Protocol of the Session on September 28, 2000

(Beifall bei der SPD)

Wenn man davon ausgeht, dass die Steuerkraft in Oberbayern – alle Kreise zusammengenommen – 100% beträgt, dann hat der Bezirk Niederbayern eine Steuerkraft von nur 58% vorzuweisen. Ich würde nie behaupten, weil Herr Huber ein so schlechter Politiker sei, habe Niederbayern nur eine Steuerkraft von 58%. Man muss das Thema richtig angehen. Auch im Freistaat Bayern existiert ein erhebliches Ungleichgewicht. Gerechte Lösungen müssen gefunden werden. Es gibt auch Kollegen von meiner Seite, die meinen, die Angelegenheit sei insgesamt anders zu beurteilen. Darüber kann man diskutieren. Tatsache ist aber, wenn im Freistaat Bayern die Steuerkraft in einzelnen Bezirken rückläufig ist und Nie

derbayern nur 58% der Steuerkraft Oberbayerns hat, dann besteht Handlungsbedarf, und zwar nicht in Berlin, sondern in München in der Staatskanzlei und im Finanzministerium.

(Beifall bei der SPD)

Zusammenfassend stelle ich fest: Wir begrüßen die Politik der Bundesregierung. Sie ist erfolgreich, und weil sie erfolgreich ist, profitiert der Freistaat Bayern von ihr in allen Bereichen erheblich. Mir liegt eine Pressemitteilung vom 20. Mai 2000 vor, in der steht: „Mehr Geld für die Kommunen: Steuerplus von 300 Millionen DM.“ Die CSU und die Staatsregierung verteilen die Steuermehreinnahmen und senken die Schulden – die Kommunen bekommen etwas mehr – aufgrund der guten Bundespolitik. Hier müssen Sie den Blick nach Berlin richten. Die gute Bundespolitik ermöglicht es Ihnen, etwas zu verteilen. Wir begrüßen diese Politik. Wir sind dankbar, dass die Bundesregierung endlich eine ordentliche Wirtschafts- und Finanzpolitik macht. Diesen Kurs werden die Sozialdemokraten im Bayerischen Landtag unterstützen.

(Beifall bei der SPD)

Weiter stelle ich fest: Die Steuereinnahmen werden auch in diesem Jahr steigen. Die Steuereinnahmen werden kräftig zunehmen. Wir fordern von der Bayerischen Staatsregierung einen Nachtragshaushalt mit den Schwerpunkten Bildung und Familie. Zu dem, was die CSU zu diesen Themen propagiert, sagen wir: Wir Sozialdemokraten nehmen auch aufgrund unserer Geschichte die Sorgen von Menschen und Gruppen ernst, wir missbrauchen sie nicht für parteipolitische Zwecke, wie Sie es bei der Öko-Steuer machen.

(Beifall bei der SPD)

Der Kurs, den Hans Eichel in Bezug auf die UMTS-Lizenzen eingeschlagen hat, ist richtig. Wir werden diesen Kurs unterstützen. Ihr Verhalten betreffend die Verschuldung missbilligen wir. Sie machen große Worte, aber die Taten sehen anders aus. In den Beratungen zu den Einzelplänen werden wir unsere Gestaltungsvorschläge einbringen. Wir sind dankbar, dass wir eine Bundesregierung haben, die Bayern diesen Gestaltungsspielraum wieder gibt.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Der SPD verbleibt eine Restredezeit von 19 Minuten. Das Wort hat Herr Kollege Ach.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst ein persönliches Wort an Herrn Kollegen Strasser.

(Herbert Müller (SPD): Das hat er gut gemacht!)

Das ist eine subjektive Bewertung, die ich nicht zu beurteilen vermag.

Lieber Herr Kollege Strasser, ich stelle fest, Ihr Beitrag bestand in „guter“ Tradition aus substanzloser Kritik an der Bayerischen Staatsregierung und dokumentierte einmal mehr den totalen Blindflug, den die bayerische SPD gegenüber der rot-grünen Bundesregierung an den Tag legt. Das ist bezeichnend für den gesamten Redebeitrag.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD)

Sie können noch so viel reden, Sie bringen mich nicht aus der Ruhe, denn ich habe mich gut vorbereitet, um wenigstens ein paar Dinge aufzuzeigen.

Hannes Burger, den Sie sicher kennen, hat in der Zeitung „Die Welt“ vom 25. September für die bayerischen Sozialdemokraten die Frage gestellt – hören Sie gut zu –: „Haben wir die richtige Politik als Antrieb oder als Bremsöl im Tank?“ Herr Kollege Strasser, nach Ihrem Beitrag frage ich mich, ob die SPD in Bayern überhaupt noch etwas im Tank hat.

