Ist die Erweiterung des Strafrechts da wirklich hilfreich? Mir erscheint es sinnvoller, im Sinne der Prävention vorzugehen und beispielsweise in den Schulen die Sache zu diskutieren. Die Jugendlichen müssen darüber informiert werden, was strafrechtlich auf sie zukommt und was sie zivilrechtlich treffen kann. Es ist bei weitem sinnvoller und wirkungsvoller, zum Beispiel die Täterinnen und Täter diesen Schaden selber beseitigen zu lassen.
Es ist wesentlich sinnvoller, den Täter-Opfer-Ausgleich verstärkt anzuwenden und sozusagen über diese Arbeit diese Art von Straftaten zu verhindern. Die Bundesregierung denkt konkret darüber nach, Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, um im Rahmen von Modellprojekten nach neuen Wegen der Prävention zu suchen.
Zum Schluss frage ich mich ernsthaft, liebe Kolleginnen und Kollegen, was Sie bewogen hat, diesen Antrag aus der Ablage hochzuziehen. Haben Sie denn wirklich keine wichtigeren Themen anzubieten? Sehen Sie keine wichtigeren Probleme, mit denen sich dieses Hohe Haus beschäftigen sollte?
Ich meine schon, dass wir uns selbst ernster nehmen und davon absehen sollten, solche Detailanträge, die in den Ausschüssen ausführlich diskutiert wurden, ins Hohe Haus einzubringen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich sehe schon: Das wird die heftigste Debatte des heutigen Tages werden. Wir sollten doch auf die Uhr schauen
Unbestritten ist die Graffiti-Sprüherei widerrechtlich und verursacht sehr hohe Kosten sowohl für das Gemeinwesen als auch für die Privaten, die betroffen sind. Deshalb sollte alles getan werden, um diese Sprühereien einzudämmen. Es ist noch gar nicht lange her, da war ich selbst von solchen Schmierereien betroffen. Unser VWBus stand irgendwann nachts ein paar Tage vor der Landtagswahl vor der Haustüre und war rundum schwarz eingesprüht.
Ich bin dann den ganzen Tag mit diesem VW-Bus durch den Ort gefahren, und das war die beste Wahlkampfwerbung.
Das war wahnsinnig ärgerlich und hat viel gekostet. Die Täterinnen bzw. Täter sind natürlich nicht gefasst worden. Sie waren wie vom Erdboden verschluckt. Ich weiß, wie ärgerlich so etwas ist, und als langjährige Gemeinderätin weiß ich auch, wie viel Schaden das für die Kommunen verursacht. Dennoch bin ich der Meinung, dass die vorhandenen rechtlichen Mittel ausreichen. Wir haben die zivilrechtlichen Schadenersatzansprüche aus dem Deliktsrecht, und wir haben die strafrechtlichen Vorschriften zur Sachbeschädigung, die schon genannt worden sind. Das reicht aus. Selbst wenn wir zu der Auffassung kämen, das reiche nicht aus, wäre Ihr Weg über den unbestimmten Rechtsbegriff des Merkmals des Verunstaltens der falsche. Das geht einfach so nicht.
Wie kann denn nun die Graffiti-Malerei verhindert werden? Jedenfalls nicht mit einer verschärften Strafrechtsandrohung. Diese Graffitis sind von unterschiedlicher Qualität.
Sicherlich gibt es reine Schmierereien, aber auch Graffitis mitkünstlerischem Charakter. Es ist ein Phänomen, und es ist zum Teil eine Modeerscheinung gewesen. Darüber hinaus ist es gerade für die jungen Leute auch eine Mutprobe, vielleicht unter Gleichaltrigen ein Versuch, Anerkennung zu bekommen. Ob immer kriminelle Energie dahinter steht, bezweifle ich etwas. Es gibt da die unterschiedlichsten Fälle.
Die Energie, die dahinter steht, braucht einfach ein Ventil. Viele Städte und Gemeinden haben dies erkannt und dieser überschüssigen Energie eine Öffnung gegeben, indem sie Flächen für Graffiti-Malerei zur Verfügung gestellt haben. Das geschah zum Beispiel in Unterführungen; dort wurden die Sprayereien in geordnete Bahnen gelenkt, dort konnten sich die Graffitikünstler austoben. Genau dadurch wird die Sache in geregelte Bahnen gelenkt. Es sind zum Teil sogar Wettbewerbe durchgeführt worden. Dort, wo so agiert wurde, sind die Schmiereien deutlich zurückgegangen. Ich glaube, dieser Weg ist sehr viel richtiger.
Man sollte auch in der Jugendarbeit sehr viel stärker ansetzen, damit die jungen Leute lernen, genauer zwischen Mein und Dein zu unterscheiden, wie wichtig das Gemeinwohl ist, und wie ärgerlich es für die Privaten ist, die Schäden wieder beseitigen zu müssen.
(Knauer (CSU): Wenn ich für 2,50 DM klaue, werde ich auch strafrechtlich verfolgt! – Zuruf der Frau Abgeordneten Voget (SPD))
Wir hier im Bayerischen Landtag sind sowieso nicht zuständig. Außerdem ist der Regierungswechsel im Bund noch gar nicht so lange her. Davor hätten Sie 16 Jahre Zeit gehabt, sich der strafrechtlichen Seite anzunehmen. Sie haben es nicht gemacht, und jetzt auf einmal fordern Sie in Ihrem Schaufensterantrag, das Strafrecht zu verschärfen; nur so könne die Graffiti-Malerei eingedämmt werden. Das geht völlig am Ziel vorbei.
Sind denn diejenigen, die Ihre Hauswand beschmiert haben, erwischt und zur Rechenschaft gezogen worden?
(Zuruf des Abgeordneten Christ (CSU) – Dr. Bernhard (CSU): Dann brauchen wir überhaupt kein Strafrecht mehr!)
Ich habe noch einen Vorschlag für einen nächsten Antrag, den Sie stellen könnten. Bisher ist das strafrechtlich noch nicht relevant und betrifft nur den männlichen Teil der Bevölkerung. Vielleicht könnten Sie einmal das Biseln in der Öffentlichkeit unterbinden.
Wenn ich meine beiden Vorrednerinnen höre, kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass von Ihrer Seite durch Verdrehungen, Verharmlosung und Lächerlichmachung der Sache verdeckt werden soll, dass Sie von der rot-grünen Koalition offensichtlich nicht mehr bereit sind, im Strafrecht zwischen Mein und Dein zu unterscheiden.
(Lachen bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Frau Marianne Schieder (SPD): Das ist eine Unterstellung! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)
Tatsache ist erstens, dass das nicht irgendeine Lappalie ist, sondern dass es jedes Jahr Schäden in dreistelliger Millionenhöhe durch Graffiti-Schmierereien gibt.