Ich bin GRÜNE, falls Ihnen das entgangen sein sollte. Ohne ein Konzept zur Endlagerung, ohne Lösung der Entsorgungsfrage, haben Sie eine Jahrtausende dauernde Belastung für kommende Generationen in Kauf genommen. Sie haben eine Belastung Ihrer und unserer Enkelkinder in Kauf genommen, die Jahrtausende anhält, und ich frage Sie: Wie ist dies alles mit dem Prinzip der Nachhaltigkeit zu vereinbaren, das Sie so gerne im Munde führen?
Das Schlimmste an Ihrem scheinheiligen Beitrag ist aber, dass Sie immer noch nicht aussteigen wollen. Deshalb sind Ihre Zwischenrufe „Das war die SPD“ auch gar nicht von Belang. Sie wollen diese verantwortungslose Technologie, diese verantwortungslose Form der Energieversorgung aufrechterhalten. Sie wollen noch immer nicht aussteigen, Sie wollen sogar noch weiter, und deshalb ist es scheinheilig. Sie wollen weiterhin strahlenden, hochgiftigen Atommüll produzieren. Doch das verschweigen Sie den Menschen hier in Bayern, in Deutschland und weltweit, wenn Sie hier die Frage der Zwischenlager thematisieren.
Sie sind heute noch dafür, dass jeden Tag 1,5 Tonnen strahlender, hochgiftiger Müll produziert wird, und Sie sind das, ohne ein Konzept der Entsorgung.
(Hofmann (CSU): Das machen Sie doch auch für die nächsten zwanzig Jahre! – Gartzke (SPD). Aber mit einem Ende!)
Herr Hofmann, Sie fragen zu Recht: Was tut die Bundesregierung, was tun die GRÜNEN? – Wir bemühen uns zumindest um den Ausstieg. Wir GRÜNEN haben immer für den Atomausstieg gekämpft.
Wir übernehmen endlich die Verantwortung und stellen uns diesem Thema. Wir werden diese Dinosaurier-Technologie beenden. Ich sage Ihnen, jeder Tag eher, an dem wir den Ausstieg schaffen, ist ein Gewinn für unsere nachfolgenden Generationen, für unsere Kinder und Enkelkinder.
Auch ich wünschte mir einen schnelleren Atomausstieg und ich könnte mir auch sehr gut einen schnelleren Atomausstieg vorstellen. Ich bin Naturwissenschaftlerin und ich weiß, dass ein schnellerer Atomausstieg technologisch möglich und ökologisch und ökonomisch zu verantworten wäre.
Ich sage hier ganz klar: Wir haben dies in der Koalition nicht durchsetzen können, aber endlich ist wenigstens der erste Schritt in die richtige Richtung getan. Das Ende dieser Technologie ist abzusehen, es ist deutlich, es ist greifbar, und es ist in einem Konsens passiert, der der Bundesrepublik nicht noch weiteren Schaden zufügen wird.
Ich sage Ihnen noch etwas: Die Energiewende kommt. Sie wird schneller kommen, als Sie alle es zu hoffen bzw. – das sage ich mit Blick auf die rechte Seite – zu befürchten wagen.
Die Energiewende wird kommen und wir werden alles dazu tun, dass dieser Ausstieg schneller kommt. Wir sind auf dem besten Wege dazu. Frau Paulig hat das heute in vorbildlicher Weise ausgeführt, wie diese Energiewende schneller kommt, als es dieser Atomkonsens allein möglich zu machen scheint. Dies ist unsere große Chance und auch unsere Herausforderung.
Ich sage Ihnen heute: Nehmen Sie diese Herausforderung endlich auch für sich an und handeln Sie jetzt zum ersten Mal verantwortungsvoll.
Herr Minister, solange Sie uns kein vernünftiges Konzept zu den Fragen des Atommülls, zur Endlagerungsfrage nennen – das ist das gravierendste Problem der Atomenergie neben dem Sicherheitsrisiko –, brauchen Sie hier nicht mehr das Wort zu ergreifen; denn das wäre scheinheilig und verantwortungslos.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wird hier so argumentiert, als ob in ganz Bayern niemand für die friedliche Nutzung der Kernenergie wäre, und es wird so getan, als ob die SPD von dieser friedlichen Nutzung noch nie etwas gehört hätte außer jetzt. Aber 62% der Bevölkerung sind für die friedliche Nutzung der Kernenergie. Das muss man doch auch einmal sagen und zur Kenntnis nehmen.
Also so zu tun, als ob überhaupt niemand dafür wäre, ist im Grunde genommen falsch. Sie von der SPD haben doch von Anfang an darauf gedrängt, das diese Energieform eingesetzt wird, und zwar deshalb, weil es dann dem Arbeiter besser geht, weil er seine menschliche Kraft durch die Kernenergie mit modernen Maschinen ersetzen kann. Tun Sie also nicht so, als ob Sie erst heute etwas davon erfahren würden.
