Mai- und November-Steuerschätzung gewartet haben und in denen sie mit eingezogenem Kopf in den Haushaltsausschuss geschlichen sind. Herr Ausschussvorsitzender Ach, das war 1997 so. Damals hieß es, die Mindereinnahmen des Freistaates Bayern liegen bei 860 Millionen DM. 1998 lag die Summe bei zirka 1 Milliarde DM. Für die bayerischen Kommunen hieß das 1997 zirka 400 Millionen DM an Mindereinnahmen und 1998 zirka 750 Millionen DM an Mindereinnahmen.
Herr Staatsminister Faltlhauser, damals hatte Ihr Vorgänger ein schweres Los. Er kam von den Haushaltssperren nicht mehr herunter und die Schlagzeilen in den Zeitungen lauteten folgendermaßen: „Bayern streicht 900 Millionen DM als Reaktion auf die Steuerschätzung“, „Drastischer Einnahmeverlust der bayerischen Gemeinden aufgrund der Steuerschätzung“. Heutzutage steht in den Zeitungen: „Reich, reicher, Bayern“. Man könnte fast sagen, Sie sind der „Kurt im Glück“.
Ja, so sieht er aus. Zufrieden, und das, obwohl 1997 und 1998, als Ihr Parteifreund, Herr Staatsminister, für die Bundesfinanzen und die Steuerpolitik zuständig war, die Steuerschätzungen immer weiter nach unten gingen, auch in der mittelfristigen Prognose bis zum Jahr 2000. Sie haben wirklich allen Grund, ein kräftiges Dankeschön nach Berlin zu schicken, denn Bayern profitiert von der Finanz- und Steuerpolitik des Bundes.
Herr Kollege Sackmann, es ist so. Ich stelle mir vor, wie es wäre, wenn es in Berlin noch eine Regierung von CDU, CSU und FDP gäbe und es käme dieser Goldregen auf uns herab. Sie würden jubilieren, und das zu Recht.
Kolleginnen und Kollegen, auch wir freuen uns, wenn es mehr Steuereinnahmen gibt. Wir unterstützen auch, dass mit einem Teil des Geldes Kredite getilgt werden und dass im letzten Jahr und auch heuer wieder keine Nettokreditermächtigung in Anspruch genommen werden muss. Es ist auch in Bayern höchste Zeit, von den Schulden herunterzukommen.
Ich weiß nicht, was es da zu lachen gibt. Das ist Ihre eigene Vorgabe. Das ist die Vorgabe des Finanzministers. Er soll Ihnen einmal erklären, was hier im Freistaat Bayern Sache ist.
Herr Hofmann, wenn Sie das bestätigen, zeigt das nur, dass Sie noch nie einen Fuß in den Haushaltsausschuss gesetzt haben, zumindest nicht, seit ich drin bin. Ihre Bemerkung zeugt von Ihrer Unkenntnis und von sonst gar nichts.
Wie Sie wissen ist die Bundesregierung mit der Haushaltkonsolidierung auf einem guten Weg. Haushaltkonsolidierung ist generell; sie ist auch in den Ländern und in den Kommunen angesagt. Daran kann es keinen Zweifel geben. Es kommt allerdings darauf an, wie diese Konsolidierung anläuft. Ich möchte Sie nur einmal an die Beratungen erinnern, die seit diesem Herbst laufen. Da komme ich beispielhaft auf die Schutzwesten zu sprechen. Schon damals hat unsere Fraktion den Antrag gestellt, Schutzwesten für Polizeibeamtinnen und Beamten kostenlos zur Verfügung zu stellen, also ohne Eigenbeteiligung. Damals hieß es, das gehe nicht, das sei nicht möglich, und auch der Herr Staatssekretär hat sich damals in die Bresche geworfen, um uns klarzumachen, warum es nicht möglich ist. Und was ist jetzt? – Jetzt kommt morgen wahrscheinlich Staatsminister Beckstein persönlich – ich weiß es nicht genau, aber ich könnte es mir vorstellen, Herr Staatssekretär – und sagt: Nun ist es doch möglich. Damit müssten Sie eigentlich nachträglich dem Antrag der GRÜNEN, den Sie damals abgelehnt haben, zustimmen.
