Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte für die Staatsregierung ganz offiziell feststellen, dass hier ein sehr korrektes Verfahren gewählt worden ist und dass es keinerlei Anlass gibt, dieses Verfahren zu beanstanden. Ihre Kritik muss ich ausdrücklich zurückweisen. Wir haben hier einen Gesetzentwurf, und der Landtag entscheidet endgültig über Gesetze.
Artikel 104 des Bayerischen Beamtengesetzes schreibt ein Beteiligungsverfahren der Verbände vor. Dieses Beteiligungsverfahren ist vor der Einbringung des Gesetzentwurfs durchzuführen. Wir haben keine andere Möglichkeit, als einen Gesetzentwurf zu beschließen. Man kann den sachkundigen Beamtenverbänden und Gewerkschaften nicht ein unverbindliches Konzept oder eine Vielzahl von Alternativen bieten. Wir sind dazu verpflichtet, den Interessenvertretungen einen klar definierten Gesetzentwurf vorzulegen. Dieses Verfahren ist im Gange. Dann kommt es zur Vorlage im Bayerischen Landtag. Der Landtag entscheidet endgültig über Höhe, Gebietskulisse und Personenkreis. Es gibt keinen Anlass zur Aufregung. Der Landtag ist in seiner Souveränität in gar keiner Weise verletzt. Ich darf Sie bitten, keinen anderen Eindruck zu erwecken.
Sie haben versucht, ihn für sich in Anspruch zu nehmen, was Ihnen aber nicht gestattet ist, um es deutlich zu sagen.
Es ist auch eine Frage der Glaubwürdigkeit. Sie sind doch stolz darauf, Franz Josef Strauß über Jahre und Jahrzehnte hinweg bekämpft zu haben. Deshalb sollten Sie ihn nicht elf Jahre nach seinem Tod für sich in Anspruch nehmen.
Ich mache Sie vorsorglich darauf aufmerksam, dass Sie in den eigenen Reihen Probleme bekommen, wenn Sie Franz Josef Strauß zu oft zitieren, Herr Maget.
Was die Frage angeht, wie die Beschlüsse vom Mai zu interpretieren sind, darf ich den Fraktionsvorsitzenden der CSU zitieren,
Herr Kollege Maget, Sie haben den Eindruck erweckt, als würde die Ballungsraumzulage um 16% gekürzt. Deshalb darf ich feststellen: Die Reduzierung der Staatsausgaben um 16% hat ihre Ursache in der Veränderung der Gebietskulisse. Wer in München, im Brennpunkt des Personalbedarfs, Dienst tut, wird auch in Zukunft keine Abstriche haben. Reduziert wird die Gebietskulisse im Oberland. Denn in Garmisch-Partenkirchen beispielsweise ist kein Personalmangel an staatlichen Behörden gegeben. Wenn bestimmte Gebiete aus der Ballungsraumzulage herausgenommen werden, heißt das nicht, dass die betreffenden Mitarbeiter der staatlichen Behörden in München Reduzierungen zu befürchten hätten. Den Gesetzentwurf werden wir in Kürze vorlegen. Ich bitte schon heute um sachgerechte, zügige Beratung und Entscheidung.
Herr Kollege Bernhard, mit der drastischen Gebietseingrenzung sind wir überhaupt nicht einverstanden. In der Begründung des Gesetzentwurfs ist unter „Kosten“ zu lesen, dass diese nach Abschmelzung im Bereich der Beamten und Richter von 40 Millionen DM auf 13 Millionen DM zurückgehen. Wenn ich des Rechnens einigermaßen mächtig bin, ist das eine Reduzierung auf 30 bis 33%. Unter „Kosten“ wird weiter ausgeführt, dass für den Tarifbereich eine Abschmelzung von 63 Millionen DM auf 20 Millionen DM erfolgen soll. Bisher betrugen die Kosten der Ballungsraumzulage circa 100 Millionen DM. Sie wird in Zukunft, wenn die Altfälle abgeschmolzen sind, wie es so schön heißt, auf 33 Millionen DM zurückgeführt. Das ist mehr als eine Reduzierung um 16%.
Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Für die Stimmabgabe sind die entsprechenden Urnen bereitgestellt. Die Ja-Urne befindet sich auf der Seite der Opposition, die Nein-Urne auf der Seite der Regierungsfraktion. Die Enthaltung-Urne steht in der Mitte auf dem Stenografentisch. Für die Stimmabgabe stehen fünf Minuten zur Verfügung.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Abstimmung ist geschlossen. Die Auszählung der Stimmen erfolgt außerhalb des Plenarsaals. Das Ergebnis werde ich später bekannt geben.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Elisabeth Köhler, Christine Stahl, Tausendfreund und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Für ein weltoffenes Bayern – für die Integration der in Bayern lebenden Zuwanderinnen und Zuwanderer (Drucksache 14/4792)
Frau Elisabeth Köhler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) : Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Als die Staatsministerin für Arbeit und Soziales zu Beginn dieses Jahres bei der Vorstellung ihres Berichts zur Situation der in Bayern lebenden Ausländerinnen und Ausländer erklärte, dass die Integration für die Staatsregierung einen hohen Stellenwert habe und es sich hierbei um eine Zukunftsaufgabe handle, dachte ich mir: Sehr gut, Frau Stamm. Da kann ich nur zustimmen. Jetzt bin ich gespannt, was diesen Ankündigungen im Jahr 2000 folgen wird.
Frau Staatsministerin Stamm hat angekündigt, eine Organisationseinheit in ihrem Ministerium mit der Koordination der Ausländerintegration zu beauftragen. Diese
Koordinierungsgruppe hat sich zum Ziel gesetzt, das gesamte gesellschaftliche Spektrum der Integrationspolitik zu berücksichtigen. Im damaligen Bericht war auch ein Seitenhieb auf die Ausländerbeiräte in Bayern enthalten. Diese Beiräte braucht man zwar für eine Integrationsdebatte, man will sie aber auf Landesebene nicht institutionell anerkennen. Frau Stamm unterstellt diesen Beiräten laut Bericht und laut Rede, dass sie nur Partikularinteressen verträten.
Meine Damen und Herren, was ist in Bayern seit Februar, als diese vollmundigen Ankündigungen ausgesprochen wurden, geschehen? Beinahe alle drei Monate rechnet der bayerische Innenminister der Öffentlichkeit vor, wie viel Zuzug von Ausländern nach Bayern stattgefunden hat, um jedes Zuwanderungsplus damit zu kommentieren, dass die bayerische Gesellschaft kulturell, sozial und wirtschaftlich überfordert wird. Er tut so, als ob es Wanderungsbewegungen erst seit heute gebe. Lesen Sie einmal das Buch des bekannten Migrationsforschers Klaus Bade, der in seinem neuesten Werk auf die Migrationsbewegungen in Europa im 18. und 19. Jahrhundert eingeht. Dann werden Sie sehen, dass es bereits in der Vergangenheit Wanderungsbewegungen gegeben hat und dass sie auch in Zukunft stattfinden werden. Beim Lesen der Pressemitteilungen des Herrn Dr. Beckstein gewinnt man immer den Eindruck, dass für ihn jeder Fremde, der nach Bayern kommt, per se eine Gefährdung ist. Mit solch einer Grundeinstellung kann man nicht glaubwürdig für ein weltoffenes Bayern in dieser Welt werben.
Herr Huber kann gar nicht so viele Reisen durch die Welt machen, um diesen Eindruck zu widerlegen, auch wenn er von Herrn Kollegen Dr. Dürr begleitet wird. Auch den Herren und Damen in der CDU und der CSU dämmert es langsam, dass unsere Gesellschaft Einwanderung braucht. Wir haben heute Vormittag am Beispiel des Herrn Kollegen Traublinger und seiner Handwerker in München gesehen, dass das Handwerk in Bayern dringend Einwanderer braucht. Wenn wir ein Klima in dieser Gesellschaft schaffen wollen, bei dem die Bevölkerung ja zur Zuwanderung sagt, ist es nicht hilfreich, wenn in der Debatte ständig mit Unwahrheiten operiert und Stimmungsmache betrieben wird.
