Folgen Sie im Bundesrat unseren Vorschlägen. Dann wird sich die Situation verbessern. – Herr Präsident, damit wäre ich am Ende meiner Rede
Herr Kollege, würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass die dritte Stufe des von Ihnen erwähnten Konzepts der Staatsregierung – das wurde auch diskutiert – die Beteiligung der Kostenträger vorsieht, der Bezirke, des Freistaats und aller übrigen Leistungserbringer, und zwar mit einer Summe von rund 200 Millionen DM, wie Sie sie in Ihrem Dringlichkeitsantrag vom Freistaat allein fordern? Ich bitte Sie darum, das zur Kenntnis zu nehmen.
Herr Kollege Kobler, die Bezirke haben ihre Verpflichtung ernst genommen. Sie haben schon zusätzliche Mittel bereitgestellt. Aber Sie wollen, dass der Freistaat erst als Dritter tätig wird. Erst sollen alle anderen Stellen zahlen. Wenn dann noch Bedarf ist – so stellen Sie es sich vor –, soll der Freistaat zahlen. Aber so haben wir nicht gewettet. Folgen Sie dem Beispiel der bayerischen Bezirke. Dann wird die Situation in den Pflegeheimen besser werden.
(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Wortmeldung des Abgeordneten Pfaffmann (SPD))
Herr Kollege Pfaffmann, Herr Kollege Werner hatte schon erklärt, dass er am Ende seiner Rede angelangt sei. Da kann man keine Zwischenfrage mehr stellen. Es heißt nämlich „Zwischenfrage“.
Wenn es um eine Zwischenfrage geht, gibt es keine subjektive Auslegung. Der Begriff „zwischen“ ist doch völlig klar.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich denke, es wird sich klären lassen, was der Sinn einer Zwischenfrage ist und wie eine solche auszusehen hat. Ich möchte jetzt zu dem vorliegenden Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion sowie dem der SPD-Fraktion Stellung nehmen und etwas zu unserer einschlägigen Initiative sagen.
Wir haben hier im Bayerischen Landtag schon sehr oft darüber diskutiert, welche Rahmenbedingungen wir schaffen, welche strukturellen Änderungen wir vornehmen müssen, damit jeder in Würde altern kann, wie es doch allgemein gefordert wird. Wir alle sind von dem Problem betroffen, zum einen politisch, weil wir es auf politischer Ebene lösen müssen – ob auf Bezirks-, Kommunal-, Landes- oder Bundesebene zum anderen persönlich, weil jeder für sich eine Perspektive entwickeln muss bzw. innerhalb seiner Familie entsprechende Erfahrungen macht. Aus Sicht der GRÜNEN sollte sich
die Debatte darüber nicht darin erschöpfen, dass man über Beitragssätze und Prozentzahlen spricht. Vielmehr sollte um Konzepte gestritten werden. Dies gelingt uns oftmals. Doch was wir heute erleben, ist nichts anderes als ein Wettern gegen die auf Bundesebene vorliegenden Gesetzentwürfe.
In dem Zusammenhang muss ich Herrn Kollegen Kobler kritisieren. Herr Kollege, Sie haben sich in Ihrem Beitrag nur zur Heimaufsicht und zu den Kontrollen durch den MDK geäußert. Das, was auf Bundesebene geregelt werden soll, haben Sie alles andere als vollständig dargestellt.
Sie hatten nicht mehr Zeit? Da muss ich schon sagen: Manchmal muss man den Sinn einer Initiative und das Wichtige daran in wesentlich kürzerer Zeit vermitteln.
Sie haben verschwiegen oder nur angedeutet, wie wichtig es uns ist, dass endlich auch Angehörige von Pflegebedürftigen dem Heimbeirat angehören können. Wir alle wissen doch: Das Durchschnittsalter derjenigen, die in ein Pflegeheim kommen, liegt bei 86 Jahren. Diese Menschen sind multimorbid, sind sehr krank. Die meisten von ihnen haben einen sehr hohen Pflegebedarf. So können sie sich nicht mehr selbst vertreten. Da sind die Angehörigen gefordert, sich einzubringen. Durch die vorgesehene Novellierung des Heimgesetzes wird dies ermöglicht werden. Das ist ein wichtiger Schritt.