Das nächste ist Folgendes. Seit 1996 kämpfe ich um einen Anschub zur Sanierung der Universitätskliniken. Sie haben jetzt – auch das freut mich – auf die vorhandenen Mittel noch einmal 100 Millionen DM daraufgesattelt. Auch das verhilft meinem entsprechenden Antrag zu einer späten Ehre.
Und jetzt zu den zu erwartenden Steuermehreinnahmen für das Jahr 2000. Herr Staatsminister, ob wir das jetzt mit einem Nachtragshaushalt machen oder ob wir diese Mehreinnahmen in das Jahr 2001 übertragen, das ist für mich eine formale Sache. Möglich ist beides.
Ich bin der Meinung, dass der Haushaltsausschuss sehr wohl noch einmal intensiv darüber diskutieren sollte. Jenseits der vorzeitigen Schuldentilgung sollten wir einen nennenswerten Betrag in Zukunftsinvestitionen für Bayern geben.
Wir haben gestern die Debatte über die BSE-Vorkommnisse geführt. Wir alle hier im Landtag wissen, dass damit gravierende Änderungen in der Landwirtschaft verbunden sein werden. Letztendlich ist BSE das Ergebnis einer argroindustriellen Landwirtschaft. Wir sind der Meinung, bei einer artgerechten und flächenabhängigen Tierhaltung müssen keine Futtermittel zugekauft werden, also auch kein Tiermehl. Deshalb halten wir es für angebracht, Herr Staatsminister, umstellungswilligen Landwirten entsprechend unter die Arme zu greifen und sie zu unterstützen.
Eine weitere Folge ist, dass selbstverständlich hier im Lande mehr pflanzliche Futtermittel produziert werden müssen. Ob das auf stillgelegten Flächen passieren kann, können wir nicht allein bestimmen. Das hängt unter anderem mit den WTO-Beschlüssen zusammen. Wir sind allerdings der Meinung es wäre eine gute Sache, wenn man versuchte, die Futtermittel, die bei uns gebraucht werden, auch im Land zu produzieren. Es bietet sich an, entsprechende Leguminosen auszusäen.
Die Landwirte brauchen allerdings zumindest für eine Übergangsphase eine entsprechende Unterstützung; daran kann es aus unserer Sicht keinen Zweifel geben.
Ein weiterer Punkt ist die Sanierung von Schulgebäuden. Es geht hier zum einen um eine ökologische Sanierung – das habe ich schon oft angesprochen –, nachdem manche Schulbauten aus den sechziger Jahren regelrechte Energieschleudern sind. Aber zum anderen geht es auch um die Sanierung aufgrund von Schadstoffbelastungen. Es vergeht im Grunde keine Woche, dass nicht irgendwo in der Presse vermeldet wird, dass ein Schulgebäude entweder PCB oder Asbest belastet ist oder polychlorierte aromatische Kohlenwasserstoffe und Pentachlorphenol gefunden werden. Umweltgifte gibt es also genug. Die Kommunen als Sachaufwandsträger müssen die Sanierungskosten tragen. Denn es kann keinen Zweifel daran geben, dass saniert werden muss, wenn derart gesundheitsgefährdende Stoffe aufgefunden werden. Erst vor kurzem war von 15 Millionen DM Sanierungskosten für eine einzige Schule in Nürnberg aufgrund einer PCB-Belastung die Rede. In Landshut haben wir zwei solcher Sanierungsfälle. Hier könnten Sie also den Kommunen viel Gutes tun und Sie würden einen guten Beitrag dazu leisten, dass die Schülerinnen und Schüler und auch die Lehrerinnen und Lehrer keinen Gesundheitsschaden nehmen. Es geht nicht, dass nur etwas notdürftig überklebt wird, weil das Geld zur Sanierung fehlt.
Ein weiterer Punkt im Bereich der Schule ist die Schulsozialarbeit. Unser Antrag, den wir im laufenden Haushaltsverfahren eingebracht haben, wurde abgelehnt, nicht etwa, weil Sie die Notwendigkeit dieser Schulsozialarbeit bestritten hätten, sondern Sie machten das einfach mit der Begründung, es sei kein Geld da, so gern man das auch machen würde. Aber, Kolleginnen und Kollegen, wenn es unbestritten ist, dass die Schulsozialarbeit heute notwendiger ist denn je, dann können Sie sich nicht damit zufrieden geben, dass hier lediglich ein paar Modellprojekte – nach meiner Erinnerung sind es 19 – ins Leben gerufen wurden. Wir haben die Probleme vor Ort und sie müssen auch vor Ort gelöst werden.
