Protocol of the Session on June 25, 2003

Es geht im Weiteren um die Unterstützung einer Expansion des Deutschen Ordens durch die Staatsregierung, durch bayerische Behörden oder deren Amtsträger. Wir haben aufgrund einer umfangreichen Beweiserhebung festgestellt, dass es eine solche Unterstützung nicht nur nicht gegeben hat, sondern dass von Repräsentanten des Deutschen Ordens sogar über mangelnde Unterstützung geklagt worden ist. Nun könnte man sagen, die seien Partei, was solle man da schon erwarten. Aber auch der Zeuge Michael Pelzer, ein Sozialdemokrat und ehrenwerter Bürgermeister, hat erklärt, er könne sich des Eindrucks nicht erwehren, ja er habe sogar den deutlichen Eindruck gewonnen, dass der Deutsche Orden vom Freund nicht besonders gut behandelt worden sei. Aus alledem kann ich nur das Fazit ziehen: Eine Bevorzugung hat nicht stattgefunden, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Bei der Aufnahme von Bankkrediten sind Fehler gemacht worden, aber nicht von der Staatsregierung oder von Amtsträgern, sondern von Banken. Das geht uns hier nichts an. Im Übrigen sind die Fehler inzwischen

bereinigt worden. Ein Schaden mag entstanden sein, aber dieser Schaden ist jedenfalls nicht dem Freistaat Bayern und auch nicht den Einrichtungen und auch nicht den Beschäftigten entstanden.

Zum Thema Steuerbegünstigungen und Steuerbefreiungen: Es wird immer so getan, als hätte die Verleihung der Körperschaftsrechte eine unmittelbare Auswirkung auf Steuervorteile gehabt. Dem ist nicht so. Alle Steuervorteile hätte der Deutsche Orden genauso mit seiner früheren Konstruktion des Vereins und der DOH-GmbH, ja sogar ohne Rechtspersönlichkeit durch so genanntes Zweckvermögen erreichen können. Das gilt sowohl für den Deutschen Orden selbst als auch für die Stiftung.

Zur Stiftung ist festzustellen, dass die Regierung von Oberbayern als Stiftungsaufsichtsbehörde eine Verwaltungspraxis gepflogen hat, die nicht ganz in Ordnung war, aber aus redlichen Motiven erfolgt ist. Die Regierung von Oberbayern hat nicht etwa den Deutschen Orden anders behandelt als andere. Sie hat Stiftungen gegenüber immer ein besonders stifterfreundliches Verhalten an den Tag gelegt und mag dabei zuweilen über die Grenze des rechtlich Vertretbaren hinausgegangen sein.

Das ist durch die zuständigen Staatsministerien aber inzwischen längst abgestellt worden.

Zu den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren, die wir auch gründlich untersucht haben, hat sich herausgestellt, dass nichts, aber auch gar nichts in der Rechtspflege falsch, nachlässig oder zögerlich gehandhabt worden ist. Es gibt generell rechtliche Probleme bei der Durchsicht von Papieren. Ich will das nicht näher ausführen. Man muss wohl an der Strafprozessordnung etwas ändern. Das wissen wir schon lange und unabhängig von diesem Fall.

Des Weiteren hat sich der Deutsche Orden – das darf man nicht übersehen – als Geschädigter, von seinen früheren eigenen Leuten Geschädigter, stets kooperativ verhalten. Der Deutsche Orden selbst sitzt nicht auf der Anklagebank, sondern seine früheren Mitarbeiter sitzen – noch nicht ganz – auf der Anklagebank. Einige sind aber auch schon aus dem Ermittlungsverfahren ausgeschieden, weil kein hinreichender Tatverdacht besteht.

Schließlich die Sanierung: Es war das Bestreben des Freistaates Bayern, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen war, zu retten, was zu retten ist. Dazu ist alles, was möglich war, unternommen worden. Wir sind nur mit einem blauen Auge davongekommen. Wenn ich „wir“ sage, meine ich nicht vorrangig den Freistaat Bayern, sondern alle – die Gesellschaft, die Mitarbeiter, die Patienten und Patientinnen, die von den Suchthilfeeinrichtungen Betreuten usw.

