Herr Präsident, Hohes Haus, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das, was wir an Aussagen und Argumenten von Seiten der Opposition soeben gehört haben, setzt den Dingen wirklich die Krone auf. Was gegenwärtig in Berlin läuft und was Sie in München an Zinnober veranstalten – dass Sie sich nicht schämen!
Vor wenigen Tagen hat die Bundesregierung handstreichartig die Gemeinschaftsaufgabenförderung für Ostbayern ab nächstem Jahr auf Null gesetzt. Sie lamentieren hier und fordern ein Sonderförderprogramm.
Gestern kommt der Landesvorsitzende der bayerischen SPD und sagt: „Ich distanziere mich von dem, was Berlin gemacht hat.“ Heute kommt Herr Rabenstein und sagt: „Ich bin auch nicht mit allem einverstanden, was in Berlin gemacht wird.“ Ihre Lamentiererei geht uns auf den Geist. Sie sollten Ihre Kräfte dafür verwenden, um in Berlin etwas zu erreichen.
Berlin macht Tabula rasa: Weg mit den Bundeswehrstandorten aus Oberfranken, weg mit den Hauptzollämtern. Bis heute haben wir keine Finanzierungsvereinbarung für den ICE. Die Gemeinschaftsaufgabe wird gestrichen – eines nach dem anderen.
Frau Steiger, setzen Sie sich doch lieber dafür ein, dass die Bundesregierung die Förderung der Bamberger Symphoniker aufrecht erhält, anstatt hier im Landtag dumme Reden zu halten.
Die machen in Berlin Tabula rasa, und zwar mit dem ländlichen Raum, den Grenzregionen und Oberfranken, aber erdreisten sich, sich hier in München hinzustellen und zu sagen: Wir wollen ein Sonderförderprogramm. Das schlägt wirklich dem Fass den Boden aus.
Was Sie tun, strotzt vor Scheinheiligkeit. So etwas habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht erlebt. Es handelt sich um ein durchsichtiges Manöver.
Frau Steiger, wenn Sie hier so lauthals reden, muss ich Ihnen sagen: Sie sind doch Sprecherin der oberfränkischen SPD-Abgeordneten. Ihr eigener Landesvorsitzender traut sich doch bei der Debatte über Oberfranken gar nicht ins Plenum. Er weiß wahrscheinlich auch warum.
Wir haben in Oberfranken einen Strukturwandel, der durch die historische Situation in Oberfranken begründet ist. Wir haben vor 100 bis 150 Jahren den Regierungsbezirk Oberfranken als einen der ersten erlebt, der industrialisiert wurde. Logischerweise ist der Weg einer hochindustrialisierten Region zu einer Produktions- und Dienstleistungsregion ein längerer, ein weiterer, ein tiefgreifenderer, als wenn wir, historisch begründet, nicht eine solche Industriedichte gehabt hätten. Man muss das einfach einmal als Faktor sehen. Wir waren über die Jahrhunderte stolz – wir können es auch heute und morgen noch sein –, dass wir im Norden unseres Freistaats, speziell im oberfränkischen Raum, eine so hohe Industriedichte haben. Herr Kollege Nadler hat völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass heute die Region zu den höchstindustrialisierten in der Europäischen Union gehört und in der Industriedichte der EU auf Platz 3 liegt.
Damit ist aber auch die Herausforderung umschrieben. Wenn wir eine in Jahrzehnten und über 100 Jahren gewachsene Industriestruktur haben, dann ist es ganz normal, dass dann, wenn sich die Gesellschaft von einer Industrie- zu einer Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft wandelt, Oberfranken einen tiefgreifenden Wandel erfährt und noch vor sich hat. Deshalb, Frau Gote, hat das Kabinett auf seiner Sitzung in Coburg eine Projektgruppe Zukunft eingerichtet, die kein Arbeitskreis ist, sondern eine Managementaufgabe hat, den Strukturwandel zu beschleunigen und zu unterstützen.
Man muss auch sehen, was die Bundesregierung in dieser Hinsicht tut: Sie hat in ihrer fünfjährigen Regierungszeit in Berlin den Standort Oberfranken systematisch durch ihre mittelstandsfeindliche Politik geschwächt.