Eines müssen wir von der Christlich-Sozialen Union immer wieder klar und deutlich sagen: Unsere Energiepolitik steht auf zwei Füßen. Das eine ist die Kernenergie und das andere ist – ich nenne es jetzt einmal so – Alternativenergie. Wir fördern die Alternativenergie genau so, wie wir uns auch für die Kernenergie verwenden. Deswegen haben wir in diesem Bereich der Alternativenergie so viel Erfolg. Es ist also nicht so, dass wir uns da in eine Ecke stellen lassen: Kernenergie, sonst nichts, sondern Kernenergie plus Alternativenergie. Dann kommt der richtige Schuh dabei heraus.
Wenn so viel davon gesprochen wird, dass die KraftWärme-Kopplung im Grundlastbereich eingeführt werden könne, so ist das natürlich völlig falsch. Das ist ganz eindeutig. Denn die Kraft-Wärme-Kopplung hat zweierlei Funktion: zum einen Strom und zum anderen Wärme zu erzeugen. In den vergangenen Tagen, als wir 32 Grad hatten, war es natürlich eine große Freude, der Bevölkerung zu sagen: Jetzt darfst du kostenlos die Heizung nutzen. – Da braucht nämlich niemand die Heizung. Also kann ich die Kraft-Wärme-Kopplung nur sinnvoll einsetzen, wenn ich sie brauche.
Fragen Sie doch in München einmal nach, was die städtischen Energiewerke sagen. Sie sagen doch selber: Wir können gar nicht so viel Kernkraftwerke einsetzen, wie man haben wollte.
Es ist dann davon die Rede gewesen, was jetzt alles für die bayerische Bevölkerung getan werde. Was kommt denn jetzt auf unsere Bevölkerung zu? Von der Liberalisierung des Strompreises merken wir nichts. Das geht an uns vorbei, davon merkt der Bürger nichts.
Wir haben derzeit aufgrund der Liberalisierung einen Überschuss. Das ist richtig. Wir haben innerhalb der EU einen Überschuss von 40000 MW. Dieser Überschuss wird sehr bald verbraucht werden, wenn darum gekämpft wird, wer den billigsten Strom liefern kann. Dieser Kampf beginnt jetzt und dann ist der Überschuss weg. Ich kann mich also zweifellos nicht auf den Überschuss als Dauereinrichtung für die Energieversorgung verlassen.
Dann kommt das Zweite, worüber sich die bayerische Bevölkerung natürlich riesig gefreut hat. Als die GRÜNEN an die Regierung kamen, war von einem Preis von fünf Mark pro Liter Benzin die Rede. Da ging natürlich eine Welle der Wut durch das Land. Herr Fischer hat es abgemildert und gesagt: Natürlich jetzt nicht gleich fünf Mark, sondern das ist unser Ziel; wir sind ja schon froh, wenn wir zwei Mark bekommen, und dann werden wir schrittweise die fünf Mark erreichen.
Inzwischen haben wir die Zwei-Mark-Grenze überschritten. Und Dr. Kaiser, den ich momentan nicht sehe, muss doch ganz genau wissen: Wenn der Staat irgendeine Preiserhöhung vornimmt, ob das beim Benzin oder anderswo ist, wird dies von der Wirtschaft zum Anlass genommen, die Gesamtpreispalette etwas höher hinaufzutreiben, um all das wieder unterzubringen, was sie vorher nicht im Einzelnen tun konnte. Es wird dann darüber gestritten, wer schuld ist. Im Grunde genommen ist der schuld, der den Anschub dazu gegeben hat. Er ist natürlich auch für die Folgen dieser Maßnahmen verantwortlich. Fragen Sie einmal die Leute draußen auf dem flachen Lande, wie glücklich sie heute sind, dass sie über zwei Mark pro Liter Benzin bezahlen dürfen.
Wer sind die Nächsten, die sich freuen? Das sind unsere Hausbesitzer und unsere Mieter, weil es jetzt um ihre Heizung geht. Eine Heizung, die älter als 20 Jahre ist, muß erneuert werden. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat natürlich auch Mietpreiserhöhungen zur Folge.
Die nächste Folge wird den Urlaub betreffen. Eine Grüne hat es einmal angedeutet: Nur einmal im Jahr mit dem Flugzeug in den Urlaub fliegen! Jetzt stehen wir fast vor dieser Situation.