Ich nenne das Stichwort „unkontrollierte Zuwanderung“. Meine Damen und Herren, es gibt bei uns keine unkontrollierte Zuwanderung. Ausländer und Ausländerinnen in Bayern, die sich hier legal aufhalten, sind aufgrund konkreter Tatbestände in unseren Gesetzen eingewandert. Diese Gesetze wurden auch von Ihren Vorgängerregierungen beschlossen. Sehen wir uns einmal die Gruppen der Zuwanderer und Einwanderer an. Die größte Gruppe ist die so genannte Gastarbeitergeneration. 90% der nichtdeutschen Wohnbevölkerung in Bayern sind Angehörige der Gastarbeitergeneration. Meine Damen und Herren, diese Menschen haben wir geholt, um unseren wirtschaftlichen Wohlstand zu sichern. Diese Menschen leben in zweiter und dritter Generation
in Bayern und werden immer noch als Ausländer bezeichnet, obwohl sie längst Teil dieser Gesellschaft sind.
Die zweite Gruppe sind die Asylbewerberinnen und Asylbewerber. Seit der Grundgesetzänderung wird nur bei Personen, die nachweisen können, dass sie nicht durch einen sicheren Drittstaat gereist sind, ein Asylverfahren durchgeführt. Nicht das Verfolgungsschicksal ist ausschlaggebend für die Durchführung eines Asylverfahrens, sondern das Verkehrsmittel oder der Fluchtweg. Bei dieser restriktiven Gesetzeslage ist klar, dass es zu hohen Ablehnungszahlen kommen muss. Deshalb zu behaupten, es finde ein massenhafter Asylmissbrauch statt, ist eine unerträgliche Hetze.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hof- mann (CSU): Das hat Herr Bundesinnenminister Schily von der SPD behauptet! Das ist der Minister, der früher bei den GRÜNEN gewesen ist! – Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Und diesem Minister widersprechen wir!)
Herr Kollege Hofmann, viele Flüchtlinge und politisch Verfolgte werden allein deshalb abgelehnt oder zu Tausenden an unseren Grenzen abgewiesen, weil sie auf dem Landweg flüchten. Deshalb ist es ein nicht zu überbietender Zynismus, wenn immer mit den Ablehnungszahlen argumentiert und behauptet wird, hier handle es sich nicht um richtige Flüchtlinge. Diese Menschen haben nicht das richtige Verkehrsmittel genommen.
Die dritte Gruppe sind die Kriegsflüchtlinge. Hier handelt es sich um Menschen, die wir in großer Zahl aufgenommen haben und die vorübergehend in Bayern sind.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Hofmann?
(Hofmann (CSU): Ich hätte das mit Herrn Schily noch gerne angebracht! Das ist der, der von den GRÜNEN gekommen ist!)
Ich weiß, was Herr Kollege Schily sagt, er ist aber nicht mehr bei uns; Gott sei Dank. Was Herr Kollege Schily sagt, ist nicht meine Meinung.
Wir sind bei den Kriegsflüchtlingen, die wir in großer Zahl aufgenommen haben und die in großer Zahl wieder in ihre Länder zurückgegangen sind.
Ich komme zum vierten Punkt, zum Familiennachzug, den Sie in Ihrem Zuwanderungsbegrenzungspapier auch ständig benennen und bei dem Sie restriktive Maßnahmen ergreifen wollen. Nach der letzten Pressekonferenz des Herrn Beckstein im August, wo er zur Zuwanderung in Bayern Zahlen veröffentlicht hat, habe ich nachgefragt, wie viele Menschen denn in Bayern aufgrund des Familiennachzuges im Jahre 1999 zugereist sind; denn laut eurer Papiere sind es doch viel zu viele. Die Antwort lautet – ich zitiere –: Eine Aufschlüsselung in der Wanderungsstatistik nach dem jeweiligen Zuzugsgrund der zuziehenden Personen erfolgt nicht. Daten über Personen, die im Familiennachzug nach Bayern eingereist sind, sind nicht verfügbar.