Sehr wichtig ist mir auch die Kostentransparenz bei den Heimen. Pflege ist ein rentables Geschäft. Das ist nicht zu kritisieren. Doch ist es das gute Recht der Menschen, die in Pflegeheimen leben, und ihrer Angehörigen, genau zu wissen, was mit den Beträgen geschieht, die sie zahlen müssen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Kobler (CSU): Das ist überhaupt nicht strittig, Frau Kollegin!)
Doch erwähnen Sie es nicht. Wenn man die entsprechende Änderung weglässt, besteht die Gefahr, dass wichtige Schritte entfallen.
Nun zur Heimaufsicht. Herr Kobler, diesbezüglich haben Sie als der Zerberus des heutigen Tages versucht, – –
(Zuruf des Abgeordneten Kobler (CSU) – Gegenruf der Frau Abgeordneten Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Leider hat sie kein Mittagessen gehabt! Das ist das Problem! – Unruhe)
Was die Heimaufsicht angeht, besteht eine enge Verzahnung zwischen der geplanten Novelle des Heimgesetzes und dem künftigen Qualitätssicherungsgesetz. Diese enge Verzahnung und die Tatsache, dass Heimnachschauen nach wie vor ohne Anmeldung durchgeführt werden können, haben Sie verschwiegen. In dem Zusammenhang erzählen Sie Märchen.
Ich gebe Ihnen Recht: Wir werden es auch mit dem Qualitätssicherungsgesetz nicht sofort schaffen, dass das, was der MDK bei den Heimnachschauen geleistet hat, von den Heimaufsichtsbehörden übernommen wird. Wir müssen eine Übergangsregelung finden – ich bin sicher, dass es gelingen wird –, damit die notwendige Kontrolle gewährleistet wird. Das ist mir wichtig. Denn auch nach meiner Ansicht geht es nicht ohne Kontrolle. Diese Aufgabe muss einer originär dafür zuständigen Stelle übertragen werden. Herr Staatssekretär Schmid hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Vielleicht kann er meine Frage beantworten, inwieweit der Beschluss des Landtags, die Heimaufsichten bei den Regierungen fachlich und personell zu stärken, umgesetzt wurde. Wie viele Altenpflegerinnen, wie viele Krankenpflegekräfte, wie viele Ärztinnen und Ärzte gehen zur Kontrolle? Auch das möchte ich gerne wissen. Da möchte ich keine Ausflüchte hören.
Dass wir den bestehenden Problemen ohne Kontrollen nicht beikommen, ist mir klar. Aber Kontrolle allein wird nicht ausreichen. Dass wir 8500 Heime, eine entsprechende Zahl von Sozialstationen und 13000 ambulante Pflegedienste überwachen, dass wir deren Arbeit kontrollieren könnten, ist eine Mär. Wir müssen auch mit Instrumenten wie dem Qualitätssicherungsgesetz arbeiten. Ich begrüße die Ansätze, Standards zu vereinbaren und vertraglich zu fixieren. Solche Wege sind auch unter sozialpolitischen Gesichtspunkten sinnvoll. Meine Damen und Herren von der CSU, auf anderen Gebieten sprechen Sie sich für die Einführung von Gütesiegeln aus. Das tun wir schon seit langem. Den Schritt hin zu mehr Eigenverantwortung der Träger halten wir ebenfalls für wichtig. In dem Zusammenhang muss aber abgefragt werden können, was in den einzelnen Einrichtungen an Qualität geboten wird.
Die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Dies ist nicht nur durch Kontrolle zu erreichen, obwohl die unangemeldete Kontrolle notwendig ist. Wir müssen auch die Rahmenbedingungen beim Pflegepersonal verbessern.
Wir haben eine ungeheure Ressourcenverschwendung zu verzeichnen, da das Pflegepersonal im Durchschnitt nach fünf Jahren wieder aus dem erlernten Beruf ausscheidet.
Dabei handelt es sich nicht um Frauen, die irgendwelche flatterhaften Berufsvorstellungen verfolgt hätten. Diese Frauen schaffen es unter den derzeitigen Bedingungen nicht mehr, ihren Beruf auszuüben. An dieser Situation müssen wir etwas ändern.