Man kann insgesamt feststellen, dass der Deutsche Orden bzw. seine früheren Repräsentanten, Funktionsund Entscheidungsträger sich erheblich verstrickt haben aufgrund einer gewissen Hybris – wenn ich mir das zu sagen erlauben darf – und erhebliche Fehler gemacht haben, dass aber von alledem nichts am Freistaat Bayern hängen bleibt. Er hat damit nichts zu tun, meine sehr

verehrten Damen und Herren. Wer anderes behauptet, tut es aus durchsichtigen parteipolitischen Interessen heraus.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege Welnhofer, Sie haben fünf Minuten eingespart. Als nächster Redner hat Herr Kollege Dr. Kaiser hat Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Welnhofer, ich beginne mit der Gemeinsamkeit. Auch wir, die SPD-Fraktion, bedanken uns bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Untersuchungsausschusses „Deutscher Orden“. Insbesondere gilt unser Dank den Fraktionsmitarbeitern Alexandra Hiersemann und Roland von Seggern. Bedanken möchte ich mich auch ausdrücklich bei meinem Mitstreiter, dem Kollegen Heiko Schultz.

Herr Kollege Welnhofer, ich kündige keine humorvolle Rede an. Der Humor kann auch danebengehen, wie Ihr Beispiel gezeigt hat. Die Feststellung, ein sozialdemokratischer Bürgermeister und „dennoch“ ehrenwert, ist schwarzer Humor – aber nicht von der besten Sorte.

(Beifall bei der SPD)

Es kann nicht überraschen, dass die CSU am Ende des Untersuchungsausschusses „Deutscher Orden“ exakt zu den Ergebnissen gelangt, die sie schon vor Beginn des Untersuchungsausschusses lautstark vertreten hat. Die Mehrheitsfraktion ist offensichtlich nicht fähig und auch nicht willens, das Verhalten ihrer Staatsregierung, insbesondere das des Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber einer kritischen Würdigung zu unterziehen. Sie lassen sich auch durch Sachkenntnis nicht von Ihrer vorgefassten Meinung abbringen.

Herr Kollege Welnhofer, immer wieder den BundestagsWahlkampf heranzuziehen, ist falsch. Die Opposition, sowohl die SPD als auch die GRÜNEN, hat sich bereits seit September 2000 in vielen Anfragen und Debatten im Landtag um Aufklärung über den Deutschen Orden bemüht. Das hat immerhin eineinhalb Jahre gedauert. Weil wir keine Antworten erhalten haben, ist uns gar nichts anderes übrig geblieben, als den Untersuchungsausschuss zu beantragen. Der Ministerpräsident hat zweieinhalb Jahre lang zu der ganzen Problematik geschwiegen. Bis er als Zeuge aussagen musste, kam keine einzige Äußerung von ihm oder aus der Staatskanzlei. Da stimmt doch etwas nicht, wenn man sich in dieser Form verhält. Das weiß doch jeder, Herr Kollege Welnhofer.

Der vorauseilende und im Falle des Deutschen Ordens auch nacheilende Gehorsam gegenüber allem, was in Bayern die Staatsmacht symbolisiert, ist einer der Gründe, warum die von der Opposition geforderten Untersuchungsausschüsse immer und immer wieder notwendig werden. Leider ist der CSU nicht bewusst, dass das herausragende Merkmal von Untersuchungsausschüssen die Kontrolle der Staatsregierung darstellt

und nicht die gebetsmühlenartig wiederholte Bestätigung, wie unfehlbar die Staatsregierung ist.