Das Nächste wird sein, dass wir uns einmal im Monat auf ein autofreies Wochenende freuen dürfen. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird mit Ihrer Energiepolitik auf uns zukommen.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Der Herr Staatsminister macht sich Gedanken darüber, ob ich voll verantwortlich mit Sekt, mit Alkohol umgehen kann. Haben Sie keine Angst. Ich weiß, dass Alkohol auch eine Droge ist. Wenn ich aufwache, stelle ich fest: Ich habe gern getrunken, verantwortungsvoll getrunken und ich habe am anderen Tag auch keinen schweren Kopf gehabt. So muss man an die Dinge herangehen: vernunftorientiert, zukunftsorientiert. Vor allem muss man die Ratio einschalten und darf nicht so kleingeistig sein, nicht so verhalten sein, sondern man muss auch Mut in die Zukunft haben, man muss Vertrauen haben in unsere Technik, in unseren Grips und in unsere Innovationen, die wir Gott sei Dank in Deutschland haben. Also, da haben wir etwas mehr Mut und das ist, glaube ich, auch gut so.
Der alte 79er-Kompromiss unter Helmut Schmidt, wie oft wird er noch bemüht? Dieser Kompromiss hatte doch auch einen zweiten Teil, der lautete, dass als Alternative selbstverständlich Zwischenlager gebaut werden können. Das war schon damals die Alternative, und zwar nicht deshalb, weil Helmut Schmidt so schlau war, sondern weil jeder Mensch weiß: Wenn er ein Auto kauft, muss er wissen, wo er es hinstellt. Das heißt, er braucht eine Garage oder einen Stellplatz auf der Straße und er braucht einen Schrottplatz als Endlager. Das ist die Logik, die jeder normale Mensch versteht, und die stellt sich jetzt ganz aktuell bei unseren Zwischenlagern. Das ist doch klar und eindeutig.
Das ist also die Thematik Zwischenlager. Das war von Anfang an klar, und zwar in der gesamten SPD, ob in Niedersachsen oder in Bayern.
Bleiben wir bei dem damaligen Kompromiss. Er beinhaltete Gorleben als Endlager, Ahaus als größeres Zwischenlager und er beinhaltete die WAA in Wackersdorf. Wackersdorf ist Gott sei Dank weggebrochen. Wir waren auch gegen Wackersdorf. Die SPD in Niedersachsen hat gewusst, was mit Gorleben auf sie zukommt, hat die Untersuchungen sehr schnell ernst genommen und festgestellt, dass Gorleben als Endlager nicht geeignet ist.
Wenn wir in den Achtzigerjahren in Niedersachsen an der Regierung gewesen wären, wären diese Gelder nicht in den Sand gesetzt worden. Es ist richtig: 5 Milliarden DM sind bei der WAA und in den Salzstöcken in den Sand gesetzt worden, aber nicht unseretwegen. Wir haben es damals schon gesagt, das ist nachweisbar, übrigens auch der jetzige Bundeskanzler Schröder, das muss man klar und deutlich sagen.
Einiges ist noch zu den Ausführungen von Herrn Beck zu sagen. Es ist richtig, dass Sie auf die Kernenergie gesetzt haben. Aber, Herr Beck, das muss man biblisch sehen. Sie wissen, was in der Bibel steht: Es ist mehr Freude im Himmelreich über einen Sünder, der umkehrt, als über den Gerechten.
(Beifall der Frau Abgeordneten Werner-Muggendor- fer (SPD) – Leeb (CSU): Als über 99 Gerechte! – Willi Müller (CSU): Bei der SPD gibt es sehr viele Sünder!)
Wir haben Ende der Siebzigerjahre erkannt, wohin der Weg führt, und haben 1985 bei einem Bundesparteitag nach längerer Diskussion beschlossen, dass wir diesen Weg in zehn Jahren konsequent beenden wollen. Das ist wohl auch eine riesige Leistung. Politik muss fähig sein, Dinge zu überdenken, und auch bereit sein, Fehler einzugestehen und davon abzugehen.
Kraft-Wärme-Kopplung in der Grundlast – natürlich haben Sie recht, dass man nicht jetzt im Sommer Wärme und gleichzeitig Strom erzeugt. Aber es gibt auch industrielle Wärme, und diese, zum Beispiel zum Würsteherstellen und einiges mehr, braucht man immer. Wir haben in Ansbach so eine Firma mit einem Wärmebedarf von 7000 Stunden im Jahr bei 8600 Stück im Jahr. Diese industrielle Kraft-Wärme-Kopplung kann ich sehr wohl bei der Grundlast einsetzen. Aber da fehlt es noch in Bayern,
da ist die Hälfte nicht ausgebaut. In den Schubladen liegen für die industrielle Kraft-Wärme-Kopplung 5000 Vorstudien, die bisher nicht realisiert wurden, die aber jetzt realisiert werden könnten, nachdem der Ausstieg klar ist und man weiß, wohin die Reise geht.
Es ist gesagt worden, es sei undemokratisch, bei diesem Konsens von „unumkehrbar“ zu sprechen. Das sehe ich auch so. Selbstverständlich kann jede Regierung das wieder anders sehen, das ist die demokratische Grundlage.