(Beifall bei der CSU)

Sie haben den Eindruck erweckt, als stünde die Bundesregierung großartig da, obwohl eine Erblast vorhanden sei. Wenn Sie sich aber – das können Sie wohl aus parteitaktischen Gründen nicht – die von Bundesfinanzminister Eichel vorgelegte mittelfristige Finanzplanung von 1999 bis 2003 ansehen würden, würden Sie feststellen, dass die Regierung Schröder in jedem Jahr mehr Geld ausgibt, als die CDU/CSU-geführte Bundesregierung geplant hatte. Das ist bemerkenswert.

Der erste Bundeshaushalt, den Sie 1999 vorgelegt haben, wurde gegenüber dem Haushaltsentwurf von Bundesminister Dr. Waigel um über 6% oder knapp 30 Milliarden DM aufgebläht. Bundesfinanzminister Hans Eichel versucht mit dem Haushalt 2000 nur, das Geld an anderer Stelle einzusammeln, das sein Vorgänger Oskar Lafontaine zuvor mehr ausgegeben hatte.

(Beifall bei der CSU)

Das ist Fakt – ein geflügeltes Wort von Ihnen –, auch das ist Fakt. Der Vorwurf der rot-grünen Erblast ist sachlich falsch.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Schwarz-gelbe Erblast!)

Wir stehen zu der Verantwortung, die wir 16 Jahre lang in Bonn getragen haben. Wir machen es nicht so wie andere. Es bleibt aber dabei, dass das, was Sie heute wieder hier behauptet haben, sachlich falsch ist. Ich nenne Ihnen dazu zwei Zahlen. Was hat denn die CDU/ CSU/FDP-Regierung im Jahr 1982 übernommen?

(Zurufe von der SPD: Bitte!)

Herr Kollege Mehrlich, auch für Sie wäre es gut, wenn Sie sich an die Vergangenheit erinnern. Das gilt im übrigen für alle Kolleginnen und Kollegen der SPD. Sie haben uns eine Staatsquote von über 50% hinterlassen.

Der Anteil der Bundesausgaben am Bruttoinlandsprodukt lag bei 15,4%.

1998, als wir die Regierung abgeben mussten, lag er bei 12%.

Jetzt kommt die größte Scheinheiligkeit, nämlich das rotgrüne Argument der Erblast der Wiedervereinigung. Eigentlich müssten Sie Bescheid wissen, worum es damals gegangen ist, es sei denn, Sie haben sich damit nicht so genau auseinander gesetzt wie wir. Der Bund musste – das hat vorher niemand gewusst – 450 Milliarden DM Schulden als Hinterlassenschaft des SED-Regimes übernehmen. Die Nettotransfers für den Aufbau nach 40 Jahren kommunistischer Misswirtschaft belaufen sich auf insgesamt 1030 Milliarden DM, wovon seit 1990 fast 60% aus dem Bundeshaushalt stammen. Als die Bundesregierung zwischen 1969 und 1982 von der SPD geführt wurde, waren weder die deutsche Einheit zu bewältigen noch die wirtschaftlichen Auswirkungen eines fundamentalen weltpolitischen Umbruchs. Dennoch wurden die Bundesausgaben verdreifacht und – man höre und staune – die Verschuldung sogar versiebenfacht. Das sind Zahlen, die Sie zur Kenntnis nehmen sollten, anstatt hier so zu tun, als wäre alles eitel Sonnenschein.

Der Vorwurf der Erblast ist nicht nur sachlich falsch, sondern auch unredlich; denn die Sparmaßnahmen der Koalition der Mitte wurden von SPD und GRÜNEN im Bundesrat heftig kritisiert. Sie mussten damals gegen Ihre Stimmen durchgesetzt werden. Ihre Blockadepolitik in den Jahren 1996, 1997 und 1998 hat erzwungen, dass Mehrausgaben in Höhe von 19 Milliarden DM zu bewältigen waren. Auch das ist ein Faktum. Ihre einseitige Darstellung heute ist also falsch und unredlich.

Im Mittelpunkt Ihres Diskussionsbeitrags standen zwei Persönlichkeiten, nämlich Herr Bundesfinanzminister Eichel und Herr Bundeskanzler Schröder. Am 22.03. 1996 hat der damalige hessische Ministerpräsident Hans Eichel im Bundesrat nachdrücklich gefordert, dass sich der Bund nicht aus der Finanzierung der Arbeitslosigkeit verabschieden und die Probleme in die kommunale Sozialhilfe abdrängen dürfe. Genau das betreibt Bundesfinanzminister Hans Eichel jetzt mit den Einsparungen bei der originären Arbeitslosenhilfe.