Dieses unkritische Denken und das Vertrauen in die Allmacht und Allwissenheit des Ministerpräsidenten hat im Falle des Deutschen Ordens dazu geführt, dass ein Sozialkonzern mit fast 6000 Arbeitsplätzen, davon circa 2000 in Bayern, in eine Finanzmisere größten Ausmaßes schlittern konnte. Die SPD-Fraktion ist davon überzeugt: Wesentliche Ursache dieser Katastrophe, an der die verbliebenen Sozialeinrichtungen der Suchthilfe im Deutschen Orden noch lange leiden werden, war das selbstherrliche Verhalten des Ministerpräsidenten. Herr Dr. Stoiber hat offensichtlich seine Familiaren-Eigenschaft für den Deutschen Orden über seine Pflichten als Ministerpräsident für alle Bürgerinnen und Bürger Bayerns gestellt.

(Dr. Bernhard (CSU): Sie können doch nicht das Gegenteil des Untersuchungsergebnisses vortragen; das ist lächerlich!)

Das ist nicht das Gegenteil. Das sind unsere Erkenntnisse aus dem Untersuchungsausschuss. Ich glaube nicht, Herr stellvertretender Vorsitzender, dass Sie die Dinge gelesen und sich in die Akten vertieft haben.

(Dr. Bernhard (CSU): Das habe ich sehr wohl!)

Sie plappern mit Ihrem Zwischenruf das nach, was Ihnen Ihre Kollegen vorplappern.

(Beifall bei der SPD)

Ministerpräsident Dr. Stoiber hat für die Anerkennung des Ordens als öffentlich-rechtliche Körperschaft, die einzig in Bayern aufgrund des bayerischen Konkordats von 1924 erfolgen kann, gesorgt. Herr Dr. Stoiber ließ sich vom Auftreten der Deutschen Orden-Glücksritter blenden, die das soziale Engagement im Munde führten, in Gedanken aber an ihre exorbitanten Jahresgehälter, Privatflugzeuge und aufwändige Treffen in Luxushotels dachten. Die vielgerühmte Wirtschaftskompetenz des Ministerpräsidenten schmolz dahin, als die geistliche Oberen des Ordens und dessen größenwahnsinniger Geschäftsführer Conrad um die Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts in Bayern baten.

Unterlagen, die wirtschaftliche Zahlen des Unternehmens belegt hätten, waren nicht bzw. nur unvollständig vorhanden. Wenn sich jetzt die CSU darauf zurückzieht, wie es Kollege Welnhofer gerade getan hat, dass nur die geistliche Ordensgemeinschaft Objekt der Anerkennung sein sollte, so übersieht sie dabei die eindeutige Aussage ihres Ministerpräsidenten vor dem Untersuchungsausschuss, in der dieser Wert darauf legte, dass es sein Ziel gewesen sei, die zahlreichen Arbeitsplätze des Konzerns nach Bayern zu verlagern bzw. in Bayern zu halten. Geschäftsführer Conrad hat gesagt, der Ministerpräsident habe bei einem Gespräch in der Staatskanzlei erklärt, ein solch tolles Unternehmen wie der Deutschen Orden gehöre nicht nach Hessen, sondern nach Bayern. – Jetzt haben wir den Salat hier in Bayern, meine Damen und Herren!

(Lachen und Beifall bei der SPD)

Soweit Unterlagen vor der Anerkennung vorlagen, wurden diese von keiner Seite geprüft. Das Kultusministerium als zuständige Stelle für die Anerkennung übernahm ungeprüft das Wirtschaftstestat zweier Wirtschaftsprüfer, die in den darauffolgenden Jahren als Berater des Ordens tätig waren. Niemand hat sich beschäftigt mit dem Geschäftsmodell und dem exorbitanten Wachstum des Ordens. Kardinal Lehmann, der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, hat in einem Brief ausdrücklich festgehalten, er habe von Anfang an kein Vertrauen zu diesem Orden gehabt. Der Ministerpräsident hätte sich besser bei der deutschen Bischofskonferenz erkundigt, als den Deutschen Orden nach Bayern zu holen und ihn mit der Körperschaftseigenschaft auszustatten.