Wir brauchen Fortbildungen, Weiterbildungen und Supervision. Wir müssen aber auch darauf achten, wie viel Personal sich auf den Pflegestationen befindet. Sie haben darauf hingewiesen, dass es bereits entsprechende Beschlüsse gegeben habe. Ich weise darauf hin, die Verabschiedung eines Beschlusses und dessen Umsetzung sind zwei Paar Stiefel.
(Kobler (CSU): Glauben Sie, dass mit einer generalisierten Ausbildung die berufliche Verweildauer verlängert wird?)
Herr Kollege Kobler, Sie sollten mich ausreden lassen, damit wir in eine vernünftige Diskussion eintreten können. Wir müssen für das Pflegepersonal eine Perspektive schaffen. Dazu ist eine generalisierte Ausbildung und eine Verbesserung des Personalschlüssels nötig.
Mit unseren Beschlüssen befinden wir uns auf dem richtigen Weg. Bei der Bezahlung haben wir jedoch unterschiedliche Ansätze. Sie haben behauptet, wenn die dritte Stufe gezündet würde, wäre alles in Ordnung. Bei allen Mondfahrten mit einer Rakete, die ich miterlebt habe, waren die Stufe eins und die Stufe zwei unabdingbare Voraussetzungen dafür, dass die dritte Stufe gezündet werden konnte. Ihre Ansätze beim Eigenbeitrag sind immer noch sehr verschämt.
Die Pflegeversicherung, deren Jubiläum wir gefeiert haben, hat durchaus positive Ansätze. Die Pflege wird darin als eigenständige Aufgabe anerkannt. Außerdem wird die Pflege in diesem Gesetz als eigenständiges gesellschaftliches Thema gewertet. Das Gesetz hat eine breite Infrastruktur ermöglicht und die pflegenden Angehörigen abgesichert. Ich frage Sie aber: Was ist von der Debatte um die Pflegeversicherung übrig geblieben? Da wurde gehadert und gestritten, welcher Feiertag genommen werden soll, wie hoch die Beitragssätze sein sollen und wie dies zu bezahlen sei. Um die Pflegeversicherung wurden an präsenter Stelle unwürdige Debatten geführt. Dabei ging es nicht nur um die Frage, was abgesichert werden soll.
Bei dieser Diskussion wurde klar, bei einem Satz von 1,7% ist die Pflegeversicherung eine Teilkaskoversiche
rung. Man muss klar und deutlich sagen, dass die Pflegeversicherung nicht alles abdecken kann. Somit lautet die Frage für die Angehörigen: Was können wir dazu geben? Spekulieren wir auf das Erbe oder sorgen wir dafür, dass eine ordentliche und menschenwürdige Pflege geleistet wird? Dies ist nicht nur eine sozialpolitische Debatte. Deshalb muss diese Debatte auch außerhalb der sozialpolitischen Fachzirkel, vor allem des Sozialausschusses, geführt werden. Wir müssen alle Leute an den Tisch holen um zu klären, was uns die Pflege wert ist. Ihre Vorschläge gehen in die Richtung einer Beitragssatzerhöhung. Ich möchte nicht wissen, was hier in diesem Parlament für ein Theater im Gange wäre, wenn wir in Berlin die Beitragssätze erhöhen würden. Sie würden uns knüppeln und uns der Arbeitsplatzvernichtung zeihen. Dabei würden Sie keinen Halbsatz darüber verlieren, welche gesellschaftliche Situation uns dazu zwingt, die Beitragssätze zu erhöhen.
Wir müssen eine offene Debatte darüber führen, wie wir die künftige demographische Entwicklung, die auch Auswirkungen auf unsere Pflegekassen hat, schultern können. Es hilft nichts, doppelzüngige Anträge zu schreiben und in einem „Sowohl als auch“ zu verharren. Wir müssen uns überlegen, was sind uns die Pflege und die alten Menschen wert. Zu diesem Thema muss jeder seinen Beitrag leisten, auch einen persönlichen eigenen Beitrag.