Oberfranken ist eine Region, die überdurchschnittlich mittelständisch geprägt ist. Bei den Rahmenbedingungen, die der Mittelstand derzeit in Deutschland hat, ist Oberfranken automatisch durch Rot-Grün besonders benachteiligt. Sie haben zu verantworten, dass die Infrastruktur Oberfrankens systematisch entkernt wird. Kein Bundeswehrstandort mehr, die Hauptzollämter werden geschlossen, der Bundesgrenzschutz ist abgezogen worden. Für den ICE haben Sie bis heute keine Finanzierungsvereinbarung. Ich weiß, dass Ihnen das nicht gefällt, aber Sie müssen einfach zur Kenntnis nehmen: Rot-Grün schwächt systematisch den Standort Oberfranken.
Die Staatsregierung hat alles in ihren Kräften Stehende getan, ob Offensive Zukunft Bayern, ob Hightech-Offensive – es sind über 240 Millionen e in den Standort Oberfranken geflossen. Er ist Ansiedlungsschwerpunkt und Förderschwerpunkt; die Region wird weit über Landesdurchschnitt gefördert. Wir springen ein, wo Rot-Grün sich zurückzieht, ob das der Bundesgrenzschutzstandort in Coburg ist, in dem wir das Zentrale Mahngericht angesiedelt haben, oder ob es sich um die Bamberger Symphoniker handelt, bei denen sich die Bundesregierung in vertragswidriger Weise aus ihrer Verpflichtung Sinfoniker zurückzieht und der Freistaat Bayern mit 3 Millionen pro Jahr zusätzlich einspringt.
Wo gibt es so etwas sonst noch, dass ein Land einspringt, wenn die Bundesregierung ihren Pflichten vertragswidrig nicht gerecht wird?
(Frau Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was wollen Sie jetzt noch? – Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Trotzdem bekommen Sie keinen Stimmkreis!)
Das, was Rot-Grün macht, grenzt an politische Schizophrenie. In Berlin schwächen Sie den Standort, und in München lamentieren Sie ohne Ende. Das werfe ich Ihnen vor.
(Lebhafter Beifall bei der SPD – Zurufe von der SPD: Gott sei Dank! – Prof. Dr. Gantzer (SPD): Nehmen Sie die Hände aus der Tasche! – Heiterkeit)
Wer sich zu früh freut, wird gleich Gelegenheit bekommen, hier am Pult dazu noch einmal Stellung zu neh
men. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie glauben, hier den Bürgern ein X für ein U vormachen zu können. Sie schwächen mit Ihrer Politik systematisch Oberfranken, gehen durch die Regionen und sagen, jeder gewinnt,
der ländliche Raum gewinnt, Franken gewinnt, die Oberpfalz gewinnt, Unterfranken gewinnt, Oberfranken gewinnt; jeder gewinnt bei Ihnen.
Wenn Sie die Grenzen der Landeshauptstadt überschreiten, sehen Sie die großen Plakate: „Franz Maget – mehr München für Bayern“.
Das, was wir gegenwärtig an rot-grüner Politik erleben, bedeutet mehr für die Ballungsräume und weniger für die ländlichen Räume.
Frau Steiger, ich fordere Sie als Sprecherin der oberfränkischen SPD-Abgeordneten auf, hier und heute am Rednerpult zu sagen, ob Sie zum Slogan Ihres Spitzenkandidaten „Mehr München für Bayern“ stehen.
Herr Maget, ich fordere auch Sie auf, Stellung zu nehmen zu der Frage, was Sie wollen. Wollen Sie mehr München, wollen Sie mehr Oberfranken oder wollen Sie mehr Oberpfalz? Was wollen Sie?
(Mehrlich (SPD): Sie verstehen den Slogan doch nicht! – Frau Radermacher (SPD): So bekommen Sie auch keinen Stimmkreis! Keine Chance!)
Ihre Politik und Ihre Leistungen zeigen jedenfalls, dass Sie für die Regionen Bayerns und für die ländlichen Räume nichts, aber auch gar nichts übrig haben.