(Beifall bei der SPD)

Das Sozialministerium, vertreten durch die damalige Ministerin Stamm, wäscht seine Hände noch heute in Unschuld und gab alleine eine dürre Stellungnahme über die inhaltliche Arbeit der bayerischen Einrichtungen ab. Die katholische Kirche wurde zwar halbherzig befragt, zog aber allenfalls Erkundigungen über die seelsorgerische Arbeit des Ordens im Bistum Limburg ein. Der mit dem inneren Kirchenkreis befasste Zeuge hat vor dem Untersuchungsausschuss sehr deutlich gemacht, dass die Stellung des Ordens als exemter Orden, der einzig dem Heiligen Stuhl unterstellt ist, eine Wirtschaftsprüfung durch zuständige Stellen der Erzdiözese verbiete. Niemand prüfte demnach die wirtschaftlichen Grundlagen des Ordens und seiner gigantischen Unternehmungen, die von Hilfstransplantatherstellern über Stutenmilchprodukte bis hin zu Catering-Leistungen reichten.

Jeder der beteiligten Beamten in den Ministerien hatte Kenntnis von der Familiaren-Eigenschaft des Ministerpräsidenten und von seinem Einsatz für den Orden gegenüber dem zuständigen Staatsminister Zehetmair.

Dies hat sich eindeutig aus den zahlreichen Dokumenten der dem Untersuchungsausschuss vorliegenden Akten ergeben. Aktenvermerke der Ministerialbürokraten weisen größtenteils im Fettdruck auf die Mitgliedschaft des Ministerpräsidenten in der Familiarengemeinschaft hin. Weitere Vermerke machen offenkundig, dass sich niemand in der Staatskanzlei oder in den befassten Ministerien sachkundig machte, was es denn mit einem sogenannten exemten Orden auf sich hat und welche wesentlichen Unterschiede zu einem bischöflichen Orden bestehen.

Bester Beweis ist ein Beamtenvermerk nach Bekanntwerden des Finanzdesasters mit der naiven Frage: Die Kirche muss doch wohl haften? – Nein, das muss sie bei einem exemten Orden eben genau nicht. Mit ein wenig kirchenrechtlichem Verstand, der im Kultusministerium durchaus vorhanden ist, hätte sich diese Problematik schon vor der Anerkennung feststellen lassen. Weder die verfasste Kirche noch der Freistaat übernimmt für derartige kirchliche Körperschaften irgendeine Haftung. Dies hätte aber vor der Verleihung der Körperschafts

rechte einer Prüfung bedurft. Leidtragende sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ebenso wie alle Geschäftspartner des Ordens. Hieraus können Sie ersehen, mit welch heißen Nadeln die Verleihung des begehrten Körperschaftsstatus vonseiten der Staatsregierung gestrickt wurde.

(Beifall bei der SPD)

Niemand hat die Einzelfragen, die sich aus der angestrebten Anerkennung des Ordens als kirchliche Körperschaft ergeben geprüft bzw. jeder war bemüht, die Voraussetzung hierfür so hinzubiegen, dass sie irgendwie passten. Die Mitgliederzahl des kleinen Ordens, der in seinem ureigenen geistlichen Bereich tatsächlich nur auf 27 Fratres und Patres zurückgreifen konnte, wurde aufgepeppt durch Oblaten mit Experimentierstatus, deren Austritt jederzeit möglich war, und durch die Familiaren, zu deren Kreis auch Ministerpräsident Stoiber gehörte. Die unsinnige Verquickung des Miniordens mit einem Konzern von erheblicher wirtschaftlicher Größe war einmalig, wie auch Herr Minister Zehetmair festgestellt hat.

Herr Kollege Welnhofer, Sie haben gerade gesagt, ein Orden, der 800 Jahre besteht, wird auch in der Zukunft weiter bestehen. Das war die Auffassung des Ministeriums. Offensichtlich vertreten Sie diese Auffassung immer noch. Das bezieht sich sicherlich auf die geistliche, religiöse Gemeinschaft, aber doch nicht auf einen Wirtschaftsbetrieb. In einer Marktwirtschaft gibt es keine Gewähr auf Dauer für das Bestehen im Wettbewerb. Da kann man auch einmal Pleite gehen. Das müssten Sie doch endlich einmal wissen.

