Herr Kollege Dr. Hahnzog, ich möchte anfügen, Sie haben uns nach dem Besuch in Nürnberg sehr sinnvolle Vorschläge gemacht, in denen es darum ging, den Blickkontakt zwischen dem Vernehmenden und dem zu Vernehmenden herzustellen. Wir werden andere Bildschirme anschaffen, aber die Sache ist nicht so einfach. Die erste Serie, die wir uns angesehen haben, funktioniert nicht richtig. Jetzt starten wir den nächsten Versuch.
Herr Dr. Hahnzog, wir haben Ihre Vorschläge dankbar aufgenommen. Sie sehen also, wenn von Ihnen ein guter Vorschlag kommt, stößt er bei uns auf offene Ohren.
Nächster Punkt: Leonrodstraße – offener Vollzug. Ich glaube, Sie haben gesagt, dort seien von 46 Stellen nur 18 besetzt. Das ist richtig. Das hängt aber im Wesentlichen damit zusammen, dass wir in der Haftanstalt sehr sorgfältig auswählen, wen wir als Freigänger in den offenen Vollzug lassen. Herr Kollege Hahnzog, ich muss sagen, mir ist es lieber, wenn man hier im Interesse der Sicherheit unserer Bürger etwas vorsichtiger ist.
Wenn ich die Alternative habe – Resozialisierung oder Sicherheit der Bürger –, dann stehe ich auf der Seite der Sicherheit der Bürger.
Derjenige, der in Haft sitzt, ist selbst schuld, während der Bürger, der von einer Straftat betroffen wird, nichts dafür kann. Deshalb kann es durchaus sein, dass man bei der Auswahl etwas vorsichtiger oder kritischer ist. Der Fairness halber muss ich allerdings zugeben, dass dabei auch einmal eine Fehleinschätzung nicht ausgeschlossen werden kann. Ich möchte aber nicht sagen: Da sind noch Plätze frei, die müssen partout aufgefüllt werden. Also holt die Leute aus den Strafanstalten heraus. – Die Sicherheit unserer Bürger hat hier Vorrang.
Sie haben die Entscheidung des Landgerichtes Traunstein hinsichtlich der Tötung des farbigen Mitbürgers angesprochen. Das war nicht fair, und das wissen Sie ganz genau. Sie können sich jetzt hinstellen und ein negatives Urteil über den Richter abgeben. Sie wissen sehr wohl, dass ich die Unabhängigkeit der Gerichte zu achten habe. Ich möchte einmal wissen, was Sie zu mir sagen würden, wenn ich als Justizminister zu irgendeiner Gerichtsentscheidung einen Kommentar abgeben würde.
Sie wissen auch und das mag für einen juristischen Laien nicht so leicht nachvollziehbar sein, dass das Gericht dem Angeklagten nach dem Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ alles Positive zurechnen muss, was es ihm nicht widerlegen kann. Das ist der entscheidende Punkt. Das ist für einen Nichtjuristen schwierig. Das Gericht muss dem Angeklagten also alles positiv zurechnen, was es ihm nicht widerlegen kann, wenn es ihn verurteilt. Infolgedessen kann es durchaus dazu kommen, dass das Gericht etwas zu seinen Gunsten rechnen muss, weil sich das Gegenteil nicht erwiesen hat.
Sie haben die gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften angesprochen. Ich bin über diesen Entwurf nicht glücklich. Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes gibt vor: Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Nach meiner Meinung ist das für den Gesetzgeber ein Hinweis, dass es bei der Gleichstellung gewisse Schranken gibt. An dieser Stelle sage ich ganz deutlich: Ein Großteil dessen, was in dem Gesetz steht, können die Betreffenden privatrechtlich oder durch ein Testament sowieso regeln. Wofür braucht man hierzu eine staatlich Regelung?
Was darüber hinausgeht, ich denke dabei beispielsweise an Fragen des Sozialrechts, des Steuerrechts oder des Ausländerrechts – Nachzug des Partners –, das sind genau die Punkte, die wir nicht haben wollen. Das möchte ich an dieser Stelle ganz deutlich hervorheben. Das sind Konzessionen, die man im Rahmen von Artikel 6 des Grundgesetzes für die Eheangehörigen geschaffen hat. Das gilt aber nicht für andere Lebensgemeinschaften.