(Beifall bei der CSU)

Im Jahr 1997 hat der damalige hessische Ministerpräsident Hans Eichel im Bundesrat einen Verteilungsschlüssel für den Familienlastenausgleich zwischen Bund und Ländern von 74 : 26 gefordert. Der Bundesfinanzminister Hans Eichel tritt für eine Finanzierung zu 57,5% der vorgesehenen Kindergelderhöhungen durch Länder und Gemeinden ein. Der damalige hessische Ministerpräsident hat Einsparungen beim Meister-BAföG als Eingriff in die Substanz der Zukunftsfähigkeit Deutschlands gegeißelt. Der Bundesfinanzminister Eichel aber will diese BAföG-Mittel bis 2003 um insgesamt 650 Millionen DM kürzen. Auch die Verschuldung während der Regierungszeit Eichels ist von 27,5 Milliarden um 60% auf 43 Milliarden gestiegen, die Zinsausgaben von 1,7 Milliarden DM im Jahr 1990 um fast 70% auf 2,8 Milliarden

DM. Nun sagen Sie mir doch, wie der frühere hessische Ministerpräsident, der damals schon eine schlechte Finanzpolitik betrieben hat, als Finanzminister etwas besser machen soll.

Jetzt kommen wir zum Genossen Schröder.

(Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nur kein Neid!)

Frau Kellner, Sie müssen ganz ruhig sein bei dem, was die GRÜNEN auf Bundesebene anzubieten haben.

(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In den acht Jahren der Schröder-Regierung wurden in Niedersachsen 26 Milliarden DM Schulden gemacht; in den vorangegangenen 44 Jahren waren es insgesamt nur 37 Milliarden DM. Wer gut rechnen kann – das haben Sie von sich behauptet –, wird leicht feststellen, wo die Verfehlungen liegen, gewiss nicht bei der Vorgängerregierung von Schröder. Nehmen Sie das einmal zur Kenntnis.

(Beifall bei der CSU)

Die Investitionsquote im niedersächsischen Landeshaushalt ist von 1989 bis 1997 um 3% gesunken. Auch dies ist ein Merkmal rot-grüner Finanz- und Wirtschaftspolitik. – Da Kollege Strasser während drei Viertel seiner Redezeit bundespolitische Argumente vorgetragen hat, darf ich doch zumindest mit einigen Gedanken darauf hinweisen.

(Zustimmung des Abgeordneten Kaul (CSU))

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bayerische Staatsregierung hat dem Landtag frühzeitig, nämlich unmittelbar nach der Sommerpause den Entwurf des Doppelhaushalts 2001/2002 zur Beratung vorgelegt. Die Vorlage zum gegenwärtigen Zeitpunkt ermöglicht es uns, den Entwurf gründlich zu beraten und den Haushalt rechtzeitig vor Jahresbeginn zu verabschieden. Dafür möchte ich der Bayerischen Staatsregierung, vor allem Ihnen, Herr Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser, sehr herzlich danken.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren der Opposition, die CSUFraktion führt die Haushaltsberatungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen auf der Grundlage eines fertig gestellten Haushaltsentwurfs durch. Herr Kollege Strasser, jetzt, wo wir klare und verlässliche Zahlen haben, beschäftigen wir uns mit dem Doppelhaushalt 2001/2002. Die im Juli mit Getöse vorgebrachte Forderung der SPD nach Einbindung des Parlaments in die Aufstellung des Haushaltsentwurfs möchte ich heute nochmals entschieden zurückweisen: Dafür gibt es überhaupt keine gesetzliche Grundlage. Sie wollten bereits vor der Sommerpause Gelder in dreistelliger Millionenhöhe verbraten, ohne überhaupt zu wissen, wieviel konkret zur Verfügung steht. Ihre Mutmaßungen sollten solide Planzahlen ersetzen. Planloses Agieren und endlose Ausgabenwünsche ohne solide Grundlage waren

seit jeher Kennzeichen der bayerischen SPD. Dass die von Ihnen errechneten Ausgabenspielräume ins Land der Fabel gehören, hat Herr Finanzminister heute bereits klar und deutlich dargestellt. Herr Kollege Strasser, heute fordern Sie einen Nachtragshaushalt. Da muss ich Sie fragen: In welchem Stand des Verfahrens sind wir denn? Wir gehen jetzt in die Beratungen, und all Ihre Anträge beziehen sich auf den laufenden Haushalt. Sie sagten vorher: Wir Sozialdemokraten fordern einen Nachtragshaushalt.

(Zuruf des Abgeordneten Strasser (SPD))

Das haben Sie in diesem Zusammenhang nicht gesagt. Ich nehme das zur Kenntnis. Ansonsten müsste Ihnen bekannt sein, dass das vom Verfahren her gar nicht geht.

Sie weisen immer darauf hin, wieviel Gutes Sie für das Land Bayern tun. Früher gab es den Spruch: Sozialisten plündern Deutschland. Ich erweitere diesen Spruch und sage: Sozialisten plündern die deutschen Länder und die Kommunen. Das ist ein Faktum, Herr Kollege.

(Beifall bei der CSU)