(Beifall bei der SPD)

Die Tatsache, dass sich der Orden zum Zeitpunkt seiner Anerkennung eben nicht mehr im Geltungsbereich des bayerischen Konkordats, das heißt mit dem Sitz in Bayern befand, wurde wohlwollend toleriert. Herr Kollege Welnhofer, Sie sagen, es sei nicht erkennbar gewesen, dass die wirtschaftlichen Unternehmungen alle auf die Körperschaft übertragen worden sind. Aus den Akten geht etwas ganz anderes hervor. Es wurde ja vorher schon angekündigt, dass die Unternehmungen auf die Körperschaft übertragen würden. Wenn das Ministerium die Bilanz von 1997 angefordert hätte, die fünf Tage vor der Aushändigung der Urkunde fertig geworden ist, nämlich am 15. Mai 1998, dann hätte es gesehen, dass der Geschäftsführer in seinem Vorwort zum offiziellen Geschäftsbericht gesagt hat: „Wir werden alle Unternehmungen, auch die gewerblichen, auf den Orden übertragen.“ Man wollte es einfach nicht sehen. Man hat die Augen zugemacht, weil man die Anerkennung einfach wollte, weil es der Wunsch des Ministerpräsidenten war.

(Beifall bei der SPD)

Ein Wort zu den vom Ministerpräsidenten Stoiber thematisierten Arbeitsplätzen: Aktuelle Informationen aus dem Bereich des Deutschen Ordens machen deutlich, was dieser in Zukunft anstrebt. Beide Zentralverwaltungen in München und Nürnberg, die schon seit Jahrzehnten die Einrichtungen der Suchthilfe verwalten, werden zum

Jahresende aus Bayern abgezogen und in die leerstehende Klinik des Ordens nach Bad Orb verlagert. Dies bedeutet, dass vermutlich fast sämtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Büros ihren Arbeitsplatz verlieren, weil kaum jemand den Umzug nach Bad Orb bewerkstelligen kann, noch dazu auf der wackligen Grundlage eines weiteren Bestands des Deutschen Ordens. Nicht wenige dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen nur wenige Jahre vor der Altersrente ohne Aussicht auf eine neue Beschäftigung da. Das ist das Ergebnis der Wirtschaftspolitik, mit der man den Orden nach Bayern holen wollte. Jetzt geht er wieder weg.

Nebenbei: Es ist auch bemerkenswert, welche soziale Haltung ein Orden demonstriert, der die Arbeitsplätze seines Buchhaltungspersonals aufs Spiel setzt und gleichzeitig weiterhin seinen leitenden Mitarbeitern Jahresgehälter in sechsstelliger Euro-Höhe zahlt. Eine weitere entscheidende Frage in diesem Zusammenhang ist: Aus welchen Gründen verlagert der Orden diese Zentralverwaltungen, um Mietkosten zu sparen, nicht in seinen großzügigen Gebäudekomplex nach Weyarn, das im Gegensatz zu Bad Orb bekanntlich in Bayern liegt? Das ist eine Frage, die wir stellen.

Vielleicht noch eine Anmerkung zu dem immer von Ihnen erwähnten Zeugen: Sie haben nicht erwähnt, dass Bürgermeister Pelzer der Bürgermeister der Sitzgemeinde ist und da natürlich die Dinge verständlicher Weise aus einer gewissen Interessenlage sieht. Er taugt damit mit Sicherheit nicht als Ihr Kronzeuge. Er wird sich wundern, wenn die Arbeitsplätze aus Bayern abgezogen werden. Welche Einrichtungen werden diesem Rückzug des Ordens aus Bayern folgen müssen? Was bedeutet dies für bayerische Arbeitsplätze, und was bedeutet dies für den Status des Ordens als öffentlich-rechtliche Körperschaft? – Für die Zukunft ist vorherzusehen, dass sich andere Bundesländer mit dem Schaden, der durch die Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts durch Bayern angerichtet wurde, und mit den nach wie vor völlig ungeklärten Fragen eines zukünftigen Bestands herumärgern können, weil Ministerpräsident Stoiber seinen Brüdern im Geiste einen Gefallen tun und einen schwarzen Orden ins schwarze Bayern holen wollte.