Sie haben das Mietrecht angesprochen. In diesem Lande kann niemand dazu gezwungen werden, Mietwohnungen zu bauen. Der beste Mieterschutz ist der Bau von Wohnungen. Nachdem niemand gezwungen werden kann, müssen wir überlegen, nicht nur die Interessen des Mieters, sondern auch die Interessen des Vermieters zu berücksichtigen. Der Vermieter muss beispielsweise einen wirtschaftlichen Reiz darin sehen, Mietwohnungen zu bauen. Wenn man dieses Gleichgewicht zulasten des Vermieters verschiebt, dann muss man damit rechnen, dass möglicherweise nicht mehr so viele Mietwohnungen gebaut werden. Ich habe zufällig folgende Zahlen in Erinnerung: Wir brauchen pro Jahr 40 000 neue Mietwohnungen, um allein in Bayern den Wegfall alter Mietwohnungen auszugleichen. Ich wiederhole: 40 000 Wohnungen.
Doch Herr Kollege, die Zahl ist unstrittig. Wir müssen also auf jeden Fall schauen, dass es noch interessant genug ist, Mietwohnungen zu bauen.
Auch Frau Kollegin Stahl hat sich mit der Gerichtsreform befasst. Das Problem ist Folgendes: Diese Überlegungen funktionieren alle nur dann, wenn die Eingangsgerichte personell verstärkt werden. Man hat hierzu schon Untersuchungen und Berechnungen angestellt. Dabei hat man herausgefunden, dass, selbst wenn in den Berufungsinstanzen künftig weniger Richter tätig sind, das nicht zu der Einsparung führen wird, die notwendig ist, um die deutliche und notwendige Verstärkung der ersten Instanz auszugleichen.
Vor kurzem habe ich meine Justizministerkollegen aus den anderen Bundesländern gefragt, ob es unter ihnen irgendeinen gibt, gleichgültig welcher Partei er angehört, der erwartet, von seinem Finanzminister zusätzliche Richterstellen finanziert zu bekommen. Die Antwort war einheitlich: Nein. Das gilt für Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt und Bayern. Wenn aber keiner der Länderjustizminister erwartet, zusätzliche Planstellen zu bekommen, dann ist das doch ein totgeborenes Kind. Da kann man eine noch so schöne Reform machen, wenn man nicht die notwendige Zahl von Richtern hat, um die erste Instanz, das Eingangsgericht zu verstärken, dann ist das ein zum Scheitern verurteiltes Projekt. Man kann das auch andersherum betrachten. Wenn ich die Planstellen bekäme, dann wäre die Gerichtsreform gar nicht notwendig, denn dann könnte man mehr Amtsrichter einstellen. Das wäre eine wesentlich einfachere Lösung. Hier liegt doch das Problem.
Sie haben mich gefragt, was aus dem Schreiber-Verfahren geworden ist. Es ist so, dass Frau Kollegin Pöschl das Verfahren nicht alleine bearbeiten muss. Genauso wenig wie früher, als sie dem Staatsanwaltgruppenleiter Maier zur Seite gestellt war. Dieses Referat hat jetzt einen neuen Staatsanwalt als Gruppenleiter, Herrn Wiesner. Er hat dieses Referat vor etwa einem halben Jahr übernommen. Ich habe damals – ich glaube hier im Plenum – zugesagt, dass ich einen neuen Staatsanwalt als Gruppenleiter ernenne, der den Vorgang von seinem Vorgänger Maier übernehmen wird. Herr Wiesner hat das neue Referat und das Verfahren übernommen, ich glaube es handelt sich um das Referat 151, aber legen Sie mich nicht darauf fest. Wenn Frau Kollegin Pöschl, die mit dieser Sache schon seit über einem Jahr betraut ist, intensiver daran arbeitet, als der Staatsanwalt als Gruppenleiter, der das erst seit einem halben Jahr macht, dann ist das nachvollziehbar. Sie können aber beruhigt sein, beide sind mit der Sache befasst.
