Protocol of the Session on February 17, 2000

(Beifall bei der SPD)

Weiter frage ich: Würde es Ihrerseits möglicherweise eine Zustimmung zu dem Antrag geben, wenn wir das Wort „unwahre“ durch „einseitige“ ersetzen?

Herr Kollege Franzke, ich stimme mit Ihnen überein, dass die Möglichkeiten der Regierung, auf ein Volksbegehren zu reagieren, durchaus einmal generell erörtert werden sollten.

Zum anderen muss ich sagen: Ob wir den Satz mit „unwahre Aussagen“ entfernen oder das Wort „unwahre“ durch „einseitige“ ersetzen oder ob wir dieses meinetwegen ganz streichen, enthebt uns nicht davon, der Staatsregierung letztendlich das zuzugestehen, was das Bayerische Verfassungsgericht bisher eingeräumt hat. Wenn ihr Handeln nicht rechtswidrig ist, Herr Kollege Franzke, dann ist das auch nicht zu beanstanden.

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Kollegen Hahnzog?

Bitte, Herr Kollege.

Herr Kollege Knauer, ich habe die Entscheidung bei mir, weil ich wusste, dass sie heute hier eine Rolle spielen wird. Aber damit sind nur die Grenzen des möglichen Verhaltens der Staatsregierung angegeben. Dagegen kann natürlich das Parlament wünschen – die CSU hat es gewünscht –, den Spielraum nicht vollständig auszunutzen. Sind Sie nicht der Meinung, dass das der Kern der heutigen Diskussion ist, dass es eine politische und keine rechtliche Frage ist?

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Hahnzog, wenn das der Kern des Gegenstandes ist, dann müssen Sie ihn auch so formulieren und dürfen nicht etwas anderes hineininterpretieren.

Herr Kollege Hahnzog, ich bin kein Jurist und bitte um Nachsicht, wenn ich hier etwas danebenliegen kann. Ich kann die Dinge einfach nur mit meinem Menschenverstand nachvollziehen.

Wenn ich, Herr Kollege Hahnzog, Ihre Wortmeldung richtig interpretiere, räumen Sie der Staatsregierung sogar ein, dass sie aufgrund der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs ihren Handlungsspielraum offensichtlich lediglich ausgeschöpft hat. Nachdem Sie nun zu den Unterstützern gehören, soll dieses Recht hier wohl nicht gelten. Sie möchten, dass wir diese Ansicht teilen und nunmehr die Staatsregierung einschränken. Das, meine Damen und Herren, machen wir nicht mit; gleiches Recht muss für alle gelten.

Herr Kollege Dr. Hahnzog, ich verstehe die Aufregung nicht. Für mich ist das ein ganz ernstes Thema, das man völlig losgelöst von einem aktuellen Volksbegehren behandeln sollte.

Wir müssen uns einmal vorstellen – und das erscheint mir durchaus realistisch –, dass ein Volksbegehren nicht nur von einem über alle Zweifel erhabenen demokratischen Verband initiiert wird, dem die einen mehr und die anderen weniger Sympathien entgegenbringen. Wir müssen uns auch einmal darauf einstellen – wir hatten heute Vormittag eine entsprechende Debatte –, dass ein Volksbegehren von einer Gruppe initiiert wird, die uns allen gemeinsam nicht angenehm ist, weil sie beispielsweise vom Verfassungsschutz beobachtet wird, dem Inhalt vom Innenministerium aber rechtlich nicht widersprochen werden kann. Da müssen wir uns auch fragen, inwieweit der Staatsregierung Raum gegeben werden soll, Stellung zu beziehen, um auf mögliche Folgen hinzuweisen. Es geht dabei also um die Frage, welchen Rahmen wir der Staatsregierung dann zubilligen. Gleiches Recht muss dann für alle gelten.

Herr Kollege Hahnzog, wenn ich Ihnen richtig zugehört habe, zweifeln Sie aber offensichtlich ohnehin kaum daran, dass sich die Staatsregierung nicht im rechtlichen Rahmen bewegt hat.

Nun komme ich zu dem, was Kollege Franzke hier zu den Beratungen im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport geäußert hat. Lieber Kollege Irlinger, Sie werden mir mit Sicherheit bestätigen, dass ich hier nichts Unrechtes sage. Es ging in erster Linie darum, dass wir die politische Werbung durch die Verbände – gleich, welcher Art – ob BLLV oder Realschullehrerverband etc. –, eindämmen wollten.