Die Erfahrungen mit dem Deutschen Orden haben deutlich gemacht, dass dieser rechtsleere Raum dringend einer Ausfüllung bedarf; dies nicht zuletzt deshalb, weil die Verleihung der Körperschaftsrechte in der Öffentlichkeitswirkung für den Orden einen erheblichen Ansehenszuwachs bewirkt, der verbunden ist mit dem Vertrauen der Arbeitnehmer und der Geschäftspartner auf den Bestand dieser Körperschaft. Das Bundesverfassungsgericht hatte in Kenntnis dieser Öffentlichkeitswirkung daher eine sorgfältige Prüfung auch der wirtschaftlichen Verhältnisse einer solchen Gemeinschaft gefordert.

Wesentliches Ergebnis – darauf sind Sie, Herr Vorsitzender, leider überhaupt nicht eingegangen – dieses Untersuchungsausschusses ist daher die Forderung der SPDFraktion nach einer klaren gesetzlichen Grundlage für zukünftige Körperschaftsverleihungen an kirchliche Orden in Bayern. Bisher erfolgte diese Anerkennung ein

zig auf der Grundlage der Weimarer Reichsverfassung, die insoweit über das Grundgesetz noch Geltung hat, in Verbindung mit dem Bayerischen Konkordat von 1924, und wird durch gewohnheitsrechtliche Überlegungen der Ministerialbürokratie und deren Beurteilungsspielraum ausgefüllt.

Ein solches Gesetz über die Voraussetzungen der Anerkennung und Aberkennung von kirchlichen Körperschaftsrechten muss folgende Merkmale berücksichtigen: Der Status als Körperschaft vermittelt Dritten die Vorstellung, dass angesichts der Insolvenzunfähigkeit der Körperschaft eine staatliche Gewährträgerstellung den Schutz Dritter bei Zahlungsunfähigkeit der Körperschaft gewährleistet. Es muss hierbei genau geklärt werden, wer bei Zahlungsunfähigkeit der Körperschaft die Gewährträgerhaftung übernimmt. Die Frage ist nach wie vor offen. Die Verleihungsvoraussetzungen sind eindeutig festzulegen, insbesondere die Mindestmitgliederzahl des Ordens und die Prüfungsmerkmale für die Gewähr auf Dauer müssen klar definiert werden. Zeitnahe Jahresabschlussberichte sind unter Beteiligung des Wirtschaftsministeriums umfassend im Hinblick auf die Zukunftsprognosen zu prüfen. Hierbei ist das gesamte Vermögen des Ordens einschließlich seiner Beteiligungen an gewerblichen und gemeinnützigen Unternehmungen zu überprüfen.

Der staatliche Verantwortung, die sich durch den Akt der Verleihung der Körperschaftsrechte ergibt, muss in Erfüllung der Grundsätze des Bundesverfassungsgerichts bei der Prüfung der Verleihungsvoraussetzungen besonders sorgfältig Rechnung getragen werden. Schon die Benennung der kirchlichen Körperschaft des öffentlichen Rechts sollte den Unterschied zur staatlichen Körperschaft des öffentlichen Rechts deutlich widerspiegeln. Die Verlagerung von Unternehmungen, die sich bisher im privatrechtlichen Wettbewerb bewegten, in kirchliche Körperschaften darf nur unter eng gefassten Voraussetzungen zulässig sein. Die Vergünstigungen der kirchlichen Körperschaft dürfen nicht ohne weiteres auf ihre Unternehmungen übertragen werden. Die Mindestvoraussetzungen des Bayerischen Konkordats von 1924 sind einzuhalten. Der Sitz des die Anerkennung anstrebenden Ordens muss sich vor der Erlangung der Körperschaftsrechte in Bayern befinden. Art und Weise der Auflösung der bisherigen Rechtsform des Ordens benötigen klar definierte Regelungen. Bei Wegfall einer der Anerkennungsvoraussetzungen muss Klarheit über Art und Weise der Aberkennung der Körperschaftsrechte und deren Rechtsfolgen bestehen.