Es ist noch etwas anderes festzuhalten: Ich habe damals gesagt, dass mit der Anklage von Schreiber und anderen im Verfahren eine Zäsur eingetreten ist. Der eine Bereich ist bei Gericht, im Frühjahr soll verhandelt werden. Bei dem anderen Teil kommen wir im Moment aber nicht wesentlich weiter, zum einen, weil der eine Beschuldigte noch flüchtig ist und zum andern, weil noch einige Antworten auf Rechtshilfeersuche ausstehen. Hier ist also eine gewisse Zäsur eingetreten. Das bedeutet aber
Gerichtsvollzieher: Frau Kollegin Stahl, ich glaube, Sie tun den sogenannten Seiteneinsteigern unrecht. Seiteneinsteiger ist beispielsweise der erfahrene Justizangestellte, dem Sie die Kenntnis der Materie doch sicher nicht abstreiten wollen. Sie haben gefragt, wie ein Feldwebel der Bundeswehr diese Aufgaben erledigen soll. Wir haben zehn Stellen in zwei Jahren. Das bedeutet fünf Stellen pro Jahr. Wenn wir bei den Tausenden von Leuten, die aus der Bundeswehr aussteigen, eine oder zwei Personen finden, die für diesen Beruf geeignet sind, dann ist das doch ganz schön. Für die Justizangestellten gilt das genauso. Mir ist es ganz egal, wer das macht. Wichtig ist doch, dass ich Leute bekomme, um die Gerichtsvollzieher zu entlasten. Das ist das Ziel, und das setze ich auch entsprechend durch.
Schwitzen statt sitzen – gemeinnützige Arbeit. Die vorgetragene Kritik nehme ich an. Ich glaube auch, dass wir auf diesem Gebiet noch einiges machen können. Wir überlegen im Moment intensiv, warum es auf diesem Gebiet nicht besser klappt. Eine meiner Überlegungen war auch, dass es nicht reicht, die Leute nur zu fragen, ob sie arbeiten wollen. Man muss ihnen eventuell sagen, an welchen Stellen, in welchen Ämtern sie etwas tun könnten. Möglicherweise muss man auch noch einmal nachfragen, ob die Betroffenen nicht doch Interesse haben, ihre Strafe abzuarbeiten. Wir sind an der Sache dran, so etwas kann man aber nicht von heute auf morgen übers Knie brechen. Sie haben aber Recht, hier kann man noch einiges verbessern. In zwei Jahren können Sie mich festnageln, wenn sich noch nichts Wesentliches verbessert hat. Nachgedacht wird aber auf jeden Fall.
Nicht nachdenken werde ich allerdings in einer anderen Frage, der Gefangenenentlohnung. Ich muss sagen, ich bin heilfroh, dass wir die Front der Justizminister haben halten können, und zwar unabhängig von deren Parteizugehörigkeit. Hier geht es nicht um die Frage der Partei- oder Regierungszugehörigkeit. Hier liegt vielmehr ein Interessengegensatz zwischen Bund und Ländern vor. Der Bund legt fest, was die Länder zahlen müssen. Im Zivilrecht ist ein Vertrag zu Lasten Dritter nicht zulässig. Wir wollen auch dafür sorgen, dass es das in der Politik nicht gibt. Man kann doch nichts ausmachen, und Dritte müssen dann zahlen. Ich glaube, wir haben eine gute Lösung gefunden: Die Steigerung der Entlohnung um 40%, und zwar um 2 Prozentpunkte auf 7. Dazu kommt die Freistellung von 6 Tagen pro Jahr. Bei 15 Jahren macht das maximal 90 Tage aus. Unserem Finanzminister wäre es lieber gewesen, wir hätten die Entlohnung gar nicht angehoben, sondern nur Haftverkürzungen gemacht.
Aber wir müssen aufpassen, dass das vom Sinn des Strafurteils her seine Richtigkeit hat. Konkret möchte ich es einmal so sagen. Wenn heute ein Gericht eine Freiheitsstrafe von acht Jahren und drei Monaten verhängt, wird keiner behaupten können, acht Jahre oder acht Jahre und sechs Monate wären völlig unangemessen gewesen. Dieser Spielraum ist sicherlich in der Beurteilung des Gerichts möglich.