Was Sie heute herausgestellt haben, war nicht Gegenstand der Ausschussberatungen.

(Zuruf des Abgeordneten Franzke (SPD))

Herr Kollege Franzke, ich weiß, dass Sie über hellseherische Kräfte verfügen. Sie waren bei der Beratung überhaupt nicht dabei. Offensichtlich wissen Sie es aber dennoch besser.

Im Bildungsausschuss herrschte die übereinstimmende Meinung, dass wir die Werbung nicht in Schulen zulassen sollten. Ich sage Ihnen: Wenn wir die rechtlichen Möglichkeiten gehabt hätten, wäre dieser Beschluss auch auf die Kindergärten ausgedehnt worden.

Meine Damen und Herren, was wäre geschehen, wenn es sich die CSU erlaubt hätte, Informationsmaterial in den Kindergärten auszulegen? Herr Kollege Dr. Hahnzog und Herr Kollege Franzke, wir dürfen kein Rechtsverständnis entwickeln, wonach alles in Ordnung ist, so lange es einem nützt und alles verfassungswidrig ist, was sich gegen uns richtet.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Genau so war es aber: So lange es der Staatsregierung nutzte, durfte es gemacht werden!)

Herr Kollege Franzke, da Sie der dritten Zeile Ihres Antrags kein Wort in Ihren Ausführungen gewidmet haben, möchte ich darauf jetzt auch nicht weiter eingehen. Offensichtlich wird der Wahrheitsgehalt dieser Zeile von Ihnen nicht gestützt. Sollte noch eine inhaltliche Diskussion folgen, bitte ich um Nachsicht, wenn ich noch einmal das Wort ergreife.

(Beifall bei der CSU)

Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Münzel.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es war interessant, den Eiertanz des Kollegen Knauer zu beobachten. Er hat herumgerudert und zehn Minuten gebraucht, bis er Tritt gefasst hat. Er hat ein Ablenkungsmanöver an das andere gereiht und versucht, mit allen möglichen Tricks von der eigentlichen Problematik abzulenken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Knauer, Ihnen wäre Ihre Rede etwas leichter gefallen, wenn Sie das Heft gekannt hätten, von dem wir gerade sprechen. Sie mussten sich dieses Heft jedoch kurz nach zwei Uhr von Herrn Staatssekretär Freller ausleihen.

(Beifall der Frau Abgeordneten Peters (SPD)

Frau Kollegin Münzel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Knauer?

Nein, ich gestatte im Moment keine Zwischenfrage.

(Knauer (CSU): Das war sehr unfair, Frau Kollegin!)

Bei der ganzen Diskussion um die Informationen an den Schulen, die das Volksbegehren betreffen, stelle ich fest, die Staatsregierung geht mit einer unglaublichen Kaltschnäuzigkeit über Recht und Gesetz hinweg, wenn es um die Durchsetzung ihrer eigenen Interessen geht. Der Staatsregierung ist der Artikel 84 Absatz 2 Bayerisches Erziehungs- und Unterrichtsgesetz offenbar ganz egal. Herr Kollege Knauer, ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, dass Sie das auch noch verteidigen, weil Sie im Ausschuss den Eindruck erweckt haben, dass Sie keine einseitige Beeinflussung der Eltern und der Schüler wünschen.

In Artikel 84 Absatz 2 steht ganz klar, politische Werbung im Rahmen von Schulveranstaltungen oder auf dem Schulgelände sei nicht zulässig. Dort stehen nicht die Worte „außer von der Staatsregierung“. Dieser allgemeine Satz hat für alle Geltung. Die Staatsregierung kann darüber nicht hinweggehen, nur weil sie in Bayern die Mehrheit hat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Franzke, Sie haben vermutet, das hätte irgendein Ministerialer verbrochen. Diese Kampagne ist ganz klar von der obersten Stelle gesteuert worden. Frau Staatsministerin Hohlmeier initiiert seit Wochen eine Kampagne, die sie selbst leitet. Deshalb ist dafür die Ministerin verantwortlich und nicht irgendein Ministerialbeamter.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Ich frage mich, was der Antrag, den wir im Bildungsausschuss gemeinsam formuliert und einstimmig beschlossen haben, soll. Ich möchte darauf noch einmal genauer eingehen. Der Antrag lautet:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, sicherzustellen, dass an Bayerns Schulen im Zusammenhang mit dem Volksbegehren keine einseitige Einflussnahme auf Eltern und Schüler ausgeübt und damit den Vorgaben des Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes zuwider gehandelt wird.