Ein anderes Problem bei der Schulsozialarbeit ist dieses Mischfinanzierungsmodell. Sie wollen, dass die Kommunen ein Drittel dazu zahlen. Das führt vielerorts dazu, dass Projekte, die vielleicht gut laufen, nicht weiter geführt werden, weil plötzlich der Kreistag oder der Stadtrat sagt: Nein, aufgrund unserer eigenen Haushaltskrise beteiligen wir uns nicht mehr daran.
Auch hier gibt es Beispiele. Der Landkreis Passau zieht eine Schlussstrich unter die Jugendsozialhilfeprojekte, wie ich der Presse entnehmen konnte. Der Kreis möchte dies nicht mehr finanzieren. Kolleginnen und Kollegen, das ist kein Zustand. Wir brauchen diese Schulsozialarbeit. Das wissen Sie selbst.
Ja, das ist keine kommunale Aufgabe, Kollegin Radermacher. Aber wenn Sie die Kommunen unterstützen wollen, dann müssen Sie auch den Geldbeutel aufmachen. Und ich muss sagen, das bietet sich bei diesen Steuermehreinnahmen auch an.
Ein weiterer Punkt ist die Altenpflege. Die demografische Entwicklung ist allgemein bekannt. Sie macht eine verstärkte Förderung der Altenpflege notwendig. Wir sehen ja, dass es nicht nur um die klassischen Investitionen in den Altenheimen geht, sondern auch darum, eine ausreichende Kurzzeitpflege, Tages- und Nachtpflegeeinrichtungen sowie Altentagesstätten in Altenservicezentren anzubieten. Hier besteht ein sehr großer Bedarf. Können wir vielleicht noch beobachten, dass in den Städte zumindest eine flächendeckende Infrastruktur vorhanden ist und dass jeder und jeder eine Einrichtung erreichen kann, so ist festzustellen, dass es auf dem Land sehr viel Nachholbedarf gibt. Es ist dort sehr viel zu leisten.
Herr Staatsminister Faltlhauser, ich habe jetzt die Schwerpunkte unserer Fraktion dargestellt, die wir angesichts dieser Steuermehreinnahmen vertreten. Wir sind der Ansicht, dass diese Mehrausgaben unbedingt notwendig sind.
Es ist auch nicht so, dass Sie hierfür Kredite aufnehmen müssten. Ich halte es schon für angebracht, dass wir zum einen vorzeitig Schulden tilgen, aber zum anderen Zukunftsinvestitionen tätigen. Denn letztendlich sollen diese Gelder aus Steuerzahlungen, die die Bürgerinnen und Bürger geleistet haben, diesen auch zugute kommen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die bisherigen Redebeiträge haben mich schon deshalb überrascht, weil wir jetzt einen Dringlichkeitsantrag zum Nachtragshaushalt diskutieren. Herr Kollege Strasser, ich freue mich schon jetzt darauf, dass Sie Mitte Dezember wohl die gleiche Haushaltsrede vortragen werden, die Sie heute schon zum zweiten Mal gehalten haben. Sie haben sich immer wieder darauf zurückgezogen, wie gut es doch sei, dass in Berlin jetzt eine rot-grüne Koalition das Sagen habe, und die vermeintlichen Vorteile für Bayern nachdrücklich dargestellt, um wieder einmal sagen zu können: In Bayern trägt eine Problemgruppe – so haben Sie es bezeichnet – politische Verantwortung.
Eine Regionalpartei. Doch erhält diese Partei in Bayern bei Wahlen doppelt so viele Stimmen wie die SPD. Das muss man auch einmal sehen. Wir sind lieber eine starke Regionalpartei in Bayern als eine schwache Partei, die in Berlin nichts zu sagen hat.
Herr Kollege Strasser, nachdem Sie die Gelegenheit genutzt haben, auf die vermeintlich gute Politik Berlins hinzuweisen, darf ich einige Fakten zur bayerischen Politik anführen. SPD und GRÜNE meinen anscheinend, sie müssten uns von Berlin aus belehren. Ich sage
Ihnen: Nach wie vor sind in Bayern – das können Sie in allen Zeitungen nachlesen – die geringste Pro-Kopf-Verschuldung zu verzeichnen, die geringste Zinslastquote, das höchste Wirtschaftswachstum und – –