Andererseits rechnet sich das Gericht sicherlich aus, wenn es eine bestimmte Freiheitsstrafe verhängt, ob beispielsweise ein Drittel Erlass darin enthalten sein kann. Dann ist es nach meiner Meinung hinnehmbar, dass wegen der Arbeit als Gefangener jemand ein viertel Jahr früher entlassen wird. Wenn er aber möglicherweise ein oder zwei Jahre früher nur wegen der Gefangenenentlohnung entlassen würde, dann hielte ich das für sehr bedenklich. Ich bin also froh, dass hier die Front der Länderjustizminister gehalten hat. Wir werden den Entwurf der Kollegin Schubert (SPD) aus Sachsen-Anhalt im Bundestag als Beschluss des Bundesrates einbringen, und ich habe die Hoffnung, dass die Bundesregierung ihn akzeptieren wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bedanke mich noch einmal für die aufgeschlossene Diskussion und vor allen Dingen für die große Sympathie, die die Justiz bei allen hier im Hohen Hause gefunden hat. Das freut die Justiz, das freut den Justizminister und ich darf Sie ermuntern, auch künftig für die Justiz viel Gutes zu tun.
Vielen Dank Herr Staatsminister. Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Entwurf des Haushaltsplanes 2001/2002, Einzelplan 04, sowie die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen auf Drucksache 14/4714 zugrunde. Der Einzelplan 04 wird vom Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen mit den in der Beschlussempfehlung genannten Änderungen zur Annahme empfohlen. Wer dem Einzelplan 04 entsprechend der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das ist die Fraktion der CSU. Die Gegenstimmen bitte ich auf die gleiche Weise anzuzeigen.
Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Einzelplan 04 mit den vom Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen vorgeschlagenen Änderungen angenommen.
Gemäß § 132 Abs. 5 der Geschäftsordnung haben zugleich die vom Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen zur Ablehnung vorgeschlagenen Änderungsanträge ihre Erledigung gefunden. Eine Liste der Änderungsanträge liegt Ihnen vor.
Außerdem schlägt der Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen noch folgende Beschlussfassung vor:
Das Staatsministerium der Finanzen wird ermächtigt, die aufgrund der beschlossenen Änderungen erforderlichen Berichtigungen insbesondere in den Erläuterungen, der Übersicht über die Verpflichtungsermächtigungen und
Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen des Hohen Hauses und alle anwesenden Kollegen und Kolleginnen. Ich brauche also nach den Gegenstimmen und den Stimmenthaltungen nicht mehr zu fragen. Dann ist das so beschlossen. Unter Bezugnahme auf die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen, Drucksache 14/4714, weise darauf hin, dass der Änderungsantrag auf Drucksache 14/4508 seine Erledigung gefunden hat. Das Hohe Haus nimmt hiervon zustimmend Kenntnis. Die Beratung des Einzelplanes 04 ist abgeschlossen.
Gesetzentwurf der Abgeordneten Paulig, Kellner, Elisabeth Köhler u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Der Gesetzentwurf wird von Seiten der Antragsteller begründet? – Das Wort hat der Herr Kollege Runge.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Zahl der Sendemasten für Mobilfunkanlagen wächst zur Zeit rasant an. Wir hatten im Mai 2000 bundesweit etwa 35 000, in Bayern waren es zum gleichen Zeitpunkt etwa 6000 Stück. Allein für Bayern sind für die nächsten fünf Jahre zirka viereinhalbtausend weitere Anlagen vorgesehen; es sind aber nur dann „nur“ viereinhalbtausend, wenn diese Anlagen von den Betreibern auch gemeinschaftlich genutzt werden. Ansonsten bräuchten wir in Bayern etwa 12 000 neue Anlagen.
4,5 Tausend Anlagen in fünf Jahren, das sind täglich ungefähr 2,5 neue Anlagen, die die Anwohner und die Gemeinden in den meisten Fällen ganz plötzlich vorfinden, mit denen sie sich dann auseinandersetzen müssen und gegen die sie dann erst im Nachhinein Bedenken geltend machen können.