In diesem Antrag steht nicht, dass die Verbände sicherstellen müssten, dass keine einseitige Einflussnahme erfolgt. Es steht auch nicht in dem Antrag, dass die Staatsregierung ausgenommen sei. Herr Kollege Knauer, ich gehe davon aus, dass Sie diesen Antrag in Ihrer Fraktion abgesegnet haben, bevor er uns vorgelegt wurde. Ich gehe ferner davon aus, dass Sie, als Sie Ihr Okay gaben, wussten, was Sie taten. In diesem Antrag steht eindeutig: „Keine einseitige Einflussnahme“.

Ich möchte noch einmal hinterfragen, was die Vorlage dieses Antrags im bildungspolitischen Ausschuss sollte. Kein Mensch hätte in dieser aufgeheizten Atmosphäre vermutet, dass wir noch etwas gemeinsam auf die Reihe kriegen. Uns allen war klar, dass die Schulen nicht instrumentalisiert werden dürfen. Ihnen hätte klar sein müssen, dass eine solche Einflussnahme auch von Seiten der Staatsregierung nicht erlaubt ist. Jetzt geht der Ärger an den Schulen weiter. Ich frage mich, ob Sie der

Opposition im Bildungsausschuss eine Beruhigungspille verpassen wollten. Sie wollten offenbar die Luft aus der Diskussion herausnehmen und dachten, jetzt sei Ruhe.

Frau Kollegin Münzel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Knauer?

Frau Kollegin Münzel, unter Hintanstellung meiner ersten Zwischenfrage möchte ich Ihnen eine zweite Frage stellen: Ihnen ist doch sicher nicht entgangen, dass wir mit politischer Beeinflussung, über die wir diskutiert haben, nicht den gesetzlich möglichen Handlungsrahmen der Staatsregierung gemeint haben?

(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Kollege Knauer, wenn Sie mich schon fragen, würde ich mich freuen, wenn Sie mir auch zuhörten, wenn ich Ihnen antworte. Herr Kollege Knauer, erinnern Sie sich bitte noch einmal an diese Ausschusssitzung zurück. Ich habe in meiner damaligen Rede explizit eine starke Kritik am Verhalten der Staatsregierung geübt. Sie sind nicht darauf eingegangen und haben auch nicht gesagt, die Staatsregierung sei von der Antragsformulierung auszunehmen. Wir alle haben festgestellt, dass keine einseitige Einflussnahme erfolgen dürfe. Sie haben in dieser Ausschusssitzung nicht gesagt, dass diese Formulierung nur für Verbände und nicht für die Staatsregierung gelte. Dies ist im Protokoll nachzulesen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine allseitige Information hätte vorgelegen, wenn in diesem Sonderheft beide Gesetzentwürfe kommentarlos abgedruckt worden wären. Diese Möglichkeit hätte bestanden, wenn die Staatsregierung die Auffassung vertreten hätte, es bestünde noch Informationsbedarf. Eine weitere Möglichkeit hätte darin bestanden, dass den Befürwortern des Volksbegehrens die Möglichkeit eingeräumt wird, ihren Entwurf auf genauso vielen Seiten vorzustellen, wie die Staatsregierung ihren Entwurf. Damit wäre dem Informationsbedürfnis der Bürger Rechnung getragen und eine Einseitigkeit vermieden worden. Einseitiger, wie es die Staatsregierung gemacht hat, geht es aber überhaupt nicht mehr. Ich zitiere nur einmal das, was unten steht:

Diese Mängel und Unzulänglichkeiten der Aufbaustufe sind bei nüchterner Betrachtung unübersehbar.

Ich finde die Formulierung „bei nüchterner Betrachtung“ witzig. Scheinbar betrachtet die Staatsregierung die Dinge sonst betrunken.

(Beifall und Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und bei der SPD)

Die Staatsregierung spricht von Mängeln und Unzulänglichkeiten. Das ist die Bewertung der Staatsregierung